Rede:
ID1213510300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 14
    1. Meine: 1
    2. Damen: 1
    3. und: 1
    4. Herren,: 1
    5. ich: 1
    6. erteile: 1
    7. jetzt: 1
    8. unserem: 1
    9. Kollegen: 1
    10. Dr.: 1
    11. Ulrich: 1
    12. Briefs: 1
    13. das: 1
    14. Wort.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/135 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 135. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 9: Eidesleistung von Bundesministern Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 11711A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 11711B Jochen Borchert, Bundesminister BML 11711D Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 11711D Matthias Wissmann, Bundesminister BMFT 11712A Dank an die ausgeschiedenen Bundesmini- ster Ignaz Kiechle, Jürgen W. Möllemann und Dr. Heinz Riesenhuber 11712A Wahl des Abgeordneten Dr. Paul Hoffacker zum ordentlichen Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Bernhard Jagoda . . 11712B Tagesordnungspunkt 11: a) Beratung der ersten Beschlußempfehlung und des ersten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes b) Beratung der zweiten Beschlußempfehlung und des zweiten Teilberichts des 1. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksachen 12/654, 12/662, 12/3462, 12/3920) Friedrich Vogel (Ennepetal) CDU/CSU . 11712C Dr. Andreas von Bülow SPD 11714 A Arno Schmidt (Dresden) F.D.P. . . . . 11716 B Andrea Lederer PDS/Linke Liste 11718C, 11723D Ingrid Köppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11720C Reiner Krziskewitz CDU/CSU . 11722A, 11724 C Dr. Axel Wernitz SPD 11724 D Jörg van Essen F.D.P. 11726A Heinz-Jürgen Kronberg CDU/CSU . . 11727A Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 11728C Joachim Hörster CDU/CSU 11730 C Friedhelm Julius Beucher SPD . . . 11733D Hans-Joachim Hacker SPD 11734 D Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.: Einsetzung eines Ausschusses Treuhandanstalt (Drucksache 12/4153) Arnulf Kriedner CDU/CSU 11737 B Hinrich Kuessner SPD 11738 C Jürgen Türk F.D.P. 11740A Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 11741A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11741D Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1992 — Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1992 — (Drucksachen 12/3629, 12/4165, 12/4169) 11742B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Ursula Fischer, Dr. Uwe-Jens Heuer, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS/ Linke Liste: Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Bundesregierung (Drucksachen 12/2047, 12/3492) Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . . 11742D Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU 11744 B Doris Odendahl SPD 11745B Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 11746D Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 11747C Dr. Christoph Schnittler F.D.P. . . . . . 11747 D Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Uwe Jens, Wolfgang Roth, Harald B. Schäfer (Offenburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Anpassung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft an die neuen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen (Drucksache 12/1572) Dr. Uwe Jens SPD 11748D Friedhelm Ost CDU/CSU 11751B Bernd Henn PDS/Linke Liste 11754 C Marita Sehn F.D.P. 11756 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11758B Ernst Hinsken CDU/CSU 11759 D Ernst Schwanhold SPD 11762 B Rainer Haungs CDU/CSU 11763 D Ernst Schwanhold SPD 11765 B Dr. Ulrich Briefs fraktionslos 11767 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 11767D Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 11769D Otto Schily SPD 11771A Nächste Sitzung 11773 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11774' A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11774 D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Januar 1993 11711 135. