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ID1217209300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/172 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 172. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 8. September 1993 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1994 (Haushaltsgesetz 1994) (Drucksache 12/5500) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1993 bis 1997 (Drucksache 12/5501) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (Drucksache 12/5502) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungsund Wachstumsprogramms (Drucksache 12/5510) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt (Fortsetzung): Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz) (Drucksache 12/5630) Rudolf Scharping, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz 14735 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 14744 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 14754 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 14754 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 14758A Dr. Gregor Gysi PDS/Linke Liste . . . 14760 C Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14764 C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 14767 A Hans-Ulrich Klose SPD 14775 A Dr. Renate Hellwig CDU/CSU . . . 14778 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 14778B Friedrich Bohl CDU/CSU 14784 B Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU 14786B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 14786D Michael Glos CDU/CSU 14790 C Walter Kolbow SPD 14791 D Dr. Hans Modrow PDS/Linke Liste . . 14796 C Hans-Gerd Strube CDU/CSU 14798A Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14799B Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 14800 B Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD 14802B, 14805C Helmut Schäfer (Mainz) F.D.P. . . . . 14805 B Vera Wollenberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14805 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 14807 A Dr. Ingomar Hauchler SPD 14808 B Konrad Weiß (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14809 B Dr. Klaus Rose CDU/CSU 14810B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. September 1993 Ortwin Lowack fraktionslos 14812B Ernst Hinsken CDU/CSU 14812D Dr. Ulrich Briefs fraktionslos . 14814B, 14848 C Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 14815C Michael Habermann SPD 14817 B Norbert Eimer (Fürth) F.D.P. . . . . . 14820 C Ortrun Schätzle CDU/CSU 14822 A Michael Habermann SPD 14822 D Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 14824 A Maria Michalk CDU/CSU 14825 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 14826D Dr. Edith Niehuis SPD 14829A Uta Würfel F D P. 14831 A Dr. Edith Niehuis SPD 14832 A Petra Blass PDS/Linke Liste 14833 A Susanne Jaffke CDU/CSU 14834 A Ralf Walter (Cochem) SPD 14835 B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 14837 C Doris Odendahl SPD 14838 C Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . . 14841D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 14843 C Dr. Wolfgang Ullmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 14844 B Carl-Ludwig Thiele F D P 14845 B Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 14846 D Dr.-Ing. Paul Krüger, Bundesminister BMFT 14849B Josef Vosen SPD 14851D, 14855 C Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann F D P 14852 C Dietrich Austermann CDU/CSU 14855 B Siegmar Mosdorf SPD . . . 14856C, 14861A Werner Zywietz F D P 14857 D Josef Vosen SPD 14858 C Ingeborg Philipp PDS/Linke Liste . . . 14859 C Erich Maaß (Wilhelmshaven) CDU/CSU 14860B Nächste Sitzung 14862 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 14863* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 172. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 8. September 1993 14735 172. Sitzung Bonn, den 8. September 1993 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 8. 9. 93 Bartsch, Holger SPD 8. 9. 93 Blunck (Uetersen), SPD 8. 9. 93** Lieselott Dr. Blunk (Lübeck), F.D.P. 8. 9. 93 Michaela Böhm (Melsungen), CDU/CSU 8. 9. 93 ** Wilfried Börnsen (Bönstrup), CDU/CSU 8. 9. 93 Wolfgang Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 8. 9. 93 * Clemens, Joachim CDU/CSU 8. 9. 93 Ebert, Eike SPD 8. 9. 93 Dr. Fischer, Ursula PDS/LL 8. 9. 93 Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 8. 9. 93 Dr. Gautier, Fritz SPD 8. 9. 93 Heyenn, Günther SPD 8. 9. 93 Hollerith, Josef CDU/CSU 8. 9. 93 Jaunich, Horst SPD 8. 9. 93 Dr. Kübler, Klaus SPD 8. 9. 93 Lambinus, Uwe SPD 8. 9. 93 Lenzer, Christian CDU/CSU 8. 9. 93 ** Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 8. 9. 93 Meckel, Markus SPD 8. 9. 93 Michels, Meinolf CDU/CSU 8. 9. 93* Dr. Müller, Günther CDU/CSU 8. 9. 93 * Müller (Düsseldorf), SPD 8. 9. 93 Michael Opel, Manfred SPD 8. 9. 93*** Pfuhl, Albert SPD 8. 9. 93 Reddemann, Gerhard CDU/CSU 8. 9. 93 Reuschenbach, Peter W. SPD 8. 9. 93 Dr. Riedl (München), CDU/CSU 8. 9. 93 Erich Dr. Scheer, Hermann SPD 8. 9. 93 * Schell, Manfred CDU/CSU 8. 9. 93 Schmidt (Nürnberg), SPD 8. 9. 93 Renate Stachowa, Angela PDS/LL 8. 9. 93 Dr. von Teichman, F.D.P. 8. 9. 93 Cornelia Weis (Stendal), Reinhard SPD 8. 9. 93 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ortwin Lowack


