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ID1206200800

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    Plenarprotokoll 12/62 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 62. Sitzung Bonn, Freitag, den 29. November 1991 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrags der Abgeordneten Wieland Sorge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gleichstellung von Meistern in der Industrie und Meistern im Handwerk in den neuen Bundesländern (Drucksache 12/738) . . . 5279A Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gründung von drei unselbständigen Stiftungen unter dem Dach des Bundesarchivs (Drucksache 12/1379) . . . 5279B Tagesordnungspunkt VII: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksachen 12/1000, 12/1329, 12/1401 bis 12/1415, 12/1416 [neu], 12/1417 bis 12/1422, 12/1424 bis 12/1430, 12/1600, 12/1601) Anke Fuchs (Köln) SPD 5279 D Dr. Klaus Rose CDU/CSU 5282 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . . 5284 D Dr. Dietmar Keller PDS/Linke Liste . . 5288 A Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 5291A Ingrid Matthäus-Maier SPD 5292 C Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 5293 A Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . 5293 D Johannes Nitsch CDU/CSU 5297 C Ina Albowitz FDP 5299 B Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 5301 A Maria Michalk CDU/CSU 5302 D Rudi Walther (Zierenberg) SPD 5304 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 5310B Namentliche Abstimmung 5315 B Ergebnis 5317 A Tagesordnungspunkt VIII: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes und zur Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) (Drucksache 12/1643) Dr. Paul Laufs CDU/CSU 5315D Andrea Lederer PDS/Linke Liste 5318D Dr. Peter Struck SPD 5319 C Ingrid Köppe Bündnis 90/GRÜNE . . . 5320 A Dr. Rolf Olderog CDU/CSU 5320 D Dr. Burkhard Hirsch FDP 5322 A Ingrid Köppe Bündnis 90/GRÜNE . . 5322 D Beratungen ohne Aussprache Tagesordnungspunkt IX a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des D-Markbilanzgesetzes (Drucksache 12/1467, 12/1605) . . . . 5323 B b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1991 der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über ein europäisches Hochgeschwindigkeitsbahnnetz Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Entwicklung eines europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes (Drucksachen 12/311 Nr. 2.18, 12/1173) . . . . 5323 B c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zweite Änderung zum Vorschlag für eine Fünfte Richtlinie des Rates nach Artikel 54 EWG-Vertrag über die Struktur der Aktiengesellschaft sowie die Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe (Drucksachen 12/269 Nr. 2.4, 12/1464) 5323 C d) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 12 Titel 681 02 — Sozialzuschlag zu Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe (Drucksachen 12/1264, 12/1497) . . . 5223 C e) Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung zur Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft in Planegg, Flur Nr. 411 (Drucksachen 12/1146, 12/1498) 5323 D Nächste Sitzung 5324 C Berichtigung 5324 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5325* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Einzelplans 17 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Frauen und Jugend — Uta Würfel FDP 5325* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 53268* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1991 5279 62. Sitzung Bonn, den 29. November 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 60. Sitzung, Seite 5053 C, dritter Absatz, vierte Zeile muß es statt „Weltinnenpolitik" „Innenweltpolitik" heißen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. von Bülow, Andreas SPD 29. 11. 91 Cronenberg (Arnsberg), FDP 29. 11. 91 Dieter-Julius Dr. Däubler-Gmelin, SPD 29. 11. 91 Herta Dempwolf, Gertrud CDU/CSU 29. 11. 91 Deß, Albert CDU/CSU 29. 11. 91 Doppmeier, Hubert CDU/CSU 29. 11. 91 Eymer, Anke CDU/CSU 29. 11. 91 Frankenhauser, Herbert CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Funke-Schmitt-Rink, FDP 29. 11. 91 Margret Genscher, Hans Dietrich FDP 29. 11. 91 Graf, Günter SPD 29. 11. 91 Grünbeck, Josef FDP 29. 11. 91 Hackel, Heinz-Dieter FDP 29. 11. 91 Haschke CDU/CSU 29. 11.91 (Großhennersdorf), Gottfried Dr. Hauchler, Ingomar SPD 29. 11. 91 Dr. Haussmann, Helmut FDP 29. 11. 91 Heyenn, Günther SPD 29. 11. 91 Dr. Holtz, Uwe SPD 29. 11. 91* Huonker, Gunter SPD 29. 11. 91 Jäger, Claus CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Jobst, Dionys CDU/CSU 29. 11. 91 Kampeter, Steffen CDU/CSU 29. 11. 91 Koschnick, Hans SPD 29. 11. 91 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 29. 11. 91 Günther Krey, Franz Heinrich CDU/CSU 29. 11. 91 Kubicki, Wolfgang FDP 29. 11. 91 Kuhlwein, Eckart SPD 29. 11. 91 Dr. Graf Lambsdorff, Otto FDP 29. 11. 91 Lamers, Karl CDU/CSU 29. 11. 91 Leidinger, Robert SPD 29. 11. 91 Dr. Leonhard-Schmid, SPD 29. 11. 91 Elke Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 29. 11. 91 Klaus W. Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 29. 11. 91 Dorothea Dr. Meseke, Hedda CDU/CSU 29. 11. 91 Molnar, Thomas CDU/CSU 29. 11. 91 Nolte, Claudia CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Ortleb, Rainer FDP 29. 11. 91 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Pick, Eckhart SPD 29. 11. 91 Dr. Pohler, Hermann CDU/CSU 29. 11. 91 Rempe, Walter SPD 29. 11. 91 Roth, Wolfgang SPD 29. 11. 91 Schaich-Walch, Gudrun SPD 29. 11. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 29. 11. 91 Dr. Schockenhoff, CDU/CSU 29. 11. 91 Andreas Schröter, Gisela SPD 29. 11. 91 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schuster, Hans Paul FDP 29. 11. 91 Hermann Seidenthal, Bodo SPD 29. 11. 91 Dr. Solms, Hermann Otto FDP 29. 11. 91 Dr. von Teichman, FDP 29. 11. 91* Cornelie Voigt (Frankfurt), SPD 29. 11. 91 Karsten D. Vosen, Josef SPD 29. 11. 91 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Wieczorek, Norbert SPD 29. 11. 91 Dr. Wieczorek CDU/CSU 29. 11. 91 (Auerbach), Bertram Wollenberger, Vera Bündnis 29. 11. 91 90/GRÜNE Yzer, Cornelia CDU/CSU 29. 11. 91 Dr. Zöpel, Christoph SPD 29. 11. 91 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Einzelplans 17 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Frauen und Jugend -* Uta Würfel (FDP): Der diesjährige Einzelplan 17 des Haushaltsentwurfs gibt Anlaß zu der Frage: wie lieb und teuer ist uns denn die Verwirklichung der Politik für Frauen? Gut die Hälfte der Ausgaben des Haushaltsplanes für Frauen und Jugend sind für den Zivildienst veranschlagt und kommt damit also ausschließlich einem bestimmten Teil der männlichen Bevölkerung zugute. Mit gerade 20 Millionen von 2,56 Milliarden Gesamtvolumen sind die Arbeiten und Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Stellung der Frau bedacht. Zähneknirschend haben wir Frauenpolitikerinnen uns wegen der notwendigen Haushaltskonsolidierung bescheiden zurückgehalten und sogar einen im Vergleich zum letzten Haushalt geringeren Etat in Kauf nehmen müssen. Politik für Frauen ist eine Querschnittsaufgabe und bestimmt durch das gesellschaftliche Umfeld, in dem die Frau lebt. Politik für Frauen muß zum Ziel haben, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen und Chancengleichheit herzustellen. Individuelle Lebensentwürfe - meist für Männer etwas Selbstverständliches - müssen auch Frauen offenstehen. Nicht die Wahl: entweder Beruf oder Familie, sondern „sowohl ... als auch" heißt die Forderung. Und leider müssen wir es uns immer noch eingestehen: berufstätige Mütter finden nicht die Rahmenbedingungen vor, die sie für einen eigenen Lebensentwurf brauchen. Alleinerziehende Frauen haben es besonders schwer. Deren Bemühungen, ihren