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1993 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Böhm (Melsungen), CDU/CSU 22. 1. 93* Wilfried Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 22. 1. 93 Brandt-Elsweier, Anni SPD 22. 1. 93 Eylmann, Horst CDU/CSU 22. 1. 93 Eymer, Anke CDU/CSU 22. 1. 93 Gallus, Georg F.D.P. 22. 1. 93 Gattermann, Hans H. F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 22. 1. 93 Gerster (Mainz), CDU/CSU 22. 1. 93 Johannes Graf, Günter SPD 22. 1. 93 Großmann, Achim SPD 22. 1. 93 Grünbeck, Josef F.D.P. 22. 1. 93 Günther (Plauen), F.D.P. 22. 1. 93 Joachim Dr. Gysi, Gregor PDS/LL 22. 1. 93 Hackel, Heinz-Dieter F.D.P. 22. 1. 93 Haschke CDU/CSU 22. 1.93 (Großhennersdorf), Gottfried Hasenfratz, Klaus SPD 22. 1. 93 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 22. 1. 93 Heyenn, Günther SPD 22. 1. 93 Hiller (Lübeck), Reinhold SPD 22. 1. 93 Hilsberg, Stephan SPD 22. 1. 93 Jaunich, Horst SPD 22. 1. 93 Karwatzki, Irmgard CDU/CSU 22. 1. 93 Koschnick, Hans SPD 22. 1. 93 Dr. Lieberoth, Immo CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 22. 1. 93 Klaus W. Lowack, Ortwin fraktionslos 22. 1. 93 Dr. Mahlo, Dietrich CDU/CSU 22. 1. 93 Marx, Done SPD 22. 1. 93 Dr. Matterne, Dietmar SPD 22. 1. 93 Meckelburg, Wolfgang CDU/CSU 22. 1. 93 Dr. Menzel, Bruno F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 22. 1. 93 Mischnick, Wolfgang F.D.P. 22. 1. 93 Mosdorf, Siegmar SPD 22. 1. 93 Müller (Wadern), CDU/CSU 22. 1. 93 Hans-Werner Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 22. 1. 93 Oesinghaus, Günther SPD 22. 1. 93 Otto (Frankfurt), F.D.P. 22. 1. 93 Hans-Joachim Pfeifer, Anton CDU/CSU 22. 1. 93 Rahardt-Vahldieck, CDU/CSU 22. 1. 93 Susanne Reimann, Manfred SPD 22. 1. 93 Rempe, Walter SPD 22. 1. 93 Reschke, Otto SPD 22. 1. 93 Reuschenbach, Peter W. SPD 22. 1. 93 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Rixe, Günter SPD 22. 1. 93 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 22. 1. 93 Ingrid Schmalz-Jacobsen, F.D.P. 22. 1. 93 Cornelia Schmidt (Mühlheim), CDU/CSU 22. 1. 93 Andreas Schmidt (Nürnberg), SPD 22. 1. 93 Renate Dr. Schnell, Emil SPD 22. 1. 93 Schuster, Hans F.D.P. 22. 1. 93 Dr. Semper, Sigrid F.D.P. 22. 1. 93 Simm, Erika SPD 22. 1. 93 Stübgen, Michael CDU/CSU 22. 1. 93 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 22. 1. 93 Voigt (Frankfurt), SPD 22. 1. 93** Karsten D. Wartenberg (Berlin), SPD 22. 1. 93 Gerd Welt, Jochen SPD 22. 1. 93 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 22. 1. 93 Wohlrabe, Jürgen CDU/CSU 22. 1. 93 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 14. Januar 1993 beschlossen, zu dem nachstehenden Gesetz einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz) Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/2602 Drucksache 12/2983 Drucksache 12/3370 Ausschuß für Verkehr Drucksache 12/3102 EG-Ausschuß Drucksache 12/3255 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 12/2257 Nr. 3.1 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 12/3182 Nr. 70 Drucksache 12/3867 Nr. 2.23
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rainer Haungs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich höre Ihnen gerne zu, aber ich habe es vorher tatsächlich schon mehrmals gelesen. Ich versuche, Ihnen im Rahmen meiner Ausführungen darauf zu antworten.

