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    Plenarprotokoll 12/38 Bundestag Deutscher Stenographischer Bericht 38. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 Inhalt: Bestimmung der Abg. Anke Fuchs als ordentliches Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle der ausgeschiedenen Abg. Ingrid Matthäus-Maier 3121A Bestimmung der Abg. Gudrun Weyel als stellvertretendes Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses an Stelle der zum ordentlichen Mitglied bestimmten Abg. Anke Fuchs . . 3121A Wahl des Abg. Harald B. Schäfer (Offenburg) als ordentliches Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle der ausgeschiedenen Abg. Ingrid Matthäus-Maier . . . 3121 B Wahl des Abg. Gunter Huonker als stellvertretendes Mitglied in den Vermittlungsausschuß an Stelle des zum ordentlichen Mitglied gewählten Abg. Harald B. Schäfer (Offenburg) 3121 B Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der a) ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1992 (Haushaltsgesetz 1992) (Drucksache 12/1000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1991 bis 1995 (Drucksache 12/1001) Jürgen W. Möllemann, Bundesminister BMWi 3121C, 3145C Wolfgang Roth SPD 3125 B Michael Glos CDU/CSU 3128C Ingrid Matthäus-Maier SPD . . 3129D, 3212C, 3217B, 3226A Werner Zywietz FDP 3132 D Werner Schulz (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3134 C Bernd Henn PDS/Linke Liste 3136B Klaus Wedemeier, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 3138B Michael Glos CDU/CSU 3138C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) FDP . 3141C, 3219 D Bernd Neumann (Bremen) CDU/CSU . . 3142C Manfred Richter (Bremerhaven) FDP . . 3144 C Matthias Wissmann CDU/CSU 3146A Wolfgang Roth SPD 3148C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 3148D Rudolf Dreßler SPD 3152A, 3159A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 3158D Dieter-Julius Cronenberg (Arnsberg) FDP 3159B Christina Schenk Bündnis 90/GRÜNE . . 3159D, 3200 B Dr. Alexander Warrikoff CDU/CSU . . . 3161 B Petra Bläss PDS/Linke Liste . . . 3163D, 3196A Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . . 3166C Ottmar Schreiner SPD 3168A, 3172B Volker Kauder CDU/CSU 3172 A Ina Albowitz FDP 3172 D Gerda Hasselfeldt, Bundesministerin BMG 3176B Horst Jungmann (Wittmoldt) SPD . . 3177 C Klaus Kirschner SPD 3180A Dr. Dieter Thomae FDP 3183 B Arnulf Kriedner CDU/CSU 3184 D Ottmar Schreiner SPD 3185B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMFJ 3186D Hanna Wolf SPD 3189B Dr. Edith Niehuis SPD 3190A II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 Ingrid Becker-Inglau SPD 3190 C Susanne Jaffke CDU/CSU 3194 B Dr. Gisela Babel FDP 3198B Maria Michalk CDU/CSU 3202 A Margot von Renesse SPD 3204 D Irmgard Karwatzki CDU/CSU 3207 D Konrad Weiß (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE 3209 B Norbert Eimer (Fürth) FDP 3211A Hannelore Rönsch, Bundesministerin BMFuS 3212 B Irmgard Karwatzki CDU/CSU 3212D Ingrid Becker-Inglau SPD 3213D Hans Peter Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 3215D Dr. Peter Struck SPD 3218 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 3220 A Dr. Klaus Rose CDU/CSU 3220 D Carl-Ludwig Thiele FDP 3224 A Dr. Ulrich Briefs PDS/Linke Liste . . . 3227 B Dr. Klaus Rose CDU/CSU 3229 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 3232 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 3233 D Dr. Hans-Jochen Vogel SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3238 A Friedrich Bohl CDU/CSU 3239 B Friedrich Bohl CDU/CSU (zur Geschäftsordnung) 3239D Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg 3176B Nächste Sitzung 3240 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3241* A Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 3121 38. Sitzung Bonn, den 5. September 1991 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode - 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991 3241* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bargfrede, Heinz-Günter CDU/CSU 05. 09. 91 Berger, Johann Anton SPD 05. 09. 91 Blunck, Lieselott SPD 05. 09. 91 * Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 05. 09. 91 * Eppelmann, Rainer CDU/CSU 05. 09. 91 Erler, Gernot SPD 05. 09. 91 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 05. 09. 91* Francke (Hamburg), CDU/CSU 05. 09. 91 Klaus Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 05. 09. 91 Koltzsch, Rolf SPD 05. 09. 91 Dr.-Ing. Laermann, FDP 05. 09. 91 Karl-Hans Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 05. 09. 91 Marten, Günter CDU/CSU 05. 09. 91 * Dr. Mertens (Bottrop), SPD 05. 09. 91 Franz-Josef Dr. Müller, Günther CDU/CSU 05. 09. 91 * Niggemeier, Horst SPD 05. 09. 91 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nitsch, Johannes CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 05. 09. 91* Reddemann, Gerhard CDU/CSU 05. 09. 91 * Rempe, Walter SPD 05. 09. 91 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 05. 09. 91 Roitzsch (Quickborn), CDU/CSU 05. 09. 91 Ingrid Schäfer (Mainz), Helmut FDP 05. 09. 91 Scharrenbroich, Heribert CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 05. 09. 91* Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Dr. Soell, Hartmut SPD 05. 09. 91* Dr. Sperling, Dietrich SPD 05. 09. 91 Terborg, Margitta SPD 05. 09. 91* Verheugen, Günter SPD 05. 09. 91 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 05. 09. 91 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 05. 09. 91 Gert Wieczorek-Zeul, SPD 05.09.91 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 05. 09. 91 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Werner Zywietz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe für meinen Beitrag zum Bundeshaushalt 1992 nicht soviel Zeit, aber dennoch möchte ich versuchen, mich nicht hetzen zu lassen; denn schließlich sind wir bei einer ernsthaften Arbeit und nicht irgendwo auf der Flucht.