Aufgaben gerecht zu werden, gleicht auch heute noch einer Quadratur des Kreises. *) siehe 61. Sitzung Seite 5263 D 5326* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. November 1991 Es ist gesellschaftliche Realität: noch nie waren so viele Frauen berufstätig und noch nie hatten so viele gleichzeitig den Wunsch, auch Kinder in ihre Lebensplanung einzubeziehen. Noch immer scheitert ihre Wahl allzu häufig daran, daß die Abstimmung der Bedürfnisse von Familie und Beruf sich in erster Linie an den Erfordernissen der Arbeitswelt orientiert. Frauen integrieren heute zu Recht in ihre Lebensgestaltung eine berufliche Perspektive: Karriere und Einflußnahme im Beruf sind nicht länger alleine die Freuden des männlichen Geschlechts. Frauen lassen sich nicht länger aussperren. Deshalb ist es unumgänglich, für flexiblere Arbeitsorganisation und -zeiten zu sorgen. Erfreulicherweise haben inzwischen auch die Gewerkschaften erkannt, daß Teilzeitarbeit und job sharing Formen einer frauenfreundlicheren Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sind. Natürlich ist damit nicht allen Frauen geholfen. Diejenigen, die alleine ihre Kinder ernähren, kleiden und erziehen müssen, brauchen dringend mehr Betreuungseinrichtungen für ihre Kinder. Es ist unvorstellbar: fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen sind der Grund, daß Frauen, auch wenn sie es dringend wünschten, für ihren Lebensunterhalt nicht selbst sorgen können. Es fehlen in den alten Bundesländern über 500 000 Kindergartenplätze so wie auch Krippen für Kinder unter 3 Jahren. Diese Tatsache wirft ein Schlaglicht auf den Umgang mit Frauen in unserer Gesellschaft und ihren Bedürfnissen. Im Vergleich mit dem europäischen Ausland schneiden wir hier sehr schlecht ab. Leider haben wir bisher eine entsprechende steuerliche Anerkennung für individuelle Betreuung durch eine Tagesmutter nicht umsetzen können. Neben den bereits im Gesetz zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs vorgesehenen Maßnahmen werden wir uns auch diesem Erfordernis anzunehmen haben. In den neuen Bundesländern werden sogar Krippen und Kindergärten geschlossen. Gerade alleinerziehende Mütter sind deshalb gezwungen, ihren Beruf aufzugeben, müssen mit der Sozialhilfe das Existenzminimum bestreiten. Auf der anderen Seite waren noch nie so viele Frauen so gut ausgebildet wie heute, weisen doch so viele qualifizierte Schul- und Berufsabschlüsse auf. Die heutigen Frauen haben ein Recht darauf, die Rahmenbedingungen vorzufinden, die ihnen erlauben, ihre Fähigkeiten zu beweisen und Leistung zu erbringen. Wenn auch in der Vergangenheit der Schwerpunkt der politischen Bemühungen auf der Wiedereingliederung von Frauen nach der Erziehungsphase lag, so wird sich in Zukunft wegen der Forderungen der jungen Frauen eine andere Situation ergeben, aber auch wegen der Anforderungen der Wirtschaft. Bereits jetzt nimmt die Wirtschaft zur Kenntnis, daß qualifizierte Frauen fehlen. Nicht von ungefähr fördern nun die Betriebe bereits ihre Mitarbeiterinnen, um sie dann für das Topmanagement zur Verfügung zu haben. Darüber hinaus bieten manche Betriebe eine berufsbegleitende und berufsspezifische Weiterbildung an. Neben der betrieblichen Weiterbildung ist es Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Frauen mit Kindern eine überbetriebliche Weiterbildung sicherstellen. Die Situation von Frauen zu verbessern, heißt auch, Freiräume für sie zu schaffen. Dies geht nur, wenn auch Männer — Ehemänner, Kollegen, Arbeitgeber und Gewerkschaftler — zu einem Umdenken bereit sind. Partnerschaftliches Denken ist notwendig, damit den Frauen ein Teil ihrer Doppel- und Dreifachbelastung abgenommen wird. Die Verantwortung für die Kindererziehung muß mehr aufgeteilt werden; innerhalb der Familie zwischen den Ehepartnern ebenso wie auch zwischen Familien und Gesamtgesellschaft. Kinder sind das Beste, was wir haben, sie gehören zum Leben und zu einer Gesellschaft. Eine Anmerkung zu dem sozialen Maßnahmenkatalog, mit dem endlich eine kinder- und frauenfreundlichere Gesellschaft geschaffen werden soll. Die sozial flankierenden Maßnahmen zum § 218 werden erst im nächsten Haushalt enthalten sein. Sie sind die erste große Gesamtmaßnahme für eine kinderfreundlichere Gesellschaft. Es handelt sich um ein ganzes Bündel von Maßnahmen, das dem Lebensschutz gerecht werden soll. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Haushaltsausschuß Drucksache 12/894 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 12/217 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/8165 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/2134 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 11/8115 Drucksache 12/1019 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen, bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Haushaltsausschuß Drucksache 12/1174 Nr. 2.2 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 12/187 Nr. 2.15 Drucksache 12/269 Nr. 2.32 Drucksache 12/1174 Nr. 2.22 Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 12/187 Nr. 2.21 Drucksache 12/1339 Nr. 2.20 Drucksache 12/1339 Nr. 2.21
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    Rede von Dr. Dietmar Keller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS/LL)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS/LL)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
    Es ist ein Arbeitsgrundsatz der Behörde, daß mit Fehlermöglichkeiten überhaupt nicht gerechnet wird; denn Fehler kommen ja nicht vor. Und wenn einmal ein Fehler vorkommt, wer darf dann endgültig sagen, daß es ein Fehler ist?
    Der Beamte, der diese Sätze in Kafkas Roman „Das Schloß" spricht, hätte heute gute Chancen, entweder Sprecher des Bundesfinanzministers oder gar Regierungssprecher zu werden. Da können oberste Bundesgerichte der Regierung eine Ohrfeige nach der anderen verpassen, da kann die Bundesbank die Finanz- und Steuerpolitik kritisieren, da kann der Bundesrechnungshof in Gutachten und Prüfaufträgen warnen und mahnen — der Bundeskanzler sieht für sich und seine Regierung keinen Grund zur Kurskorrektur.
    Der Finanzminister macht auch weiterhin in Optimismus. Diejenigen, die hier — wie wir — Fragen stellen, Defizite aufzeigen und auf Widersprüche aufmerksam machen, stören das im Prinzip heile Bild der Regierung.
    Wir gehören offenbar zu denjenigen, denen vom neuen CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden das Verbreiten von Weltuntergangsstimmungen vorgeworfen wird. Es geht also um Stimmungen und nicht — ich sagte es bereits am Dienstag — um Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit.
    Die Haushalts- und Finanzpolitik der Bundesregierung ist von großer Widersprüchlichkeit geprägt. Zwar scheint die Beschränkung des Ausgabenzuwachses unter die Rate des nomminellen Zuwachses des Bruttosozialprodukts offenbar immer noch eine zentrale haushaltspolitische Leitlinie der Regierungskoalition zu sein, zwar wird auch weiterhin keine ökologisch und sozial ausgerichtete Strukturpolitik verfolgt, zwar steht auch dieser Haushalt im Zeichen einer Steuerentlastungspolitik zugunsten der Unternehmer, aber das zweite finanzpolitische Grundprinzip konservativ-liberaler Haushaltsführung, nämlich die Umverteilung der konsumtiven Ausgaben in investive Mittel, wird nicht mehr so konsequent befolgt wie in frühren Haushaltsjahren.
    Die Bundesregierung ist der systemimmanenten Sachzwanglogik des Schuldenberges unterworfen. Aber angesichts der katastrophalen Entwicklung auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt muß sie den ostdeutschen Gebietskörperschaften Finanzhilfen in Milliardenhöhe bereitstellen, damit diese überhaupt den laufenden Betrieb finanzieren können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kritisieren Sie das, oder was?)