    (Otto Schily [SPD]: Haben Sie diese Passage überlesen?)

    Die Kritik lautet: Wenn Sie den bisher fast nicht erreichbaren vier Zielen noch einmal vier, fünf oder sechs Ziele hinzufügen und gleichzeitig einige Nebenbedingungen daran knüpfen, dann werden Sie am Ende zwar eine hervorragende Formulierung finden, aber Sie werden — lassen Sie sich das von jemandem sagen, der über praktische Erfahrungen in der Unternehmertätigkeit verfügt — in bezug auf Wachstum und Arbeitsplätze nichts, aber auch gar nichts verbessern, weil dies eine absolute Leerformel ist. Die Ziele sind löblich; da gebe ich Ihnen recht.

    (Otto Schily [SPD]: Wachstum ist zunächst einmal eine Leerformel!)

    — Ja, natürlich. Lieber Herr Kollege Schily, wenn Sie zugehört hätten,

    (Otto Schily [SPD]: Ich habe zugehört!)

    dann hätten Sie gemerkt, daß ich am Anfang gesagt habe, daß das Gesetz zur Förderung des Wachstums und der Stabilität überprüft werden muß, weil die dort festgelegten Ziele zum Teil Leerformeln sind und zum Teil nicht erreicht werden können. Wenn Sie das Gesetz mit anderen hehren Zielen — mit teilweise richtigen, teilweise falschen Zielen — befrachten, dann werden Sie auch nicht weiterkommen.
    Lassen Sie mich zu dieser fortgeschrittenen Stunde noch den Versuch wagen, in den mir verbleibenden restlichen fünf Minuten meiner Redezeit noch einige kritische Punkte vorzutragen.
    Ich frage mich: Worin bestehen jetzt, wie Sie sagen, „die neuen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen"? Meine Antwort ist: Die neue ökologische Herausforderung besteht darin, daß wir vor allem in den neuen Bundesländern die ruinierte Landschaft sanieren müssen. Hier müssen wir sanieren, während wir bei uns im Westen gleichzeitig eine vorausschauende Umweltpolitik betreiben müssen.
    Das heißt, daß wir die sozialen Herausforderungen nicht darin sehen, daß wir dem schon ordentlichen Standard im Westen noch mehr soziale Leistungen hinzufügen, sondern daß wir eine sozial im Umbruch befindliche Gesellschaft in den neuen Bundesländern mit den Mitteln unterstützen, die wir haben, und das tun wir ja im Haushalt.
    Die wirtschaftliche Herausforderung bedeutet, daß wir gemeinsam die Rezession bei uns bekämpfen und den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Bundesländern fördern. Dort gibt es Erfolge in Teilbereichen. Ich komme aus dem Handwerk. Das Handwerk ist äußerst erfolgreich. Es wäre jedoch noch erfolgreicher, wenn wir die Handwerksordnung etwas andern würden. Aber dort gibt es gute Beispiele dafür, wie der Umbruch — ohne Ihren Antrag — ökologisch bewältigt werden kann. Darüber hinaus gibt es auch in anderen Bereichen positive Entwicklungen. Ich sage dies nur, damit hier nicht alles grau in grau gemalt wird. Wir sollten nicht so tun, als ob sich dort nichts bewege.



    Rainer Haungs
    Es geht meines Erachtens nicht darum, das Instrumentarium in dem geltenden Gesetz zu verfeinern, denn so viel — das wissen wir — können wir mit der Steuer- und mit der Geldpolitik überhaupt nicht erreichen. Wir haben vielmehr die Chance, in den neuen Bundesländern Neues zu schaffen und die Rezession zu überwinden, wenn wir die dynamischen Elemente in unserer Wirtschaftsordnung strukturell stärken.
    Das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft hat derzeit etwas gelitten. Man weiß nicht so richtig, ob wir nur eine kleine Rezession haben oder ob wir uns tiefergehend ändern müssen. Ich glaube, wir können die deutsche Wirtschaft, die im Prinzip wettbewerbsfähig ist, im Osten wie im Westen durch eine schlankere Produktion — es fehlt die Zeit, um dies zu erklären — in ihrer inneren Verfassung stärken. Wir können sie durch die Erhöhung der Produktivität wettbewerbsfähig machen. Wir können ihre Bedingungen durch eine niedrigere Unternehmensbesteuerung — ich nenne das Stichwort „Standortsicherungsgesetz" — verbessern. Ich gebe dem Kollegen Jens recht: Die Rückführung des Zinsniveaus gehört genauso dazu wie der wahrscheinlich zu erwartende moderate Tarifabschluß.
    Der Staat braucht keine Industriepolitik, sondern er muß das Seine tun, um Standortbedingungen zu verbessern.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Alles laufenlassen, ja?! Das sind schlechte Botschaften für den Osten!)

    — Jetzt hören Sie doch einmal zu! Sie sind so ungeduldig und haben so wenig Ahnung.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Seien Sie mal nicht so großkotzig! — Weiterer Zuruf von der SPD: Arrogant!)

    — Ich bin doch nicht großkotzig.

    (Ernst Schwanhold [SPD]: Seien Sie nicht so arrogant!)

