Rede von
Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Ihren Beitrag, Frau Enkelmann, nicht unbedingt als einen Beitrag in der Sachdebatte verstanden. Die paar Minuten haben es auch nicht ermöglicht, weitere Sachargumente vorzutragen.
Ich habe nur gemerkt, daß Ihre Argumentation doch
sehr widersprüchlich gewesen ist. Es soll wohl nur
Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
der Preis, die Höhe eines Preises maßgebend dafür sein, ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht. Es sind hier Dinge miteinander verbunden worden, die einer Debatte, in der es darum geht, wie wir die Funktionsfähigkeit der Justiz verbessern und erhalten können, nun wirklich nicht angemessen sind.
Ich brauche, glaube ich, die Argumente, die schon häufig für und wider Entkriminalisierung von Massendelikten ausgetauscht worden sind, nicht zu wiederholen. Es ist dankenswerterweise - auch meine Zeit ist knapp - die Äußerung der Bundesregierung zur Vorstellung des Bundesrates schon mehrfach zitiert worden. Aber ich möchte den Punkt deutlich machen, daß der Entwurf, der uns vorliegt, mehr Probleme aufwirft als Lösungen aufzeigt. Denn - es ist schon problematisiert worden - wie sollen Wiederholungsfälle erfaßt werden, wenn man den ersten Fall nicht kennt und erfaßt hat? Entweder kommt es zu mehr Anzeigen, um wenigstens sicherzustellen, daß ein erster Fall einmal erfaßt worden ist, oder es müssen, natürlich in Form von Registern, möglicherweise auch von Privatregistern, bei den Verkehrsbetrieben personenbezogene Daten gesammelt werden. Dabei haben wir alle das Anliegen, nur die Register zu schaffen, die notwendig sind, um die Arbeit der öffentlichen Behörden, der Gerichte zu vereinfachen und zu verbessern, aber das Ansammeln von Daten bei anderen Trägern so gering wie möglich zu halten. Ich sehe hier, gerade bei dem vorgeschlagenen Lösungsweg, eigentlich nicht den bezweckten Erfolg, auch nicht die Entlastung und Erleichterung. Hinzu kommen selbstverständlich die grundsätzlichen Bedenken in der Sache an sich.
Ich bin froh, daß heute schon mehrfach angesprochen wurde, daß Entlastung der Justiz - 1972 gab es 103 000 Verfahren zu § 265a StGB - mehr ist als die Prüfung, ob es ein Delikt gibt, von dem man sagen kann, wenn man dies den Richtern und Staatsanwälten wegnehme, könne man die Justiz in die Lage versetzen, andere Verfahren zügiger zu betreiben. Das ist nun wirklich viel zu kurz, das greift nicht. Da müssen wir sehr viel grundsätzlicher herangehen. Wir haben es in einem Aspekt, nämlich was den Strafprozeßweg betrifft, mit der Schaffung von Möglichkeiten, ein Strafverfahren beschleunigter durchzuführen, im Zweiten Verbrechensbekämpfungsgesetz getan. Sie sagen jetzt, das hat alles nichts gebracht. Aber sicher sind Sie mit unserer Einschätzung einig, daß diese Beurteilung heute noch gar nicht getroffen werden kann, denn dieses Gesetz ist erst am 1. Dezember letzten Jahres in Kraft getreten. Wenn jetzt dennoch ganz positive Reaktionen, gerade auch von der Justizsenatorin aus Berlin, zur Anwendung dieses Verfahrens kommen, dann kann ich nur sagen: Wahrscheinlich war es doch richtig, was wir hier getan haben. Natürlich muß insgesamt stärker geprüft werden, wie wir im Bereich der Justiz selbst mit Änderungen der vorhandenen Strukturen zu einer Entlastung der Richter und der Staatsanwälte kommen können. Da dürfen wir uns nicht immer nur in den alten Bahnen bewegen, etwas an Rechtsmittelsummen, etwas an Beschwerdesummen zu drehen, sie zu erhöhen, sondern dann müssen wir diese Debatte sehr viel grundsätzlicher führen und nicht wie hier
auf einen Punkt, die Entkriminalisierung bei der Beförderungserschleichung, begrenzen.
Vielen Dank.