Rede von
Werner
Schulz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gregor Gysi hat in der vergangenen Sitzungswoche bei knapper Redezeit ausführlich — und zu Recht — dagegen protestiert, daß die PDS bei der Verwendung ihrer Redezeit beschränkt wird. Wider besseres Wissen hat er es nicht versäumt, uns ebenfalls in die Schar der Verfolger einzureihen, die der PDS Übles wollen. Das prägt offenbar seinen neuen Stil im Umgang mit unserer Partei.
Deswegen will ich hier ganz deutlich und klar sagen — auch weil ich dazu viele Nachfragen bekommen habe —: Wir sind mit der gegenwärtigen Regelung nicht einverstanden. Und bevor hier neue Unwahrheiten verbreitet werden, sollte Gregor Gysi erst einmal seine eigenen Lebenslügen aufbereiten.
Als wir den Status einer Gruppe hatten, haben wir uns ständig gegen diese Vereinbarung gestemmt, wiederholt darauf hingewiesen, daß es verfassungswidrig ist, wenn eine Gruppe bei der Zusammenlegung ihrer Gesamtredezeit beschränkt wird. An dieser unserer Position hat sich nichts geändert. Wir bestehen darauf, daß die PDS volle parlamentarische Rechte erhält, d. h. als Fraktion anerkannt wird, damit sie entsprechend arbeiten und reden kann.
Alles andere ist unfair und bestärkt diese Partei in ihrer Märtyrerrolle, gibt ihr sogar den Dauerstatus als „Kommitee der Selbstgerechtigkeit".
Meine Damen und Herren, mal unverkrampft, was uns der Herr Bundespräsident schließlich empfohlen hat. Was vergeben wir uns denn, wenn die PDS in der ersten Runde ihre gesamte Redezeit bekommt? Von uns aus könnte sie noch mehr erhalten, damit außer diesem gewendetem Linksimage endlich deutlich wird, daß sie wenig zu sagen hat,
daß häufig leeres Stroh gedroschen wird — neue Worthülsenfrüchte von alten SED-Feldern.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Dezember 1994 315
Werner Schulz
Geben wir doch unserem Entspannungsbedarf freien Raum und lassen den Unterhaltungskünstler Gysi in voller Länge auftreten. Da hungert er nun zwischen zwei Mahlzeiten mit brennender Zigarette vor laufender Kamera für die Parteikasse, springt aus den Wolken, besser als Jürgen W. Möllemann — der ist mittlerweile in der Versenkung gelandet
und ist damit dem Fall seines Vorsitzenden voraus —, und dann hat er noch nicht einmal die Möglichkeit, hier umfassend seine abenteuerlichen Vorstellungen auszubreiten.
Meine Damen und Herren, geben wir der PDS genügend Redezeit,
damit deutlich wird, wie nichtssagend ihre Politik ist.