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    Plenarprotokoll 13/8 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 8. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Wolfgang Vogt (Düren) und Dr. Alfred Dregger 313B Neubezeichnung eines Ausschusses 313 B Erweiterung und Ablauf der Tagesordnung 313 B Zur Geschäftsordnung Manfred Müller (Berlin) PDS 313 D Joachim Hörster CDU/CSU 314 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 314 C Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksache 13/50) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1994 bis 1998 (Drucksache 12/8001) c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft (Drucksache 13/76) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 315 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 324 C, 366 D Hartmut Schauerte CDU/CSU 330 B Gunnar Uldall CDU/CSU 332 A Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 335 B Otto Schily SPD 336 D Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 339 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 342 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 343 B Dr. Barbara Höll PDS 347 C Joachim Poß SPD 349 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 349 D Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 351 D Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/ CSU 354 B Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 355 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 357 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 359C Detlev von Larcher SPD 360 B Dr. Peter Struck SPD 361 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 362 A, 364 A Dietrich Austermann CDU/CSU 364 B Dr. Uwe-Jens Rudi Rössel PDS 367 B Manfred Kanther, Bundesminister BMI 369 B Fritz Rudolf Körper SPD 371 A Erwin Marschewski CDU/CSU 374 C Johannes Singer SPD 374 D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 375 D II Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 Cern Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 377 C Ina Albowitz F D P 379C Ulla Jelpke PDS 381 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 381 D Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 384 A Norbert Geis CDU/CSU 388 A, 392 B Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 392 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 392 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 393 C Nächste Sitzung 394 D Berichtigung 394 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 395* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 313 8. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 7. Sitzung, Seite 307 A, Zeile 22: Statt „15 %" ist „50 %" zu lesen. Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Borm, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 395* Anlage zum Stenographischen Bericht (C) Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 14. 12. 94 * Borchert, Jochen CDU/CSU 14. 12. 94 Conradi, Peter SPD 14. 12. 94 Dr. Eid-Simon, Ursula BÜNDNIS 14. 12. 94 90/DIE GRÜNEN Heym, Stefan PDS 14. 12. 94 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 14. 12. 94 Iwersen, Gabriele SPD 14. 12. 94 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 14. 12. 94 Schmidt-Zadel, Regina SPD 14. 12. 94 Schumann, Ilse SPD 14. 12. 94 Vergin, Siegfried SPD 14. 12. 94 Wallow, Hans SPD 14. 12. 94 Warnick, Klaus-Jürgen PDS 14. 12. 94 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Norbert Geis