    Dem Anketten an eine verselbständigte Wachstumslogik, dem blinden Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Marktes folgte das böse Erwachen. Die Bundesregierung kann ihre grundlegende finanzpolitische Unterscheidung zwischen konsumtiven — gleich kranken — und investiven — gleich gesunden — Ausgaben nicht mehr länger durchhalten. Sie muß konsumtive Ausgaben finanzieren.
    Die Verteilung der investiven Mittel ist eine politische Entscheidung. Die meisten der im Haushalt 1992 veranschlagten Investitionen sind doppelt kritikwürdig, zum einen wegen der perspektivlosen Drosselung der Investitionen im ökologischen und sozialen Bereich und zum anderen wegen der sich daraus ergebenden konservativen Investitionsprofile.
    Die alte Lobby, z. B. in der Rüstungs-, Luft- und Raumfahrttechnik, in der Atomtechnologie, wird weiter bedient. Allein im Verteidigungshaushalt finden sich Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von fast 17 Milliarden DM, von denen über 70 % für militärische Beschaffungen ausgegeben werden sollen. Wehrtechnische Entwicklungen und Erprobung wird der Bund 1992 mit 1,1 Milliarden DM finanzieren, um laufende Entwicklungsverfahren mit hoher Priorität weiter zu führen, wie es im Einzelplan 14 heißt. Die Atomenergieforschung wird mit 586 Millionen DM gefördert. Für die Erforschung erneuerbarer Energien werden nur rund 323 Millionen DM bereitgestellt, also 30 Millionen DM weniger als 1991.
    Geld für politische Neuerungen ist nicht vorhanden, der alte Laden wird restauriert. Jede Mark, die nicht in die Verwirklichung ihrer Investitionspläne gesteckt werden würde, könnte man z. B. als Ausgabe für den Umweltschutz glatt zweifach verbuchen.
    Herr Bundeskanzler, Sie und Ihre Regierung konsolidieren nicht. Was Sie Bestandssicherung nennen, ist Demontage. Ihre Konsolidierungsstrategen sind soziale und ökologische Bankrotteure.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch Quatsch!)

