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    Vokabeln: 3
    1. .: 3
    2. Herr: 1
    3. Bundesminister,: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/127 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 127. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 Inhalt: Abweichung von der vorgesehenen Frist für den Beginn der Beratungen 10911 A Tagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz zur Änderung von Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen (Drucksachen 12/3892, 12/3938) Wolfgang Vogt (Düren) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . 10911 C Rudolf Dreßler SPD (Erklärung nach § 31 GO) 10912B Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste (Erklärung nach § 31 GO) 10912 D Dr. Gisela Babel F.D.P. (Erklärung nach § 31 GO) . 10913 B Namentliche Abstimmung . . . . . . 10913 C Ergebnis 10921D Tagesordnungspunkt 6: a) — Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheits-Strukturgesetz) (Drucksache 12/3608) — Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheits-Strukturgesetz 1993) (Drucksachen 12/3209, 12/3365) — Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksachen 12/ 3210, 12/3364, 12/3930, 12/3937, 12/3931, 12/3936) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vorlage eines neuen Gesundheits-Strukturgesetzes zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Reform des Gesundheitswesens zu dem Endbericht der Enquete-Kommission „Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung" gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 4. Juni 1987 und vom 27. Oktober 1988 zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht des Bundesministeriums für Gesundheit zur Entwicklung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und zur Umsetzung der Empfehlungen und Vorschläge der Konzertierten Aktion zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (Bericht nach § 141 Abs. 4 SGB V) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die von der Selbstverwaltung der landwirtschaftlichen Krankenversi- II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 cherung durchgeführten Entlastungscmaßnahmen (Drucksachen 12/3606, 12/3226, 11/6380, 12/1901, 12/2851, 12/3930, 12/3937) Dr. Paul Hoffacker CDU/CSU 10914 C Klaus Kirschner SPD 10917 D Dr. Dieter Thomae F.D.P. 10924 A Dr. Ursula Fischer PDS/Linke Liste . . 10927C, 10956A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU 10930C Dr. Ilja Seifert PDS/Linke Liste . . . 10933A Rudolf Dreßler SPD 10933 B Martin Grüner F.D.P. 10934C, 10935B, 10937A, 10944 B Karl Hermann Haack (Extertal) SPD . . 10936A Dr. Bruno Menzel F D P 10939 C Rudolf Dreßler SPD . . . . . . . . . 10939 C Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 10943 C Christiane Krajewski, Ministerin des Saarlandes 10952 C Dr. Hans Geisler, Staatsminister des Freistaates Sachsen 10954 D Ortwin Lowack fraktionslos . . . . . 10957 D Regina Schmidt-Zadel SPD . . . . . . 10959 A Wolfgang Zöller CDU/CSU . . . . . . 10961 A Dr. Martin Pfaff SPD 10962D Dr. Walter Franz Altherr CDU/CSU . . 10964D Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD . . . . 10967 B Bernhard Jagoda CDU/CSU . . . . . . 10968 D Horst Peter (Kassel) SPD 10971 A Claus Jäger CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 10972C Namentliche Abstimmung 10973 B Ergebnis 10980 A Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt; Entwurf eines Gesetzes zur Förderung eines freiwiligen ökologischen Jahres; Entwurf eines Vertragsgesetzes zum Übereinkommen über die Biologische Vielfalt) Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 10974 A Joachim Poß SPD 10975 A Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 10975A Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 10975 B Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . 10975 B Manfred Hampel SPD 10975 C Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 10975 D Gunnar Uldall CDU/CSU 10976A Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 10976A Dr. Franz-Josef Mertens (Bottrop) SPD 10976B Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 10976C Martin Grüner F.D.P. . . . . . . . . . 10976 C Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 10976D Ludwig Eich SPD 10977 A Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 10977 A Hermann Rind F.D.P. . . . . . . . . . 10977 B Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 10977 C Detlev von Larcher SPD . . . . . . . . 10977 C Dr. Joachim Grünewald, Parl. Staatssekretär BMF 10977D Claudia Nolte CDU/CSU . . . . . . . 10978 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10978 B Dr. Marliese Dobberthien SPD . . . . . 10978 B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 10978B Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . 10978 C Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 10978 C Dr. Marliese Dobberthien SPD 10978D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 10978D Claudia Nolte CDU/CSU . . . . . . 10978D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 10979A Dr. Marliese Dobberthien SPD 10979B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 10979B Ulrike Mehl SPD 10979C Dr. Bertram Wieczorek, Parl. Staatssekretär BMU 10979C Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde — Drucksache 12/3921 vom 4. Dezember 1992 — Kosten für den EG-Rindfleischmarkt MdlAnfr 1 Günther Bredehorn F.D.P. Antw PStSekr Georg Gallus BML 10982A ZusFr Günther Bredehorn F.D.P. . . . . 10982 B Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 III Stand der Beratungen über einheitliche Grundsätze bei der Zulassung von Pestiziden auf EG-Ebene; Bestrebungen der Agrarchemie zur Aufgabe des EG-Trinkwassergrenzwerts für Pestizide als Qualitätsziel für die Belastung des Grundwassers MdlAnfr 2 Ulrike Mehl SPD Antw PStSekr Georg Gallus BML 10982C ZusFr Ulrike Mehl SPD . 10982 D ZusFr Ulrich Heinrich F.D.P. . 10983A ZusFr Marion Caspers-Merk SPD 10983 B ZusFr Günther Bredehorn F.D.P. . . . . 10983 C Anwachsen der Ansprüche von Sozialhilfeempfängern; Kürzung der Sozialhilfeleistungen MdlAnfr 5, 6 Barbara Weiler SPD Antw PStS'in Roswitha Verhülsdonk BMFuS 10983D, 10985 B ZusFr Barbara Weiler SPD . 10984B, 10985 B ZusFr Ulrike Mascher SPD . . . . . . 10985 D ZusFr Margot von Renesse SPD . . . . . 10986A Hilfen für die Vergewaltigungsopfer im ehemaligen Jugoslawien, z. B. in Form von medizinischer und psychologischer Beratung MdlAnfr 7 Anke Eymer CDU/CSU Antw BMin Dr. Angela Merkel BMFJ . 10986B ZusFr Anke Eymer CDU/CSU 10986D ZusFr Gabriele Wiechatzek CDU/CSU 10987A ZusFr Dr. Sissy Geiger (Darmstadt) CDU/ CSU 10987 B ZusFr Dr. Marliese Dobberthien SPD . 10987 C ZusFr Ortrun Schätzle CDU/CSU . . . 10987D ZusFr Ursula Männle CDU/CSU . . . 10988A ZusFr Margot von Renesse SPD 10988A ZusFr Ulrike Mascher SPD 10988B ZusFr Jan Oostergetelo SPD . . . . . 10988 C Verhinderung der Verwendung von Asbestzementrohren für Trinkwasserleitungen MdlAnfr 8 Ulrike Mehl SPD Antw PStS'in Dr. Sabine Bergmann-Pohl BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10989 A ZusFr Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . 10989 A Zulässigkeit der Werbung politischer Parteien mit Aufdrucken auf Telefonkarten MdlAnfr 10 Claus Jäger CDU/CSU Antw StSekr Frerich Görts BMPT . . . 10989C ZusFr Claus Jäger CDU/CSU 10989 C Berücksichtigung der Verwaltungsschwierigkeiten der Rentenversicherungsträger bei der Einführung der neuen Postleitzahlen MdlAnfr 11 Dr. Gisela Babel F.D.P. Antw StSekr French Görts BMPT . . . . 10990A ZusFr Dr. Gisela Babel F.D.P. 10990A Ausbau der Bundesbahnstrecke Dortmund-Kassel MdlAnfr 47, 48 Hans-Eberhard Urbaniak SPD Antw BM Dr. Günther Krause BMV . . . 10990C, 10991 C ZusFr Hans-Eberhard Urbaniak SPD . 10990D, 10991 C ZusFr Peter Götz CDU/CSU 10991 B Ausbau der Bundesbahnstrecke Dortmund-Kassel MdlAnfr 50, 51 Jürgen Augustinowitz CDU/CSU Antw BM Dr. Günther Krause BMV . . . 10992A ZusFr Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . 10992 B Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung für den Ausbau der A 20 MdlAnfr 52, 53 Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Antw BM Dr. Günther Krause BMV . 10992C, D ZusFr Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10992D, 10993 A Zusatztagesordnungspunkt: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum fortschreitenden Waldsterben Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . 10993 B Dr. Wolfgang von Geldern CDU/CSU . . 10994 B Marita Sehn F.D.P. 10995 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 10996B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10997 A Siegfried Hornung CDU/CSU 10998 A Marianne Klappert SPD 10999 B Ignaz Kiechle, Bundesminister BML . . 11000A Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . 11001 B Simon Wittmann (Tännesberg) CDU/CSU 11002B Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . . . 11003 B Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11004 B IV Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 Dr. Liesel Hartenstein SPD 11005A Dr. Norbert Rieder CDU/CSU 11006C Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika Ganseforth, Robert Antretter, Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verminderung der durch den Flugverkehr verursachten ozonzerstörenden und treibhausrelevanten Emissionen (Drucksache 12/2633) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Ganseforth, Michael Müller (Düsseldorf), Dr. Liesel Hartenstein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Schutz der Ozonschicht und der Atmosphäre zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Klaus-Dieter Feige, Werner Schulz (Berlin) und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sofortverbot von ozonschädigenden Substanzen (Drucksachen 12/2121, 12/2072, 12/3651) Monika Ganseforth SPD . . . . . . . . 11007 D Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . 11008C Marita Sehn F.D.P. . . . . . . . . . . . 11010 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS/Linke Liste 11011B Dr. Klaus-Dieter Feige BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11012C Dr. Bertram Wieczorek, Parl. Staatssekretär BMU 11014A Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . 11015 D Dr. Jürgen Starnick F D P 11017 B Klaus Harries CDU/CSU 11018B Lothar Ibrügger SPD 11019B Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . 11020 A Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes (Drucksache 12/3330) a) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses (Drucksache 12/3687) b) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 12/3688) 11021B Tagesordnungspunkt 9: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Ermächtigung des Gouverneurs für die Bundesrepublik Deutschland in der Internationalen Finanz-Corporation zur Stimmabgabe für eine Änderung des Abkommens über die Internationale Finanz-Corporation (IFCAbkommensänderungsgesetz) (Drucksachen 12/3321, 12/3552, 12/3772) Michaela Geiger, Parl. Staatssekretärin BMZ 11022A Dr. Ingomar Hauchler SPD 11022 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . 11024 A Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste . . . 11024 C Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Berichts des Rechtsausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Rechtsgleichstellung von Homosexualität und Heterosexualität im Strafrecht (Sexualgleichstellungsgesetz) (Drucksachen 12/850, 12/3865) Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste 11025C Christina Schenk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. 11026C Nächste Sitzung 11027 C Berichtigungen 11027 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11028' A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über das Gesundheits-Strukturgesetz (Tagesordnungspunkt 6) Joachim Clemens CDU/CSU 11028* B Gertrud Dempwolf CDU/CSU 11028* D Walter Link (Diepholz) CDU/CSU . . . 11028* D Helmut Rode (Wietzen) CDU/CSU . . . 11028* D Dr. Olaf Feldmann F.D.P. 11029* A Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . 11029* B Jürgen Koppelin F.D.P. 11029* C Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup CDU/CSU 11030* A Klaus Riegert CDU/CSU 11030* A Helmut Sauer (Salzgitter) CDU/CSU . . . 11030* B Reinhard Freiherr von Schorlemer CDU/ CSU 11030* B Wilfried Seibel CDU/CSU 11030* C Antje-Marie Steen SPD . . . . . . . . . 11030* C Dr. Cornelia von Teichman F.D.P. . . . . 11030* D Dr. Hans-Peter Voigt (Northeim) CDU/ CSU 11031*A Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU 11031* B Burkhard Zurheide F.D.P. 11031* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 V Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Joseph-Theodor Blank und Wolfgang Schulhoff (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über das Gesundheits-Strukturgesetz (Tagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . 11031* D Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Martin Grüner, Ingrid Walz, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Horst Friedrich, Norbert Eimer (Fürth), Dr. Karl-Heinz Guttmacher, Wolfgang Lüder, Dr. Walter Hitschler und Dr. Michaela Blunk (alle F.D.P.) zur Abstimmung über das Gesundheits-Strukturgesetz (Tagesordnungspunkt 6) . . . . . . . . 11032* A Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Korrekturen zu der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit (Drucksachen 12/3930, 12/3937) zum Gesundheits-Strukturgesetz (Tagesordnungspunkt 6) 11032* C Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 8 (Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Wehrsoldgesetzes) Fritz Rudolf Körper SPD 11032* D Claire Marienfeld CDU/CSU . . . . . 11033* B Jürgen Koppelin F.D.P 11034* A Bernd Wilz, Parl. Staatssekretär BMVg 11034* C Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 9 (IFC-Abkommensänderungs-Gesetz) Ingrid Walz F.D.P. . . . . . . . . . . . 11035* B Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Sexualgleichstellungsgesetz) Horst Eylmann CDU/CSU 11036*A Dr. Jürgen Meyer (Ulm) SPD 11036* C Jörg van Essen F. D. P. . . . . . . . . . 11036* D Anlage 9 Forderung des Industrieverbandes Agrar im Zusammenhang mit der europäischen Zulassung von Pestiziden, insbesondere hinsichtlich der Grenzwerte der EG-Trinkwasserrichtlinie MdlAnfr 9 — Drs 12/3921 — Susanne Kastner SPD SchrAntw PStS'in Dr. Sabine BergmannPohl BMG 110375B Anlage 10 Stopp des Ausbaus des Eisenbahnstreckenabschnitts zwischen Soest und Paderborn und erneute Ausschreibung des Projekts MdlAnfr 49 — Drs 12/3921 — Horst Peter (Kassel) SPD SchrAntw BM Dr. Günther Krause BMV . 11037* D Anlage 11 Verkauf der Südbaden-Bus-Gesellschaft (SBG); Übernahmeangebote der südbadischen Landkreise und der Stadt Freiburg MdlAnfr 54, 55 — Drs 12/3921 — Klaus Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Wolfgang Gröbl BMV 11038* B Anlage 12 Benachteiligung der Senioren durch den Wegfall des Senioren-Passes angesichts der Ungültigkeit der Balm-Card für Omnibusse des ÖPNV MdlAnfr 56, 57 — Drs 12/3921 — Uwe Lambinus SPD SchrAntw PStSekr Wolfgang Gröbl BMV 11038* D Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 10911 127. Sitzung Bonn, den 9. Dezember 1992 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigungen 126. Sitzung, Seite 10813A, Zeile 25: Statt „unter" ist „guter" zu lesen. Auf den Seiten IV rechte Spalte und 10901 A ist jeweils bei Dr. Cornelia von Teichman statt „SPD" „F.D.P. " zu lesen. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bläss, Petra PDS/Linke 09. 12. 92 Liste Brandt-Elsweier, Anni SPD 09. 12. 92 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 09. 12. 92 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 09. 12. 92 Gattermann, Hans H. F.D.P. 09. 12. 92 Dr. Geißler, Heiner CDU/CSU 09. 12. 92 Dr. Holtz, Uwe SPD 09. 12. 92 Homburger, Birgit F.D.P. 09. 12. 92 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 09. 12. 92 Elke Marx, Dorle SPD 09. 12. 92 Meckel, Markus SPD 09. 12. 92 Michalk, Maria CDU/CSU 09. 12. 92 Dr. Möller, Franz CDU/CSU 09. 12. 92 Dr. Müller, Günther CDU/CSU 09. 12. 92* Oesinghaus, Günther SPD 09. 12. 92 Rempe, Walter SPD 09. 12. 92 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 09. 12. 92 Ingrid Rother, Heinz CDU/CSU 09. 12. 92 Graf von CDU/CSU 09. 12. 92 Schönburg-Glauchau, Joachim Spilker, Karl-Heinz CDU/CSU 09. 12. 92 Steen, Antje-Marie SPD 09. 12. 92 Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 09. 12. 92 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 09. 12. 92 Wolf, Hanna SPD 09. 12. 92 Würfel, Uta F.D.P. 09. 12. 92 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung fiber das Gesundheits-Strukturgesetz (Tagesordnungspunkt 6) Joachim Clemens (CDU/CSU): Dem Gesetzentwurf zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung werde ich nicht zustimmen. Ich sehe die Notwendigkeit, daß der Gesetzgeber aufgrund der Kostenexplosion im Gesundheitswesen zum Handeln gezwungen ist. Der vorliegende Gesetzentwurf kuriert jedoch - wie auch die Gesundheitsreform von 1988 - nur an den Symptomen, anstatt wirkliche Strukturveränderungen herbeizuführen. Darüber hinaus erheben sich schwere verfassungspolitische Bedenken. Wieder einmal hat man es nicht gewagt, finanzielle Verantwortung und Kostenverursachung stärker zusammenzuführen. Wieder einmal wird der Nachfrager im Gesundheitsbereich in dem Glauben belassen, Versorgungsleistungen seien weitestgehend kostenlos zu haben, anstatt den Patienten unter anderem durch Kostenerstattungsverfahren die individuelle Kostenverursachung deutlich zu machen und sie in stärkere Mitverantwortung zu nehmen. Das Gesundheitssystem wird auf der Seite der Anbieter immer stärker staatlichem Dirigismus unterworfen. Anstelle eines kostendämpfenden Wettbewerbs auf der Angebotsseite, wie ihn unlängst der Sachverständigenrat gefordert hat, sucht dieser Gesetzentwurf die Lösung in umfassender Regulierung und Vereinheitlichung. Dies geht sogar so weit, daß man jungen Ärzten die Zulassung als Kassenarzt versagen will. Die Beschränkung der Berufszulassung ist nicht nur verfassungsrechtlich höchst fragwürdig. Sie stellt auch einen gravierenden Eingriff in den Wettbewerb dar, indem sie Einkommens- und Beschäftigungsrisiko der bereits niedergelassenen Ärzte wesentlich verringert. Meine Gegenstimme zum vorliegenden Entwurf wird die Verabschiedung des Gesundheits-Strukturgesetzes nicht verhindern können. Seine Befürworter werden jedoch schnell spüren, daß es keine Lösung auf Dauer sein kann. Nur wenn Verantwortung auch auf der Seite der Patienten eingefordert und Wettbewerb statt Dirigismus zum zentralen Prinzip wird, können wir ein zukunftsfähiges Modell im Gesundheitswesen entwickeln. Gertrud Dempwolf, Walter Link (Diepholz), Helmut Rode (Wietzen) (alle CDU/CSU): Dem Entwurf zum Gesundheits-Strukturgesetz, der heute zur Abstimmug steht, stimmen wir im Ganzen zu; gleichwohl erklären wir hiermit, daß wir den Teilregelungen zu Fragen der Kassenzulassung von Ärzten und Zahnärzten sowie der Bedarfsplanung (Art. 1 des Entwurfes, Nm. 52-54) nicht zustimmen. Mit dieser Erklärung möchten wir deutlich machen, daß wir erhebliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser novellierenden Regelungen vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes haben. Die gefundenen Regelungen beschränken unseres Erachtens die freie Wahl des Arztberufes in einer Weise, die den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit nicht mehr gerecht wird. Die Verfassungsrichter haben in ihrem „Kassenarzt-Urteil" aus dem Jahre 1960 zwar festgestellt, daß Zulassungsbeschränkungen nicht generell abzulehnen sind; eine von konkreten Bedürfnissen abhängige Klausel sei durchaus gerechtfertigt. Aber dieser Weg der Beschränkung ist nur dann frei, wenn wir das Ziel der langfristigen Kostensenkung im Gesundheitswesen nicht auf andere Weise sicherstellen können! Wir sind der Auffassung, daß wir den gegebenen Alternativkatalog noch nicht vollständig ausgeschöpft haben. Objektive Regelungen zur Berufswahl - und darum handelt es sich hier - stellen an die Verfas- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 11029* sungsmäßigkeit der Schrankenregelung im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG die höchsten Anforderungen. Da wir diese Anforderungen als nicht erfüllt ansehen, stimmen wir diesem Teil der Novelle nicht zu. Wir können auch die Budgetierung der Gesamthonorare der Ärzte für die Jahre 1993 bis 1995 auf der Basis des Jahres 1991 für die niedersächsischen Ärzte so nicht akzeptieren. Sie haben 1991 Geduld gezeigt und die Honorare nicht erhöht, während Bayern z. B. 1991 einen Honorarzuwachs von 30 % aushandelte. Wir empfinden dies als ungerecht und hätten uns hier einen Kompromiß gewünscht. Dr. Olaf Feldmann (F.D.P.): Auch ich will den Beitragssatz und die Lohnnebenkosten stabilisieren, um unser Gesundheitswesen funktionsfähig zu erhalten. Mit diesem Gesundheits-Strukturgesetz wird aber wiederum nur an Symptomen kuriert, ohne die wirklichen Ursachen der Kostenexplosion zu beseitigen. Um das Gesundheitswesen funktionsfähig zu erhalten, muß die „Null-Kosten-Mentalität" abgebaut und die Eigenverantwortung der Menschen gestärkt werden. Dies kann durch höhere finanzielle Selbstbeteiligung — unter Wahrung sozialer Aspekte — oder durch Beitragsrückerstattung im Falle der Nichtinanspruchnahme der Krankenversicherung erfolgen. Wir müssen die marktwirtschaftlichen Ansätze auch im Gesundheitswesen stärken. Die in diesem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus. Sparsamkeit muß sich für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung lohnen. Dieses Gesetz ist keine Strukturreform, sondern wiederum nur ein Kostendämpfungsgesetz, wie wir es bereits hatten. Das Gesundheitswesen ist ein dynamischer und innovativer Bereich, der nicht dauerhaft mit überwiegend administrativen Maßnahmen funktionstüchtig erhalten werden kann. Staatlich verordnete Kostenbegrenzung trägt nur beschränkt zur Gesundung bei. Die vorgesehene Zulassungssperre für Ärzte und Zahnärzte kommt fast einem Berufsverbot gleich. Die den Zahnärzten angedrohten Zwangsmaßnahmen sind nicht hinnehmbar. Die vorgesehene volle Beitragspflicht für freiwillig versicherte Rentner ist willkürlich und diskriminierend. Als Liberaler kann ich solchen Maßnahmen nicht zustimmen. Klaus-Jürgen Hedrich (CDU/CSU): Dem Entwurf zum Gesundheits-Strukturgesetz, der heute zur Abstimmung steht, stimme ich im ganzen zu; gleichwohl erkläre ich hiermit, daß ich den Teilregelungen zu Fragen der Kassenzulassung von Ärzten und Zahnärzten sowie der Bedarfsplanung (Art. 1 des Entwurfs, Nrn. 52-54) nicht zustimme. Mit dieser Erklärung möchte ich deutlich machen, daß ich erhebliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser novellierenden Regelungen vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes habe. Die gefundenen Regelungen beschränken meines Erachtens die freie Wahl des Arztberufes in einer Weise, die den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit nicht mehr gerecht wird. Die Verfassungsrichter haben in ihrem „Kassenarzt-Urteil" aus dem Jahre 1960 zwar festgestellt, daß Zulassungsbeschränkungen nicht generell abzulehnen sind; eine von konkreten Bedürfnissen abhängige Klausel sei durchaus gerechtfertigt. Aber dieser Weg der Beschränkung ist nur dann frei, wenn wir das Ziel der langfristigen Kostensenkung im Gesundheitswesen nicht auf andere Weise sicherstellen können! Ich bin der Auffassung, daß wir den gegebenen Alternativkatalog noch nicht vollständig ausgeschöpft haben. Objektive Regelungen zur Berufswahl — und darum handelt es sich hier — stellen an die Verfassungsmäßigkeit der Schrankenregelung im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG die höchsten Anforderungen. Da ich diese Anforderungen als nicht erfüllt ansehe, stimme ich diesem Teil der Novelle nicht zu. Jürgen Koppelin (F.D.P.): Ich werde dem Gesundheits-Strukturgesetz nicht zustimmen. Für meine Gründe, das Gesetz abzulehnen, möchte ich nur wenige Punkte nennen: 1) Mit dieser „Reform" wird eindeutig der Weg in ein staatliches Gesundheitssystem beschritten. Das Ergebnis wird ein qualitativ schlechteres und letztlich auch teures, weil ineffizientes und überbürokratisiertes System sein, in dem das Leistungs- und Selbstverantwortungsprinzip aller Beteiligten als Basis einer vernünftigen Reform auf der Strecke bleibt. 2) In Bayern hat es im Jahre 1991 eine 16%ige Steigerung der Gesamtvergütung für ambulante Versorgung gegeben, mit der wesentliche Strukturdefizite ausgeglichen werden konnten. In Schleswig-Holstein und anderen norddeutschen Ländern wurden 1991 sehr sparsame Honorarverträge abgeschlossen, und erst in den Jahren 1992 und zum Teil auch erst für 1993 wurden mit Rücksicht auf die finanzielle Situation der Krankenkassen Verträge abgeschlossen, die im Vergleich zu Bayern in sehr bescheidenem Maße einen Ausgleich bringen für nachgewiesene Mehrbelastung in der ambulanten Versorgung durch entsprechende Einsparungen im Krankenhausbereich seit vielen Jahren. Wenn jetzt in dem Gesetzentwurf das Jahr 1991 als Ausgangsbasis für ein Honorarbudget für die folgenden drei Jahre gewählt wird, bedeutet dies eine unerträgliche Bevorzugung Bayerns und einen schweren Einbruch für Schleswig-Holstein, weil damit das Niveau der ambulanten Versorgung nicht gehalten werden kann, denn die Leistungen werden dann wiederum nur zu 70 bis 80 % bezahlt und können deshalb partiell nicht erbracht werden. 3) Wenn wir jetzt Vorsorgeuntersuchungen und andere Präventionsmaßnahmen im allgemeinen kontingentieren, so ist das nicht zu akzeptieren. Alle Bemühungen, durch präventive Maßnahmen die Gesundheit unserer Bevölkerung zu fördern, werden dadurch auf den Kopf gestellt. 