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Keine Vorschußlorbeeren! — Meine sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir Redner stimmen heute alle darin überein und jeder beginnt seine Rede damit, daß der Rechtsstaat eine der größten Errungenschaften der letzten 200 Jahre ist, weil er die Freiheit des einzelnen am ehesten gewährleistet. Wir stimmen auch darin überein, daß die Justiz im Rechtsstaat eine entscheidende Rolle spielt, weil sie dem Bürger aus dem Gewirr der Gesetze zu seinem Recht verhelfen muß.
    Frau Ministerin, ich habe mit Interesse gehört, daß Sie gesagt haben, Sie wollten sich mit uns zusammen Gedanken darüber machen, wie es gelingen könnte, die Belastung der Justiz, die zweifellos vorhanden ist, abzubauen. In der Tat haben die Justizminister der Länder Ende November dieses Jahres einstimmig beschlossen, dem Bundestag und der Bundesregierung Vorschläge im Hinblick auf Abbau, auf Straffung und Verbesserung des Prozeßrechts zu machen. Wir wissen, daß dies die Rechtspolitiker natürlich nicht in Begeisterung ausbrechen läßt, lieber Herr Kleinert. Wir haben erst in der vergangenen Legislaturperiode mit großer Mühe das Justizentlastungsgesetz durch die parlamentarischen Beratungen gebracht. Wir wissen auch, daß bei allzu starker Straffung und allzu großer Beschleunigung des jeweiligen Prozesses Rechte des einzelnen nicht so geachtet werden können — jedenfalls besteht diese Gefahr —, wie wenn der Prozeß eine gewisse Zeit lang dauern kann.
    Auf der anderen Seite wissen wir aber auch, daß viele Rechtsuchende sehr lange, oft jahrelang, auf die richtige richterliche Entscheidung warten müssen. Dies ist mit Sicherheit ein untragbarer Zustand. Der rechtsuchende Bürger verliert so das Vertrauen in die Justiz. Daher kann es schon passieren, daß eine Überschrift in eine Zeitung gesetzt wird, wonach es
    schöner ist, zum Zahnarzt zu gehen als zur Justiz, obwohl dabei sicherlich auch andere Momente eine Rolle spielen mögen.
    Wir müssen — das ist richtig — das Prozeßrecht gemeinsam erneut in dieser Legislaturperiode anpakken. Wir müssen das Prozeßrecht sowohl im Strafprozeß als auch im Zivilprozeß neu durchleuchten und abklopfen, ob wir nicht da und dort Erleichterungen, Straffungen, Beschleunigungen durchführen können.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es wird auch darauf ankommen, daß wir im materiellen Recht nicht erneut den Gerichten zu viele Aufgaben zuweisen. Wir haben in der letzten Legislaturperiode das Insolvenzrecht neu geschaffen. Das Insolvenzrecht wird zweifellos — so notwendig es ist — zu einer neuen Belastung der Richter und der Gerichte führen. Das gleiche gilt für das Betreuungsrecht, das wir in der vorletzten Legislaturperiode bereits beschlossen haben und das vor drei Jahren in Kraft getreten ist; es hat natürlich ebenfalls zu einer großen Belastung der Gerichte geführt.
    Es ist auch nicht einzusehen, daß beispielsweise dann, wenn die Betreuung ganz offensichtlich notwendig ist, eigens eine Verfahrensbetreuung angeordnet werden muß oder daß wir dann, wenn die Gebrechlichkeit ganz offensichtlich ist, ausgiebige gerichtliche Gutachten brauchen, obwohl eine einfache fachärztliche Bestätigung ausreichen würde.
    Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland ungefähr 500 000 Personen, die derzeit einen Betreuer haben. Diese Zahl wird wachsen und damit natürlich zweifellos die Belastung der Gerichte. Das erfüllt uns mit Sorge. Das heißt aber nicht, daß wir das Betreuungsrecht nicht für eine im Prinzip gute gesetzliche Maßnahme halten, gerade angesichts der Altersstruktur unserer Gesellschaft. Es ist gut und richtig, daß die älteren Bürger wissen, daß ihnen ihre Rechte nicht einfach genommen werden können, sondern daß dazu jeweils ein richterlicher Beschluß und ein gewisses Verfahren notwendig sind.
    Die Fachleute sagen uns aber, daß einige Regelungen nicht praktikabel genug sind. Wir müssen darangehen, gerade beim Betreuungsrecht, weil uns dies ständig in der Diskussion vorgehalten wird, über Möglichkeiten nachzudenken, um Regelungen zu verbessern. Ich meine überhaupt, daß wir vielleicht in der jetzigen Legislaturperiode mehr darauf achten müssen — auch unter der Überschrift schlanker Staat —, daß wir eher Regelungen streichen als neue fassen.
    Ein weiteres Feld ist uns bereits jetzt vorgegeben. Wir haben natürlich durch die mögliche Schaffung der kleinen AG noch nicht die Notwendigkeit der Transparenz der AG-Organe geregelt.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist eine kleine AG?)

    — Aktiengesellschaft, Herr Fischer, falls Sie das nicht wissen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich bin doch kein Fachmann!)

    Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 389
    Norbert Geis
    — Na gut! Ich nehme ja gern Ihren Zwischenruf entgegen, um Ihnen klarzumachen, was wir unter AG verstehen. AG heißt Aktiengesellschaft.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen eine größere Transparenz in den Vorstandsetagen. Wir brauchen eine Regelung, die die Interessenkollision in den Vorstandsetagen verhindert. Aber wir müssen auch dafür sorgen, daß nicht zu viele Vorstandsmitglieder in dem einen und dem anderen Unternehmen im Vorstand sitzen.
    Allerdings beteiligen wir uns nicht an der Polemik gegen die Banken.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aha!)

