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ID1203813900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 12/38 Bundestag Deutscher Stenographischer Bericht 38. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 Inhalt: Bestimmung der Abg. Anke Fuchs als ordentliches Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle der ausgeschiedenen Abg. Ingrid Matthäus-Maier 3121A Bestimmung der Abg. Gudrun Weyel als stellvertretendes Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle der zum ordentlichen Mitglied bestimmten Abg. Anke Fuchs . . 3121A Wahl des Abg. Harald B. Schäfer (Offenburg) als ordentliches Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle der ausgeschiedenen Abg. Ingrid Matthäus-Maier . . . 3121 B Wahl des Abg. Gunter Huonker als stellvertretendes Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle des zum ordentlichen Mitglied gewählten Abg. Harald B. Schäfer (Offenburg) 3121 B Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksache 12/1000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 (Drucksache 12/1001) Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 3121C, 3145C Wolfgang Roth SPD 3125 B Michael Glos CDU/CSU 3128C Ingrid Matthäus-Maier SPD . . 3129D, 3212C, 3217B, 3226A Werner Zywietz FDP 3132 D Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3134 C Bernd Henn PDS/Linke Liste 3136B Klaus Wedemeier, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 3138B Michael Glos CDU/CSU 3138C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . 3141C, 3219 D Bernd Neumann (Bremen) CDU/CSU . . 3142C Manfred Richter (Bremerhaven) FDP . . 3144 C Matthias Wissmann CDU/CSU 3146A Wolfgang Roth SPD 3148C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 3148D Rudolf Dreßler SPD 3152A, 3159A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 3158D Dieter-Julius Cronenberg (Arnsberg) FDP 3159B Christina Schenk Bündnis 90/GRÜNE . . 3159D, 3200 B Dr. Alexander Warrikoff CDU/CSU . . . 3161 B Petra Bläss PDS/Linke Liste . . . 3163D, 3196A Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . . 3166C Ottmar Schreiner SPD 3168A, 3172B Volker Kauder CDU/CSU 3172 A Ina Albowitz FDP 3172 D Gerda Hasselfeldt, Bundesministerin BMG 3176B Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . 3177 C Klaus Kirschner SPD 3180A Dr. Dieter Thomae FDP 3183 B Arnulf Kriedner CDU/CSU 3184 D Ottmar Schreiner SPD 3185B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 3186D Hanna Wolf SPD 3189B Dr. Edith Niehuis SPD 3190A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 Ingrid Becker-Inglau SPD 3190 C Susanne Jaffke CDU/CSU 3194 B Dr. Gisela Babel FDP 3198B Maria Michalk CDU/CSU 3202 A Margot von Renesse SPD 3204 D Irmgard Karwatzki CDU/CSU 3207 D Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3209 B Norbert Eimer (Fürth) FDP 3211A Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 3212 B Irmgard Karwatzki CDU/CSU 3212D Ingrid Becker-Inglau SPD 3213D Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 3215D Dr. Peter Struck SPD 3218 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 3220 A Dr. Klaus Rose CDU/CSU 3220 D Carl-Ludwig Thiele FDP 3224 A Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . . . 3227 B Dr. Klaus Rose CDU/CSU 3229 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 3232 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 3233 D Dr. Hans-Jochen Vogel SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3238 A Friedrich Bohl CDU/CSU 3239 B Friedrich Bohl CDU/CSU (zur Geschäftsordnung) 3239D Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg 3176B Nächste Sitzung 3240 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3241* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 3121 38. Sitzung Bonn, den 5. September 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode - 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 3241* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 05. 09. 91 Berger, Johann Anton SPD 05. 09. 91 Blunck, Lieselott SPD 05. 09. 91 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 05. 09. 91 * Eppelmann, Rainer CDU/CSU 05. 09. 91 Erler, Gernot SPD 05. 09. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 05. 09. 91* Francke (Hamburg), CDU/CSU 05. 09. 91 Klaus Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 05. 09. 91 Koltzsch, Rolf SPD 05. 09. 91 Dr.-Ing. Laermann, FDP 05. 09. 91 Karl-Hans Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 05. 09. 91 Marten, Günter CDU/CSU 05. 09. 91 * Dr. Mertens (Bottrop), SPD 05. 09. 91 Franz-Josef Dr. Müller, Günther CDU/CSU 05. 09. 91 * Niggemeier, Horst SPD 05. 09. 91 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nitsch, Johannes CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 05. 09. 91* Reddemann, Gerhard CDU/CSU 05. 09. 91 * Rempe, Walter SPD 05. 09. 91 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 05. 09. 91 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 05. 09. 91 Ingrid Schäfer (Mainz), Helmut FDP 05. 09. 91 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 05. 09. 91* Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 05. 09. 91* Dr. Sperling, Dietrich SPD 05. 09. 91 Terborg, Margitta SPD 05. 09. 91* Verheugen, Günter SPD 05. 09. 91 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 05. 09. 91 Gert Wieczorek-Zeul, SPD 05.09.91 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 05. 09. 91 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Margot von Renesse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Erlauben Sie, Herr Geißler, ich spreche sicherlich bei anderer Gelegenheit gern mit Ihnen, aber jetzt lassen Sie mich fortfahren, denn ich habe verdammt wenig Zeit.