11030* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 4) Dasselbe gilt für die Förderung des ambulanten Operierens. Die dafür zur Verfügung gestellte Marge von 10 % Wachstum wird nicht ausreichen, um auch nur ein einziges Krankenhausbett einzusparen. Das Gesetz ist mit meinen Vorstellungen zu unserem Gesundheitswesen nicht vereinbar. Dr. Reinhard Meyer zu Bentrup (CDU/CSU): Die Organisationsreform in der gesetzlichen Krankenversicherung lehne ich ab. Sie wird im Ergebnis das gegliederte System in der Krankenversicherung aufheben, weil der Wettbewerb als das Macht verteilende Prinzip mehr und mehr außer Kraft gesetzt wird zugunsten einer regulierten und bürokratisierten Einheitsversicherung. Die beitragsrechtliche Neuregelung für freiwillig Versicherte im Ruhestand findet nicht meine Zustimmung. Dieser Weg führt nicht zu mehr Subsidiarität und belohnt nicht eigenverantwortliches Handeln. Klaus Riegert (CDU/CSU): Ich lehne die im Gesundheits-Strukturgesetz 1993 getroffenen Regelungen zur Organisationsreform der Krankenversicherung ab. Sie gefährden den Bestand der gegliederten Krankenversicherung und zeichnen den Weg in die Einheitsversicherung vor. Für verfassungsrechtlich problematisch halte ich darüber hinaus die beitragsrechtliche Neuregelung für freiwillig Versicherte im Ruhestand. Wenn ich dem Gesetzentwurf dennoch zustimme, dann geschieht dies unter dem Druck der notwendigen Kostendämpfung im Gesundheitswesen. Helmut Sauer (Salzgitter) (CDU/CSU): Grundsätzlich stimme ich dem vorgelegten Entwurf zu einem Gesundheits-Strukturgesetz zu, erkläre aber zugleich meine schwersten Bedenken in zwei Teilbereichen: Sie betreffen die neuen Bestimmungen über die Kassenzulassung einschließlich der Festlegung von Höchstaltersgrenzen für Ärzte und Zahnärzte und die Regelungen zur Bedarfsplanung. Meine Bedenken begründe ich mit rechtlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelungen und mit dem Widerspruch zu meinen Grundüberzeugungen hinsichtlich der Freiheit der Berufsausbildung. Insofern stimme ich den beiden genannten Teilen des Gesetzentwurfs nicht zu. Reinhard Freiherr von Schorlemer (CDU/CSU): Dem Entwurf zum Gesundheits-Strukturgesetz, der heute zur Abstimmung steht, stimme ich im ganzen zu. Gleichwohl erkläre ich hiermit, daß ich den Teilregelungen zu Fragen der Kassenzulassung von Ärzten und Zahnärzten sowie der Bedarfsplanung (Art. 1 des Entwurfs, Nrn. 52-54) nicht zustimme. Mit dieser Erklärung möchte ich deutlich machen, daß ich erhebliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser novellierenden Regelungen vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes und der Gewährleistung des Eigentums und des Erbrechts des Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes habe. Die Befundenden Regelungen beschränken meines Erachtens die freie Wahl des Arztberufes und das Eigentums- und Erbrecht in einer Weise, die den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit nicht mehr gerecht wird. Objektive Regelungen zur Berufswahl — und darum handelt es sich hier — stellen an die Verfassungsmäßigkeit der Schrankenregelung im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG die höchsten Anforderungen. Das gleiche gilt auch bei der Beachtung des Art. 14 Abs. 1 des GG, durch den „das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet werden". Da ich diese Anforderungen als nicht erfüllt ansehe, stimme ich diesem Teil der Novelle nicht zu. Wilfried Seibel (CDU/CSU): Ich unterstütze das Ziel der Gesetzgebung, eine Kostendämpfung im Gesundheitswesen zu erreichen, uneingeschränkt. Gegen eine Vielzahl von Regelungen habe ich rechtliche und erhebliche ordnungspolitische Bedenken. Ich werde mich deshalb nicht an der Abstimmung beteiligen. Antje-Marie Steen (SPD): Ich stimme dem Gesetz ausdrücklich zu, weil ich hier Ansätze sehe, daß damit eine grundsätzliche Strukturveränderung im Gesundheitswesen erfolgt. Bestehende Ungleichbehandlungen werden mit diesem Gesetz korrigiert, und es beinhaltet wirkungsvolle Maßnahmen zur fortschrittlichen Entwicklung im Gesundheitswesen. Auch erfolgt durch dieses Gesetz eine Neuorganisation der Krankenversicherungen, durch die der Bestand der gesetzlichen Krankenversicherung und die Solidargemeinschaft gesichert werden. Dr. Cornelia von Teichman (F.D.P.): Es muß in allen Lebensbereichen gespart werden, auch im Gesundheitsbereich. Der Weg, der im Gesundheitsbereich hierzu beschritten wird, ist jedoch nicht der richtige und genauso falsch wie der bei der ersten Gesundheits-Strukturreform (1988) und wird genauso wenig zu dauerhaften Einsparungen führen wie die frühere „Reform". Unser Sozialversicherungssystem in der jetzigen Form wird nicht auf Dauer tragfähig sein, darf aber nicht durch einen verstärkten staatlichen Interventionismus ersetzt werden. Dies wäre weder billiger noch besser für den Patienten. Warnende Beispiele wie die frühere DDR oder Schweden gibt es in ausreichender Zahl. Unsere Gesellschaft ist vielmehr angewiesen auf einen neuen Konsens. Wir benötigen verstärkt marktwirtschaftliche Prinzipien im gesamten sozialen Versicherungsbereich, zum Beispiel bei den Krankenkassen und Krankenhäusern; marktwirtschaftliche Reformen sind auch ein Anliegen der Ärzteschaft. Wir brauchen auch mehr Eigenverantwortung und Wahlmöglichkeiten für die Patienten, mehr Kostentransparenz. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 11031* Leider sieht sich hier die F.D.P., die wesentliche Verbesserungen bei den Entwürfen erreicht hat, einer großen Koalition gegenüber, wie im übrigen auch bei der Frage der Pflegeversicherung, bei der auch ein grundsätzlich falscher Zukunftsweg beschritten werden soll. Insbesondere die Niederlassungsbeschränkungen für Ärzte, die Budgetierung, die Regelungen über die Krankenkassen mit der Tendenz zur Entwicklung einer Einheitskasse sowie die Regelung für privat versicherte Rentner halte ich zum großen Teil für ungeeignet, Gesundheitskosten dauerhaft zu reduzieren. Darüber hinaus halte ich Teile der hier angesprochenen Punkte für verfassungsrechtlich sehr bedenklich. Nicht nur als liberale Abgeordnete, auch als Ärztin und Patientin kann ich diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Dr. Hans-Peter Voigt (Northeim) (CDU/CSU): Dem Entwurf zum Gesundheits-Strukturgesetz, der heute zur Abstimmung steht, stimme ich im ganzen zu; gleichwohl erkläre ich hiermit, daß ich den Teilregelungen zu Fragen der Kassenzulassung von Ärzten und Zahnärzten sowie der Bedarfsplanung (Art. 1 des Entwurfes, Nrn. 52-54) nicht zustimme. Mit dieser Erklärung möchte ich deutlich machen, daß ich erhebliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser novellierenden Regelungen vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes habe. Die gefundenen Regelungen beschränken meines Erachtens die freie Wahl des Arztberufes in einer Weise, die den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit nicht mehr gerecht wird. Die Verfassungsrichter haben in ihrem „Kassenarzt-Urteil" aus dem Jahre 1960 zwar festgestellt, daß Zulassungsbeschränkungen nicht generell abzulehnen sind; eine von konkreten Bedürfnissen abhängige Klausel sei durchaus gerechtfertigt. Aber dieser Weg der Beschränkung ist nur dann frei, wenn wir das Ziel der langfristigen Kostensenkung im Gesundheitswesen nicht auf andere Weise sicherstellen können! Ich bin der Auffassung, daß wir den gegebenen Alternativkatalog noch nicht vollständig ausgeschöpft haben. Objektive Regelungen zur Berufswahl — und darum handelt es sich hier — stellen an die Verfassungsmäßigkeit der Schrankenregelung im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG die höchsten Anforderungen. Da ich diese Anforderungen als nicht erfüllt ansehe, stimme ich diesem Teil der Novelle nicht zu. Alois Graf von Waldburg-Zeil (CDU/CSU): Zu meinem Abstimmungsverhalten beim GesundheitsStrukturgesetz erkläre ich folgendes: Ich stimme zu, da in einer sonst nicht bewältigbaren Situation gehandelt werden mußte. Ausdrücklich zu Protokoll geben möchte ich aber meine feste Überzeugung, daß dem zugrundeliegenden Problem mit Kostendämpfungen allein nicht beigekommen werden kann. Eine echte Strukturreform müßte gründlich vorbereitet werden und die in diesem Gesetz gegebenen Ansätze verstärken, sowohl was das Kostenbewußtsein auf der Nachfrageseite als auch den Wettbewerb auf der Angebotsseite betrifft. Es müßte auch deutlich werden, welche Leistungen von einer gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können und welche der privaten Vorsorge vorbehalten bleiben. Ein solches Gesetz müßte neue Spielräume dann aber dazu nutzen, Staatseingriffe in den Markt zu reduzieren, was insbesondere auch die Beschränkung des Berufszugangs für Ärzte anbelangt. Burkhard Zurheide (F.D.P.): Bei der Abstimmung über das Gesundheits-Strukturgesetz 1993 werde ich mich der Stimme enthalten. Ich erkenne an, daß einschneidende Maßnahmen notwendig sind, um die Kostenexplosion im Gesundheitswesen zu stoppen. Ich bezweifle aber, daß dieses Ziel durch Anwendung dirigistischer und interventionistischer Mittel erreicht werden kann. Auch im Gesundheitswesen müssen die Prinzipien von Eigenverantwortung, Eigenvorsorge und Wettbewerb gelten, wenn das Gesundheitssystem bezahlbar bleiben soll. Wenn nicht alsbald in diesem Sinne eine Reform erfolgt, ist der Weg in die Staatsmedizin unausweichlich. Ich habe zur Kenntnis zu nehmen, daß die politischen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag gegenwärtig eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens (noch) nicht ermöglichen. Ich werde mich daher der Stimme enthalten. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Joseph-Theodor Blank und Wolfgang Schulhoff (beide CDU/CSU) zur Abstimmung fiber das Gesundheits-Strukturgesetz (Tagesordnungspunkt 6) Nach wie vor sind wir der Auffassung, daß die beitragsrechtliche Neuregelung für freiwillig Versicherte dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht gerecht wird. Zwar erkennen wir an, daß es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gelungen ist, für diesen Personenkreis Verbesserungen insoweit zu erreichen, als die ehemals freiwillig Versicherten, die schon eine Rente beziehen bzw. bis zum 31. 12. 1992 in Rente gehen, aus der geplanten Regelung herausgenommen worden sind. Für die rentennahen Jahrgänge hätte jedoch nach unserer Auffassung eine längere Übergangsfrist eingeräumt werden müssen, damit sie ihre Lebensplanung — insbesondere die Kalkulation der Altersversorgung - auf diese neue Situation hätten einrichten können. Wenn wir trotzdem diesem Gesetz heute zustimmen, tun wir dies ausschließlich deshalb, weil eine Dämpfung der Kosten im Gesundheitswesen dringend geboten ist und nicht weiter hinausgezögert werden kann. 11032* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO Der Abgeordneten Martin Grüner, Ingrid Walz, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Horst Friedrich, Norbert Eimer (Fürth), Dr. Karl-Heinz Guttmacher, Wolfgang Lüder, Dr. Walter Hitschler und Dr. Michaela Blunk (alle F.D.P.) zur Abstimmung über das Gesundheits-Strukturgesetz (Tagesordnungspunkt 6) Dem Gesundheits-Strukturgesetz können wir aus mehreren Gründen nicht zustimmen: 1. Die dringend notwendige Beitragsstabilisierung in der gesetzlichen Krankenversicherung soll unter anderem durch im Ansatz verfehlte Eingriffe des Gesetzgebers in die Verträge der Ärzte, Zahnärzte, Zahntechniker und Apotheker mit den gesetzlichen Kassen bewirkt werden. Die vom Gesetzgeber erzwungenen und vorgesehenen Reduzierungen der Entgelte für Gesundheitsdienstleistungen trotz steigender Unkosten der Leistungserbringer sind nicht vertretbar. Die betroffenen Berufsgruppen haben Alternativvorschläge vorgelegt, die durchaus zu vergleichbaren, wenn nicht höheren Entlastungen der Lohnnebenkosten führen würden. 2. Unvertretbar ist die vorgesehene Regelung, freiwillig Versicherte im Rentenalter ab 1. Januar 1993 mit ihrem Gesamteinkommen beitragspflichtig zu machen im Gegensatz zu ehemals pflichtversicherten Rentnern. Die Entscheidung ist auch willkürlich, weil es pflichtversicherte Rentner gibt, die wesentlich höhere Einkommen haben als freiwillig versicherte Rentner. Die kurzfristig getroffene Entscheidung, diese Regelung nur für ab 1. Januar 1993 in Rente gehende Versicherte wirksam werden zu lassen, ist politisch zu begrüßen und wird einen Proteststurm vermeiden, ändert aber nichts an der rechtlich bedenklichen unterschiedlichen Behandlung gleicher Tatbestände, der sich die Betroffenen durch eigene Entscheidungen nicht mehr entziehen können. 3. Die vorgesehene Zulassungssperre für junge Ärzte und Zahnärzte kommt in unserem Krankenversicherungspflichtsystem einem faktischen Berufsverbot gleich. Das ist gesellschaftspolitisch und menschlich unerträglich. Auf verfassungsrechtliche Bedenken haben der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages und die Bundesjustizministerin aufmerksam gemacht. Erschwerend kommt hinzu, daß der angestrebte Erfolg nicht eintreten wird, da es eine wachsende und praktisch unbegrenzte Nachfrage nach ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen gibt, solange diese für den einzelnen Patienten kostenlos sind. Das vorliegende Gesundheits-Strukturgesetz will die Illusion aufrecht erhalten, es sei möglich, die ständige und wachsende Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen weiterhin uneingeschränkt über die Lohnnebenkosten zu finanzieren. Die mit der Aufrechterhaltung dieser Illussion gegebene Gefährdung der Arbeitsplätze besteht weiter. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Korrekturen zu der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit (Drucksachen 12/3930, 12/3937) zum Gesundheits-Strukturgesetz (Tagesordnungspunkt 6) *) 1. In Art. 1 muß nach Nr. 28 folgende Nr. 28 a eingefügt werden: „28 a. In § 62 Abs. 2 a Satz 2 wird die Angabe „ § 30 Abs. 5 Satz 2" durch die Angabe „ § 30 Abs. 2 Satz 2" ersetzt." 2. In Artikel 1 Nr. 33 Buchstabe b) (§ 73 Abs. 1 b SGB V) müssen in Satz 2 hinter dem Wort „Versicherten" und in Satz 4 nach dem Wort „Unterlagen" jeweils die Worte „mit dessen Einverständnis" eingefügt werden. 3. In Art. 1 Nr. 152 Buchstabe a) werden die Worte „in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet" jeweils durch das Wort „Beitrittsgebiet" ersetzt. 4. In Art. 1 Nr. 152 Buchstabe b) wird Satz 2 wie folgt gefaßt: „Für versicherte Mitglieder in dem Teil des Landes Berlin, in dem das Grundgesetz bis zum Inkrafttreten des Einigungsvertrages nicht galt, gilt als beitragspflichtige Einnahmen nach § 266 Abs. 3 das einfache arithmetische Mittel zwischen den durchschnittlichen beitragspflichtigen Einnahmen je Mitglied der in diesem Teil des Landes Berlin versicherten Mitglieder und den durchschnittlichen beitragspflichtigen Einnahmen je Mitglied aller im Land Berlin versicherten Mitglieder der Krankenkasse." 5. Art. 33 Abs. 6 entfällt. Absätze 7 und 8 werden 6 und 7. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 8 (Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Wehrsoldgesetzes) Fritz-Rudolf Körper (SPD): Zu dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte ich folgende Bemerkungen machen. Der Gesetzentwurf ist wohl unstreitig. Ich verhehle nicht, daß ich mir schon früher eine Erhöhung des Wehrsoldes und der finanziellen Zuwendung gewünscht hätte. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte einen entsprechenden Antrag gestellt, der allerdings von Seiten der Koalitionsparteien abgelehnt wurde. Hier stellt sich für mich die Frage, ob unser Antrag von einer anderen Qualität gewesen ist im Vergleich zu dem, was uns heute hier vorliegt. Wünschenswert wäre es gewesen, daß die Regierung mit den sie tragenden Fraktionen einmal über ihren Schatten gesprungen wäre. *) Vgl. Seiten 10917 D, 10973 A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 11033' Zur Zeit liegt ein vergleichbarer Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion vor, in dem die Dienstzeit auf 38,5 Stunden im Bereich der Bundeswehr begrenzt werden soll. Vielleicht können wir an diesem Beispiel auch einmal praktizieren, daß von seiten der Koalitionsfraktionen ein Gesetzentwurf der Opposition mitgetragen wird. Ich möchte die Möglichkeit nutzen, darauf hinzuweisen, daß die zukünftigen Anhebungen im Bereich des Wehrsoldes und der finanziellen Zuwendungen direkter vorzunehmen sind. Die letztmalige Erhöhung erfolgte im Jahre 1989. Zwischenzeitlich hätte schon einmal eine Erhöhung erfolgen können, auch unter der Beachtung des besonderen Charakters des Wehrsoldes und der finanziellen Zuwendung. Für die betroffenen jungen Leute ist die Zeit der Wehrpflicht und des Zivildienstes meist ohnehin eine materielle Einschränkung. Zu begrüßen ist auch, daß das Verfahren zukünftig geändert werden soll. Ich halte es für richtig, die Gewährung eines erhöhten Wehrsoldes zukünftig über den Verordnungsweg zu regeln. Der Innenminister soll dies im Einvernehmen mit seinen Kollegen aus dem Verteidigungs- und Finanzministerium erledigen können. Damit verbinde ich auch die Hoffnung, daß eine Erhöhung künfig zeitnäher erfolgen kann. Grundsätzlich müßte auch einmal überlegt werden, ob die finanziellen Zuwendungen für Wehrpflichtige und Zivildienstleistende in der bestehenden Höhe noch zeitgemäß sind. Dies bedarf aber wohl einer gründlichen Beratung in den zuständigen Ausschüssen. Wir von der SPD-Bundestagsfraktion stimmen dem vorliegenden Gesetzentwurf auf der Drucksache 12/3330 zu. Claire Marienfeld (CDU/CSU): Die Fraktion der CDU/CSU stimmt der Erhöhung des Wehrsoldes um 2,— DM und der Erhöhung der besonderen Zuwendungen um 60,— DM auf 450,— DM rückwirkend zum 1. Dezember 1992 zu. Wir freuen uns, daß dies jetzt möglich war, wo wir uns fürwahr in einer finanziellen Zwangslage befinden. Doch ich meine auch, daß gerade bei den Wehrpflichtigen eine Anhebung des Wehrsoldes als Anerkennung ihrer Leistung gerechtfertigt ist. Die Wehrsolderhöhung steht nicht isoliert da. Sie reiht sich in Leistungsverbesserungen auch in anderen Bereichen ein. Ich möchte besonders die Leistung nach dem Unterhaltssicherungsgesetz betonen und damit die Bitte verbinden, daß auch hier der Dreijahresrhythmus wie beim Wehrsold eingehalten wird. Sicherlich können damit nicht alle wirtschaftlichen Einbußen ausgeglichen werden, die mit dem Wehrdienst verbunden sind. Doch die Sicherung des Lebensbedarfes des Wehrpflichtigen und seiner Angehörigen erfüllt dieses Gesetz. Die politisch Verantwortlichen sind sich aber auch ihrer Verpflichtung gegenüber den jungen Dienenden für die Zeit nach dem Wehrdienst bewußt. Umfangreiche Berufsförderungsmaßnahmen kann der Wehrpflichtige nach Abschluß der Grundausbildung in Anspruch nehmen. Nun wird ein junger Mann seine Entscheidung, zu dienen und damit zur Sicherheit unseres Landes beizutragen, nicht alleine vom Wehrsold abhängig machen. Neben vielen Überlegungen ist dies ein Faktor. Sicherlich werden Fragen nach dem Sinn dieser Aufgabe, nach dem persönlichen Wert der Erfüllung, nach der Art der Unterbringung und dabei auch die Frage, ob sich der Stationierungsort in der Nähe des Elternhauses und noch mehr in der Nähe der Freundin befindet, eine Rolle spielen. Neben den materiellen Dingen müssen wir auch die ideellen Fragen der jungen Menschen beantworten. Die Voraussetzungen sind gut. Unsere jungen Bürger haben ein ausgeprägtes Verständnis für Sicherheitspolitik. Eine repräsentative Befragung des EMNID- Institutes bei jungen Männern im alter von 16 bis 18 Jahren brachte ein interessantes Ergebnis: 85 % sagen, die Bundeswehr mache den Frieden sicherer, 85 % sagen, jeder eigenständige Staat benötige Streitkräfte, und 76 % sagen, daß Gesamtdeutschland schon wegen seiner geographischen Lage starke Streitkräfte brauche. Ich finde, dies sind ermutigende Ansichten. Allerdings hat diese Umfrage auch ergeben, daß sich 40 % mit dem Gedanken tragen, den Wehrdienst zu verweigern. Ich bin der festen Überzeugung, es ist nicht die Höhe des Wehrsoldes, die diese Entscheidung beeinflußt. Es mag für jeden Verweigerer eine Reihe persönlicher Gründe geben. Ich glaube aber auch, daß es vor allem Gründe sind, die mit dem Ansehen der Soldaten im weitesten Sinne zu tun haben. Wenn Kirchen den Ersatzdienst höher schätzen als den Dienst der Soldaten und dies auch propagieren, ist es bedenklich. Was nicht heißen soll, daß ich damit die Leistung der Zivildienstleistenden schmälern will. Es gibt weiß Gott eine Reihe junger Männer, deren Ersatzdienst, vor allem mit alten Menschen und Behinderten, nicht hoch genug geschätzt werden kann. Doch ich wehre mich gegen die Herabsetzung des Wehrdienstes. Erlauben Sie mir vor dem Hintergrund dessen, was sich im ehemaligen Jugoslawien abspielt, diese Haltung besonders zu verurteilen. Hier können nur Soldaten, keine Wehrpflichtigen, aber Soldaten, die früher Wehrdienst geleistet haben, dem Morden ein Ende setzen. Männer, die bereit sind, notfalls selbst Schaden davonzutragen oder sogar ihr Leben zu lassen. Wo bleibt angesichts dessen die Anerkennung derer, die sich so gerne zu Moralaposteln erheben? Ich denke an bestimmte Medien, die die Akzeptanz des Dienstes unserer Soldaten ständig in Frage stellen. Aber auch da muß ich auf Berichterstattungen zu den grausamen Kämpfen in Bosnien-Herzegowina verweisen. Unschuldige Zivilpersonen werden regelrecht niedergemetzelt. Die Forderung nach einer Beendigung dieses Dramas wird erhoben. Wer soll es beenden? Die vielgeschmähten Soldaten. Meine Damen und Herren, da stimmt etwas nicht. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß auch diese unerfreulichen Beurteilungen des Wehrdienstes durch wichtige Institutionen unseres öffentlichen Lebens zur Meinungsbildung unserer jungen Menschen beitragen. Ich möchte allerdings nicht nur nach außen sehen. Auch das, was der junge Mann über die Bundeswehr 11034* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 erfährt, das, was ihm Freunde und Verwandte über das Leben in der Truppe berichten, beeinflußt seine Entscheidung. Fragen nach der Dienstgestaltung, dem Führungsverhalten und den Verantwortungs- und Beteiligungsmöglichkeiten der jungen Wehrpflichtigen werden eine Rolle spielen. Auch da mag es hier und da noch Verbesserungsbedarf geben. Doch ich bin überzeugt davon, daran wird gearbeitet. In mir klingen immer noch Erfahrungen nach, die ich in den Sommerferien eine Woche lang in Augustdorf sammeln konnte. Was mich nachhaltig beeindruckt hat, war das Erleben von hoher Sensibilität und Verantwortungsbewußtsein gerade bei jungen Ausbildern. Junge Menschen, denen die Verantwortung für noch jüngere aus allen Schichten der Bevölkerung übertragen war, bewältigten mit starkem menschlichem Engagement und Verständnis ihre Aufgabe. Dies hat mich immer wieder beeindruckt. Wir brauchen Soldaten, wir brauchen junge Männer, die bereit sind, diesen Dienst zu tun. Wir brauchen Freiwillige und Berufssoldaten, die zum großen Teil aus den Wehrpflichtigen hervorgehen. Wir müssen alles tun, die Attraktivität der Bundeswehr zu erhöhen, und dazu gehört auch im bescheidenen Rahmen der Wehrsold, der nie eine angemessene Entlohnung für die Dienstleistung des Soldaten sein kann. Doch die Wehrsolderhöhung ist ein wichtiges Zeichen der Anerkennung für diesen Dienst. Jürgen Koppelin (F. D. P.): In einem Entschließungsantrag haben Anfang Juni im Verteidigungsausschuß die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und F.D.P. die Bundesregierung aufgefordert, die Voraussetzungen für eine Wehrsolderhöhung um 2 DM pro Tag ab 1. Oktober 1992 zu schaffen. Mit dem Gesetzentwurf über das 13. Gesetz zur Änderung des Wehrsoldgesetzes ist die Bundesregierung der Aufforderung des Verteidigungsausschusses nachgekommen. Damit erhält z. B. ein Gefreiter monatlich jetzt ca. 450 DM. Zu begrüßen ist auch die Erhöhung des Weihnachtsgeldes für Grundwehrdienstleistende um 60 DM auf 450 DM. Mit der Änderung des § 7 des Wehrsoldgesetzes erhalten nun zukünftig alle Grundwehrdienstleistenden diese besondere Zuwendung. Bisher waren die im November und Dezember einberufenen Soldaten von der Zahlung ausgeschlossen. Für die F.D.P. möchte ich doch darauf hinweisen, daß diese Wehrsolderhöhung sowie die Erhöhung des Weihnachtsgeldes für Grundwehrdienstleistende ein erheblicher finanzieller Belastungsposten im Haushalt des Verteidigungsministers darstellen. In einer Zeit, in der wir gerade beim Verteidigungshaushalt erhebliche Einsparungen vornehmen müssen, bedeuten die Erhöhung des Wehrsoldes und der besonderen Zuwendung eine finanzielle Mehrbelastung im Jahr 1993 von 221,5 Millionen DM. Mit der Erhöhung des Wehrsoldes stellen wir die Wehrpflichtigen nicht nur finanziell etwas besser, sondern, so meine ich, es ist auch eine Anerkennung für ihren Dienst. Uns allen ist klar, daß der Wehrsold bei weitem kein Ausgleich für entgangenes Einkommen oder geopferte Freizeit sein kann. Ich will bei dieser Gelegenheit noch einmal eine Anregung aus der ersten Lesung wiederholen, in der ich vorgeschlagen habe, daß wir uns darüber Gedanken machen sollten, vom bisherigen Rhythmus der 3jährigen Erhöhung des Wehrsoldes abzukommen und eventuell in kürzeren Zeitabständen zukünftig den Wehrsold zu erhöhen. Ich meine auch, daß wir auf längere Zeit gesehen nicht darum herumkommen, uns insgesamt Überlegungen für Verbesserungen für die Grundwehrdienstleistenden zu machen. Ich will als Stichwort hier nur nennen das Problem der Familienheimfahrten. Für die F.D.P.-Fraktion möchte ich auch bei dieser Gelegenheit allen Wehrpflichtigen der Bundeswehr unseren Dank für ihren Dienst aussprechen. Wir wissen ihren Dienst, den sie für die Gemeinschaft leisten, zu würdigen und anzuerkennen. Die F.D.P. wird dem eingebrachten Entwurf eines 13. Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes die Zustimmung geben. Bernd Wilz, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Der Bundesminister der Verteidigung hat wiederholt betont, daß gerade auch in der Phase des Umbaus der Bundeswehr die Sorge um den Menschen Vorrang hat. Dies gilt in besonderem Maße für unsere Grundwehrdienstleistenden, die durch ihren Dienst eine bedeutsame staatsbürgerliche Aufgabe erfüllen. Sie bringen dabei nicht unwesentliche Opfer für das Gemeinwohl, indem sie während der Zeit des Wehrdienstes ihre persönlichen und beruflichen Belange zurückzustellen haben. Dafür gebührt unseren Wehrpflichtigen der Dank und der Respekt von uns allen. Der Wehrpflicht unserer jungen Männer steht die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber, d. h. die Grundwehrdienstleistenden haben ein Anrecht auf angemessene finanzielle Zuwendungen. So hat diese Koalition von Anfang an die laufende Verbesserung der den Wehrpflichtigen zustehenden Leistungen — auch unter Berücksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung — als ein vordringliches Ziel angesehen. Deshalb wurden die Wehrsoldtagessätze ab 1. Oktober 1984 und ab 1. Januar 1987 jeweils um 1 DM angehoben. Eine strukturelle Erhöhung der Wehrsoldtagessätze zwischen 2 DM und 6 DM erfolgte ab 1. Juni 1989. Darüber hinaus haben wir auch das Weihnachtsgeld für Grundwehrdienstleistende mehrfach angehoben, und zwar 1984 von 270 DM auf 310 DM, 1987 auf 340 DM und 1989 auf 390 DM. Auch das Entlassungsgeld am Ende des Grundwehrdienstes wurde deutlich verbessert: 1984 von 1 050 DM auf 1 110 DM und 1990 auf 2 500 DM; an diesem Betrag haben wir festgehalten, obwohl er ursprünglich für eine Wehrdienstdauer von 18 Monaten gelten sollte und seit 1. Oktober 1990 nur noch 12 Monate zu dienen sind. Nur am Rande sei die seit 1. Juni 1989 wirksame Verdoppelung des Verpflegungsgeldes erwähnt. Weitere Vorteile für die Wehrpflichtigen hat auch der höhere Ausgleich für besondere zeitliche Belastungen gebracht, nämlich 6 DM oder 11 DM täglich ab 1. Juni 1989 sowie 12 DM oder 22 DM täglich ab 1. Juni 1990. Eine weitere spürbare Erhöhung dieser Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 11035* Vergütungsbeträge wird derzeit im BMVg ebenso geprüft wie eine Gewährung der Ausgleichszahlung bereits ab dem 4. anstelle des jetzt gültigen 7. Dienstmonats. Der vorliegende Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes bringt eine erneute Anhebung der Wehrsoldtagessätze und des Weihnachtsgeldes entsprechend den seit der letzten Erhöhung im Jahre 1989 eingetretenen Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse. Hierbei erhöhen sich die Wehrsoldtagessätze rückwirkend ab 1. Oktober 1992 um 2 DM und das Weihnachtsgeld um 60 DM auf 450 DM. Außerdem werden entgegen der bisherigen Regelung künftig auch diejenigen Wehrpflichtigen ein Weihnachtsgeld erhalten, die im November oder am 1. Dezember einberufen worden sind. Diese Grundwehrdienstleistenden waren bisher vom Weihnachtsgeld ausgeschlossen. Besonders erfreulich ist, daß die Erhöhung des Wehrsoldes und des Weihnachtsgeldes auch unseren Grundwehrdienstleistenden aus den neuen Bundesländern voll zugute kommt. Seit dem 30. Juni 1991 und damit seit mehr als einem Jahr erhalten bereits alle Grundwehrdienstleistenden die gleichen Bezüge. Gerade damit hat die Bundesregierung einen wichtigen Beitrag zur notwendigen Angleichung der Lebensverhältnisse in den alten und neuen Bundesländern geleistet. Zusammen genommen kann sich die Bilanz der Leistungen dieser Koalition für unsere Wehrpflichtigen wohl sehen lassen: Seit 1984 haben wir den Wehrsoldtagessatz von 7,50 DM auf 13,50 DM (d. h. um 80 %) erhöht. Im gleichen Zeitraum stieg das Weihnachtsgeld von 270 DM auf 450 DM (66,6 %) und das Entlassungsgeld von 1 050 DM auf 2 500 DM (138 %). Mit all diesen Verbesserungen für unsere wehrpflichtigen Soldaten würdigen wir die Leistungs- und Einsatzbereitschaft dieser jungen Menschen für unseren Staat. Gleichzeitig bringen wir den hohen Stellenwert der Wehrpflicht zum Ausdruck, den sie auch künftig als Eckstein unserer Landesverteidigung einnimmt. Ohne Grundwehrdienstleistende könnten Heer, Luftwaffe und Marine ihren Auftrag nicht erfüllen. Deshalb hält die Bundesregierung auch vor dem Hintergrund der Veränderungen der sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen aus gesellschaftlichen, politischen und militärischen Gründen am Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht fest. Sie ist und bleibt der Garant dafür, daß unsere Streitkräfte fest in der Gesellschaft verankert sind. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen. Anlage 7 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 9 (IFC-Abkommensänderungs-Gesetz) Ingrid Walz (F. D. P.): Der Gegenstand des vorliegenden Gesetzentwurfes sollte eigentlich diesem Hohen Hause keinen Anlaß für eine kontroverse Debatte bieten, zumal der Bundesrat gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung keine Einwände erhoben hat. Nötig ist allerdings — wie die Beratungen im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit gezeigt haben —, die Bedeutung des privaten Sektors für den Entwicklungsprozeß und die Rolle der International Finance Corporation (IFC) zu diskutieren. Die Hinwendung der Staaten Mittel- und Osteuropas sowie einer wachsenden Zahl von Entwicklungsländern zu mehr Demokratie und Marktwirtschaft macht tiefgreifende strukturelle Veränderungen unumgänglich. Es ist nötig, diesen Reformprozeß auch durch eine umfassende entwicklugspolitische Zusammenarbeit zu unterstützen. Die Entfaltung privater unternehmerischer Initiative als zentraler Motor wirtschaftlicher Entwicklung ist unbestritten. Wichtige und unverzichtbare Grundlagen dafür sind der Aufbau privatwirtschaftlicher Strukturen und funktionierende marktwirtschaftliche Ordnungen. Gleichzeitig setzt dies aber auch umfassende und nachhaltige Eigenanstrengungen der Partner voraus. Solche Eigenanstrengungen sind nicht nur von den jeweiligen Regierungen, sondern vor allem auch von den gesellschaftlichen Kräften, der Wirtschaft und den Unternehmen in den Partnerländern zu erbringen. Der nachhaltigen Stärkung des privaten Sektors widmet sich auch die IFC. Gemeinsam mit privaten Investoren leistet sie finanzielle Unterstützung bei der Errichtung, Modernisierung und Erweiterung privater Unternehmen durch Bereitstellung von Eigenkapital und/oder Darlehen sowie technische Hilfe bei der Schaffung eines geeigneten Investitionsklimas in den Partnerländern. Mit ihren Maßnahmen unterstützt die IFC gleichzeitig die Privatisierung von staatlichen Unternehmen, führt potentielle Investoren aus dem In- und Ausland zusammen und vermittelt erfahrenes Management. Durch ihre Tätigkeit mobilisiert die IFC erhebliche Finanzierungsmittel für Investitionen. Die Bedeutung dieser zur Weltbank-Gruppe gehörenden Institution, die in der Vergangenheit bereits erhebliche private Direktinvestitionen in Entwicklungsländern finanziert hat, ist nach dem Scheitern des sozialistischen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems weiter gewachsen. Die Aktivitäten in den Entwicklungsländern müssen verstärkt fortgesetzt werden. Darüber hinaus muß aber auch ein substantieller Beitrag zum Aufbau marktwirtschaftlicher Strukturen in den Reformstaaten Osteuropas und der GUS geleistet werden. Bereits heute findet ein wesentlicher Teil der IFC-Aktivitäten in diesen Staaten statt. Von den 1,8 Milliarden US $ wurden im Geschäftsjahr 1992 allein 253 Millionen US $ für Investitionen und Beratungsmaßnahmen der technischen Hilfe in dieser Region eingesetzt. Weltweit wurden durch den Mobilisierungseffekt der IFC- Mittel tatsächlich Investitionsmaßnahmen in Höhe von 12 Milliarden US $ ermöglicht. Der große Bedarf an Beratungshilfen in den Reformstaaten des Ostens erfordert eine konzertierte Aktion der internationalen Gebergemeinschaft. Der Weltwirtschaftsgipfel in München Anfang Juli 1992 hat hierzu richtungsweisende Beschlüsse gefaßt. Es ist daher zu begrüßen, daß sich das Direktorium der IFC darauf verständigt hat, die Nachfolgestaaten der 11036* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 Sowjetunion in diese Institution aufzunehmen und eine spezielle Kapitalerhöhung durchzuführen, damit diese die Anteile, die ihnen aufgrund der üblichen Kriterien zustehen, zeichnen können. Folge dieser Kapitalerhöhung ist eine Reduzierung der Kapitalanteile der bisherigen Mitgliedstaaten. Dies hat Auswirkungen auf künftige Satzungsänderungen und Kapitalerhöhungen im Rahmen des IFC-Abkommens. Die erzielte Einigung über eine entsprechende Heraufsetzung der erforderlichen Abstimmungsmehrheiten erscheint unter Berücksichtigung der Gesamtproblematik zweckmäßig. Hierbei muß auch gewürdigt werden, daß die USA den weitaus größten Finanzierungsbeitrag in der IFC erbringt. Die F.D.P. stimmt daher dem vorliegenden Gesetzentwurf zu, mit dem der deutsche Gouverneur ermächtigt werden soll, für die vorgeschlagene Änderung des IFC-Abkommens zu stimmen. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zu Tagesordnungspunkt 10 (Sexualgleichstellungsgesetz) Horst Eylmann (CDU/CSU): Der von der Gruppe der PDS/Linke Liste eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Rechtsgleichstellung von Homosexualität und Heterosexualität ist vom Deutschen Bundestag in seiner 41. Sitzung am 19. September 1991 in erster Lesung beraten und an den Rechtsausschuß zur Federführung überwiesen worden. Der Rechtsausschuß hat den Gesetzesentwurf noch nicht beraten, weil zu dem gesamten Problembereich des Sexualstrafrechts weitere Vorlagen zu erwarten sind. Außerdem hatte der Rechtsausschuß seit September 1991— insbesondere als Folge der Wiedervereinigung — eine außerordentliche Arbeitslast zu tragen. Es waren eine ganze Reihe von Sondersitzungen notwendig, um wenigstens die dringendsten Vorlagen erledigen zu können. Offenbar aus Einsicht in diese Situation hat die Gruppe der PDS/Linke Liste bisher im Rechtsausschuß auch nicht beantragt, den hier in Frage stehenden Gesetzesentwurf auf die Tagesordnung zu setzen. Der Rechtsausschuß wird sich im ersten Halbjahr 1993 dem Sexualstrafrecht zuwenden. Die eingangs erwähnten weiteren Vorlagen sind in Kürze zu erwarten. In Erfüllung der Koalitionsvereinbarung, wonach die §§ 175, 182 StGB durch eine einheitliche Schutzvorschrift für männliche und weibliche Jugendliche unter 16 Jahren ersetzt werden soll, ist im Bundesjustizministerium inzwischen der Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes erarbeitet worden, der demnächst im Kabinett vorgelegt wird. Außerdem hat der Bundesrat in seiner 648. Sitzung am 6. November 1992 beschlossen, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sexualstrafrechts beim Deutschen Bundestag einzubringen. Schließlich ist auch von der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Gesetzesentwurf zum Schutz der psychosexuellen Entwicklung von Jugend- lichen vorgelegt worden. Mit der Überweisung dieses Gesetzesentwurfs an den Rechtsausschuß ist demnächst zu rechnen. Alle diese Fakten sind der Gruppe der PDS/Linke Liste bekannt. Ihr Antrag gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung, im Plenum über den Stand der Beratungen Bericht zu erstatten, war deshalb völlig überflüssig. Dr. Jürgen Meyer (Ulm) (SPD): Es ist für den Berichterstatter zu einem Gesetzentwurf nicht angenehm, wenn er dem Bundestag mehr als ein Jahr nach der ersten Lesung des Entwurfes mitteilen muß, daß es nichts zu berichten gibt, weil der federführende Ausschuß den Entwurf noch nicht beraten hat. Die Gründe sind im schriftlichen Bericht genannt. Hauptgrund ist nach meiner Überzeugung die Säumigkeit der Bundesregierung. Sie hat den klaren Auftrag des Einigungsvertrages, für ein einheitliches Sexualstrafrecht in Ost- und Westdeutschland zu sorgen, bisher noch nicht einmal ansatzweise erfüllt. Den immer wieder angekündigten Regierungsentwurf gibt es bisher nicht. Das läßt darauf schließen, daß die Regierung auch in diesem Bereich nicht mehr handlungsfähig ist. Anscheinend ist die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene neue einheitliche Jugendschutzregelung für männliche und weibliche Jugendliche unter 16 Jahren, auf deren Problematik ich in der ersten Lesung hingewiesen habe, für den größeren Koalitionspartner nicht mehr ohne weiteres annehmbar. Der damalige Bundesminister der Justiz hat am 19. September 1991 erklärt: „Die Vorlage eines Regierungsentwurfes steht bevor. " Und das tut sie auch heute noch. Wir Sozialdemokraten werden weitere Verzögerungen nicht hinnehmen, zumal es sich bei dem Gesetzentwurf der Gruppe PDS/Linke Liste lediglich um ein ungeschicktes Plagiat des noch älteren Gesetzentwurfes der Freien und Hansestadt Hamburg handelt, der dem Bundesrat bereits am 7. Mai 1991, fast zwei Monate vor dem PDS-Entwurf und vor mehr als zweieinhalb Jahren, zugegangen ist. Sobald die Vorlagen des Bundesrates beim Rechtsausschuß eingehen, werden wir auf ihre Beratung drängen. Auf die Bundesregierung muß dann nicht länger gewartet werden. In der Sache treten wir Sozialdemokraten weiterhin für die Streichung des § 175 StGB ein, um die Diskriminierung homosexueller Männer zu beseitigen. Der alte § 182 StGB, der „unbescholtene Mädchen" zur Sicherung ihrer Heiratschancen vor Verführung schützen soll, gehört nach unserer Überzeugung nicht in ein modernes Sexualstrafrecht. In der Frage, wo das neue Schutzalter des künftigen strafrechtlichen Jugendschutzes liegen sollte, werden wir uns nach der von uns für erforderlich gehaltenen Sachverständigenanhörung entscheiden. Jörg van Essen (F.D.P.): Wir müssen heute über den Antrag der PDS zu einem Sexualgleichstellungsgesetz reden, weil die von § 62 Abs. 2 GO-BT vorgeschriebenen zehn Sitzungswochen nach Überweisung einer Vorlage verstrichen sind. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 11037* Schon am 19. September 1991 und damit vor mehr als einem Jahr ist der Antrag der PDS an den Rechtsausschuß zur Federführung überwiesen worden. Die Gründe, die für die Nichtbehandlung gesprochen haben, sind in dem Bericht der Kollegen Eylmann und Dr. Meyer aufgeführt. Ich brauche sie nicht zu wiederholen. Anläßlich der heutigen Debatte möchte ich jedoch deutlich machen, daß auch mir eine baldige Verabschiedung eines einheitlichen Sexualstrafrechts im geeinten Deutschland außerordentlich dringlich erscheint. Das Bundesverfassungsgericht ist auf Vorlage des Landgerichts Essen mit der Frage befaßt, ob die unterschiedliche strafrechtliche Behandlung homosexueller Handlungen zwischen Erwachsenen und Jüngeren in den neuen Bundesländern durch den fortgeltenden § 149 DDR StGB und den alten Ländern mit § 175 StGB gegen die Verfassung verstößt. Einen ähnlichen Druck zu einer einheitlichen Regelung, insbesondere aus dem Osten — wie bei der unterschiedlichen Behandlung der Abtreibung — ist leider in der Vergangenheit nicht festzustellen gewesen. Aber erfreulicherweise bewegt sich etwas. Die Bundesjustizministerin hat in diesen Tagen die Kabinettsvorlage für ein neues Jugendschutzrecht unterschrieben, so daß die Vorlage noch in diesem Monat im Bundeskabinett beraten werden kann. Da ich selbst mehrfach Druck gemacht habe, weiß ich, daß die Gründe für die Verzögerungen nicht im Bundesjustizministerium und insbesondere nicht bei der Ministerin selbst zu suchen sind, die sich seit langem wie meine Partei für die Abschaffung des § 175 StGB ausgesprochen hat. Wir werden im Rechtsausschuß neben dem PDS- Antrag und der zu erwartenden Regierungsvorlage auch über eine Gesetzesinitiative des Bundesrates zu beraten haben. Aber diese Beratungen sollten nicht erneut verzögert werden. Ich halte insbesondere nichts von einer neuen Anhörung. Die Anhörung durch den Bundesrat Anfang dieses Jahres hat bereits klare Entscheidungsgrundlagen ergeben. Und die abenteuerlichen Vorurteile von Prof. Tröndle, den ich im übrigen da und dort durchaus schätze, brauchen wir uns wirklich nicht noch einmal anzuhören. Die F.D.P. ist an einer zügigen Beratung interessiert. Schon deshalb, weil wir seit langem auf die Aufhebung des § 175 StGB drängen und als liberale Partei auch sonst ein offenes Ohr für Anliegen von Minderheiten haben. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl auf die Frage der Abgeordneten Susanne Kastner (SPD) (Drucksache 12/3921 Frage 9): Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung des Industrieverbandes Agrar, im Zusammenhang mit der europäischen Zulassung von Pestiziden den Grenzwert der EG-Trinkwasserrichtlinie durch höhere Grenzwerte für einzelne Wirkstoffe zu ersetzen, und warum wurden die bei uns vorgeschriebenen Lysimeterverfahren zum Nachweis der Grundwasserschädigung durch Pestizide bei der europäischen Zulassung nicht verbindlich vorgeschrieben? Der Bundesregierung liegen derzeit keine Erkenntnisse darüber vor, daß die EG-Kommission geneigt ist, den massiven Bemühungen des Verbandes der Hersteller von Pflanzenschutzmitteln in Europa (SCPA) und von seiten der Landwirtschaft nachzugeben und eine Änderung des Grenzwertwes für Pflanzenschutzmittel der Richtlinie 80/778/EWG „über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch" vorzuschlagen. Die Kommission ist vielmehr der Ansicht, daß Parameter D 55 Pestizide und ähnliche Produkte sowie die sogenannten „ZHK-Werte" nach eingehender Diskussion einstimmig vereinbart und aus Gründen der Vorsorge gewählt worden sind. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß es praktische Schwierigkeiten bezüglich dieses Parameters bei der Durchführung der Richtlinie 80/778/EWG gibt. Sie hat deshalb die EG-Kommission gebeten, einen Bericht über den Stand und die Zuverlässigkeit der in den Mitgliedstaaten angewandten Analyseverfahren und über die Ergebnisse der Überwachung dieses Parameters vorzulegen. Die Wasserversorgungswirtschaft Deutschlands wünscht keine Änderung dieses Grenzwerts. Die Kriterien für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sind in Artikel 4 der Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (91/414/EWG) festgeschrieben. Diese Kriterien entsprechen dem hohen Schutzniveau des deutschen Pflanzenschutzgesetzes. Bei den noch ausstehenden Ratsverhandlungen über die Einheitlichen Grundsätze für die Bewertung von Pflanzenschutzmitteln (Anhang VI der Richtlinie 91/414/EWG) wird zu diskutieren sein, inwieweit Lysimeteruntersuchungen für die Bewertung von Pflanzenschutzmitteln im Rahmen des Zulassungsverfahrens verbindlich festgeschrieben werden. Anlage 10 Antwort des Bundesministers Dr. Günther Krause auf die Frage des Abgeordneten Horst Peter (Kassel) (SPD) (Drucksache 12/3921 Frage 49): Welche Auswirkungen wird die aus Presse-Meldungen der Westfälischen Rundschau vom 24. November 1992 bekanntgewordenen Absicht der Deutschen Bundesbahn haben, den Ausbau des Streckenabschnitts zwischen Soest und Paderborn der Bundesbahn-Ausbaustrecke Dortmund-Kassel zu stoppen und die Ausführung europaweit neu auszuschreiben? Die Deutsche Bundesbahn plante zum Ausbau der Strecke Dortmund—Kassel für die Dauer von Juni 1993 bis Mai 1994 einen sogenannten „Schnellausbau". Ziel war es, die nachteiligen Wirkungen durch Bauarbeiten für die Kunden auf einen möglichst kurzen Zeitraum zu beschränken. Es war beabsichtigt, zur Vermeidung von gegenseitigen Beeinträchtigungen des Eisenbahnbetriebes und der Bauarbeiten die Strecke voll zu sperren und den Schienenverkehr ersatzweise auf der Straße abzuwickeln. Die Kosten für die Bauarbeiten waren von der Deutschen Bundesbahn auf ca. 100 Millionen DM veranschlagt worden. 11038* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 Ziel des Ausbaus der Strecke ist insbesondere die Erhöhung der Geschwindigkeit von derzeit 160 km/h auf 200 km/h. Dies bedingt neben dem Streckenausbau auch die Beseitigung sämtlicher vorhandener Bahnübergange auf der Strecke. Hierfür sind jeweils Planfeststellungsverfahren erforderlich. Als Realisierungsziel für die völlige Beseitigung der Bahnübergänge strebt die Deutsche Bundesbahn das Jahr 1997 an; dieses Ziel wird aber maßgeblich durch den Ablauf der Planrechtsverfahren bestimmt. Diese Planfeststellungsverfahren — allein 30 Verfahren für 36 Bahnübergänge auf dem Streckenabschnitt Soest-Paderborn bzw. 81 Bahnübergangsbeseitigungen auf dem Streckenabschnitt Dortmund-Paderborn — und die damit zusammenhängenden Baumaßnahmen sind der zeitkritische Weg, das heißt entscheidend für den Fertigstellungstermin. Es sind also nicht die reinen Streckenbaumaßnahmen, für die jetzt die Ausschreibung aufgehoben wurde, die den Zeitpunkt für die Aufnahme des Betriebs mit Tempo 200 km/h bestimmen. Aus diesem Grunde kann auch bei einem späteren Beginn der Streckenausbaumaßnahmen der geplante Inbetriebnahmezeitpunkt für Tempo 200 km/h eingehalten werden. Die Maßnahmen für die Bahnübergangsbeseitigungen laufen unabhängig von der aufgehobenen Ausschreibung für den reinen Streckenausbau planmäßig weiter. Die Deutsche Bundesbahn hat die Ausschreibung aufgehoben, da die geforderten Preise die Veranschlagung um fast 50 Millionen DM übersteigen, das heißt um ca. 50 Prozent. Mehrausgaben in dieser Größe sind angesichts der Finanzlage der Deutschen Bundesbahn und ihrer Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln nicht vertretbar. Die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt nach eigenem Bekunden, die Bauleistungen ein zweites Mal europaweit auszuschreiben, um so unter veränderten Konkurrenzbedingungen günstigere Preise erzielen zu können. Die Fertigstellung der Bauarbeiten in den 90er Jahren ist auch bei einer europaweiten Ausschreibung gewährleistet. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wolfgang Gröbl auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Kirschner (SPD) (Drucksache 12/3921 Fragen 54 und 55): Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zum geplanten Verkauf der Südbaden-Bus-Gesellschaft (SBG) ein? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Südbadischen Landkreise und die Stadt Freiburg die SBG übernehmen wollen, weil sie nur dann, wenn die öffentliche Hand Eigentümer der SBG ist, die Gewähr darin sehen, daß dann ihr öffentliches Nahverkehrskonzept auch voll umgesetzt werden kann? Zu Frage 54: Die Bundesregierung hat zugestimmt, daß die Deutsche Bundesbahn ihre im Alleineigentum stehenden Regionalbusgesellschaften verkauft. Dies schließt den Verkauf der Südbadenbus GmbH ein. Zu Frage 55: Die Entscheidung, wer im Ergebnis die einzelnen Gesellschaften erhalten wird, obliegt der Deutschen Bundesbahn. Der Bundesminister für Verkehr schaltet sich in die einzelnen Verkehrskonzepte der Bewerberkonsortien nicht ein. Neben dem Kaufpreis und den Rahmenbedingungen ist bei der Entscheidung von Bedeutung, daß ein kontinuierlicher Öffentlicher Personennahverkehr auch nach dem Verkauf gewährleistet wird. Die Frage, welches Konsortium den Rahmenbedingungen, die die Balm-Bus-Holding GmbH in ihrer Presseerklärung vom 21. Juni 1991 bekannt gegeben hat, erfüllt, entscheidet die Deutsche Bundesbahn unter Beteiligung eines neutralen Gutachters selbst. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wolfgang Gröbl auf die Fragen des Abgeordneten Uwe Lambinus (SPD) (Drucksache 12/3921 Fragen 56 und 57): Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den schwerwiegenden Nachteil zu beseitigen, der den Senioren durch den Wegfall des „Seniorenpasses" und die Einführung der „BahnCard" entstanden ist, da damit die bisherige Fahrpreisermäßigung für Omnibusse des öffentlichen Personennahverkehrs nicht mehr gewährt wird? Ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß diese Benachteiligung insbesondere diejenigen Senioren trifft, die im ländlichen Raum ohne Bahnhof leben und deshalb auf Omnibusse angewiesen sind? Zu Frage 56: Auf Intervention von Herrn Kollegen Grotz habe ich den Vorstand der Deutschen Bundesbahn am 6. November 1992 auf die Problematik hingewiesen. Ich erwarte, daß die Deutsche Bundesbahn so schnell wie möglich gemeinsam mit den Regionalbusgesellschaften eine Lösung des Problems findet, die den Kunden entgegenkommt, aber auch für beide Seiten wirtschaftlich vertretbar ist. Deshalb möchte ich auch Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege, für Ihre Unterstützung in dieser Sache danken. Zu Frage 57: Ja.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Horst Seehofer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Grüner, ich habe Sie schon immer bewundert, daß Ihre geistigen Fähigkeiten meiner Wortmächtigkeit vorauseilen. Ich komme noch auf diesen Punkt. Und wenn ich nicht daran denken sollte, erinnern Sie mich bitte. Ich möchte es im Zusammenhang darstellen.
    Zweite Bemerkung, meine Damen und Herren. Die gesetzliche Krankenversicherung wird in diesen Tagen 110 Jahre alt. Sie hat schwierigste Zeiten der Deutschen überstanden, zwei Weltkriege, zwei Inflationen, das größte Trümmerfeld aller Zeiten, viele tiefe wirtschaftliche Rezessionen. Da wäre es geradezu gelacht, meine Damen und Herren, wenn wir in dieser Zeit eines relativ hohen Wohlstands in der Bundesrepublik Deutschland die Probleme, mit denen wir jetzt — bei relativ guter Lage — in der gesetzlichen Krankenversicherung konfrontiert sind, nicht bewältigen würden, wenn in weitaus schwierigerer Zeit die Krankenversicherung auch stabil geblieben ist.
    Ich habe etwas die Vermutung, je besser es den Menschen geht, desto stärker tritt die Eigenverantwortung in den Hintergrund, und desto stärker wird die Solidarität ausgedehnt. Eigenverantwortung feiert in Zeiten des Wohlstands nicht gerade Konjunktur.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Leider!)