    (Heiterkeit und Zurufe von der SPD)

    — Haushaltspolitik war und ist immer ernsthafte Arbeit; das ist keine Sache für Rhetorik oder Polemik, sondern das ist Knochenarbeit. Das weiß doch jeder, der hier im Saal sitzt. Und hier sitzt ja immer nur der vernünftige Teil aller Fraktionen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Natürlich ist Haushaltspolitik eine schwierige Arbeit. Dazu möchte ich ein paar Anmerkungen machen. Ich habe nur so wenig Zeit, weil ich gehört habe, daß es aus Gründen, die ich mir nur ganz schwer erklären kann, eine sogenannte Bremer Runde gibt. Vermutlich soll da das Beispiel dargestellt werden, wie man einen Landeshaushalt mit ganz wenig Staatsverschuldung führen kann. Ich habe jetzt zwei Tage lang gehört, was die Koalition und was mit Hilfe oder Mitarbeit der FDP in dieser Koalition verkehrt gemacht wird, nämlich die Staatsverschuldung. Ich war immer gespannt, den theoretischen Gedankenansatz zu hören, wie man diese Staatsverschuldung abbremsen, abbauen kann, wie man sie einfach unnötig machen kann.

    (Ernst Waltemathe [SPD]: Ihr wißt es nicht!)




    Werner Zywietz
    Ich vermute, daß jetzt praktische Hinweise am Beispiel Bremen geliefert werden. Wir werden das hören.

    (Dr. Hermann Otto Solms [FDP]: Wir sind sehr gespannt!)