    Der Bund trägt seine Schulden nicht ab, häuft aber gleichzeitig mittelfristig gigantische Schuldenberge auf. Ob sich der Bund — je nach Rechenmodell und politischer Rechenkunst verschieden — 1992 um 135,



    Dr. Dietmar Keller
    um 171 oder um 200 Milliarden DM verschulden wird, ist mittlerweile fast egal. Bezahlen müssen die gestiegenen und noch steigenden Zins- und Tilgungslasten sowieso die Steuerzahler.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir zahlen für Sie und Ihre Genossen!)

    Wenn die Bundesregierung den warnenden Stimmen der in Kritik an der wachsenden Staatsverschuldung zumindest vereinten Opposition schon kein Gehör leiht, sie vielmehr mit selbstzufriedenem Lächeln quittiert, vielleicht geht sie dann wenigstens auf die Warnung des Präsidenten der Landeszentralbank von Bayern ein, der für 1992 in den Schattenhaushalten Gesamtschulden — ohne Bahn und Post — in Höhe von 335 Milliarden DM erwartet. Betrug 1980 der Anteil der Zinsausgaben an den Gesamtausgaben des Bundes nur rund 6,5 %, so rechnet die Bundesregierung bis zum Jahre 1995 mit einer Verdoppelung dieser Zinsquote. Die Zinsausgaben werden von 34,2 Milliarden DM in 1990 auf fast 60 Milliarden DM in 1995 steigen.
    Der nicht nur von uns mit Nachdruck geforderte ökonomische und ökologische Kurswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik wird immer wieder mit dem Hinweis auf die dringende finanzpolitische Konsolidierung abgelehnt. Aber niemand kann gleichzeitig Haushaltssanierungen im konservativ-liberalen Sinne und eine wirkliche Lösung der Probleme betreiben.
    Niemand bildet sich ein, daß über den Bundeshaushalt der Berg sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Probleme vollständig beseitigt werden könnte. Es liegt mir fern, die Ursachen für die krisenhaften Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt ausschließlich im Versagen der Bundesregierung oder gar einzelner Landesregierungen zu sehen.