    Da bitte ich auch um ein differenziertes Urteil. Eigenverantwortung können wir nicht immer nur beim Versicherten und Patienten abladen — auch dort muß sie stattfinden —, sondern sehr wohl auch bei Ärzten oder Zahnärzten.
    Ich wiederhole eine These, die hier im Parlament schon oft aufgestellt worden ist: Wenn jemand krankfeiert, ohne daß er krank ist, beutet er das Sozialsystem aus. Aber es beutet das Sozialsystem nicht nur derjenige aus, der krankfeiert, ohne daß er krank ist, sondern auch derjenige, der krankschreibt, ohne daß jemand krank ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Man muß die Pression betrachten, unter der er steht!)

    Deshalb muß man die Eigenverantwortung an beide Seiten in der gesetzlichen Krankenversicherung richten, Herr Grüner, an die Patienten, an die Versicherten, aber auch an diejenigen, die verordnen. Ich finde, diese Differenzierung steht uns als Deutscher Bundestag sehr wohl an. Wir dürfen die Verantwortung nicht nur auf eine Seite schieben.
    Ich füge drittens hinzu: Auch die Politik hat in den letzten zehn oder zwanzig Jahren, unabhängig von der Farbe der Regierung und deren Zusammenset-
    Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 10945
    Bundesminister Horst Seehofer
    zung, einiges dazu getan, daß dieser gesetzlichen Krankenversicherung immer mehr sachfremde Aufgaben übertragen wurden. Auch das gehört zur vollständigen Wahrheit.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Abtreibungspille, so ist es!)