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Lieber Ernst Hinsken, ich darf darauf hinweisen, daß ich an dieser Ausarbeitung der familienpolitischen Leistungen seit 1985 tatkräftig, wie alle in der Landesgruppe der CSU damals, beteiligt war und darum um so enttäuschter darüber bin, was heute passiert.

    (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Was passiert denn?)

    Nach den ungeheuren Fehlern in der Vergangenheit überbringt der Bundeskanzler geradezu lächerliche Botschaften. Lest mal seine Reden durch! Er bringt Botschaften wie ein Heilsbringer — so steht es drin — und behauptet, aus dem Urlaub mit einem kräftigen Doppelkinn und vollem Gewicht zurückgekehrt, die Deutschen lebten über ihre Verhältnisse — eine Karikatur in sich selbst. Die Zuschüsse an die Fraktionen haben sich vervierzigfacht, ohne daß die Politik besser geworden ist, sie ist schlechter geworden, weil immer mehr Abhängigkeiten für die vielen kleinen Funktionäre geschaffen wurden.

    (Brigitte Baumeister [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht wahr!)

    Das ist doch letztlich die Macht Helmut Kohls und nicht die mentale Kraft. Machen wir uns doch nichts vor!

    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist reiner Populismus!)

    „Die Deutschen leben über ihre Verhältnisse", sagt der Bundeskanzler, aber die Zuschüsse an die politischen Stiftungen haben sich ebenfalls vervierzigfacht. Der Steuerzahler unterhält die Fassaden der etablierten Politik. Die Vertuschung, die Vernebelung, die ihm geboten wird, zahlt er aus der eigenen Tasche.
    Der Bundeskanzler spricht davon, die Deutschen lebten über ihre Verhältnisse, aber der Staatsanteil ist auf über 52 % hochgeschnellt. Nichts hat so rasant zugenommen wie die öffentlichen Haushalte, nichts hat so rasant zugenommen wie die unkontrollierten Zahlungen an die Europäische Gemeinschaft.
    Vom bayerischen Ministerpräsidenten ist an den Bundeskanzler ein bemerkenswerter Brief über das Elend, das Monstrum, den Mist von Maastricht, die Aufgabe rechtsstaatlicher Prinzipien, die Aufgabe nationaler Motivation geschrieben worden. Wenn dieses Parlament nicht bereit ist, auch einmal die Europäische Gemeinschaft und die Zahlungen an sie einer Kontrolle zu unterziehen, wird es tatsächlich den Haushalt niemals in den Griff bekommen.

    (Zuruf des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])

    — Ich nehme nur ein Beispiel, lieber Ernst Hinsken: 27,8 Milliarden DM Strukturmittel aus der Europäischen Gemeinschaft für die neuen Bundesländer. Das feiert die Bundesregierung. Was hat sie verschwiegen? 93,3 Milliarden DM zahlt der deutsche Steuerzahler in die Kassen ein, damit wir diese 27,8 Milliarden DM bekommen. Das ist die Wahrheit. Nur noch mit Teilwahrheiten zu arbeiten, die eigenen Leute zu
    belügen, das ist in der Zwischenzeit zum Markenzeichen dieser Regierung geworden.

    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie wollen, daß jeder wenig reinbezahlt und alle das Doppelte herausbekommen!)

    Die Franzosen haben Maastricht — nur ein Teil hat überhaupt an der Abstimmung teilgenommen — deswegen mit einem halben Prozent Mehrheit zugestimmt, weil man ihnen regierungsoffiziell erklärt hat, es gehe darum, die Deutschen an die Kandare zu nehmen und finanzpolitisch auszunehmen. Die vier Staaten Spanien, Portugal, Irland und Griechenland haben zugestimmt, weil man ihnen zusätzlich zum aufgestocken Strukturfonds einen Adhäsionsfonds versprochen hat. Die Briten haben eine Ausnahmeregelung zur Sozialpolitik gemacht. Die Dänen haben erst zugestimmt, nachdem ihnen zugestanden war, daß die Regelungen für die Währungsunion wie auch die für den europäischen Staatsbürger für sie nicht gelten. So könnten wir auch zustimmen. Aber das hat mit Maastricht nichts mehr zu tun.
    Nur die deutsche Politik ist mit Hurra auf das sinkende Boot Maastricht gesprungen. Sie hat ihre Bevölkerung vorenthalten, ihre Meinung zu sagen, wo es um ihren Status geht, um ihre staatsbürgerlichen Rechte. Sie hat ihr vorenthalten, auch nur ein einziges Mal Stellung zu nehmen, bei Wahlen ihre Meinung wiederzugeben.
    Nein, das Ansehen der Deutschen ist dadurch nicht gewachsen. Es ist so niedrig wie noch nie. Der Bundeskanzler, der sich mit Adenauer vergleicht, hat nichts von Adenauer. Er hat auch nichts von Adenauer gelernt.

