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ID1300812600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/8 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 8. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Wolfgang Vogt (Düren) und Dr. Alfred Dregger 313B Neubezeichnung eines Ausschusses 313 B Erweiterung und Ablauf der Tagesordnung 313 B Zur Geschäftsordnung Manfred Müller (Berlin) PDS 313 D Joachim Hörster CDU/CSU 314 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 314 C Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksache 13/50) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1994 bis 1998 (Drucksache 12/8001) c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft (Drucksache 13/76) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 315 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 324 C, 366 D Hartmut Schauerte CDU/CSU 330 B Gunnar Uldall CDU/CSU 332 A Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 335 B Otto Schily SPD 336 D Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 339 B Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 342 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 343 B Dr. Barbara Höll PDS 347 C Joachim Poß SPD 349 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 349 D Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 351 D Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/ CSU 354 B Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 355 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 357 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 359C Detlev von Larcher SPD 360 B Dr. Peter Struck SPD 361 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 362 A, 364 A Dietrich Austermann CDU/CSU 364 B Dr. Uwe-Jens Rudi Rössel PDS 367 B Manfred Kanther, Bundesminister BMI 369 B Fritz Rudolf Körper SPD 371 A Erwin Marschewski CDU/CSU 374 C Johannes Singer SPD 374 D Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. 375 D II Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 Cern Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 377 C Ina Albowitz F D P 379C Ulla Jelpke PDS 381 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 381 D Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 384 A Norbert Geis CDU/CSU 388 A, 392 B Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 392 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 392 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 393 C Nächste Sitzung 394 D Berichtigung 394 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 395* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 313 8. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 7. Sitzung, Seite 307 A, Zeile 22: Statt „15 %" ist „50 %" zu lesen. Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Borm, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 395* Anlage zum Stenographischen Bericht (C) Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 14. 12. 94 * Borchert, Jochen CDU/CSU 14. 12. 94 Conradi, Peter SPD 14. 12. 94 Dr. Eid-Simon, Ursula BÜNDNIS 14. 12. 94 90/DIE GRÜNEN Heym, Stefan PDS 14. 12. 94 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 14. 12. 94 Iwersen, Gabriele SPD 14. 12. 94 Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 14. 12. 94 Schmidt-Zadel, Regina SPD 14. 12. 94 Schumann, Ilse SPD 14. 12. 94 Vergin, Siegfried SPD 14. 12. 94 Wallow, Hans SPD 14. 12. 94 Warnick, Klaus-Jürgen PDS 14. 12. 94 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ina Albowitz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Özdemir, ich kann Sie völlig beruhigen: Meine Partei und meine Fraktion haben keine Lust, sich aus der Politik zu verabschieden. Sie haben auch keine Lust, Wolkenschieberei zu betreiben.

    (Zurufe von der SPD)

    — Natürlich gibt es nettere Tage; das habe ich mir in der letzten Zeit auch vorgestellt. Aber manchmal muß man es halt nehmen, wie es kommt. Es war bei euch auch schon einmal besser.
    Ich hatte eben bei manchen Reden streckenweise den Eindruck — das sage ich mit aller Ernsthaftigkeit —, als lebte ich in einem anderen Land. Für das Land, in dem ich lebe, stimmen ein Teil der Szenarien, die hier dargestellt worden sind, nicht.

    (Zustimmung bei der F.D.P.) Darauf komme ich noch einmal zurück.