    Die Banken sind notwendig, und sie werden immer dann gerufen, wenn die Not am größten ist. Sie sind notwendig auch für Investitionen. Wir beteiligen uns nicht an dieser Polemik gegen die Banken.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das sind doch keine karitativen Organisationen!)

    Wir sind der Auffassung, daß es richtig ist, wenn die Banken auch in den einzelnen Aufsichtsräten sitzen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wenn die Not am größten ist, kommt das Rote Kreuz und nicht die Deutsche Bank!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiteres wichtiges Thema in der Rechtspolitik wird das Kindschaftsrecht sein. Hier haben wir ja bereits Gesetzentwürfe vorliegen, die in der letzten Legislaturperiode sogar schon der Bundesregierung vorgelegen haben.
    Hier ist eine Vorbemerkung notwendig: Wir werden keiner Gesetzgebung, Frau Ministerin, zustimmen, die auch nur im entferntesten die Familien schwächen wird. Wir haben im Wahlkampf verkündet, daß wir die Familien stärken wollen. Wir werden dies auch in der kommenden Legislaturperiode halten. Das steht auch im Regierungsprogramm.
    Es besteht ein langer Kampf gegen die Familien. Ich erinnere an den 2. Familienbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 1975, in dem den Eltern vorgeworfen wird, sie seien Ungelernte, sie seien Erziehungsamateure,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)

    und man müsse ihnen bei der Kindererziehung helfen; ja, man müsse ihnen die Kindererziehung abnehmen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wer hat so etwas geschrieben?)

    Wir meinen, daß wir diesem späten Kulturkampf endlich ein Ende machen sollten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat so etwas geschrieben?)

    Das heißt nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Ministerin, daß wir uns gegen notwendige Neuerungen sperren werden, was das Kindschaftsrecht angeht. Natürlich können wir uns Gedanken darüber machen, ob es richtig ist, daß im Falle der Scheidung die elterliche Sorge nur auf einen Elternteil bezogen werden soll, oder ob es nicht besser wäre, zunächst einmal diese elterliche Sorge beiden Elternteilen zu belassen; im Sinne des Kindes wäre dies ganz sicher. Darüber können wir reden.

    (Beifall des Abg. Detlef Kleinert [Hannover] [F.D.P.])

    Wir können auch darüber reden, wie wir es beim nichtehelichen Kind halten, etwa ob dem Vater nicht stärkere Rechte einzuräumen sind. Wir wissen ja, daß es darüber eine breite Diskussion im Land gibt. Der Vater hat bislang überhaupt keine Rechte. Die elterliche Sorge steht allein der Mutter zu.
    Sicher wäre eine Regelung richtig, daß dem Vater dann die elterliche Sorge übertragen wird, wenn die Mutter aus irgendeinem Grund ausfällt und wenn dies im Interesse des Kindes ist. Das gilt auch für das Recht des Vaters auf Umgang mit seinem nichtehelichen Kind, obgleich auch hier ganz brisante Fragen auftauchen, nämlich wie es ist, wenn das Kind in einem Familienverband ist und die Mutter partout nichts mehr mit dem Vater zu tun haben will.
    Hier müssen wir ganz vorsichtig vorgehen. Hier dürfen wir nicht Strukturen durch gesetzliche Regelungen — nur, weil wir meinen, das müßte unbedingt gemacht werden — zerstören. Da werden wir entsprechend reagieren. Wir werden in der Beratung darauf achten, eine gute Regelung zu finden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ob es jemandem paßt oder nicht paßt: Wer über das Kindschaftsrecht nachdenkt, kann natürlich nicht am Recht der ungeborenen Kinder vorbeigehen; zumal dies derzeit rechtspolitisch höchste Brisanz hat, wie Sie alle wissen. Ich glaube aber, daß die geplante Fristenregelung, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, den jetzigen bedauernswerten Zustand, den wir mit 300 000 Abtreibungen im Jahr haben, nur noch mehr zementieren wird.
    Nach wie vor ist eine der größten Aufgaben, die wir in der Rechtspolitik haben — da stimmen wir mit den Innenpolitikern überein —, die Sorge um die innere Sicherheit. Das Verbrechensbekämpfungsgesetz war ein erster Schritt, und so haben wir es immer gesehen.
    Die Sorge des Deutschen Anwaltsvereins, wir hätten mit der Verbesserung des beschleunigten Verfahrens den Rechtsstaat gefährdet, teilen wir nicht.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Absurd!)