    Ich möchte einmal die Ausgangslage in ganz wenigen Strichen für diese 92er Haushaltsdebatte kennzeichnen. Wenn ich nur den Teil der Staatsverschuldung — das ist ein unangenehmer, ein harter Teil einer Haushaltsdebatte — herausgreife, dann fällt mir ein, daß es dieses Problem seit 1972 ununterbrochen gibt. Ich möchte niemanden anklagen, sondern nur jeden vor Übermut warnen, der sagt: Ich weiß, wie es geht. Denn beteiligt waren alle daran — das ist eine ganz simple Feststellung — , der eine mit mehr, der andere mit weniger Erfolg. Es scheint sich also um eine schwierige Aufgabe zu handeln. Aber an die müssen wir herangehen.
    Zweitens befinden wir uns nicht in einem Staat, der schlecht strukturiert ist. Mein Eindruck ist, wir leben in einem wohlhabenden Staat mit zufriedenen Bürgern, mit einem Haushalt, der das Notwendige leistet, der in der Tat aus unserer Sicht aber noch ein zu hohes Defizit hat. Das ist das Problem. Aber wir sind kein Armutsstaat. Man muß nicht ein Zerrbild eines Staates, einer Gesellschaft zeichnen, die vor dem Ausverkauf, dem Bankrott oder totaler Fehlleitung steht. Das geht an der Sache total vorbei.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn wir an die Remedur gehen oder nur ein paar Facetten liefern wollen, was man wohl tun kann, dann stelle ich fest: Der Abbau der Staatsverschuldung muß sukzessive an der Ausgabenseite angesetzt werden. Das ist der entscheidende Punkt. Steuerpolitisch kann man durch die eine oder andere Steuererhöhung etwas Milderung schaffen. Angesichts der Gesamtstrukturen kann das aber nur über die Reduktion auf der Ausgabenseite gehen. Da hat das Bemühen um den Abbau von Subventionen seinen Platz.
    Wir nehmen für uns gern in Anspruch, daß der Wirtschaftsminister Möllemann das sehr deutlich und sehr drastisch zu seinem Thema und damit auch zum Thema der FDP gemacht hat und auch Erfolge vorweisen kann, die nötig sind.

    (Beifall bei der FDP)

    Er hat das in sportlich engagierter Weise getan. Ich möchte ihn fast ermutigen, noch einmal sozusagen gezielt auf den Haufen des Subventionsabbaus zu springen. Das kann gar nicht schaden; denn die Arbeit muß weitergehen. Das wissen wir.

    (Matthias Wissmann [CDU/CSU]: Bei den Werften!)

    — Die Werftenhilfe. Ich will da einmal aus dem Gedankenrahmen herausgehen und dieses Stichwort aufnehmen. Wenn wir uns darauf verständigen können, daß die Schnelligkeit und das Volumen des Abbaus bei der Werftenhilfe zum Muster für den Subventionsabbau in allen anderen Bereichen gemacht werden,

    (Matthias Wissmann [CDU/CSU]: Dann kommen wir nicht sehr weit!)

    dann sind wir sehr schnell ein gutes Stück weiter. Ich will die Werftenhilfe gar nicht in toto verteidigen. Aber die Werften sind — wie andere Bereiche auch — eine Branche, die ihre Probleme hat. Auch wenn sie nun aber gerade nicht bei Ihnen im Wahlkreis, sondern an der Küste, im Norden, nicht aber im bayerischen oder im baden-württembergischen Hügelland zu Hause ist und kein Problem der Alpenregion ist, kann man die Augen vor den Problemen noch lange nicht verschließen. Eine gewisse Berechtigung ist gegeben, über Zeit und Umfang kann man sprechen.
    Ich möchte jedoch alle diejenigen warnen, die immer sagen, Werftenhilfe dürfe nicht sein; der Kollege Manfred Richter wird dazu noch Ausführungen machen. Denen kann ich nur sagen: Schauen wir einmal auf andere Bemühungen in Sachen Subventionsabbau. Wenn ich so argumentiere, kann ich auch fragen: Warum geben wir einem Konzern wie Daimler oder anderen — um nur einmal willkürlich Adressen zu nennen — soviel Geld? Die können das auch selber bezahlen.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Da kommen wir auf ein Feld, auf dem wir uns alle noch gemeinsam anstrengen können.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Landwirtschaft! — Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk [SPD]: Luftund Raumfahrt!)