    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er ist schon fast so lange dran wie Adenauer!)

    Zugunsten fragwürdiger politischer Freundschaft mit ausländischen Politikern wurde der Unfrieden im Land geschaffen: bei den Heimatvertriebenen, bei den Enteigneten, auf deren Buckel ohne ihre Beteiligung Aussöhnung und finanzpolitische Sanierung betrieben wurden.
    Wir sind von der inneren Einheit so weit entfernt wie nie zuvor. Wo hat diese Jugend bei uns in Deutschland Perspektiven? Wo sind die großen Ideale der Politik der Bundesregierung, die geistigen Grundlagen? Wir sollen sie hier diskutieren. Ich höre nur nichts davon.

    (Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Lowack, der Erneuerer! So kenne ich dich gar nicht!)

    Geistesarmut, Ideenlosigkeit, Stumpfsinn sind Markenzeichen dieser Politik.
    Wolfgang Schäuble hat heute früh in der Debatte die Grundlagen der nationalen Gemeinschaft betont. Dafür kämpfe ich schon seit vielen Jahren. Nur, keine Bundesregierung hat mehr gegen dieses Prinzip verstoßen als diese. Deutschland dürfe kein unverdaulicher Klotz in Europa werden: Das sind die Äußerungen des Bundeskanzlers hinter den Kulissen. Da merken wir, welche Infamie und welcher Zynismus dahinterstecken. Berlin ist doch nur ein Feigenblatt und etwas, was man finanzpolitisch überhaupt nicht vertreten kann.



    Ortwin Lowack
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nicht näher auf mein Spezialgebiet Außenpolitik eingehen,

    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Bisher war es ein Wald-und-Wiesen-Gelaber!)

    will nur die Prinzipienlosigkeit, Feigheit und Einfallslosigkeit feststellen, vor allem die völlige Verkennung der Situation in Fernost und der Chancen, die beispielsweise die Entwicklung Taiwans und der Auslandschinesen für Gesamtchina auch zum Wohle der deutschen Politik hätte haben können.
    Ich darf nur eines festhalten: Wir brauchen in Deutschland eine grundsätzliche, eine gründliche demokratische Erneuerung. Wenn die Politik dafür zu schwach, zu egozentrisch, zu zynisch, zu müde, zu verkrustet ist, muß die Antwort, wenn die verfaßte Gewalt dazu nicht mehr in der Lage ist, von der verfassunggebenden Gewalt vom Volk kommen. Sie dürfen sicher sein: Sie wird kommen.


Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich erteile nunmehr das Wort dem Abgeordneten Dr. Briefs.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ach Gott, was uns jetzt zugemutet wird, ist noch schlimmer als vorhin!)

— Herr Abgeordneter Hinsken, das hat das Bundesverfassungsgericht mit Recht, wie ich glaube, so festgelegt. Wenn Sie das in der Landesgruppe montags abends hätten besprechen können, hätten Sie uns diesen Ärger erspart.
Nun hat der Abgeordnete Dr. Briefs das Wort.

(Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Herr Präsident, wenn der Kollege bei seinem Namen bleibt, macht er es kurz!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ulrich Briefs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS/LL)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)