    Wir teilen auch nicht die Sorge eines Hamburger Juraprofessors, der gegen das Verbrechensbekämpfungsgesetz Verfassungsbeschwerde mit der Begründung eingereicht hat, es handele sich hier um einen Verfassungsumsturz. Wenn Professoren in solche Hysterie verfallen,

    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/ CSU]: Publicitysüchtig!)

    390 Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994
    Norbert Geis
    dann darf man sich nicht wundern, daß sich Studenten ihr Examenswissen nicht in der Uni, sondern bei Repetitoren holen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. — Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber, Herr Geis!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Rahmen der inneren Sicherheit spielt natürlich der Kampf gegen die Mafia eine entscheidende Rolle. Die Mafia agiert international. Deutschland ist für sie ein hervorragender Standort.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es ist eine schwere Kritik an Kohl, wenn die Mafia hier einen hervorragenden Standort hat! In Aschaffenburg vor allem!)

    Sie ist deshalb ein hervorragender Standort, weil wir eine ausgezeichnete Infrastruktur haben. — Mein lieber Herr, wir haben in Aschaffenburg immerhin die höchste Aufklärungsrate in der ganzen Bundesrepublik Deutschland, nämlich 67 %.

    (Beifall des Abg. Eduard Oswald [CDU/ CSU])

    Wir liegen weit vor Hessen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ein Hort des Verbrechens! Wir haben viele unterfränkische Kriminelle in Hessen! Grenzüberschreitende Kriminalität!)

    Aber das wird sich in Kürze ändern, wenn Herr Kanther Ministerpräsident in Hessen wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ohne internationale Zusammenarbeit wird diese Gefahr für unsere Zivilisation kaum zu bannen sein. Deswegen ist es notwendig, daß wir unsere Ermittlungsorgane in die Lage versetzen, die die Ermittlungsorgane in anderen Ländern haben.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren von der F.D.P., auch ich würde lieber in einem Staat ohne technische Überwachung von Wohnraum oder ohne den verdeckten Ermittler leben. Aber ich meine, man darf um rechtspolitischer Ideale willen nicht die Sicherheit aufs Spiel setzen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Die Weimarer Republik ist nicht zugrunde gegangen, weil die Deutschen große Sehnsucht nach Hitler gehabt hätten, sondern weil der damalige Staat nicht in der Lage gewesen ist, die gestellten Aufgaben zu lösen. An der Ohnmacht des Staates sind die Menschen verzweifelt. Deswegen kam es zur Diktatur.

    (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN — Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ohnmächtige Staat und die Harzburger Front! DeutschNationale Volkspartei als ohnmächtiger Staat! Ich lache mich tot, Herr Geis! Das ist doch albern! Die Herren Krupp und Hugenberg als ohnmächtiger Staat! Wo waren Sie denn im Geschichtsunterricht?)