    Wir wollen den Weg des Subventionsabbaus gehen. Nur, was sind denn die Stichworte für eine konsequentere Konsolidierung, die nötig ist? Wenig an der Steuerschraube drehen, denn das Fummeln an fremden Gürteln, aber auch das Drehen an Steuerschrauben sind alles nicht die richtigen Rezepturen. Auch der Staat muß sich darauf einstellen — und da helfen alle Theorien nichts —, daß er auf Dauer nicht mehr ausgeben kann, als er per Steuer einnimmt. Wir haben eine ausreichend hohe Staatsquote, die nicht weiter erhöht werden darf. Deswegen muß man sich zur Decke strecken und mit dem, was per Steuergesetzgebung und Steuerbelastung in die Staatshaushalte kommt, auf Sicht gesehen auskommen. Das wird die Grundregel für alle weiteren politischen Bemühungen sein.
    Wenn ich mir nun Äußerungen der Opposition vor Augen führe, stelle ich fest, daß sie reichlich widersprüchlich sind. Wir wollen das in einem Stufenplan machen. Das vorliegende Paket ist ein erster, vorzeigbarer Schritt. Wir wissen doch alle: Wenn man übergewichtig ist, soll man keine Gewaltkuren machen. Das ist ungesund, und man sieht anschließend schlecht aus. Hat man ein bißchen zuviel Staatsverschuldung, kann man die auch nicht in einem Hauruck-Kurs abbauen. Auch das ist ungesund, und man sieht nachher schlecht aus. Man muß schon einen Stufenplan machen. Dabei sind wir, und auf diesem Weg muß es weitergehen. Sie sind zum Mitmachen eingeladen. Das ist das ganze Erfolgsrezept.
    Wer sich die Verschuldung anschaut, stellt fest, daß — wenn auch nicht überall — doch einige besondere Faktoren ursächlich sind. Ich erinnere nur an Energiekrisen, ich erinnere an die deutsche Einheit, die wir begrüßen, die jedoch auch ihre Konsequenzen hat. Ich



    Werner Zywietz
    frage mich aber, warum Kommunalhaushalte, warum Länderhaushalte so verschuldet sind, die keine oder nur eine geringe Berührung mit diesen Sonderfaktoren hatten.

    (Ernst Waltemathe [SPD]: Das ist Blödsinn! Der Bund refinanziert sich über Steuererhöhungen, das ist der Punkt!)

    So wächst z. B. der Landesetat Schleswig-Holsteins um 5 %. Die haben 40 % Personalausgaben. Da muß man fragen, ob nicht auch hier ein Stopp vorgenommen, ein Stück Privatisierung stärker eingeführt werden muß, damit wir von Sockelbeträgen von 40 % Personalausgaben in Landesetats beispielsweise wegkommen. Der Bundeshaushalt ist da relativ gut vorzeigbar, auch wenn er Belastungen durch Sonderfaktoren verkraften muß. Aber Gemeinden und Länder haben sich in diesem Bereich viel zuwenig angestrengt. Und auch das sind, wie man so schön zu sagen pflegt, Hände des öffentlichen Finanzverhaltens.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir müssen also diesen Weg weitergehen: abspekken, weitere Subventionsüberprüfung. Aber auch die großen Haushaltsbrocken wird man auf den Prüfstand zu stellen haben. Man kann sich nicht nur auf Subventionen fixieren. Zwar mußte das soziale Netz wegen des Nachholbedarfs in den neuen Ländern verstärkt werden. Aber das kann keine Dauererscheinung sein. Die Beschäftigungspolitik ist so anzulegen, daß aus einer speziellen, sozial orientierten Hilfe — sofern man keine rentierlichen Arbeitsplätze hat — , aus einer Überlebenshilfe Hilfe zum Überwechseln in eine Beschäftigung wird.

    (Beifall bei der FDP)

    Aber am Ende müssen sich selbst tragende, sich selbst verdienende Arbeitsplätze stehen.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Diesen Brückenschlag müssen wir mit staatlicher Unterstützung und dem, was in diesen Haushalten noch vorgesehen ist, möglichst rasch schaffen. Dann werden wir Einnahmen verbessern, insbesondere in den neuen Bundesländern, und einiges im Sozialetat und in anderen Bereichen abbauen können. Das wird sich wohltuend auf den Abbau der Verschuldung auswirken. Das ist eine der großen Herausforderungen, vor denen wir stehen.
    Ich meine, wir haben gute Chancen, das zu schaffen: In den beiden vorigen Haushalten war der konsumtive Ausgabenanteil für die neuen Bundesländer noch höher als der investive Anteil. Mit diesem Haushalt bekommen wir erstmals die Kurve: Der investive Anteil wird größer als der konsumtive Ausgabenanteil. Das ist ein erstes Zeichen dafür, daß wir wirklich nachhaltig und solide zu einer besseren Strukturierung der Wirtschaft in den Ostländern kommen. Ich bin sicher: Wenn sich dieser Anteil noch weiter verbessert, sind wir auf gutem Wege.