    (Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU]: Sie wissen schon, was ich fragen will!)

    Ich möchte gern weitermachen,

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Da fällt ihr der Teller vom Schrank herunter!)

    — Nein, der Schrank wird noch höher, er wird durch das Verfahren zum Hochschrank. Wenigstens das, wenn Sie schon bei Ihrem System bleiben wollen, sollten Sie allmählich ändern. Ich meine das in erster Linie nicht als Sozialdemokratin, sondern als Familienrichterin seit 1977, die gesehen hat, daß eine Vielzahl von Familien, denen etwas zusteht, das nicht geltend machen, weil sie durch diese Kompliziertheit gar nicht mehr durchsteigen.

    (Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU]: Was sagen Sie zum verfassungsrechtlichen Zustand des Jahres 1977?)

    Nachdem wir also wissen, mindestens hinsichtlich der Gerechtigkeit fehlt es an allen Ecken und Kanten
    — das sind die Mindestvoraussetzungen in Ihrem Sinne, Frau Rönsch — , können wir eigentlich das Buch schon zuschlagen und sagen: Förderung spielt sich nicht ab. Das sind ihre eigenen Worte.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich will mir das aber gern noch einmal angucken, was in Ihrem Etat auch in Zukunft als Förderung der Familie ausgegeben wird.
    Meine Damen und Herren, ich sehe zunächst einmal ein Flickwerk, das konzeptionslos ist und deswegen einen Patzer nach dem anderen enthält, bis an die Grenze der Skurrilität. Ich weiß nicht, wer in diesem Hause — es sind ja nicht viele da — überhaupt weiß, daß wir seit Anfang 1991 eine merkwürdige Blüte im Kindergeld haben. Grotesk: Die 15 DM Erhöhung für das Einzelkind (Ost). Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Es geht nicht etwa um das erste Kind, sondern um das Einzelkind, und nicht etwa jedes Einzelkind, nein, das Einzelkind (Ost). Was ist der Hintergrund? Der Hintergrund ist, daß, ob man es will oder nicht, die Leistungen der DDR, jedenfalls finan-



    Margot von Renesse
    ziell, für die Familien mit Kindern höher waren und daß man sich diese Blöße, wohl wissend, daß das Kindergeld zu gering ist, nicht geben wollte, daß daraus ein Gefühl eines Schadens durch die Einigung wird. Das ist der Hintergrund. Dies ist konzeptionslos und verpatzt und eine Groteske ersten Ranges.

    (Beifall bei der SPD)

    Dazu kommt: Neben Verpatztem gibt es auch Verpaßtes. Am 1. Juli 1991 ist die Freistellungsregelung für Eltern kranker Kinder in der DDR ausgelaufen. Sie wissen ganz genau, Frau Rönsch — das geht aus den Koalitionsvereinbarungen hervor — , daß unsere im Westen nicht langt, sie soll erhöht werden. Jetzt haben wir einen Zickzackkurs: Die Familien im Osten erleben also erst den Rückfall in unser, wie wir alle wissen, zu knappes System, um irgendwann — der Himmel mag wissen, wann — wird das für alle erhöht. Ich finde, so etwas ist überhaupt nicht mehr zu verstehen. Jetzt komme ich zu Überflüssigem in Ihrem Etat
    — und das macht bei Ihrem an sich schmalen Etat, wenn man einmal vom Kindergeld absieht, viel Geld aus — , und das ist das ungeheuer viele bunte, rosige Papier: Plakataktionen, Werbekampagnen. Aber wirklich, Frau Rönsch: Sind wir denn in einem Lande, in dem Familie mit Werbung, wie ein Ladenhüter, an den Mann gebracht werden muß?

    (Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Ich habe eine andere Vorstellung. In meinen Augen
    — und das sage ich sehr aufrichtig — sind Glanz und Leuchtkraft von Familie so intensiv — Untersuchungen seit 1945, soweit sie gemacht werden, machen das immer wieder deutlich —, daß eher die Sorge besteht, daß Familie mit Glückserwartung überfrachtet wird. Dazu tragen Sie bei.