    Die Koalitionsvereinbarungen im Bereich der Innen- und Rechtspolitik sind von dem Gedanken getragen, den liberalen Rechtsstaat zu stärken, die Bürgerrechte zu verteidigen, aber auch die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Die liberale Bürgergesellschaft stellt an die Regierenden hohe Anforderungen. Der Bürger will wissen, daß er am demokratischen Staatsleben teilhaben kann, daß er sich sicher fühlen kann und daß ihm aus einer möglichen Bedürftigkeit herausgeholfen wird. Fragen der inneren Sicherheit, die Behandlung kultureller Angelegenheiten sowie die Politik für Minderheiten als Bestandteile der inneren Verfassung unseres Staates bieten Maßstäbe, mit denen sich die Ausrichtung der Regierungskoalition feststellen läßt.
    Die Sicherheit der Bürger ist nicht zum Nulltarif zu haben. Ein Bürger, der ständig in Angst vor Bedrohung lebt, kann seine Freiheit nicht ausleben. Aber niemand darf glauben, daß man Sicherheit erkaufen kann. Es nützt nichts, eine immer weiter gehende technische Aufrüstung der deutschen Sicherheitsbehörden zu betreiben. Ein wesentliches Merkmal bei der Entwicklung technischer Geräte ist nämlich die Tatsache, daß in relativ kurzer Zeit die Entwicklung schon wieder überholt ist. Diese unendliche Spirale produziert meiner Ansicht nach ein ungesundes Kosten-Nutzen-Verhältnis.
    380 Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994
    Ina Albowitz
    Meine Auffassung von innerer Sicherheit definiert sich anders. Insoweit, glaube ich, Herr Bundesinnenminister, ist ein Teil der Szenarien, die Sie eben hier dargestellt haben, überzogen. Ich hatte den Eindruck, Sie wollen den Bürgern in diesem Land ein bißchen Angst machen. Ein Teil Ihrer Darstellungen ist Ländervollzugsangelegenheit. Wir sind weniger gefordert.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Neben einer staatlichen Pflicht zur Kriminalitätsbekämpfung ist vor allem der innere Frieden einer Gesellschaft wichtig. Die innere Sicherheit hängt dann davon ab, daß die Polizeibehörden bei der Prävention und bei der Verbrechensbekämpfung die erforderliche Unteistützung erhalten, sowohl in finanzieller und personeller als auch in ideeller Hinsicht. Hier greift die Aufstockung der Mittel für den Bundesgrenzschutz. Damit kann die noch bestehende Personallücke geschlossen werden.
    Beim Bundeskriminalamt wird beim AFIS-Fingerabdrucksystem ein erheblicher Betrag zur Effizienzsteigerung aufgebracht. Ich denke, das ist zwingend erforderlich. Im übrigen hoffe ich, daß das neue Personalkonzept des Bundesministers des Innern Erfolg hat, damit beim BKA endlich wieder Ruhe einkehrt. Ein bißchen weniger Pressekonferenzen und ein bißchen mehr Eigenarbeit ständen dem BKA durchaus gut an.

    (Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.]: Insbesondere dem Präsidenten desselben!)

    Ebenso wichtig für mich und für meine Partei ist aber der innere Zusammenhalt der Bevölkerung. Eine gute Innenpolitik muß darauf achten, daß die Ränder nicht ausfransen, daß sich einzelne nicht ausgeschlossen fühlen und der Staat ihnen die kalte Schulter zeigt. Wir brauchen ein Klima der Toleranz in unserem Land, damit die Gesetze im Bereich der inneren Sicherheit dann auch akzeptiert werden können.

    (Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.]: Sehr wahr!)

    Ich möchte die Gelegenheit nutzen, der Bundesregierung und vornehmlich dem Herrn Bundeskanzler dafür zu danken, daß sie bei der wirklich schwierigen Menschenrechtslage in der Türkei einen sofortigen Abschiebestopp für Kurden bis zum 20. Januar verfügt hat.

    (Beifall bei der F.D.P. und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Diese Reaktion auf die unglaublichen Urteile gegen acht Kollegen von uns — es sind Kollegen von uns — hat die volle Zustimmung meiner Partei und meiner Fraktion. Burkhard Hirsch und ich haben sie kurz vor Prozeßbeginn in Ankara besucht. Ich bin so deprimiert, daß ich es Ihnen überhaupt nicht beschreiben kann. Ich bin noch heute deprimiert, obwohl das inzwischen ein Vierteljahr her ist. Wir können einen solchen Anschlag auf die parlamentarische Demokratie gerade in mit uns befreundeten Staaten nicht schweigend hinnehmen.