    (Beifall bei der FDP)

    Heilmittel gibt es nicht. Aber ich sage: Nicht so sehr auf die Steuerseite schauen. Das lohnt auch nicht. Da wird uns die SPD mit ihrer sehr verquasten programmatischen Haltung und ihren widersprüchlichen Aussagen — Stichwort: Mehrheit im Bundesrat — viel zuviel Ärger machen. Das bringt nichts.
    Gehen wir vielmehr den eigenen Weg, der auch der richtige ist:

    (Dr. Hans-Jochen Vogel [SPD]: Aha!)

    Sparen wir, privatisieren wir, bringen wir mehr Effizienz in den Staatsapparat. Dann werden wir auf dem Wege sein, daß wir im nächsten Jahr einen Haushalt beraten, der einen noch geringeren Schuldenanteil hat.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster hat der Abgeordnete Werner Schulz das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Schulz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Werte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Glauben versetzt Berge, heißt es. Mir scheint, die Bundesregierung hat das etwas zu wörtlich genommen. Sie versucht, die wirtschaftliche Einigung Deutschlands und die notwendige Umstrukturierung Ostdeutschlands mehr auf Glauben denn auf begründete Konzeptionen zu stützen.
    Da gab es den Glauben an die heilsame Wirkung einer schnellen Einführung der D-Mark, den allerdings mit der Bundesregierung kaum jemand teilen mochte.

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Das hat jeder gemacht!)

    Da gab es den Glauben an die Möglichkeit, eine ganze Volkswirtschaft, eine todkranke dazu, auf die schnelle zu privatisieren, ohne sie dabei endgültig zu ruinieren. Da gibt es immer noch den Glauben, staatliche Struktur- und Industriepolitik sei verhängnisvoll.
    Wir sollten es in der Wirtschaftspolitik nicht mit Glauben versuchen, sondern mit Wissen und Vernunft. Das kostet weniger Arbeitsplätze.
    Seit Inkrafttreten der Wirtschafts- und Währungsunion hat sich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation im Osten Deutschlands dramatisch zugespitzt. Das Niveau der wirtschaftlichen Aktivität ist insgesamt drastisch gesunken. Um gut 65 % sank die Bruttowertschöpfung der Industrie vom ersten Halbjahr 1990 bis zum ersten Halbjahr 1991, und das, obwohl sie im vorangegangenen Jahr ebenfalls deutlich gefallen war.
    Selbst der erhoffte Beschäftigungseffekt im Dienstleistungsgewerbe, das in der DDR stark unterentwikkelt war, ist bislang ausgeblieben.

    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/ CSU]: Das stimmt doch nicht!)

    Gegenwärtig weiß niemand, welche Wirtschaftsbranchen im Osten Zukunft haben. Das ist einer der wenig genannten Gründe für ausbleibende Investitionen.
    Investoren sollten jetzt mit voller Montur ins kalte Wasser springen — genau den Schritt wagen, der uns