    Ich mache es so, wie es mir meine Zeit erlaubt. Herr Rose, Sie können sicher sein: Es wird ein Kontrapunkt zu dem sein, was soeben gesagt worden ist.
    Die Politik dieses Bundeskanzlers und dieser Bundesregierung ist, oberflächlich betrachtet, eine Erfolgsstory. Das muß man zugestehen. Sieht man jedoch genauer hin, sind fast alle Erfolge dieser Bundesregierung und dieses Bundeskanzlers so geartet, daß sie dem eigentlich Notwendigen zuwiderlaufen.
    Ein Beispiel: Die längste Periode des wirtschaftlichen Aufschwungs in der Nachkriegszeit, einer der Erfolge dieser Bundesregierung, ist zugleich eine Zeit ökologischen Stillstands und zum Teil sogar des ökologischen Rückschritts gewesen. Die Bundesrepublik ist, so sagt die Bundesregierung selbst, ein unsicherer Standort für Investitionen geworden. Aber wer hat seit mehr als elf Jahren die politische Verantwortung für den angeblich unsicheren Standort Deutschland? Wenn es Modernisierungsdefizite gibt — die weiter anhaltenden Exporterfolge dieses Landes und die nach wie vor harte D-Mark sprechen indes eine etwas andere Sprache —, sind sie nicht auch vor allem den Fehlern dieser Bundesregierung zuzuschreiben?
    Vor allem aber: Die Fehler und die Versäumnisse dieser Bundesregierung und dieses Bundeskanzlers haben uns etwas eingebracht, was womöglich nie wieder zu beseitigen ist, nämlich eine nach Millionen zählende Dauerarbeitslosigkeit. 7 Millionen fehlende Arbeitsplätze waren Anfang der 70er Jahre undenkbar. Da hat es Monate mit weniger als 100 000 registrierten Arbeitslosen gegeben und zugleich fünfmal soviel offenen Stellen. Sie waren auch Ende der 70er Jahre undenkbar, als die Arbeitslosigkeit bei etwa 1 Million statistisch erfaßter Arbeitskräfte lag.
    Der Arbeitsmarkt ist dieser Bundesregierung — ich sage es einmal ganz vorsichtig — entglitten, und sie wird ihn nie wieder in den Griff bekommen. 7 Millionen fehlende Arbeitsplätze sind aber nicht nur eine Chiffre für wachsende soziale Not, Verarmung, Verelendung — von der Not der Wohnungssuchenden und Obdachlosen, Opfer vor allen Dingen der unsozialen Wohnungsbaupolitik dieser Bundesregierung, ganz zu schweigen —; 7 Millionen fehlende Arbeitsplätze sind auch Ausdruck eines rabiaten strukturellen Wandels in der Wirtschaft, in der mit immer mehr Kapital und immer weniger menschlichem Arbeitsaufwand immer modernere Produkte produziert werden. Sie sind Ausdruck eines gewaltigen und auch gewalttätigen Rationalisierungsprozesses, der schlicht und einfach immer weniger menschliche Arbeitszeit zur Erstellung der gleichen oder einer wachsenden Leistung notwendig macht.
    Was tun diese Bundesregierung und dieser Bundeskanzler in dieser Situation? Sie fordern, die Arbeitszeit zu verlängern, statt sie zu verkürzen. Sie drücken auf die Personalkosten und die Personalnebenkosten, mit dem Ergebnis — das muß man ganz nüchtern betrieblich sehen —, daß sie mit den eingesparten Mitteln den Rationalisierungsprozeß und den Prozeß der Kapitalintensivierung in den Betrieben weiter anheizen. Sie bauen Arbeitnehmerschutzrechte und Gewerkschaftsrechte ab — das meiste kommt ja erst noch —, statt sie angesichts der wachsenden Schutzbedürftigkeit von Arbeitskräften in der modernen Produktion auszuweiten.
    Wie man sieht: Die Politik dieses Bundeskanzlers und dieser Bundesregierung handelt konsequent dem Notwendigen und Vernünftigen zuwieder.
    Ähnlich auf dem Gebiet der Umweltpolitik: Zu einem Zeitpunkt, in dem sichtbar geworden ist, daß nur eine Ökologisierung der Produktion wirklich zukunftsträchtige, wirklich sichere Arbeitsplätze und Absatzmöglichkeiten bieten kann, werden der Umweltschutz und der Naturschutz nicht ausgebaut, sondern abgebaut. Im Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie entscheidet sich diese Bundesregierung für die Ökonomie, zu Lasten einer gesunden Umwelt und zu Lasten der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen überhaupt auf diesem Planeten.
    Der Bundesumweltminister, der eh in diesem Kabinett bestenfalls eine Alibifigur ist, wird vollends zum Statisten degradiert. Der Kanzler selbst, zweifellos eine außerordentliche politische Potenz und ganz und gar nicht die Figur, die insbesondere im Osten so oft etwas witzelnd angesprochen wird — das hat der Kollege Lowack soeben auch getan —, ist jedenfalls ökologisch ein blinder Fleck. Er hat überhaupt keinen

