Rede von
Konrad
Weiß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deutschland ist kein kinderfreundliches Land, schlimmer noch: Unsere Wirklichkeit ist kinderfeindlich. Dieser Feststellung der Bundesministerin für Frauen und Jugend, Angela Merkel, kann ich mich nur anschließen.
Jahr für Jahr sterben Hunderte von Kindern auf Deutschlands Straßen, tausende werden verletzt. Die Antwort der Bundesregierung ist der Bau immer neuer und immer schnellerer Straßen, ist die in Westdeutschland fortdauernde und in Ostdeutschland angestrebte Duldung alkoholisierter Kraftfahrer. Der Verkehrsminister erhält Milliarden für das deutsche Hätschelkind Bundesautobahn und Bundesstraße, aber für 30 Ampeln vor Ostberliner Schulen fehlt das Geld.
Im Namen des Kindes, das vor wenigen Monaten in meiner Straße auf dem Schulweg getötet wurde, im Namen der 554 im vergangenen Jahr getöteten Kinder fordere ich die Bundesregierung zu einer Umkehr ihrer kinderfeindlichen Verkehrspolitik auf.
Wir brauchen keine Luxusstraßen und Luxusautobahnen in Deutschland. Wir brauchen sichere Straßen und Wege und vor jeder Schule eine Ampel.
Millionen Kinder in Deutschland leiden an schweren chronischen Krankheiten, die durch Umweltschäden verursacht sind. Etwa jedes dritte Kind in Deutschland hat heute Probleme mit Allergien; rund 10 % leiden unter Bronchitis. Etwa jedes zehnte Kind hatte schon einen Pseudokruppanfall. Die Zahl der Kinder, die an Ekzemen erkranken, hat sich seit 1975 verdoppelt; gegenwärtig sind es 1,2 Millionen Kinder in Deutschland. Immer mehr Kinder werden mit Mißbildungen geboren, immer mehr erkranken an Krebs. Krebs ist in Ostdeutschland die zweithäufigste Todesursache bei Kindern.
Die Verseuchung des Trinkwassers in vielen ostdeutschen Städten ist katastrophal. Säuglinge und Kleinkinder sind durch die hohen Schadstoffbelastungen extrem gefährdet. Aber nicht nur die Bitterfelder Giftluft oder das Dresdener Giftwasser sind hier anzuprangern. Auch in Westdeutschland ist die Belastung vielerorts unerträglich hoch. Die Vergiftung von Kindern durch unsere Umwelt ist eine unerträgliche Menschenrechtsverletzung!
Die Antwort der Bundesregierung ist eine Grenzwertpolitik, die der Industrie nicht wehtut, aber für Kinder ein bleibendes Risiko darstellt, sind vorsichtige und allzuoft halbherzige Maßnahmen, die nicht verhindern werden, daß weiterhin Millionen Kinder erkranken, sind Kompromisse, die den Tod von Kindern in Kauf nehmen.
Ich fordere die Bundesregierung auf, den Rüstungsetat dieses Haushalts, der überflüssig ist, um mindestens 10 Milliarden DM zu kürzen und das Geld ausschließlich solchen Maßnahmen zufließen zu lassen, die das Überleben von Kindern in Deutschland ermöglichen.