    (Beifall bei der SPD)

    Im Gegensatz zu diesen Bildern des Rosigen und Schönen betrachtet sich die deutsche Normalfamilie viel zu häufig — und ich weiß aus Eheberatung und Familiengericht, wovon ich rede — sehr leicht als ein Haufen von Versagern, von Gescheiterten — oder bestenfalls Ausnahmen. Ich halte den Familienkitsch für eine gefährliche Verführung.
    In diesem Zusammenhang — tut mir leid — muß ich auch den Herrn Bundeskanzler zitieren. In der Regierungserklärung vom Januar — mir zieht es immer die Schuhe aus, wenn ich so etwas höre —

    (Herbert Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Na, na!)

    wird die Familie als — hören Sie! — „Quelle menschlicher Wärme und Geborgenheit", als „Ort ... für die Vermittlung von Werten und Tugenden" geschildert. Das ist eine gefährliche Viertelwahrheit — es ist nicht ganz falsch —,

    (Herbert Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Aha!)

    weil eben die Sorge besteht, daß Menschen, denen das bei dem schwierigen Geschäft der Alltagsbewältigung nicht jeden Tag gelingt, dann das Gefühl haben, daß sie im Grunde genommen das Vertrauen in ihre eigene Familie verlieren.
    Es gibt ein schönes Bild, das einen Skandal ausgelöst hat — ich hatte es in meinem Dienstzimmer — : Da sitzt die Mutter Gottes, hat ihr Kind auf dem Schoß
    — es liegt bäuchlings auf ihrem Schoß — und hat ausgeholt zu einem Schlag; ein sehr liebevolles, ein sehr entlastendes Bild. Das heißt: Die Mutter Gottes verhaut das Jesuskind vor drei Zeugen — sehr entlastend. Ich glaube, wir sollten nüchtern-liebevoll mit Familie umgehen und nicht kitschig. Das ist gefährlich!

    (Beifall bei der SPD)

    Aber Familie hat ja Probleme, Familie hat ungeheure Probleme; denn die destruktiven Bedrohungen sind ungeheuer groß. Aber, meine Damen und Herren
    — auch meine Damen und Herren aus der CDU (Ost), die Sie manchmal das Gefühl haben, Sie müßten manches durch einen besonderen Konservativismus verdrängen — , es ist nicht die Emanzipation der Frau, und es ist nicht ihr Bildungs- und Erwerbsstreben. Und damit Sie mir als Sozialdemokratin nicht glauben müssen — denn was wissen wir denn schon von Familie? —, glauben Sie dem Familienbund der Deutschen Katholiken. Lesen Sie in der August-Nummer den Aufsatz „Keine Abkehr von der Familie".

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Von wem ist das? Wer hat das denn geschrieben? Ein Sozialdemokrat hat den Aufsatz geschrieben!)

    Vielleicht werden Sie dann klüger.
    Die Destruktivität, die der Familie droht, haben Wissenschaftler wunderschön gekennzeichnet. Es handelt sich um die Rücksichtslosigkeit von Staat und Wirtschaft gegenüber der Familie. Da ist der Ansatz.
    Hier vermisse ich, Frau Rönsch, viel von dem, was Sie tun könnten. Sie waschen sich die Hände in verfassungsrechtlicher Unschuld — Sie reklamieren Unzuständigkeit, wenn es um Kindergärten geht — , gemeinsam mit Ihrer Kollegin Merkel. Wenn Sie wollten, würden Sie verfassungsrechtliche Wege finden. Aber
    — es ist hier mehrfach gesagt worden — es wird ja nicht gewollt.
    Es wird in den Räumen der Koalition immer noch ein Bild von Normalfamilie gehegt und gepflegt, das ein Prokrustesbett ist. Bitte, glauben Sie nicht, einer von uns wollte das Leitbild der erwerbstätigen Frau an die Stelle eines anderen setzen. Nein, das Prokrustesbett in der ehemaligen DDR ist uns wohl leidvoll bekannt. Wir wollen überhaupt kein Modell. Niemand soll den Freiheitsraum Familie einengen. Alles soll möglich sein — nach eigener Überzeugung und eigener Wahl.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn Familie ist so attraktiv, wie sie als Ort gemeinsamer Freiheit erlebt wird. Was aber erlebt wird, ist der Ort der eingeengten Freiheit. Es hat keinen Zweck, das Leitbild der Familie (Ost) gegen das Leitbild der Familie (West) aus den 50er Jahren zu ersetzen. Leitbilder sind gefährlich.


Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Werner (Ulm)?




  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Margot von Renesse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich habe schon gesagt, ich möchte gern fortfahren; tut mir leid. Sonst bringen Sie mich wirklich völlig aus dem Konzept;

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Am Ende sogar zum Nachdenken!)

    dann kann ich nicht mehr weiter.

    (Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Das geht nach dem Motto: Sachverstand macht nur unsicher!)