    Werner Schulz (Berlin)

    bei der Wirtschafts- und Währungsunion empfohlen wurde — zu denen, die dort verzweifelt schwimmen und erbarmungslos unterzugehen drohen. Jetzt gilt es Risikobereitschaft, die so viel gelobte Stärke der Marktwirtschaft, zu beweisen, bevor die Bedenkenträger einer risikolosen Marktaufteilung vor Ort sind.
    Bei aller Freude über Existenzgründungen — die nicht nur beim Start unterstützt werden müssen, weil es ein großes Wagnis für Menschen ist, die keine marktwirtschaftliche Erfahrung haben und zudem einem harten Wettbewerb ausgesetzt sind — : Gleichzeitig brechen Existenzen zusammen, z. B. mittelständische Betriebe, Handwerksbetriebe, Kommissionshandel, die sich unter hohem Kraftaufwand sogar zu SED-Zeiten gehalten haben. Die Treuhandanstalt rechnet noch in diesem Jahr mit 400 000 Arbeitslosen zusätzlich.
    Der Wert der Warenlieferungen aus der alten Bundesrepublik in die neuen Bundesländer ist im Juni 1991 gegenüber dem Vorjahresmonat um 17 To gestiegen. Der Wert der entsprechenden Lieferungen von Ost nach West nahm dagegen um 38 % ab.

    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/ CSU]: Das war doch zu erwarten!)

    Sechsmal so viele Waren wandern von West nach Ost über die nicht mehr existierende Grenze als in umgekehrter Richtung.
    Die Steuereinnahmen der ostdeutschen Länder liegen teilweise deutlich unter den in den Haushaltsplänen eingestellten Werten. So ist von vorgesehenen 3,6 Milliarden DM Steuereinnahmen des Landes Sachsen-Anhalt bisher lediglich 1 Milliarde DM in der Kasse.
    Wir Bürger der ehemaligen DDR wissen sehr gut, daß die Ursache dieser für die Menschen im Osten existenzbedrohenden Entwicklung in erster Linie in dem menschenfeindlichen und ineffizienten Gesellschafts- und Wirtschaftssystem der DDR zu suchen ist. Aber das spricht die Bundesregierung nicht frei von der Verantwortung für ihren Anteil an der Misere.

    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/ CSU]: Wir übernehmen die Verantwortung!)

    Mit jedem Tag zieht die Behauptung weniger, daß die Mißerfolge und Fehler der Bundesregierung eine direkte Folge der Erblast des Sozialismus seien. Sie haben sich an dieses Argumentationsmuster gewöhnt. Aber das macht es nicht überzeugender.

    (Michael Glos [CDU/CSU]: Aber es ist richtig!)

    Der Treuhandanstalt, die unbestreitbar einiges bei der Privatisierung erreicht hat, fehlt nach wie vor ein überzeugendes Konzept für die große Zahl der ihr anvertrauten Unternehmen, die auf kurze Zeit nicht privatisierbar, aber auf mittlere Sicht sanierungsfähig sind. Wenn diese Betriebe dichtgemacht werden oder verkommen, dann wird die industrielle Basis in Ostdeutschland beängstigend schmal. „In ihrer Struktur, Arbeitsweise und Größe" — schreibt Harry Maier, ein früherer DDR-Ökonom, der es weiß — „ähnelt die
    Treuhand sehr stark der ehemaligen Plankommission der DDR. "
    Den Unternehmen hat sie die Entscheidungsbefugnisse genommen, und das Management ist völlig von ihr abhängig. Zwangsweise teilt sie auch die Gebrechen ihrer Vorgängerin: Sie unterliegt keinerlei demokratischer Kontrolle und trägt nicht das Risiko für ihre Entscheidungen.

    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/ CSU]: Aber sie wird aufgelöst!)

    Wir fordern seit März dieses Jahres, der Treuhandanstalt einen gesetzlichen Sanierungsauftrag zu geben, und haben, wie Sie wissen, vor der Sommerpause einen solchen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Ministerpräsident Engholm hat diese Woche in Leipzig ebenfalls einen solchen Auftrag gefordert. Dann ist dies sicherlich in der SPD Konsens. Schließen Sie sich unserem Gesetzentwurf an, meine Damen und Herren von der SPD; gemeinsam mit dem christdemokratischen Arbeitnehmerflügel haben wir dann eine satte Mehrheit für dieses notwendige Vorhaben.

    (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/ CSU]: Das ist auch nur eine Hoffnung!)