    Dr. Ulrich Briefs
    ökologischen Touch oder Charakter. Auf diesem Gebiet ist er überhaupt nicht existent.
    Das größte und auf lange Sicht wohl verhängnisvollste Versäumnis dieses Bundeskanzlers und dieser Bundesregierung ist jedoch die grob fahrlässige Hinnahme der Rückentwicklung großer Teile der Bevölkerung dieses Landes zu einem nationalistischen, antisemitischen und rassistischen Bewußtsein. Es wäre falsch, davon auszugehen, daß dieses rassistische, antisemitische, nationalistische Bewußtsein von Bonn, von dieser Bundesregierung, von diesem Bundeskanzler oder aus diesem Parlament heraus erzeugt oder auch nur im wesentlichen geweckt worden wäre. Das Problem der Rechtsentwicklung mit unabsehbaren Folgen für Deutschland, für seine Nachbarn, für Europa ist weniger in den politischen Parteien und Institutionen dieses Landes verankert. Es steckt in der Bevölkerung, in den Menschen dieses Landes.
    Wie die öffentlichen Beifallsbekundungen für Ausschreitungen gegen Hilflose und Wehrlose in Rostock, Hoyerswerda, Quedlinburg und Dolgenbrodt, diesem brandenburgischen Dorf mit dem unaussprechlichen Namen, und anderswo zeigen, ist es offensichtlich besonders ausgeprägt in der ostdeutschen Bevölkerung. Um Herrn Schäuble kurz zu zitieren: Auch da muß die Wahrheit gesehen und gesagt werden.
    Das hat mit deutschen Traditionen, mit deutschen Sozialstrukturen, mit sogenannten deutschen Werten, mit sogenannten deutschen Tugenden und Sekundärtugenden, mit deutscher Geschichte und Erziehung, mit deutschen autoritären Familienstrukturen, mit dem deutschen Selbstverständnis zu tun.
    Ich fürchte, es wäre auch ohne die Asyldebatte in irgendeiner Form zum Ausdruck gekommen. Es ist doch erschreckend, wenn Ignatz Bubis zu der Einschätzung kommen muß, daß in diesem Land ein Drittel der Bevölkerung antisemitisch ist. Ich sage es ganz offen: Angesichts der Angriffe in Rostock und anderswo, angesichts der getöteten Kinder und Frauen in Mölln und Solingen wäre so etwas wie Bevölkerungsverdrossenheit sicherlich ebenso verständlich wie die vielberufene Politikverdrossenheit.
    Das große verhängnisvolle Versäumnis dieser Bundesregierung und dieses Bundeskanzlers war es, daß sie nicht ganz früh und mit aller gebotenen Gewalt des staatlichen Gewaltmonopols dieser Entwicklung entgegengetreten sind, und jede derartige Regelung bereits 1989 und 1990 im Keim erstickt haben. Polizeilich und juristisch Verfolgen und gesellschaftlich Ächten, das wäre notwendig gewesen.
    Heute, so fürchte ich, ist es dazu zu spät. Wer auf eine zukünftige neokonservative Erziehung spekuliert — da bahnt sich ja so etwas an —, muß wissen, daß wir damit nicht ein oder zwei Generationen warten können. Das heißt: Mit der neokonservativen Erziehung können wir sehr wohl so lange warten. Aber mit den notwendigen Ergebnissen können wir nicht so lange warten. In den USA — das habe ich gerade einer Mitteilung entnommen — glauben inzwischen mehr als die Hälfte der Menschen, daß in Deutschland der Nationalsozialismus wiederkehren kann.
    Übrigens, wenn die Bundesregierung endlich einmal ein deutliches Signal setzen will, sollte sie mit einer drastischen diplomatischen Demarche in der Slowakei gegen die Rehabilitierung des Klerikalfaschisten Tiso und gegen den offiziell angeheizten Antisemitismus sowie gegen die zu Pogromen führende Hetze gegen Roma vorstellig werden.
    Diese und andere beängstigende Wahrnehmungen lassen ahnen, was — so fürchte ich — auch in diesem Land und in großen Teilen dieser Bevölkerung möglich sein wird, wenn sich der wahnsinnige Brand des Rechtsradikalismus weiter ausbreitet.
    Der Bundeskanzler und die Bundesregierung sollten vielleicht einmal mit den europäischen Partnerregierungen über wirksame Wege zur Bekämpfung der Rechtsentwicklung in der Bevölkerung beraten und dann schnell und wirksam handeln. Es darf kein Spiel mehr mit dem Feuer rassistischer und nationalistischer Aggression, Werte und Neigungen in der deutschen Bevölkerung geben. Hier liegt die größte und wichtigste Aufgabe dieser Bundesregierung und dieses Bundeskanzlers in der Zukunft.
    Herr Präsident, ich danke Ihnen.