    Meine Damen und Herren, gegenüber dem Beginn dieser Diskussion im Mai diesen Jahres haben sich die Rahmenbedingungen für diese Reform eher noch verdüstert. Nicht nur innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind erheblich schlechter geworden. Ich brauche die Haushaltsdebatte hier nicht zu wiederholen. Wir befinden uns auf wirtschaftlicher Talfahrt.
    Meine Damen und Herren, in einer solchen Situation können wir uns die bequeme Antwort der letzten zwei, drei Jahre, daß wir steigende Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung mit steigenden Beiträgen beantworten, im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr leisten. Das wäre Gift für die Konjunktur. Man muß allen Menschen, die auf diese gesetzliche Krankenversicherung vertrauen, die im Falle der Krankheit davon sozialen Schutz und Heilung erwarten, sagen, daß nur eine gesunde Wirtschaft auf Dauer auch eine gesunde gesetzliche Krankenversicherung garantiert. Beides gehört zusammen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Zuruf von der CDU/CSU: Untrennbar!)

    Deshalb scheidet diese so naheliegende, einfache Antwort, die uns gelegentlich auch von Ärzten oder Zahnärzten gegeben wird, man möge doch einfach die Beiträge um einen oder zwei Prozentpunkte erhöhen, für uns aus, weil wir dann die Grundlage für die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme gefährden. Diese Grundlage ist noch immer eine funktionierende Wirtschaft.
    Ein Viertes. Wir müssen heute handeln, und zwar auch mit Geschwindigkeit, weil dieses freiheitliche Gesundheitswesen, das ja von Krankenkassen und Ärzten selbstverwaltet ist, in den letzten Jahren etwas mißverstanden wurde.
    Meine Damen und Herren, zur Freiheit gehört auch die Verantwortung. Freiheit und Verantwortung sind ein Geschwisterpaar. Man kann die Selbstverwaltung nicht nur dann ernst nehmen, wenn es um die Verteilung von angenehmen Dingen geht, sondern man muß Selbstverwaltung auch dann ernst nehmen, wenn es unangenehm wird.
    Meine Damen und Herren, die Selbstverwaltung hat seit vielen Jahren, seit 1989 im besonderen, eine ganze Menge von Aufträgen, die Krankenkassen wie die Ärzte, beide gemeinsam. Nur sind diese Aufträge zum ganz großen Teil nicht erfüllt worden. Und das gehört auch zur Wahrheit dieser Diskussion: Wären sie erfüllt worden, wäre die Politik heute nicht gezwungen zu handeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Mir wäre es viel, viel lieber, wenn die Politik nicht handeln müßte, wenn die Selbstverwaltung diese Aufträge und ihre Verantwortung ernst genommen hätte. Alles, was wir auf der Seite der Ärzte und Zahnärzte tun, könnte auch ohne neue Paragraphen
    auf dem Wege der Selbstverwaltung getan werden. Man könnte sich heute innerhalb der Selbstverwaltung unter Wahrung der Vertragsfreiheit darauf verständigen, daß sich in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit und finanziell angespannten Situation der gesetzlichen Krankenversicherung die Honorare der Ärzte nicht stärker nach oben entwickeln als die allgemeinen Einkommen. Das würde einem Gebot der Vernunft entsprechen. Es geschieht aber in der Praxis nicht. Jetzt müssen wir handeln, weil die Selbstverwaltung ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden ist.
    Ein Argument, das ich in dem Zusammenhang überhaupt nicht akzeptiere, ist: Weil wir jetzt an Stelle der Selbstverwaltung handeln, werden wir als Planwirtschaftler, als Sozialisten, als Politiker beschimpft, die angeblich die Staatsmedizin wollen. Nein, meine Damen und Herren, die Selbstverwaltung bekommt jetzt noch einmal in wesentlichen Bereichen drei Jahre Zeit — Vorfahrt für die Selbstverwaltung! —, und erst dann, wenn sie nicht handelt, tritt möglicherweise ein Gesundheitsminister oder ein Landesaufsichtsminister an die Stelle der Selbstverwaltung. Dann hat man von der ersten Auftragserteilung Anfang 1989 sechs Jahre Zeit — Vorfahrt für die Selbstverwaltung! —, und erst dann ist eine Ersatzvornahme theoretisch überhaupt möglich. Ich verstehe nicht, wie man da von Staatsmedizin sprechen kann. Das ist Vorfahrt für die Selbstverwaltung.
    Meine Damen und Herren, die größte Gefahr für die Freiheitlichkeit des Gesundheitswesens besteht nicht nur durch die eine oder andere Ersatzvornahme, sondern entsteht dadurch, daß das Gesundheitswesen nicht mehr finanzierbar wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Daß wir mit der Einschätzung nicht ganz falsch liegen, daß dieses freiheitliche Gesundheitswesen nach wie vor eine große Anziehungskraft hat und nach Inkrafttreten dieser Reform weiter behalten wird, zeigen doch die täglichen Eingänge von Anträgen auf Kassenarztzulassung. Tausende beantragen jetzt Kassenarztzulassung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Obwohl angeblich der Ruin bevorsteht!)