    (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich das als persönliche Bemerkung noch mit einfügen: Es geht um ein Land, in dem ein Mann verhaftet wird, weil er eine Rede vor dem Europarat gehalten hat, nämlich der Mann von Leyla Zana. Leyla Zana ist selbst zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, und seit wenigen Tagen weiß ich, daß inzwischen auch ihr Sohn verhaftet worden ist, weil er seine Mutter im Gefängnis besucht hat und sich dort natürlich auch zur Autonomie der Kurden geäußert hat. Ich denke, wir können das so nicht hinnehmen. Je lauter wir von hier aus reden, desto besser ist das.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Herr Innenminister, es geht uns dabei nicht um die Aufweichung des Asylkompromisses, sondern um die Wahrung der Menschenrechte im Fall der Bedrohung von Leib und Leben.

    (Dr. Burkhard Hirsch [F.D.P.]: Sehr wahr!)

    Dieser Verantwortung kann sich kein Politiker entziehen. Das Verfahren nach dem 20. Januar werden wir in diesem Hause mit aller Ernsthaftigkeit zu prüfen haben und dann unsere Entscheidung zu treffen haben.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Der innere Frieden in diesem Land ist auch wesentlich vom Zustand einer Kultur bestimmt. Ich möchte hier ganz kurz noch einmal betonen, daß radikale Kürzungen im Kulturbereich fast nie mehr umkehrbar sind. Die Diskussion, die wir vor einem halben Jahr hier gehabt haben und in deren Verlauf die Bedeutung der Kulturförderung des Bundes deutlich herausgestrichen wurde, gibt mir Hoffnung, daß alle den Stellenwert von Kultur in unserem Land verstanden haben. Dies muß auch in Zeiten knapper Haushalte und Mittelbereitstellungen gelten. Ein Staat, der die Kultur vernachlässigt, schickt seine Bürger in die Orientierungslosigkeit. Kulturförderung ist keine fehlgeleitete Subvention, deren Abbau zur Diskussion steht, sondern sie ist notwendig, um die gesellschaftlichen Kräfte zu erhalten. Neue Initiativen, Kreativität und das gemeinsame Bemühen aller zeigen, wie Kürzungen und Einsparungen auch im Kulturbereich vermieden werden können.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluß noch etwas zum Beitrag der demokratischen Kultur sagen — das ist, so glaube ich, in diesem Hause zu kurz gekommen —, nämlich der politischen Bildung. In diesem Bereich kann, wenn wir uns ein bißchen intensiver damit beschäftigen, schon viel erreicht werden, was zur staatsbürgerlichen Bewußtseinsbildung insbesondere junger Menschen gehört. Unerwünschten radikalen Tendenzen, Ausländerfeindlichkeit, aber auch Politikverdrossenheit kann durch die wirklich wichtige Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung entgegengewirkt werden. Wir sollten sie dabei nicht alleine lassen, auch wenn uns die eine oder andere Publikation nicht gefällt.
    Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulla Jelpke.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14 Dezember 1994 381