    (Hans-Werner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Da tun Sie auch gut daran!)

    Ich bin aber auch nicht gewillt, diese Gesellschaftsordnung nach dem Motto heiligzusprechen: Die Verhältnisse sind goldrichtig, also sind auch ihre Politiker goldrichtig.
    Dieses System funktioniert unabhängig von der jeweiligen Regierungsvariante so, daß Arbeitslosigkeit entweder zunimmt oder auf einem hohen Sockel erhalten bleibt. Für 1992 sind über 4 Millionen Arbeitslose und Kurzarbeitende zu erwarten. Ohne die von der Bundesregierung als Sündenfall begriffenen staatlichen Eingriffe in den Arbeitsmarkt, z. B. ohne Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Beschäftigungsgesellschaften, würde diese Zahl bei weit über 5 Millionen liegen.
    Ich kritisiere den angekündigten, jedoch unterbliebenen Subventionsabbau, weil ich zum einen die bisherige Praxis der Subventionsgewährung bemängele und zum anderen daran erinnern möchte, daß gerade Verfechter einer möglichst staatsfreien Wirtschaft den Anteil staatlicher Subventionen und Finanzhilfen erhöhen.
    In Ihren Sonntagsreden singen Sie das Hohelied der schöpferischen Privatinitiative, aber in der grauen alltäglichen Praxis helfen Sie Ihren Freunden aus Industrie und Wirtschaft, mit Geld aus dem Staatshaushalt die Kassen zu füllen. Ist es denn Zufall oder Logik, daß Daimler-Benz nicht nur 70 % der von 1988 bis 1990 für Luftfahrt, Werften und Stahl gewährten staatlichen Subventionen kassiert haben soll, sondern 1990 mit 400 000 DM auch zu den Top-Ten der CSU-Geldgeber gehörte? Ich glaube, es ist kein Zufall.

    (Hans Peter Schmitz [Baesweiler] [CDU/ CSU]: Also das ist ja wohl unmöglich!)

    Die 97 in der Vermögensteuerstatistik ausgewiesenen größten Kapitalgesellschaften werden durchschnittlich um 2,9 Millionen DM entlastet. Von den in dieser Statistik ausgewiesenen rund 139 000 natürlichen Personen und rund 67 000 juristischen Personen, die auf Betriebsvermögen Vermögensteuer zahlen, fällt zwar durch das Steueränderungsgesetz 1992 bei fast 50 % der Steuerpflichtigen das Betriebsvermögen aus der Steuerpflicht — die Entlastung beträgt 100 % gegenüber nur 33,3 % bei Kapitalgesellschaften mit einem Gesamtvermögen bis zu 500 Millionen DM und mehr —; aber die rund 33 000 Steuerpflichtigen, die auf Grund der Anhebung des Freibetrags aus der Steuerpflicht herausfallen, werden im Durchschnitt nur um 485 DM entlastet.
    Kosmetische Operationen verdecken, mit welcher sozialen Kälte diese Bundesregierung agiert. Wenn ich an dieser Stelle das abgegriffene Wort vom Haushaltsplan als dem „Schicksalsbuch der Nation" noch einmal benutze, dann nur, weil ich an einem Beispiel zeigen möchte, in welcher Weise dieser Bundeshaushalt das Schicksal vieler Menschen negativ bestimmt.
    Die Bundesregierung kürzt im Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — die Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den alten Ländern um 560 Millionen DM und begründet diesen Schritt damit, daß sich ohne diese Kürzung die Notwendigkeit ergäbe, im Haushalt einen Bundeszuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von 560 Millionen DM auszubringen, und hierfür bei Begrenzung der Nettokreditaufnahme auf 50 Milliarden DM kein finanzieller Spielraum vorhanden sei. Offenbar war und ist der finanzielle Spielraum aber groß genug, um nicht nur Etatkosmetik betreiben zu können, sondern auch um Spitzenverdienern das sogenannte Dienstmädchenprivileg zu erhalten. Ist es denn mehr als nur ein Zufall, daß der Bund die Beibehaltung dieses Dienstmädchenprivilegs mit dem Verzicht auf jene 560 Millionen DM finanziert, die er an anderer Stelle einspart?
    Die Bundesregierung wird nicht müde, den Kreditbedarf und den Anstieg des Schuldenbergs des öffentlichen Sektors, der Ende 1990 bei 1,3 Billionen DM lag, auf die mit dem Anschluß der DDR an die Bundesrepublik verbundenen finanziellen Folgelasten zurückzuführen. Von 1982 bis 1989 wiederholte sie gebetsmühlenartig, der Bund müsse sich verschulden, weil ihm von der sozialliberalen Koalition eine „Erblast" hinterlassen worden sei. Immer wieder bis in die heutigen Tage wurde und wird diese Platte gespielt. Ich frage mich nur: Warum waren Sie so scharf darauf, ein Erbe anzutreten, das angeblich mit so vielen Lasten verbunden war?