    Daß die Kriminalität und insbesondere die organisierte Kriminalität heute in der Tat eine Gefahr darstellen, können und dürfen wir nicht verschweigen. Wir müssen dies sehen und müssen entsprechend reagieren. Wer das nicht tut, der handelt nach meiner Auffassung verantwortungslos.
    Natürlich geht es uns dabei auch um das Abschöpfen der Gewinne der Mafia. Auch hier läuft allerdings nichts ohne internationale Zusammenarbeit. Was hilft uns alle berechtigte Kritik am Geldwäschegesetz, und was hilft uns das schönste Geldwäschegesetz, wenn die Verbrecher ihr Kapital ins Ausland transferieren und die Ursprungskriminalität bei uns verbleibt?
    Nach wie vor stehen wir fassungslos vor der Gewaltkriminalität vor allem bei Jugendlichen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: „Fassungslos" ist gut!)

    Wir erschrecken bei manchem jungen Täter über dessen Grausamkeit und Unempfindlichkeit, mit denen er die Taten begeht. Die Frage, woher dieser Vandalismus an manchen unserer Schulen kommt, ist sehr schnell mit der Behauptung beantwortet, es seien die schlechten sozialen Verhältnisse.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Privatfernsehen!)

    Wenn wir aber genau hinblicken und wenn wir vor allen Dingen die ausländerfeindlichen Taten betrachten, dann sehen wir, daß die Täter aus sehr guten Familienverhältnissen gekommen sind, jedenfalls nach unseren Maßstäben.

    (Zuruf von der PDS: Ein bißchen differenzieren!)

    Ich glaube auch nicht, daß die irrationale Gewaltbereitschaft, die zweifellos da ist, auf ein Aufflackern des Nationalsozialismus zurückgeführt werden kann, was immer wieder behauptet wird. Es mag viele Ursachen haben.


Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Häfner?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Norbert Geis


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Nein; danke. — Ganz sicher ist eine der Ursachen, daß wir in bestimmten Ländern schon vor Jahren die Erziehung einfach abgeschafft haben.

    (Lachen des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Die Erziehung an den Schulen wurde in diesen Ländern in den 70er Jahren abgeschafft. Das ist sicherlich ein Relikt aus dem Jahre 1968, lieber Herr Fischer.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja! Genau! Ihr Ideal sind Arnold Schwarzenegger und der Terminator!)

    Denken Sie einmal an die Frankfurter Schule, die die Emanzipation geradezu vergöttert hat!
    Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 391
    Norbert Geis
    Die Abschaffung der Erziehung ist ein großer Fehler gewesen. Die Erziehung in den Schulen wurde diskriminiert. Sie wurde als Indoktrination hingestellt.

    (Beifall des Abg. Eduard Oswald [CDU/ CSU])

    Dann hatten die Lehrer Angst und haben aufgehört zu erziehen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Bravo! Reine Panikreaktion der Lehrer! Anders kann man es sich nicht erklären!)

    Sicherlich liegt ein zweiter Grund darin, daß wir es mit einer Krise unserer Familie zu tun haben. Nichts kann die erzieherische Kraft einer Familie ersetzen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Mut zur Erziehung! — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Deswegen lassen Sie die auch unter die Räder kommen!)

    Die Familie ist — vor allen Dingen dann, wenn sie intakt ist — immer noch der Ort, an dem die Erziehung am ehesten und am besten geleistet werden kann. Darauf kann die Gesellschaft nicht verzichten.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Verhältnisse in Bayern!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, hinzu kommt natürlich die verheerende Wirkung der Massenmedien. Es gibt ja kein Tabu mehr, das nicht von den Massenmedien in die Wohnzimmer eingestrahlt wird.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nicht die Tabus werden eingestrahlt, sondern die Tabubrüche!)

    Wir erschrecken vor Kindern, die andere Kinder ermorden — wie es in England passiert ist — und auf die Frage, warum sie das getan hätten, antworten, sie hätten einmal ausprobieren wollen, wie es ist, wenn man Menschen umbringt.

    (Zuruf von der SPD: Daran seid ihr doch schuld mit eurer Privatisierung!)

    Angesichts der Jugendkriminalität können wir es uns nicht leisten, im Jugendstrafrecht und im Jugendstrafvollzug einer weichen Welle nachzugeben.

    (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    — Ich weiß, daß Ihnen das nicht paßt. Zum Jugendstrafvollzug gehört eine gewisse Härte.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Neandertal, kann man da nur sagen!)