    Meine Damen und Herren, es vergeht nicht ein Tag, wo ich in Diskussionen nicht mit Fragen angesprochen werde wie: Wie kann ich an meinen Sohn oder an meine Tochter in fünf oder zehn Jahren eine Kassenarztpraxis übergeben? Ja, wenn alle, die sich so kritisch äußern, wirklich damit rechnen müßten, daß dieses System niedergeht, daß in dem System freiheitliche Gesundheitspolitik nicht mehr möglich ist, daß die Honorare auf dem Sozialhilfeniveau, wie mir heute geschrieben wurde, landen werden, daß wir in einem sozialistischen System enden werden, dann verstehe ich nicht, daß sich Tag für Tag Hunderte neu bereit erklären, ja, sogar beantragen, in dieses System zu kommen. Das zeigt doch die Anziehungskraft auch in der Zukunft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Herr Minister, das ist doch die einzige Alternative!)

    10946 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992
    Bundesminister Horst Seehofer
    Herr Kollege Grüner, zu dem Wortwechsel zwischen Ihnen und dem Kollegen Dreßler wegen der Art und Weise des Umgangs und des Stils — ich denke, er hat sich auch so ausgedrückt, und ich möchte es wiederholen, weil es meine tiefe Überzeugung ist —: Ich bin der Auffassung, daß die ganz, ganz große Zahl der Ärzte, der Zahnärzte, der Apotheker, der Zahntechniker und der verschiedenen Beteiligten in den Krankenhäusern Tag für Tag hochwertige Arbeit leistet, viele davon rund um die Uhr. Ich bin der Auffassung, daß die große Mehrheit von ihnen einen gesunden ethischen Bezug zum Beruf, zur Tätigkeit hat. Ich bin ferner der Meinung, daß entgegen vielen Mutmaßungen die ganz, ganz große Mehrheit bei den Abrechnungen und der Behandlung der Patienten absolut korrekt verfährt. Ich finde, das muß man schon feststellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Es gibt persönliche Angriffe, die ich nicht so ernst nehme, gemäß der alten Weisheit aus Bayern: Es gibt gewisse Dinge, die sind so überzogen, die sollte man nicht einmal ignorieren. Mich beschäftigt mehr die Tatsache, daß sich gewisse Tollheiten eingeschlichen haben, daß beispielsweise manche gegen ihre eigenen Vorschläge protestieren und demonstrieren und manche ihre Vorschläge, die sie selbst gemacht haben, gegenüber dem Patienten jetzt so verkaufen — auch in der Apotheke —, als sei das gegen ihren Willen durchgesetzt worden.
    Ich will hier kein Pauschalurteil fällen, sondern ich reagiere darauf sehr differenziert. Ich nenne ein Beispiel aus dem Bereich der Apotheker. Ich verstehe im Prinzip deren Sorgen. Wer hat keine Sorgen, wenn über 10 Milliarden DM eingespart werden? 10 Milliarden DM einzusparen, ohne daß es jemand merkt, ist nicht möglich. Daß dies in der Praxis für alle Beteiligten wirkt, ist klar. Wir haben immer Wert darauf gelegt, daß wir die Wirkungen sozial gerecht verteilen, und zwar, Herr Grüner, auch aus folgender Überlegung heraus, die auf dem basiert, was ich in meinem eigenen Wahlkreis erlebe.
    Wie soll ich in dieser aufgewühlten Gefühlslage der deutschen Bevölkerung, bei der es sehr entscheidend auf die Gerechtigkeit ankommt, auch was den Hang und die Neigung zur Radikalität und zum Extremismus betrifft •— ich möchte das bewußt in diesen gesamtpolitischen Zusammenhang stellen —, einem Audi-Arbeiter aus meinem Wahlkreis, der am letzten Samstag in der Zeitung lesen durfte, daß dort im nächsten Jahr 4 000 Arbeitsplätze abgebaut werden, der hört, daß wir diesem Wirtschaftsbereich wegen der Rücksichtnahme auf die Lage der Metallbranche empfehlen, sehr bescheidene Lohnabschlüsse zu vereinbaren, erklären, daß er dieses 10-Milliarden-Sparpaket möglicherweise allein zu tragen hat? Das war doch schon 1989 so. Ich denke, wir haben bei der aktuellen politischen Lage die gemeinsame politische Verpflichtung, die weit über die gesetzliche Krankenversicherung hinausgeht, daß wir uns bei einem unvermeidlichen Sparprogramm nach besten Kräften bemühen, die Lasten gerecht zu verteilen. Ich denke, das ist hier gelungen, wenn die Leistungserbringer
    drei Viertel der Lasten und die Versicherten und die Patienten ein Viertel zu tragen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Ich bin gegen die Verdrehung von Tatsachen; damit meine ich nicht Sie, Herr Grüner. Die Apotheker haben hier in Bonn auf dem Münsterplatz demonstriert. Bei dieser Gelegenheit wurde ein neues „patentgeschütztes Arzneimittel" mit dem Namen „Seehofomat" verteilt; darüber hinaus in weiß-blau; man hat an alles gedacht: an meinen Namen und an meine Herkunft. Auf der Packung dieses „Arzneimittels" steht u. a.: zum besseren Schröpfen der Patienten. Damit will man den Eindruck vermitteln: Der Seehofer und alle Abgeordneten, die dieses Reformpaket tragen, haben nur ein Ziel, nämlich den Patienten zu schröpfen.
    Jetzt bekomme ich von einer „Aktionsgemeinschaft bayerischer Apothekerinnen und Apotheker" , MariaTheresia-Straße 28, 8000 München 80, ein Flugblatt mit der Überschrift „Ihr Apotheker informiert": Ab 1. Januar 1993 hohe Selbstbeteiligung bei Arzneimitteln; bisher kostete sie nur 3 DM, und die festbetragsfähigen Medikamente waren zuzahlungsfrei; ab 1. Januar 1993 müssen Sie nach dem Willen der Politiker erheblich tiefer in die Tasche greifen. — Darm werden Ausführungen zur Zuzahlungsregelung gemacht.
    Mit dem Paket, das man verteilt hat, und mit den Flugblättern, die man jetzt in den Apotheken offensichtlich auflegt, um den Patienten für die eigenen politischen Ziele zu gewinnen, will man den Eindruck erwecken: Es geht nur um das Abkassieren beim Versicherten.
    Nun muß man aber wissen, daß die ABDA, die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Apothekerverbände — es geht jetzt nur um die Funktionäre, nicht um die Apotheker insgesamt; ich differenziere —, mir am 23. Juli 1992, also zu einem Zeitpunkt, als noch eine zehnprozentige Zuzahlung im Gesetz stand, zur Zuzahlung, also der Änderung des § 31 des Sozialgesetzbuches, folgendes geschrieben hat: „Der Wegfall der Marktspaltung zwischen Festbetrags- und Nichtfestbetragsbereich wird begrüßt. Aus Gründen der Praktikabilität fordern wir, die Zuzahlung auf volle DM-Beträge und nicht auf 10-Pfennig-Beträge zu runden."
    Das ist die offizielle Mitteilung der Apotheker zur Zuzahlung. Jetzt allerdings erweckt man durch solche Aushänge in den Apotheken und durch die von mir erwähnten Packungen den Eindruck, als wären die Apotheker gegen die Zuzahlung. In Wirklichkeit haben sie die Zuzahlung gefordert und begrüßt.
    Herr Grüner, zur Art und Weise der Auseinandersetzung sage ich: Wer so mit den eigenen Vorschlägen umgeht, muß sich zumindest vorhalten lassen, daß er doppelzüngig argumentiert, um eigene Ziele zu verwirklichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Ich bin sehr dafür, daß man Interessen vertritt. Ich bin auch der Meinung, daß Standesvertreter gewählt
    Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992 10947
    Bundesminister Horst Seehofer
    sind, um die Interessen ihrer Delegierten zu vertreten. Nur glaube ich, wie wir Politiker uns darum bemühen sollten und müssen, einen ordentlichen Stil des Umgangs miteinander zu pflegen, so muß sich die Standesvertretung auf die Wahrheit konzentrieren, was hier nicht erfolgt ist, und sie darf handelnde Personen bei einem demokratischen Meinungsbildungsprozeß nicht diffamieren.