    Dr. Dietmar Keller
    Seit Sommer 1990 wird die Neuverschuldung mit den Folgekosten der deutschen Einheit begründet. Aus der sozial-liberalen ist jetzt eine sozialistische „Erblast" geworden. Die Bundesregierung — an ihrer Spitze der Finanzminister — sieht sich offenbar als Opfer der Fehler und des Versagens der anderen. Daß sich die ostdeutsche Wirtschaft vom Anschluß an die Bundesrepublik noch immer nicht erholt hat, schreibt die Bundesregierung auch nicht ihrer Politik zu, die sie selber gegen den Widerstand und gegen die Kritik von Vertretern ihrer ordnungspolitischen Konzeption durchgesetzt hat. Den Vorwurf, sie betreibe in bezug auf die ostdeutschen Länder eine „Mezzogiorno-Politik", haben der Bundesregierung nicht nur Vertreter meiner Partei gemacht. Er findet sich auch in einem Kommentar in der „Wirtschaftswoche". Dort heißt es:
    Politiker der Koalition pflegen den Zusammenbruch der Wirtschaft im Osten damit zu begründen, daß hier die Hinterlassenschaft des Sozialismus zutage trete. Richtig daran ist, daß die geringe Produktion in der alten DDR die Schuld der Planwirtschaft war. Daß dieses Niveau aber nach der Wiedervereinigung nicht gestiegen, sondern wie ein Stein gefallen ist — das kann man Honekker und Co. nicht mehr anlasten.
    Der Bundesfinanzminister hat am Dienstag in seiner Rede ausgeführt — ich zitiere — :
    Der Entschädigungsfonds wird den Bundeshaushalt in der Endabrechnung nicht belasten. Was an Liquiditätshilfen in den ersten Jahren notwendig ist, fließt später aus der Vermögensabgabe wieder zurück.
    Ich halte das nicht für seriös. Es wird so getan, als wäre die Vermögensabgabe bereits beschlossene Sache. Dem ist aber nicht so. Tatsache ist doch, daß bisher kein Entschädigungs- bzw. Ausgleichsgesetz gemäß dem Gebot des Bundesverfassungsgerichts entsprechend Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes — der Gleichheit vor dem Gesetz — dem Bundestag seitens der Bundesregierung vorgelegt wurde.
    Es geistern lediglich verschiedene Versionen angeblicher Papiere des Bundesfinanzministeriums in der Presse herum. Danach soll der Entschädigungsfonds, der übrigens im Einzelplan 60 für 1992 mit 100 Millionen DM veranschlagt ist, vor allem aus Privatisierungserlösen der Treuhandanstalt, ferner aus Krediten, die der Bund aufnimmt und die am Ende von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern insgesamt zurückgezahlt werden müssen, sowie aus einer Vermögensabgabe, die u. a. auch Bürger und Bürgerinnen der früheren DDR aufbringen sollen, die nach dem 6. Oktober 1949 und vor dem 3. Oktober 1990 Grundstücke und Immobilien erworben haben, gespeist werden.
    Im Gespräch ist, daß diese Grundstücke mit Stichtag 1. Januar 1991 zum Verkehrswert bewertet werden und daß davon 15 % als Vermögensabgabe entrichtet werden sollen. Da der Verkehrswert beträchtlich über den in der DDR üblichen Grundstückswerten liegt, ist nicht ausgeschlossen, daß die Abgabe höher sein kann als die ursprüngliche Kaufsumme.
    Ich halte dieses Vorhaben, sollte es stimmen, für einen politischen Skandal, und zwar zum einen, weil hauptsächlich die Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR die Entschädigung Enteigneter finanzieren sollen, und zum anderen, weil gerade die Menschen in der DDR in viel geringerem Maße als in den alten Bundesländern Privatvermögen akkumulieren konnten. Gerade letzteres wird seitens der Bundesregierung immer wieder beklagt, und Tatsache ist, daß dieser Nachteil viel länger existent sein wird als die gegenwärtig bestehenden Einkommensunterschiede zwischen Ost und West.
    Die Vertretung der Interessen der ostdeutschen Menschen verbietet es, einer solchen Vermögensabgabe zuzustimmen, falls ein solcher Gesetzentwurf tatsächlich vorgelegt werden sollte. Zugleich gebietet sie, einem Entschädigungsfonds in Höhe von 100 Millionen DM wegen fehlender gesetzlicher Basis die Zustimmung zu verweigern.
    Ich fasse zusammen: Die Bundesregierung hält stur an der alten Entwicklungsrichtung fest. Sie beschneidet gerade dort notwendige Handlungsspielräume, wo ein Kurswechsel dringend erforderlich wäre: in der Arbeitsmarktpolitik, beim sozialen Wohnungsbau, bei der Förderung einer alternativen umweltfreundlichen Energieversorgung und bei der Bewältigung der Umweltzerstörung.
    Gleichzeitig fließen Millionen, ja Milliarden in unsinnige Großforschungsprojekte, in die Rüstung, in die Zerschlagung der ostdeutschen Industrielandschaft, in die Vernichtung von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen, in immer mehr Asphalt und Beton. Die ostdeutschen Länder sind durch die Anschlußpolitik der Bundesregierung zu einer Krisenregion geworden.

