Rede von
Margot
von
Renesse
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich habe schon gesagt, ich möchte gern fortfahren; tut mir leid. Sonst bringen Sie mich wirklich völlig aus dem Konzept;
dann kann ich nicht mehr weiter.
Frau Rönsch, ich vermisse schmerzlich Ihre klaren Worte auch zu dem Thema Rentenpolitik. Wir hatten gerade das Rentenanpassungsgesetz im Bundestag passieren lassen. Ich rede nicht von den Ballettratten und was weiß ich, ich rede von den Familienmüttern. Nicht Ihnen verdanken die Familienmütter(Ost), daß die Familienzeiten in der Rentenversicherung erhalten geblieben sind, und zwar Kindererziehungszeiten und Pflege. Sie verdanken es den Sozis, die doch so familienfeindlich sind.
Sie verdanken es genau genommen dem Wähler in Rheinland-Pfalz, der dazu verholfen hat, daß sich die SPD an diesem Punkt durchsetzen konnte im Sinne der Familienmütter, für die Sie leider auch in den letzten Jahren wenig getan haben. Sie haben mit der einen Hand gegeben, mit der anderen genommen.
Ich erinnere nur an den Rausschmiß der nichterwerbstätigen Mütter aus der Invaliditätssicherung, eine schwere Sache. Dazu könnte ich Ihnen auch Fälle aus meinem Berufsalltag erzählen.
Was könnte das für eine phantastische Sache sein, wenn es denn gut gestrickt wäre, nämlich der Erziehungsurlaub — eine unwahrscheinliche Möglichkeit — teuer und gut — , wenn sie richtig gemacht würde. Aber wohl wissend, daß es nur die Frauen sind, die ihn nehmen, haben Sie strukturell nichts verändert und die Einladung an die Männer nicht verstärkt.
Die Einladung, sage ich, nicht der Zwang.
Und daß dies gefährlich ist, entnehmen Sie bitte wieder diesem wirklich guten Aufsatz des FDK. Da steht nämlich — ich zitiere sinngemäß, vorlesen soll man nicht — , auf den Erziehungsurlaub solle man nicht alleine vertrauen. Denn er könne, so weitergemacht wie bisher, das Gegenteil von dem bewirken, was Familien brauchen, nämlich die Ausdehnung ihrer Freiheit, nicht ihre Einengung.
Das Leitbild der Wirtschaft von dem verfügbaren Arbeitnehmer, weil er familienfern ist, wird durch diese Form des Erziehungsurlaubs nur verstärkt. Und das ist tödlich für Mütter und für Frauen, die Mütter werden könnten, und damit für die Familien.
Ich war bei der Rentenpolitik. Ich erwarte das Ausbildungsgesetz. Wir wissen alle, eines Tages haben wir eine Pflegeversicherung. Und schon jetzt wird praktisch die nachwachsende Pfleger- und Pflegerinnengeneration knapp. Schon jetzt wissen wir kaum noch, wie wir das eines Tages strukturieren sollen. Es wird Zeit dafür, das duldet keinen Aufschub. Die gesamte Pflegestruktur, mit den Rahmenbedingungen zumindest, ist auch Ihre Angelegenheit. Wir werden Ihnen da Beine machen.
Ich vermisse auch Ihr Wort zu einer Altenpolitik, die den Namen verdient. Das Alter ist heutzutage eine lange Lebensphase und die soll voll sein von Höhepunkten. In Sonntagsreden sagen Politiker jeder Couleur gerne: Wir brauchen die alten Menschen, wir brauchen ihre Erfahrung, und wir wollen sie. Ja, wo denn? Es ist ja nicht wahr! Und dieses muß umgesetzt werden. Wir brauchen Modelle, Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes, kompetentes, erwachsenes Alter.
Darauf warten wir. Wir möchten das gerne von Ihnen hören. Sonst werden wir in Vorlage treten.
Das ist auch Famlienpolitik. Denn die ältere Generation gehört dazu — zumindest in Liebe. Und daß diese Liebe immer noch trägt, sehen Sie an den vielen Pflegebedürftigen, die in der Familie und nicht im Heim gepflegt werden.
Zum Schluß: Ich weiß gar nicht, wenn ich Ihren Etat lese, wo Familienpolitik bei Ihnen stattfindet. Wir haben also eine Familienministerin, eine Parlamentarische Staatssekretärin, einen Staatssekretär, aber Familienpolitik macht im Augenblick das Verfassungsgericht — in Sachen Namensrecht, in Sachen Sorgerecht, in Sachen Familienlastenausgleich.
Meine Hoffnung setze ich im Augenblick mehr auf die Gerichte als auf alle Ministerinnen und Minister in dieser Regierung. Ich glaube, da wird auch noch manches kommen. Denn ich glaube nicht mehr, nachdem wir dieses Erlebnis mit dem Familienlastenausgleich haben, daß die Familien Sie in Zukunft mit Gerichten verschonen werden. Und recht haben sie.