    (Beifall des Abg. Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU])

    In der Sache kann man mit mir trefflich streiten; da bin ich zu allem bereit. Nur ging das, was durch einzelne gelegentlich stattgefunden hat, weit unter die Gürtellinie und hat die Schallmauer der Geschmacklosigkeit durchbrochen. In dieser Hinsicht sollte es schon eine demokratische Solidarität geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Ähnliches zeichnet sich jetzt in den Arztpraxen ab, zwar nicht überall, aber doch in nicht wenigen Praxen. Ich bekomme täglich viele Briefe und Anrufe. Ich möchte Ihnen auszugsweise den Brief eines Diabetikers vorlesen, der mitteilt, sein Hausarzt habe ihm gesagt, ab 1993 müsse er entgegen aller medizinischen Notwendigkeit entweder die Zahl seiner Verschreibungen drastisch reduzieren oder seinen Beruf aufgeben. Der Patient, der ausdrücklich seinen Namen und seine Adresse nennt, fügte hinzu:
    Ich bekomme seit Jahren die gleiche Menge Insulin wegen meiner langjährigen Zuckerkrankheit und ein Schmerzmittel, das mir nach vielen Operationen ein einigermaßen schmerzfreies Leben und Arbeiten erlaubt.
    Er schließt den Brief folgendermaßen:
    Weil ich arm bin, muß ich nun früher sterben?
    Meine Damen und Herren, solche Vorgänge sollten wir nicht unterschätzen, weil sie mit dem Inhalt des Gesetzes nichts zu tun haben, weil sie durch den Inhalt des Gesetzes nicht gedeckt sind und schon den Verdacht auslösen, daß man andere Interessen als die des Versicherten und des Patienten verfolgt.
    Bei aller Notwendigkeit der Auseinandersetzung bitte ich die Ärztinnen und Ärzte, bei allem Streit, der auch noch in den nächsten Wochen stattfinden wird: Hüten wir uns davor, die Auseinandersetzung auf dem Rücken der Patienten auszutragen!

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Auch das gehört zur Verantwortung. Wenn man mit uns streiten will, soll man sich die Politiker heraussuchen, aber nicht die Versicherten und die Patienten. Ich möchte an die Verantwortung solcher Ärzte appellieren: Denken Sie auch einmal an die menschliche Dimension, daran, welche Sorgen, welche Ängste, welche schlaflosen Nächte Sie den Menschen bereiten, wenn Sie entgegen Ihren Kenntnissen oder vielleicht aus Unkenntnis solche Informationen weitertransportieren. Es wäre natürlich noch schlimmer, wenn das wissentlich geschähe.
    Was passiert denn im Arzneimittelbereich? An diesem Komplex wird ja die Behauptung, man könne nicht mehr so viel verschreiben, festgemacht. An einem möglichen Defizit im Arzneimittelbereich beteiligt sich der Pharmabereich, die Pharmahersteller, mit einem Volumen bis Ende 1994 von 3 Milliarden DM. Das ist beachtlich. Ich denke, das ist das erste Mal seit Bestehen der gesetzlichen Krankenversicherung, daß ein spürbarer Solidarbeitrag der Pharmahersteller nicht nur gefordert, sondern auch eingebracht wird. Mich stört hier überhaupt nicht die Äußerung des Herrn von Loeper, sondern ich möchte sogar sagen, daß die Pharmahersteller in dieser Reformdiskussion ausgesprochen klug reagiert haben. Ausgesprochen klug! Das waren vielleicht noch diejenigen, die mit am meisten sachliche Argumente eingebracht haben. Ich sage das ausdrücklich; denn 3 Milliarden sind kein Pappenstiel. Ich bin froh, daß wir das in der Koalition und mit der Opposition durchgehalten haben. Das ist eine Schiene zur Finanzierung des Defizits.
    Das Zweite ist die Zuzahlung des Versicherten. Darauf komme ich noch, auch auf die soziale Wirkung. Das Dritte ist das sogenannte Arzneimittelbudget, auf das sich jetzt offensichtlich viele Ärzte beziehen, wenn sie den Patienten sagen: Wir können nicht mehr verschreiben, was eigentlich notwendig ist.
    Meine Damen und Herren, ich versichere auch hier der gesamten deutschen Öffentlichkeit: Auch ab Januar 1993 wird jeder Patient sein medizinisch notwendiges Medikament bekommen. Es steht an keiner Stelle im Gesetz, daß ein notwendiges Medikament ab Januar 1993 nicht mehr verordnet werden dürfe. Es bleibt — gerade für chronisch Kranke — bei Langzeitkranken dabei, daß sie so wie bisher das, was sie zur Heilung, zur Linderung ihrer Krankheit brauchen, uneingeschränkt auch in der Zukunft bekommen. Daran ändert das Arzneimittelbudget überhaupt nichts. Das Arzneimittelbudget hat nur eine Funktion: auch den Arzt in die Überlegung einzubeziehen, wie Überflüssiges vermieden werden kann. Es geht nicht darum, das Notwendige vorzuenthalten, meine Damen und Herren, sondern das Überflüssige. Wenn Jahr für Jahr in Milliardenhöhe Arzneimittel auf dem Sondermüll landen, wenn mir Ärzte in jedem Gespräch sagen, es werde in Deutschland zuviel verordnet und zuwenig mit den Patienten gesprochen, dann erlaube ich mir das Urteil: Es gibt Überflüssiges bei der Arzneimittelversorgung.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Deshalb sind Qualitätssicherung und Sparen kein Widerspruch. Man kann in diesem Gesundheitswesen unter Ausnutzung von Wirtschaftlichkeitsreserven sparen, ohne die Qualität der medizinischen Versorgung zu beeinträchtigen. Es bleibt dabei, daß der Patient das Notwendige bekommt. Das haben wir nicht im Gesetz verändert. Es muß mir einmal jemand den einen Satz zeigen, in dem steht, daß das Notwendige ab Janaur 1993 nicht mehr verordnet werden darf. Folgendes steht jetzt drin: So wie die Pharmahersteller und die Apotheker mit ihrem Solidarbeitrag ein Defizit zu tragen oder zu verhindern helfen, so wie die Versicherten mit ihren Zuzahlungen ebenfalls die
    10948 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992
    Bundesminister Horst Seehofer
    Aufwendungen bei Arzneimitteln zeitlich unbefristet mitzufinanzieren haben, so haben wir bei den Ärzten — jetzt lege ich wirklich Betonung auf folgende Feststellung — für ein Jahr begrenzt, also nur für 1993, ein Arzneimittelbudget vorgesehen. Dieses kürzt nicht die Aufwendungen für Arzneimittel, sondern stellt die Rekordmarke zur Verfügung, die jemals in Deutschland für Arzneimittel ausgegeben wurde, nämlich 24 Milliarden DM. Wir sind Weltmeister im Schlucken von Medikamenten und Tröpfchen. Das wird nicht gekürzt, sondern zur Verfügung gestellt. Das kann verordnet werden.
    Ich höre da und dort, die größere Befürchtung sei, daß das unterschritten wird. Bei den Apothekern besteht z. B. diese große Befürchtung, weil sie Umsatzeinbußen befürchten und damit auch kalkulieren.
    Nur, meine Damen und Herren, selbst wenn jetzt mehr verordnet wird — was, wie gesagt, im Gesetz nicht verboten ist —, dann ist genauso wie bei der Einbeziehung des Versicherten und des Pharmaherstellers auch zu überlegen: In welcher Form trägt der Arzt, der ja verordnet, zur Finanzierung des Defizits bei? Es geht nur um 1993. Da steht jetzt im Gesetz, daß maximal 280 Millionen DM an Defizit von sämtlichen Ärzten in der Bundesrepublik Deutschland zu tragen sind, und zwar ist das Bundesrepublik (West); für den Osten gilt das überhaupt nicht.
    Meine Damen und Herren, 280 Millionen sind 1 % des gesamten ärztlichen Honorarvolumens. Es geht um 1 %, falls diese 24 Milliarden überschritten werden.
    Das heißt im Klartext: Selbst wenn ich den Fall unterstelle, daß plötzlich die gesamte Bundesrepublik Deutschland an einer fiebrigen Erkältung leidet und 4 Monate lang arbeitsunfähig ist und für 50 Milliarden DM Arznei verschrieben werden, d. h. das Doppelte von heute, dann ist die einzige Wirkung aus dem Gesetz, daß die Ärzte davon 280 Millionen mitzutragen haben. Das ist nämlich nach oben beschränkt. 280 Millionen DM sind 1 % ihres gesamten Honorarvolumens.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das kann man mit Würde tragen!)

    Die Versicherten tragen weitaus mehr. Die Pharmahersteller tragen weit aus mehr. Diese Haftung der Ärzte ist auf dieses eine Prozent ihres gesamten Honorarvolumens begrenzt. Es gibt kein individuelles Budget. Es gibt keine Quartalshaftung. Alles, was da behauptet wird, ist falsch. Es wird dann die Gesamtvergütung maximal um dieses eine Prozent gesenkt.
    Wir erwarten aber gar nicht, daß es überschritten wird. Ich stelle nur einmal für die Öffentlichkeit dar, was passiert, wenn es überschritten wird, wenn zweimal oder dreimal oder viermal so viel ausgegeben wird. Es bleibt immer bei diesem einen Prozent. Es muß nicht überschritten werden — ich bleibe bei meiner These —, weil es Überflüssiges in diesem Bereich gibt.
    Wenn ich mir die Ärzte, die ich persönlich kenne, näher ansehe, kann ich einfach nicht glauben, daß
    jemand wegen 1 % seines Honorars einen solchen Zirkus in der Praxis veranstaltet oder gar nicht bereit wäre, ein notwendiges Medikament einem Patienten, der das braucht, zu verordnen. Ich glaube, daß ganz überwiegend der ethische Bezug zum Arztberuf noch so ausgeprägt ist — Gott sei Dank —, daß man nicht wegen dieses einen Prozents für den Fall der Fälle sagt: Jetzt verordne ich nicht mehr als diese 24 Milliarden DM.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist das Arzneimittelbudget. Deshalb ist die Feststellung uneingeschränkt richtig: Es bleibt auch nach dieser Gesundheitsreform in der Bundesrepublik Deutschland in allen Bereichen bei einer Versorgung auf hohem Niveau.
    Ein Wort zum Versicherten. Im Kern ist er durch die Zuzahlung bei Arzneimitteln betroffen, und zwar mit 3 DM, 5 DM oder 7 DM. Das geht zunächst im Jahre 1993 nach dem Arzneimittelpreis und ab 1994 nach der Packungsgröße. Hier haben wir uns sehr intensiv mehrmals — in den Klausurtagungen und dazwischen — mit dem Gedanken beschäftigt: Wie kann man soziale Abfederungen durchführen bei Menschen, die nur über geringes Einkommen verfügen, und bei Menschen, die regelmäßig auf Arzneimittel angewiesen sind?
    Deshalb ist es schon wichtig für die Öffentlichkeit: Es bleibt bei der Härtefallregelung, die sich bewährt hat. Das ist eine Härtefallregelung mit zwei Elementen. Menschen, die ein bestimmtes Einkommen nicht überschreiten, sind völlig befreit von der Zuzahlung. Das ist z. B. bei einem Rentnerehepaar eine Rente von unter 2 040 DM. Diese Einkommensgrenze ist familienfreundlich gestaltet, weil sie sich mit Ehegatten und Kindern erhöht. Diese Härtefallregelung ist auch deshalb familienfreundlich, weil Kinder von Zuzahlung bei Arzneimitteln völlig ausgenommen sind. Bei den Menschen, die diese Härtefallgrenze, die zur völligen Befreiung der Zuzahlung führt, überschreiten, gibt es die Überforderungsklausel, wonach nicht mehr als 2 % des Einkommens für die Zuzahlung aufzuwenden sind; das ist der sogenannte Überforderungsschutz.
    Deshalb denken wir — nach Abwägung aller Alternativen, die es auf dem Gebiet auch geben könnte —, daß dies eine gerechte Abfederung der Zuzahlung bei den Arzneimitteln ist und daß man sie auch unter den Aspekten der sozialen Gerechtigkeit vertreten und zumuten kann.

    (Beifall des Abgeordneten Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU])

    — Daß der Herr Dr. Altherr bei diesem Punkt Beifall klatscht, überrascht mich nicht!

    (Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Variatio delectat)

    Meine Damen und Herren, Graf Lambsdorff ist leider nicht da. Sonst hätte ich ihm gerne wieder gesagt: Es ist weit mehr als ein Reparaturgesetz. Ich teile die Meinung, die hier verschiedentlich geäußert worden ist, daß wir auch große Strukturveränderungen einleiten.
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    Bundesminister Horst Seehofer
    Nach alldem, was schon gesagt wurde, will ich als tiefgreifendste Strukturveränderung die Reform im Krankenhaus ansprechen. Es ist ja erstaunlich: Wir sind jetzt jahrelang dafür kritisiert worden — schon bei der ersten Reform besonders hart —, daß das Krankenhaus nicht in die Reform einbezogen worden war, was ein Fehler war.

    (Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Zu Recht!)

    Es war nicht ein Fehler von Norbert Blüm, sondern ein Fehler insbesondere der Länder, deren Interessen ich damals auch sehr stark vertreten habe. Ich sage dies nur, damit kein Mißverständnis auftritt.
    Jetzt, wo es geschieht, wird das als Selbstverständlichkeit abgelegt. Jetzt spricht keiner darüber. Das wird als selbstverständlich konsumiert. Dabei ist das, was da stattfindet — der Kollege Wolfgang Lohmann sagte das —, geradezu revolutionär: daß wir das Selbstkostendeckungsprinzip ablösen; daß wir an Stelle des Pflegesatzes, mit dem gewissermaßen ein belegtes Bett erstattet wird, einen Preis für eine Behandlung setzen und damit mehr Wirtschaftlichkeit ins Krankenhaus bringen; daß wir den Krankenhäusern künftig ermöglichen, ambulant zu diagnostizieren, zu therapieren und zu operieren. 20 Jahre lang haben wir mit den Ärzten und den Ländern über eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung gestritten. Das kommt jetzt mit dem Gesetz.
    Am Beginn der Diskussion hätte ich es nicht für möglich gehalten, daß wir die Krankenhauslandschaft so tiefgreifend reformieren. Das geschieht auch nicht, wie oft behauptet wird, um die Krankenhauslandschaft zu zerschlagen, sondern das geschieht, um sie auf diesem hohen Niveau auf Dauer funktionsfähig und finanzierbar zu halten. Das ist das Ziel.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Denn eines muß man wissen: Wenn man Tagespflegesätze von 600, 700 oder 800 DM hat, dann bleibt uns doch nichts anderes übrig, als die Qualität zu reduzieren. Das wäre das weitaus größere Übel, wenn wir den medizinischen Fortschritt aus Finanzgründen nicht mehr zulassen würden. Ich will auch in der Zukunft den medizinischen Fortschritt, und zwar auch in den Krankenhäusern.

    (Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Wir alle wollen das!)