    — Wenn Frau Fuchs sagt, das ist eine schlechte Botschaft an die neuen Bundesländer?

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Weil Sie alles. laufenlassen und weil Sie alles platt machen! Das ist Ihre Botschaft!)

    Ich habe gerade angefangen, zu erklären, wie meine Vorschläge für die neuen Bundesländer sind. Denn Sie reden in Ihrem Antrag, den wir heute diskutieren — das ist der eigentliche Skandal —, über Gott und die Welt, aber nicht über die wirtschaftlichen Bedingungen in den neuen Bundesländern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Hätten Sie doch Ihren Antrag zurückgezogen und gesagt

    (Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — ich habe jetzt keine Zeit —: Die neuen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen sind die Bewältigung der Situation in den neuen Bundesländern.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Großkotzig, aber keine Zwischenfragen zulassen!)

    Trotz der gewaltigen Anstrengungen, die wir derzeit bei der Infrastruktur durch Investitionshilfen in den neuen Bundesländern unternehmen, gibt es dort einige Dinge zu ändern. Die Industriebetriebe — sowohl die im Besitz der Treuhand als auch die privatisierten — kämpfen ums Überleben. Welcher Instrumente bedarf es, um sie beim Überlebenskampf zu unterstützen? — Sie werden bei Ihnen nicht genannt. Wir wollen etwas tun, damit die Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern entstehen und nicht in Ungarn, in Polen oder in der früheren Tschechoslowakei

    (Otto Schily [SPD]: Da sollen sie aber auch entstehen!)

    und damit die neuen Produktionsverfahren bei uns gemacht werden, so daß die Milliardensubventionen, die wir im Kern geben, nicht zur Erhaltung alter Strukturen, sondern zur Unterstützung der Industriestandorte mit einem Als-ob-Management oder mit einer Investitionspolitik dienen und nicht allein Lohnunterstützung bei Treuhandbetrieben sind. Auf diese Weise wird eine verstärkte Investitionstätigkeit unterstützt. Vom Ifo-Institut werden für dieses Jahr 17 Milliarden DM Industrieinvestitionen erwartet. Letztes Jahr war es ungefähr der gleiche Betrag.
    Wenn wir es schaffen, den Unternehmen ohne Branchenvorgabe den Freiraum zu geben, unternehmerisch tätig zu sein, wenn wir einen staatlichen Nachteilsausgleich dafür geben, daß die Bedingungen in den neuen Bundesländern mit denen im Westen nicht zu vergleichen sind, und wenn Sie das alles Industriepolitik nennen wollen, dürfen Sie es durchaus tun. Es darf keine Vorgabe nach Branchen geben und keine Garantien, daß keine Personalveränderungen durchgeführt werden. Wir brauchen marktkonforme Hilfen für eine begrenzte Zeit,

    (Otto Schily [SPD]: Hier sind wir nahe beieinander!)

    damit wir Wettbewerbsbedingungen erhalten, die vergleichbar sind.
    Ich komme zum Schluß: Der Sachverständigenrat prognostiziert zum erstenmal seit 28 Jahren kein Wachstum. In einer solchen Situation, für die er kein Wachstum prognostiziert, ist jede kritische Diskussion darüber, ob man es eher so oder so machen sollte, äußerst schwierig. Die Stagnation kam für alle Wissenschaftler und für einige Politiker unerwartet. Ich bin der Meinung, daß wir das Wachstumsgesetz anders anpassen müssen, als Sie es vorschlagen. Wir müssen uns überlegen, wie wir die Instrumente finden, um die Krise zu beheben.
    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Helmuth Becker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt unserem Kollegen Dr. Ulrich Briefs das Wort.