    Ein weiteres Hindernis für eine sozial und ökologisch gestaltete Wirtschaftsentwicklung in Ostdeutschland ist der unglaubliche Stromvertrag, den westdeutsche Energiemultis, unterstützt von der Bundesregierung, mit der Regierung de Maizière geschlossen haben. Dieser Vertrag steht nurmehr auf tönernen Füßen. Weit über hundert Kommunen in den neuen Ländern sind bereit, ihre Eigentumsrechte an den Energieversorgungseinrichtungen einzuklagen. Darüber hinaus wird immer deutlicher, daß auch die neuen Länder Eigentumsrechte an den Energieversorgungseinrichtungen, insbesondere den lukrativen Leitungsnetzen, besitzen.
    Die Einrichtung von Stadtwerken, die viele Kommunen fordern, kann ein guter Schritt zur Entwicklung einer dezentralen, hocheffizienten und wegweisenden Energieversorgung sein. Diese Bestrebungen sollten von der Bundesregierung unterstützt und nicht gehemmt werden.
    Wir können Sie nur auffordern: Tun Sie im Interesse der Länder und Kommunen in Ostdeutschland das, was notwendig ist. Machen Sie den beteiligten Energieversorgungsunternehmen klar, daß der Stromvertrag nicht zu halten sein wird, und ebnen Sie den Weg für eine zügige Revision dieses ungleichen Vertrages. Es geht doch nicht darum, die westdeutschen Energieunternehmen vom Markt zu drängen.
    Selbst der routinierte Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Rudi Walther, hat Schwierigkeiten, die zugunsten des Beitrittsgebietes vorgesehenen Haushaltsmittel zu finden. Wie mag es da erst den Bürgerinnen und Bürgern in Ostdeutschland gehen, durch die verwirrende Vielfalt von Fördermitteln, Steuervergünstigungen, Zuschüssen, Zuwendungen, Hilfen durchzublicken? Solches Förderwirrwarr ist nicht nur äußerst undurchsichtig für Antragsteller und Verwaltung, es zeugt auch von mangelnder Konzeption.
    3136 Deutscher Bundestag — 12, Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1991
    Werner Schulz (Berlin)

    Es ist gerade noch möglich, den Mittelabfluß der unterschiedlichen Programme zur Kenntnis zu nehmen. Ihre Wirksamkeit jedoch zu überwachen und zu verbessern, die regional sehr abweichenden Verhältnisse einzubeziehen, ist mit Sicherheit schon nicht mehr möglich. Um Investitionsanreize zu erzielen, ist das Sammelsurium von über 700 Fördermaßnahmen zu kompliziert, zu verzweigt und unübersichtlich.
    Angesichts der deutlichen regionalen und sektoralen Unterschiede, die sich an divergierenden Entwicklungen etwa der Investitionen oder der Arbeitslosenquote nachzeichnen lassen, ist es an der Zeit, gezielt und konzentriert Schwerpunkte bei der Förderung zu setzen. Erst im Rahmen regionaler Entwicklungskonzepte werden Umschulung und Qualifizierung mehr leisten, als die Arbeitslosen zwei Jahre aus der Statistik herauszunehmen.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE, bei der SPD und der PDS/Linke Liste)

    Dezentralisierte Strukturentwicklung ist eine wichtige Voraussetzung für einen sinnvollen Weg aus der Wirtschaftskrise.
    Lassen Sie mich zum Schluß einige Bemerkungen zur wirtschaftspolitischen Vernunft des vorgelegten Haushaltes 1992 machen. Es gibt sicher Situationen, in denen sozial schmerzhafte und ungerechte Maßnahmen wirtschaftspolitisch unausweichlich sind. Die von der Bundesregierung angestrebte Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1 % und ein mögliches weiteres Prozent eiserne Reserve ist es nicht. Daß sie die öffentlichen Haushalte nicht nur auffüllt, sondern zu Teilen auch belastet, sei nur am Rande erwähnt. Gerade unter den Bedingungen einer aufkommenden Stagflation ist diese preistreibende Steuer Gift. Die Bundesbank hat die Antwort bereits gegeben und der inflationären Haushaltspolitik die kontraktive Geldpolitik entgegengesetzt. Das ist der Mechanismus der Stagflation.
    Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

    (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE, bei der SPD und der PDS/Linke Liste)