    Wenn wir ihn wollen, dann müssen wir rechtzeitig Unwirtschaftlichkeiten und Ineffizienzen beseitigen. Dann können wir die Qualität auf hohem Niveau sichern. Das ist das Ziel. Deshalb bleiben die Krankenhäuser auch künftig Stätten der Hochleistungsmedizin.
    Wir behalten auch eine pluralistische Krankenhauslandschaft: öffentlich-rechtlich, privatgesellschaftlich, frei-gemeinnützig, kirchlich und rein privatrechtlich. Das wollen wir doch. Deshalb machen wir auch die Reform, damit man etwas mehr nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und weniger nach öffentlich-rechtlicher Kameralistik vorgehen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich fordere die Manager, die Krankenhausdirektoren und die Chefärzte auf, ab Januar diese Instrumente offensiv zu nutzen. Andere Länder, deren Vertreter uns wöchentlich besuchen, sehen sich das an und fragen, wie wir das machen. Unser Gesundheitssystem ist auch ein Modell für den Aufbau der Gesundheitssysteme beispielsweise in den osteuropäischen Ländern.
    Ich finde im Zusammenhang mit dem Thema Krankenhaus auch bemerkenswert, daß wir damit ein Beispiel dafür liefern, wie man trotz schwieriger finanzieller Lage den Sozialstaat nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten umbauen kann. Wir sparen ja ein gehöriges Stück mehr, als eigentlich notwendig ist, um neue Herausforderungen in der gesetzlichen Krankenversicherung zu bewältigen. Dabei geht völlig unter, daß wir trotz der engen Kassenlage eine neue Personalverordnung in den Krankenhäusern in Kraft setzen, die es erlaubt, bis Ende 1996 insgesamt 26 000 zusätzliche Stellen in den Krankenhäusern zu finanzieren.
    Meine Damen und Herren, ist das nicht ein gewaltiger gesundheitspolitischer und sozialpolitischer Fortschritt, wenn wir bei dieser Kassenlage der Krankenversicherung als Politiker den Mut aufbringen, an anderen Stellen, wo es unwirtschaftlich ist, das Geld wegzunehmen und dorthin zu lenken, wo es notwendig ist, damit wir wieder Menschen gewinnen, die bereit sind zum Dienst am Mitmenschen? Jeder von uns braucht den Dienst am Mitmenschen. Das ist ein wirksamer Umbau.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich erwähne auch noch — für meine Begriffe ist dies das Juwel der ganzen Reform — das Gemeinschaftsprogramm zur Finanzierung der Investitionen in den Krankenhäusern in den neuen Ländern.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Es ist die Krönung der Reform, daß wir dies noch geschafft haben. Das weiß derjenige, der sich jemals auch nur einige dieser Krankenhäuser einmal angesehen hat. Die Menschen liegen dort in Sälen mit acht oder zehn Betten. Trotzdem bringt man dort noch relativ viel Humor ein, wie das letztens in Halberstadt der Fall war, wo mir ein Patient sagte: „Das Gute an diesen Zimmern ist, man kann nicht aus dem Bett fallen, weil die Betten so eng aneinander stehen."
    Wer das sieht, der muß zu diesem Gemeinschaftsprogramm ja sagen. Der Bund bringt dafür 7 Milliarden DM in zehn Jahren auf, die Länder bringen mindestens 7 Milliarden DM auf, und die gesetzlichen Krankenversicherungen bringen in 20 Jahren ebenfalls 7 Milliarden DM auf. Wenn es in diesen Tagen ein leuchtendes Beispiel für Solidarität nicht nur in Worten, sondern auch für praktizierte Solidarität gibt, dann ist es dieses Beispiel, wie jetzt gemeinschaftlich von Bund, Ländern und Krankenkassen diesem großen Problem des investiven Nachholbedarfs in den neuen Ländern Rechnung getragen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das sind echte Strukturveränderungen: die bessere Verzahnung von stationärer und ambulanter Be-
    10950 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992
    Bundesminister Horst Seehofer
    handlung. Warum soll denn ein Patient, der in einem Krankenhaus operiert worden ist, dort nicht ambulant nachbehandelt werden können? Warum soll ein Patient, der ins Krankenhaus eingewiesen worden ist, nicht in geeigneten Fällen ambulant diagnostiziert werden können? Ich verstehe überhaupt nicht, warum es da und dort im Bereich der niedergelassenen Ärzte Vorbehalte gibt. Es handelt sich doch um Patienten, die aus dem Bereich der niedergelassenen Ärzte eingewiesen worden sind. Da wird doch nichts weggenommen.
    Die Waffengleichheit wird dadurch hergestellt, daß wir das ambulante Operieren auch im niedergelassenen Bereich sehr stark fördern, nämlich mit einem 10%igen Lüften des Deckels.

    (Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/ CSU]: Jedes Jahr!)

    — Für ambulantes Operieren sind außerhalb des Deckels jedes Jahr — 1993, 1994 und 1995 — 10 % vorgesehen. Wir machen damit ernst, daß in der Bundesrepublik Deutschland mehr ambulante und weniger stationäre Behandlungen erfolgen.
    Es gibt viele Krankheiten, die stationär behandelt werden müssen. In Erlangen hat man in einem Versuch geprüft, wie viele der eingewiesenen Patienten wirklich einer stationären Behandlung bedürfen. Es hat sich herausgestellt, daß 30 % eigentlich nicht hätten ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen. Das sind Effizienzverluste.

    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Wie viele?)

    — 30 %. Ich bleibe auf der sicheren Seite — mir ist unter vier Augen auch eine höhere Zahl genannt worden —, weil man ja bei jeder Zahl, die man nennt, Hunderte von Briefen bekommt, um das zu belegen. Da können wir etwas ausnutzen.
    Ich denke, wir müssen in Deutschland schon darauf schauen, daß wir nicht für jedes Lebensproblem ein Heim aufstellen; sonst kommen wir in den Hospitalismus. Das löst nicht nur finanzielle, sondern auch menschliche Probleme aus.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Zur Gesetzesberatung: Es wird immer gesagt, in der Politik höre man nicht auf Argumente, sei man nicht bereit zu Änderungen, sei man zu engstirnig. Ich möchte dazu nur sagen, daß es zu dem eingebrachten Gesetzentwurf auf Grund der öffentlichen Diskussion und der Sachverständigenanhörungen 150 Änderungsanträge gegeben hat. Die führe ich jetzt nicht alle auf, aber einer scheint mir besonders bemerkenswert zu sein.

    (Heiterkeit im ganzen Hause)

    — Das wäre eine Buße für die Kollegen, die da mitgemacht haben.

    (Dr. Walter Franz Altherr [CDU/CSU]: Wir zeigen schon Reue!)

    Meine Damen und Herren, neben dem Sparen und dem Umsteuern, was ich schon angesprochen habe, war es auch möglich, da und dort gesundheitspolitische Weichenstellungen vorzunehmen. Das gilt z. B. für die dreijährige Weiterbildung zum Kassenarzt
    oder für den besseren Patentschutz bei den Arzneimitteln. Das gilt auch — das möchte ich besonders hervorheben — für die Prophylaxe bei der Zahnbehandlung oder Prävention beim niedergelassenen Arzt. Beides ist außerhalb des Deckels mit großen Steigerungsraten 1993, 1994 und 1995 möglich. Wir verwirklichen damit den gesundheitspolitischen Grundsatz: Die beste Medizin ist noch immer die Vorbeugung. Da muß auch nichts zugezahlt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich finde, daß dies im Gesetzgebungsverfahren gut gelungen ist.
    Ich weiche aber auch zwei besonders umstrittenen Punkten nicht aus, nämlich der Bedarfsplanung bei den Kassenärzten und den freiwillig Versicherten. Daß ein Zusammenhang zwischen der steigenden Arztzahl und den steigenden Ausgaben besteht, kann man doch ernstlich nicht bestreiten. Ich sagte schon einmal in der ersten Lesung, daß wir in zehn Jahren zusätzlich 17 000 Ärzte bekommen haben. Das ist eine Steigerung um 25 %. Die Behandlungsbedürftigkeit der Menschen ist in dem selben Zeitraum um exakt 24 % gestiegen. Ich befinde mich da in guter Zeugenschaft: Der Vorsitzende der niedersächsischen Kassenärztlichen Vereinigung hat in der „Ärztezeitung" vor wenigen Tagen erklärt — und bisher nicht dementiert —, je mehr Wettbewerb entstehe, um so größer werde das Risiko, daß dies die Praxiskosten erhöhe, etwa wenn Ärzte um die Wette in Geräte investierten und Personal anstellten, um einen höheren Anteil am Gesamthonorar zu erwerben.
    Wir haben Untersuchungen angestellt. Dort, wo die Arztdichte sehr hoch ist, steigen die Ausgaben je Mitglied drastisch. Viele Ärzte sagen mir: „Was soll ich denn tun? Wenn ich nicht verordne, tut es mein Kollege. " Um auch hier Mißverständnissen vorzubeugen: Das ist kein subjektiver Vorwurf an diejenigen, die handeln, sondern das ist bei den Strukturen, die vorhanden sind, systemimmanent. Deshalb müssen wir die Strukturen verändern.
    Mir geht es nicht um einen Systemwechsel, sondern mir geht es um Strukturreformen innerhalb des Systems; denn wir verdanken diesem System sehr viel. Die ganze Qualität hat sich ja innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelt. Das dürfen wir nicht ganz vergessen, wenn wir uns so kritisch über die Lage heute unterhalten. Deshalb müssen wir zur kassenärztlichen Bedarfsplanung kommen.
    Ich sage allen Kollegen, die damit ihre Schwierigkeiten haben: Auch wir im Gesundheitsministerium wissen, daß dies eine Frage von hohem verfassungsrechtlichen Rang ist und daß man sie sehr sorgfältig abwägen mußte. Dies haben wir auch getan. Das Ganze ist kein Schnellschuß. Wir haben bereits nach Nürburg, nachdem der Regierungsentwurf von damals formuliert worden war, renommierte Professoren damit beauftragt, uns ein Gutachten dazu zu machen. Wir denken, wir haben sogar die Nummer eins des deutschen Sozialrechts damit beauftragt. Die Ergebnisse waren uns natürlich bekannt und liegen jetzt schriftlich vor.
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    Bundesminister Horst Seehofer
    Ich zitiere aus einem Gutachten. Das Zitat, das ich vorlese, ist etwas länger. Nur, es ist von einer hohen Bedeutung. Ich will damit deutlich machen, daß wir es uns nicht leichtgemacht haben. Ein solches Gutachten — das weiß auch ich — sagt noch nicht, daß es verfassungsfest ist, daß es vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird. Dort wird es landen. Aber ich möchte deutlich machen, daß wir es uns als Parlamentarier und als Ministerium nicht leichtgemacht haben. Wir werden hinsichtlich der in dem Gesetzentwurf enthaltenen Bedarfsplanung bestätigt. Dieses Gutachten ist auf der Grundlage des Regierungsentwurfs, also in Kenntnis der vorgesehenen Bedarfsplanung, erstattet worden. Ich darf die wichtigste Passage vorlesen:
    Orientiert man sich an den vorsichtigen und unter ausdrücklichem Vorbehalt einer abweichenden Entwicklung gestellten Ausführungen im Kassenarzt- und Kassenzahnarzturteil des Bundesverfassungsgerichts, dürften die Änderungen des Sachverhalts recht deutlich zugunsten der gesetzlichen Maßnahme sprechen. Aber auch wenn man nicht die damalige Entscheidung zum Maßstab nimmt, sondern auf dem heutigen Stand der Dogmatik der Berufsfreiheit eine genauere Erfassung der Grundrechtslage vornimmt, kann man dem Gesetzgeber angesichts der gravierenden finanziellen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung mit ihren Auswirkungen auf die weiteren Gemeinwohlziele und bei Würdigung der Besonderheiten des Kassenarztberufes im System der gesetzlichen Krankenversicherung und ungeachtet der Belastungen der niederlassungswilligen Ärzte und der mit einer Zulassungsbeschränkung verbundenen Auswahlprobleme keinesfalls eine deutliche Fehlgewichtung vorwerfen. Die Regelung ist als erforderlich und verhältnismäßig im engeren verfassungsrechtlichen Sinne anzusehen.
    Zwei Professoren haben dieses Gutachten erstattet. Wir waren im Gesundheitsministerium bei der Güterabwägung ohnehin immer dieser Meinung. Ich sage ausdrücklich noch einmal: Das ist kein Vorgriff auf das zu erwartende Verfassungsgerichtsverfahren. Nur, wir haben das sehr, sehr sorgfältig beurteilt und das nicht einfach emotional zurückgewiesen, nachdem auch der Rechtsausschuß dies zu einem Punkt gemacht hatte.
    Mich hat in diesem Gutachten besonders überrascht, daß der Numerus clausus, also der Eingriff bei dem Studienzugang, um die Arztzahl zu reduzieren, als der tiefere Eingriff in die Berufswahlfreiheit bezeichnet wurde, vor allen Dingen wegen der Umgehungsmöglichkeiten, die es gibt: Jemand, der im Ausland studiert, oder ein EG-Mitbürger müßte nämlich in der Bundesrepublik Deutschland als Kassenarzt zugelassen werden.
    Auch das müßten wir der jungen Generation sagen: Wir beschränken euren Zugang zum Medizinstudium in Deutschland, können aber nicht verhindern, daß es mehr, und zwar drastisch mehr, Kassenärzte in Deutschland gibt, weil jeder, der um Deutschland herum studiert, in Deutschland als Kassenarzt zugelassen werden muß. Unterschätzen Sie die Probleme
    nicht. Es gibt bereits eine erhebliche Zahl, die sicher noch zunehmen wird.
    Deshalb, glauben wir, sind wir hier sorgfältig vorgegangen. Darauf lege ich höchsten Wert. Die Inhalte sind von Kollegen schon ausreichend dargestellt worden.
    Ähnlich ist es beim freiwillig Versicherten. Wir haben einmal die Historie zurückverfolgt. Es ist schon interessant, daß die Regelungen, die wir ab 1993 einführen, in der Bundesrepublik Deutschland teilweise schon Gültigkeit hatten. So sind erst 1983 z. B. alle Einkunftsarten bei freiwillig Versicherten unterschiedlich behandelt worden. Vor 1983 gab es eine volle Heranziehung aller Einkunftsarten der freiwillig Versicherten. 1989 wurde die Neunzehntel-Regelung, die Vorversicherungszeit, eingeführt. Man höre und staune: Erst 1989 wurde die Halbierung des Beitragssatzes für freiwillig versicherte Ruheständler mit Pension und betrieblicher Altersversorgung, die keine gesetzliche Rente haben, eingeführt. 1989!
    Jetzt war für uns die Frage: Wollen wir für alle, z. B. für alle freiwillig Versicherten, die Beiträge erhöhen? Oder sollen wir nicht zunächst einmal, wenn schon große Gruppen von freiwillig Versicherten den vollen Beitrag zu zahlen und das ganze Einkommen heranzuziehen haben, wie es in der gesetzlichen Krankenversicherung seit eh und je der Fall ist, wenn freiwillig Versicherte und Pflichtversicherte bei der Bemessungsgrundlage unterschiedlich behandelt werden, Ungerechtigkeiten beseitigen? Da sage ich Ihnen mit voller Überzeugung: Bevor ich für alle die Beiträge erhöhe, bevor ich für alle freiwillig versicherten Rentner oder vielleicht sogar für alle versicherten Rentner die Belastungen erhöhe, beseitige ich die Ungerechtigkeiten im System.
    Es ist ungerecht, wenn von vier Gruppen freiwillig Versicherter zwei Gruppen ihre gesamten Bezüge heranzuziehen haben und den vollen Beitrag leisten und zwei Gruppen mit zwei unterschiedlichen Fallgestaltungen nicht ihre ganzen Einkommen heranzuziehen haben. Wie wollen wir es denn den Menschen draußen erklären, wenn wir diese Ungerechtigkeit lassen, aber dafür für alle die Beiträge erhöhen? Das wäre die Alternative gewesen. Ich bin der Koalition dankbar, daß sie diesen Weg mitgegangen ist, weil er sozialpolitisch nicht nur geboten, sondern auch gerechter ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben noch die Änderung vorgenommen, daß diese Regelung nur für Neufälle ab 1993 gilt, nicht für den Rentenbestand. Das erfolgte nicht aus dem Grund — der jetzt leichtfertig schon wieder niedergeschrieben wird —, weil wir ein schlechtes Gewissen hätten oder verfassungsrechtliche Probleme sähen, sondern einfach aus Praktikabilitätsgründen. Denn wir wollen einem 70- oder 75jährigen freiwillig versicherten Rentner — das trifft auf die anderen 80 % Rentner gar nicht zu — nicht zumuten, daß er zehn oder 15 Jahre rückwirkend seinen Versicherungsfall der Krankenkasse vorlegen muß. Ich denke, das ist nicht nur ein humaner Akt, sondern auch ein wesentlicher Beitrag zur Entbürokratisierung in der gesetzli-
    10952 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 127. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. Dezember 1992
    Bundesminister Horst Seehofer
    chen Krankenversicherung. Es ist viel leichter, dies für einen Rentenneuzugang vorzusehen.


Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Bundesminister, . . .

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Horst Seehofer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich bin schon beim Ausblick!