    (Dr. Rudolf Karl Krause [Bonese] [CDU/ CSU]: Sie haben frei gewählt! Nicht Anschlußpolitik! )

    Bundesregierung und Koalition geben mit ihrer Politik den Krisenursachen neue Nahrung.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Machen Sie sich nichts draus! Ich kann mir vorstellen, daß es Ihnen nicht sympathisch ist, wenn Sie sich das anhören müssen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sie Poststalinist! — Das können Sie im Keller sagen, Herr Keller! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Der Haushalt 1992 schreibt negative Entwicklungen fest: Die Plünderung und Vernichtung ökologischer Ressourcen geht ungebremst weiter; soziale Verelendung und kulturelle Verödung dieses Landes werden fortgesetzt. Dieser Politik kann man nicht zustimmen.

    (Beifall des Abg. Dr. Fritz Schumann [Kroppenstedt] [PDS/Linke Liste] — Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Ein Mann klatscht Beifall! Das muß ins Protokoll, damit das klar ist! — Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Schreibt Herr Bötsch jetzt das Protokoll?)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege Hans Peter Schmitz, Sie haben das Wort.




  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Peter Schmitz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muß schon einen Augenblick innehalten, wenn man einen Vertreter der Nachfolgepartei der SED hier so reden hört,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    wenn man jemanden so reden hört, der führend in der SED tätig gewesen ist

    (Zuruf von der CDU/CSU: Pfui!)

    und sich an der Ausplünderung eines ganzen Landes beteiligt hat; denn 40 Jahre lang ist dieses Land ausgeplündert worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn jemand den traurigen Mut hat, Herr Kollege, so zu reden, wie Sie es getan haben, ohne das zu erwähnen, woran Sie sich beteiligt haben — und das, ohne rot zu werden; davon will ich gar nicht reden —, dann muß man schon innehalten, um das auf sich wirken zu lassen. Ich hoffe, daß die Menschen draußen verstehen, welch traurigen Mut Sie besitzen, mit den Vokabeln, die Sie gebraucht haben, hier zu reden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist kein Mut, das ist Frechheit!)

    Weiter will ich darauf nicht eingehen. Mit dem, was Sie gesagt haben, richten Sie sich selbst. Wir sollten das, meine ich, politisch erledigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP Dr. Dietmar Keller [PDS/Linke Liste]: Ihre Wähler müssen das nicht verstehen! Meine Wähler müssen das verstehen!)

    Mit dem heute zu verabschiedenden Haushaltsentwurf setzt die Koalition den Weg, den wir seit der Übernahme der Regierungsverantwortung im Jahre 1982 eingeschlagen haben, konsequent fort. Der Haushaltsentwurf 1992 ist ein klarer Beleg dafür, daß die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen auch in Zeiten, da uns durch die deutsche Einheit große nationale und internationale Aufgaben erwachsen, den Kurs der soliden Finanzpolitik nicht verlassen werden.
    Lassen Sie mich einige Punkte herausgreifen. Da wird z. B. immer das Stichwort Nettokreditaufnahme des Bundes genannt. Als der Bundesfinanzminister in den ersten Haushaltsentwurf des laufenden Jahres 1991, des ersten Jahres also der deutschen Einheit, 70 Milliarden DM Neuverschuldung einstellen mußte — zwischenzeitlich ist das Ergebnis wesentlich niedriger, wie wir wissen —, da waren wir es, die Koalitionsfraktionen, die darauf hingewiesen haben, daß diese Höhe ein einmaliger Vorgang bleiben müsse. Diese hohe Neuverschuldung war nur durch die von uns allen doch begrüßte Wiedervereinigung Deutschlands, die eine Ausnahmesituation darstellte, zu rechtfertigen.
    Wir haben uns in der damaligen Debatte dafür verbürgt, daß die Höhe der Nettokreditaufnahme Schritt für Schritt zurückgefahren wird. Heute liegt uns ein Haushaltsentwurf vor, der für das zweite Jahr der deutschen Einheit eine erheblich geringere Neuverschuldung ausweist, nämlich knapp 46 Milliarden DM. Das ist immer noch zu hoch, und wir sagen das auch. Der Bundesminister der Finanzen ist deshalb in seiner Absicht zu bestärken, die Nettokreditaufnahme, wie in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen, weiter herunterzufahren. Wir bestärken Sie in dieser Absicht, Herr Bundesfinanzminister.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist das gute Recht der Opposition, zu kritisieren. Aber es muß erlaubt sein, die Höhe der Neuverschuldung in das richtige Licht zu rücken. 1981, als die Sozialdemokraten die Regierungsverantwortung innehatten, betrug das Bruttosozialprodukt 1,5 Billionen DM.