  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ulrich Briefs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ökologisierung der Wirtschaftspolitik ist überfällig. Wir produzieren und konsumieren uns sonst, wenn es so weitergeht wie bisher, in die Klimakatastrophe und womöglich in die Unbewohnbarkeit des Planeten hinein.
    Der vorliegende Antrag der SPD kann ein Einstieg in die notwendige Ökologisierung der Wirtschaftspolitik sein. Er ist deshalb zu begrüßen. Die anderen Ziele, die der Antrag in das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz hineinbringen will — mehr soziale Gerechtigkeit, den Abbau des regionalen Wirtschaftsgefälles, den vorsorgenden Verbraucherschutz —, sind ebenfalls zu begrüßen. Die Erleichterung des wirtschaftlichen Strukturwandels dagegen muß insbesondere mit weiteren, duchgreifenden ökologischen Kontrollen verbunden werden. Er muß insbesondere — aber das ist nicht Gegenstand des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes — durch wirkliche ökologische, durch wirkliche soziale, durch wirkliche technologische und durch wirkliche wirtschaftliche Mitbestimmung der Beschäftigten und der demokratisch gewählten betrieblichen Interessenvertretungen, der Betriebs- und Personalräte, ergänzt werden.
    Der von den GRÜNEN 1990 gemeinsam mit der Memo-Gruppe erarbeitete Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der umwelt- und sozialverträglichen Entwicklung der Wirtschaft sah ausdrücklich auch vor, die gleiche Teilhabe von Frauen und Männern an der Erwerbsarbeit zu gewährleisten.
    Von besonderer Bedeutung in der Zukunft wird aber die Transparentmachung und Kontrolle von High-Tech-Industrien sein, von Industrien, die Spitzentechnologien entwickeln und produzieren. Dies nicht nur deshalb, weil sie immer stärker dazu beitragen, eine an Höchstleistung orientierte und deshalb z. B. mit immer mehr giftigen Substanzen durchsetzte Produktionsweise voranzutreiben. In der High-Tech-, High-Speed-, High-Performance-Produktionsweise, in dieser Produktionsweise, die auf Spitzentechnologien beruht, die auf Höchstgeschwindigkeiten orientiert ist, die in bestimmten technischen Systemen auf zum Teil nicht mehr richtig faßbare Leistungsgrade hin orientiert ist, wird die Arbeit zudem immer knapper. Die Gefahr weiter eskalierender Arbeitslosigkeit wird noch größer, weil die notwendige Kapitalausstattung, die Kapitalintensität mit modernen Technologien geradezu rasant zunimmt. Die damit verbundene, rapide steigende Fixkostenbelastung in den Betrieben wiederum heizt die Rationalisierung an, kostet damit weitere Arbeitsplätze und führt zudem zu Konzepten wie der just-in-time-production, die die betriebliche Lagerhaltung auf die Straße verlegt. Der Verkehr, der Umweltbelaster Nummer 1 — noch vor der Industrie und der sonstigen Wirtschaft —, wird damit noch umweltzerstörender.
    Die moderne Produktionsweise ist insbesondere flächenfressend. In den Niederlanden ist von 1966 bis 1991 die Nutzung von Bodenfläche für den Wohnungsbau um etwa 50 % gestiegen, die für den gewerblichen Bau aber um mehr als 130 %. Nur der durch Verkehrsbauten bedingte Flächenfraß ist noch größer gewesen. Deshalb brauchen wir z. B. eine rechtzeitige und umfassende Technologiefolgenabschätzung, der die Bundesregierung in der vorigen Legislaturperiode leider eine Beerdigung 1. Klasse hat zukommen lassen. Die Erstellung von Ökobilanzen und Produktlinienanalysen ist der Wirtschaft ergänzend als Pflicht aufzuerlegen.
    Deshalb brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Mitbestimmung und mehr Informationsrechte für Bürger und Bürgerinnen, für Bürgerinitiativen und Umweltschutzverbände. Deshalb brauchen wir auch keine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, sondern eher eine Politik der verstärkten Transparentmachung und Intervention in technologische und ökonomische Prozesse. Vielleicht brauchen wir sogar eine systematische Politik der Entschleunigung und der Verlangsamung, in der Konsequenz natürlich auch des Verzichts auf bestimmte spitzentechnologische Entwicklungen. Eine stärkere Durchdringung der staatlichen Wirtschaftspolitik mit Zielen, die ökologischer und sozialer Natur sind, wie sie der SPD-Antrag vorsieht, ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung.
    Nach mehr als vier Jahrzehnten fast ausnahmslos stürmischen Wachstums ist es an der Zeit, durch Vorgabe ökologischer und sozialer Ziele die Wirtschaft dorthin zu bringen, wo sie hingehört: in eine dienende und nicht in eine bestimmende Rolle.
    Herr Präsident, ich danke Ihnen.