    Die Jugendlichen müssen wissen, daß sie nicht im Hotel untergebracht sind.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Meine Güte! Setzen Sie den Stahlhelm mal ab!)

    Das heißt nicht, daß der Erziehungsgedanke von der
    Tagesordnung gestrichen werden müßte. Nein, wir
    selbst haben den Erziehungsgedanken durch das
    Jugendgerichtsgesetz im Jahre 1953 eingeführt. Er hat sich bewährt, und wir werden auch daran festhalten.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie sollten die Prügelstrafe wieder einführen, Herr Geis!)

    Aber Jugenderziehung in den Strafvollzugsanstalten muß immer auch wissen, daß die Strafvollzugsanstalt Endstation einer langen Kette von unglücklichen Zusammenhängen und Verfehlungen ist und daß dort Erziehung oft sehr schwer möglich ist.

    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wiedereinführung der Prügelstrafe!)

    Man muß der Realität ins Auge schauen. Wer oft genug in Jugendstrafvollzugsanstalten gewesen ist, wird das bestätigen.
    Deshalb müssen wir neben den Erziehungsgedanken, den wir voll bejahen — daran soll kein Zweifel aufkommen —, gleichbedeutend den Gedanken der Sicherheit unserer Bürger stellen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiteres Thema der kommenden Jahre wird zweifellos die Entkriminalisierungsdebatte sein, die immer wieder angezettelt wird. Ich scheue mich nicht, darüber zu sprechen. Es gibt in Schleswig-Holstein eine ganze Reihe von Richtern, die den Diebstahl, solange er unter einem Wert von 50 DM liegt, aus dem Strafgesetzbuch herausnehmen wollen.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Unter 100 DM!)

    Sie wollen dem Geschädigten im Bürgerlichen Gesetzbuch einen Anspruch auf pauschalierten Schadensersatz geben, als wäre es so leicht, gegen einen jugendlichen Täter, der in der Regel ja pfandlos ist, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Der Jugendliche wird den Geschädigten auslachen und um die Ecke in den nächsten Laden gehen, um sich dort zu holen, was er braucht, aber im Wert von unter 50 DM, damit er nicht bestraft wird. An diesem Beispiel wird die ganze Lächerlichkeit des Vorschlages von Richtern deutlich, die ernstgenommen werden wollen.
    Mit immer neuen Varianten wird in dieser Diskussion über die Entkriminalisierung auch die Legalisierung des Besitzes von Drogen vorgetragen. Lübecker Richter sehen in dem Besitz von 4 kg Hasch kein Verbrechen mehr, sondern nur noch eine geringe Verfehlung, die auch nur geringfügig zu bestrafen sei. So weit sind wir bereits gekommen.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN — Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Faß Bier hingegen ist straffrei!)

    Die Sozialministerin desselben Landes will nun auf Tageskarten in bestimmten Restaurants Hasch anbieten,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)

    als hätten wir mit diesen Vorgängen in den Niederlanden nicht furchtbare Erfahrungen gemacht. Aber
    392 Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Borm, Mittwoch, den 14. Dezember 1994
    Norbert Geis
    offenbar will diese Dame aus dem einstmals konservativen Land ein progressives Drogenmusterland machen. Es scheint jedenfalls so.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Haschisch auf dem Oktoberfest!)

    Wir werden eine solche Irrfahrt nicht mitmachen.
    In Frankfurt sollen jetzt Gesundheitsräume eingerichtet werden. Schon die Bezeichnung ist absurd, wenn man überlegt, was da passiert.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir halten dies letztlich für die Kapitulation vor der Drogenmafia, denn die hat dann noch leichteres Spiel. Wir werden allerdings alles tun, um den Drogenkranken zu helfen, frei zu werden von ihrer Krankheit und ihrer Sucht und zu einem ordentlichen, geordneten, vernünftigen Leben zurückzufinden.
    Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Detlef Kleinert [Hannover] [F.D.P.])