    Frau Rönsch, ich vermisse schmerzlich Ihre klaren Worte auch zu dem Thema Rentenpolitik. Wir hatten gerade das Rentenanpassungsgesetz im Bundestag passieren lassen. Ich rede nicht von den Ballettratten und was weiß ich, ich rede von den Familienmüttern. Nicht Ihnen verdanken die Familienmütter(Ost), daß die Familienzeiten in der Rentenversicherung erhalten geblieben sind, und zwar Kindererziehungszeiten und Pflege. Sie verdanken es den Sozis, die doch so familienfeindlich sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie verdanken es genau genommen dem Wähler in Rheinland-Pfalz, der dazu verholfen hat, daß sich die SPD an diesem Punkt durchsetzen konnte im Sinne der Familienmütter, für die Sie leider auch in den letzten Jahren wenig getan haben. Sie haben mit der einen Hand gegeben, mit der anderen genommen.
    Ich erinnere nur an den Rausschmiß der nichterwerbstätigen Mütter aus der Invaliditätssicherung, eine schwere Sache. Dazu könnte ich Ihnen auch Fälle aus meinem Berufsalltag erzählen.
    Was könnte das für eine phantastische Sache sein, wenn es denn gut gestrickt wäre, nämlich der Erziehungsurlaub — eine unwahrscheinliche Möglichkeit — teuer und gut — , wenn sie richtig gemacht würde. Aber wohl wissend, daß es nur die Frauen sind, die ihn nehmen, haben Sie strukturell nichts verändert und die Einladung an die Männer nicht verstärkt.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Einladung, sage ich, nicht der Zwang.
    Und daß dies gefährlich ist, entnehmen Sie bitte wieder diesem wirklich guten Aufsatz des FDK. Da steht nämlich — ich zitiere sinngemäß, vorlesen soll man nicht — , auf den Erziehungsurlaub solle man nicht alleine vertrauen. Denn er könne, so weitergemacht wie bisher, das Gegenteil von dem bewirken, was Familien brauchen, nämlich die Ausdehnung ihrer Freiheit, nicht ihre Einengung.
    Das Leitbild der Wirtschaft von dem verfügbaren Arbeitnehmer, weil er familienfern ist, wird durch diese Form des Erziehungsurlaubs nur verstärkt. Und das ist tödlich für Mütter und für Frauen, die Mütter werden könnten, und damit für die Familien.
    Ich war bei der Rentenpolitik. Ich erwarte das Ausbildungsgesetz. Wir wissen alle, eines Tages haben wir eine Pflegeversicherung. Und schon jetzt wird praktisch die nachwachsende Pfleger- und Pflegerinnengeneration knapp. Schon jetzt wissen wir kaum noch, wie wir das eines Tages strukturieren sollen. Es wird Zeit dafür, das duldet keinen Aufschub. Die gesamte Pflegestruktur, mit den Rahmenbedingungen zumindest, ist auch Ihre Angelegenheit. Wir werden Ihnen da Beine machen.
    Ich vermisse auch Ihr Wort zu einer Altenpolitik, die den Namen verdient. Das Alter ist heutzutage eine lange Lebensphase und die soll voll sein von Höhepunkten. In Sonntagsreden sagen Politiker jeder Couleur gerne: Wir brauchen die alten Menschen, wir brauchen ihre Erfahrung, und wir wollen sie. Ja, wo denn? Es ist ja nicht wahr! Und dieses muß umgesetzt werden. Wir brauchen Modelle, Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes, kompetentes, erwachsenes Alter.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bravo!)

    Darauf warten wir. Wir möchten das gerne von Ihnen hören. Sonst werden wir in Vorlage treten.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist auch Famlienpolitik. Denn die ältere Generation gehört dazu — zumindest in Liebe. Und daß diese Liebe immer noch trägt, sehen Sie an den vielen Pflegebedürftigen, die in der Familie und nicht im Heim gepflegt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Zum Schluß: Ich weiß gar nicht, wenn ich Ihren Etat lese, wo Familienpolitik bei Ihnen stattfindet. Wir haben also eine Familienministerin, eine Parlamentarische Staatssekretärin, einen Staatssekretär, aber Familienpolitik macht im Augenblick das Verfassungsgericht — in Sachen Namensrecht, in Sachen Sorgerecht, in Sachen Familienlastenausgleich.

    (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE)

    Meine Hoffnung setze ich im Augenblick mehr auf die Gerichte als auf alle Ministerinnen und Minister in dieser Regierung. Ich glaube, da wird auch noch manches kommen. Denn ich glaube nicht mehr, nachdem wir dieses Erlebnis mit dem Familienlastenausgleich haben, daß die Familien Sie in Zukunft mit Gerichten verschonen werden. Und recht haben sie.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD — Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei der PDS/Linke Liste)