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Das alles haben wir doch schon fünfmal gehört!)

    — Herr Kollege, um so wichtiger ist es, daß Sie sich das merken.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das ist ja langweilig! — Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Ihnen fällt nichts Neues ein!)

    Die Nettokreditaufnahme lag bei 38 Milliarden DM.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sie sind jetzt neun Jahre dran!)

    Wenn wir heute bei einem knapp doppelt so großen Bruttosozialprodukt mit einer Neuverschuldung von 46 Milliarden DM arbeiten

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie lügen sich doch in die Tasche!)

    — sehr verehrte Frau Kollegin Fuchs, hören Sie zu —, geht die gesamte Kritik der SPD, scheint mir, ins Leere. Das muß man jedenfalls sagen, wenn man Sie an Ihrem eigenen Verhalten mißt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Art und Weise und die Zusammensetzung der Finanzierung, das ist die eine Seite der Haushaltspolitik. Die andere Seite — das ist in der Debatte schon angesprochen worden — sind die Ausgaben. Es ist richtig, wenn gesagt wird — das ist allerdings eine Platitüde — , das Geld müsse intelligent ausgegeben werden.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Schulden müssen intelligent gemacht werden!)

    Intelligentes Geldausgeben heißt nicht zuletzt — ich denke, da sind wir uns einig — , Investitionen zu tätigen und dafür zu sorgen, daß die Wirtschaft in Fahrt bleibt. Damit werden gleichermaßen die Leistungsfähigkeit und der Verteilungsspielraum des Staates gesichert und die private Investitionstätigkeit belebt. Herzstück einer Haushaltspolitik muß es sein, in die Zukunft gerichtete Investitionen zu gewährleisten. Das ist entscheidend!

    (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: 2 Milliarden DM für Munition!)

    Auch hier hat die Koalition Wort gehalten. Einmal mehr liegen die investiven Ausgaben des Bundes bei mehr als 65 Milliarden DM.

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Das ist ein Rekord!)

    Sie übertreffen damit — das ist ein Vergleich, den Sie
    sich merken müssen — um rund 20 Milliarden DM die



    Hans Peter Schmitz (Baesweiler)

    Nettokreditaufnahme. Was das volkswirtschaftlich heißt, können Sie beurteilen; ich hoffe es jedenfalls.
    Auch hier, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, möchte ich Ihnen einen Zahlenvergleich nicht vorenthalten: Im Jahre 1981 lagen die Investitionen bei 30 Milliarden DM, die Nettoneuverschuldung lag dagegen bei 38 Milliarden DM. Das heißt, wenn Sie die Gesamtrechnung einmal richtig und vernünftig prüfen, ergibt sich, daß Sie mehr in den Konsum gesteckt haben. Wir machen das genau umgekehrt. Unsere Ausgaben sind solide.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das stimmt doch einfach nicht! — Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Es ist doch nicht wahr!)

    Nur beispielhaft greife ich einige Punkte heraus: 2,4 Milliarden DM für den öffentlichen Personennahverkehr, 8,1 Milliarden DM für Bundesfernstraßen, 8,3 Milliarden DM für Bundes- und Reichsbahn, 9 Milliarden DM allein für das erfolgreiche Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost. Ich könnte die Reihe fortsetzen.
    Meine Damen und Herren, was mir aufgefallen ist: Sie kritisieren diese ganze Art der Entwicklung und der Finanzierung, sagen aber zu keinem Zeitpunkt, wo Sie etwas ändern wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    Wenn Sie etwas ändern wollen,

    (Abg. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: zeigt auf den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 12/1671)

    — liebe Frau Fuchs, ich komme noch gleich zu Ihnen — , dann müssen Sie sagen, wo. Wenn ich all diese Maßnahmen, die ich hier eben aufgezeigt habe, einmal Revue passieren lasse, haben Sie dazu keine Alternative.

    (Zuruf des Abg. Dr. Nils Diederich [Berlin] [SPD])

    — Ach, wissen Sie, Herr Kollege, wenn ich die Frau Kollegin Matthäus-Maier sehe,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Freuen Sie sich doch!)

    hätte ich ja eigentlich erwartet, daß sie in ihrer Rede den Jäger 90 zitiert. Was würde Frau Matthäus-Maier ohne den Jäger 90 in einer Haushaltsdebatte machen? Gar nichts!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das war nicht Frau Matthäus-Maier, das war Herr Jungmann!)

    — Ach so, das hat der Kollege Jungmann gemacht. Das Wechselspiel ist okay, in Ordnung!

    (Weitere Zurufe)