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulla Jelpke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Im Bundeshaushalt des BMI ist Bescherung angesagt. So erhält beispielsweise der Verfassungsschutz fast 5 Millionen DM mehr, um weiterhin schonend — ich betone: schonend — mit dem Rechtsextremismus umgehen zu können. Ein Blick in den Verfassungsschutzbericht reicht, um das zu belegen. Aber auch die Antworten der Bundesregierung auf die vielen parlamentarischen Anfragen in diesem Bereich zeigen dies.
    Es paßt meiner Meinung nach auch wie die Faust auf das Auge, daß die mit 5 Millionen DM aus Steuergeldern gesponserte Zeitung „Das Parlament" den sogenannten neurechten Geschichtsrevisionisten im November gleich eine Doppelnummer zur Verfügung gestellt hat. Ansgar Graw, der diese Ausgabe des „Parlaments" mit konzipiert hat, tritt immerhin für die Regermanisierung Ostpreußens ein und dafür, unter die deutsche Nazivergangenheit einen Schlußstrich zu ziehen. Jetzt werden diese rechten Antworten auf die selbstaufgeworfenen deutschen Streitfragen kostenlos an Schulen und Bildungsstätten verteilt. Was ist schon die Gründung einer rechtsextremistischen Zeitung gegen die komplette Übernahme einer Regierungszeitung, kann man da in Abwandlung eines Brechtzitats nur sagen!
    Wie heißt es doch so schön im Vorspann zum Haushalt der Bundeszentrale für Politische Bildung — Zitat —:
    Die Politische Bildung ist wesentlicher Teil des gesamten Bildungssystems, als Lernprinzip durchdringt sie alle Bereiche des Systems.
    Da ist es nur logisch, daß die sowieso schon kläglichen und manchmal auch dubiosen Ausgaben für die Aufklärungskampagne über die Gefahren des Extremismus und der Fremdenfeindlichkeit erneut um 1 Million DM gestrichen werden.
    Meine Damen und Herren, die Grenzen zwischen Außen- und Innenpolitik zerfließen immer mehr, verkündet der letzte und jetzige Fraktionsvorsitzende der Union. Er hat den Einsatz der Bundeswehr im Innern gefordert und gesagt, die Bundeswehr solle auch an den Grenzen eingesetzt werden. Damals sekundierte der jetzige Zukunftsminister Rüttgers, daß dies ein Thema sei, an dem die Union festhalten werde. Man sieht es dem Haushalt an. Grenzsicherheit, so läßt Innenminister Kanther bei dieser Gelegenheit verlauten, gewinne eine Bedeutung, die weit über das polizeiliche Vorgehen an der Grenze selbst hinausgeht. Verbrechensbekämpfung im Inland und Grenzsicherheit sind untrennbar miteinander verbunden. Das läßt er sich in diesem Haushalt etwas kosten.
    Dazu nur einige wenige Zahlen: Allein das sogenannte roulierende System, mit dem BGS-Einheiten zum Einsatz kommandiert werden, verursacht Mehrkosten in Höhe von 27 Millionen DM. Die Kosten für Abschiebungen steigen um 1,5 Millionen DM. Das sind alles nur Teile, sozusagen Peanuts des von Herrn Kanther beschworenen — ich zitiere — „Netzwerks polizeitaktischer, organisatorischer, personeller und ausstattungsmäßiger Maßnahmen", die ständig „an die jeweils neuen Herausforderungen angepaßt werden" .
    Wie eiskalt der Innenminister sein kann, hat er kürzlich vorgeführt, als er ausgerechnet an dem Tag, als herauskam, daß sechs Menschen unter den Augen der polnischen und deutschen Grenzsicherer in der Oder ertrunken sind, dort vier Patrouillenboote für den BGS einweihte.
    Zurück zum Haushalt: Wärmebildgeräte und Boote verursachen millionenschwere Sachkosten. Insgesamt erhält der BGS mit diesem Haushalt 400 Millionen DM mehr als im Haushalt zuvor. Darin sind noch nicht die 35 Millionen DM für die Maßnahmen nach dem Schengener und dem Dubliner Abkommen oder die 1,7 Millionen DM für Europol-Beiträge enthalten.
    Meine Damen und Herren, daß 14 Millionen DM bei den betroffenen Asylsuchenden eingespart werden, wenn es darum geht, daß für sie Sachverständigengutachten geschrieben werden, das verwundert uns überhaupt nicht mehr. Mit diesem Haushalt wird eine Politik fortgesetzt, die Flucht- und Migration zur Hauptbedrohung der inneren und äußeren Stabilität hochstilisiert hat und weiterhin hochstilisieren wird. Das findet auf keinen Fall unsere Zustimmung.
    Ich möchte zum Abschluß noch einen Satz zu den hier angesprochenen Urteilen in der Türkei und den Abschiebestopps sagen. Die heute bereits geäußerten Verurteilungen der Geschehnisse in der Türkei unterstützte ich größtenteils, glaube aber, daß es nicht nur bei moralischen und politischen Verurteilungen bleiben darf, sondern daß nach Jahren die Bundesregierung endlich Konsequenzen ziehen muß, indem sie die Waffenlieferungen dorthin stoppt und indem der Abschiebestopp — entgegen der jetzigen Absicht — über Januar hinaus verlängert wird. Allerdings glaube ich nicht, daß der Druck auf die türkische Regierung damit schon groß genug ist. Es muß mehr politischer Druck her. Nur so kann die Türkei wirklich zu neuen demokratischen Schritten gezwungen werden.

    (Beifall bei der PDS)