Rede von
Hans-Werner
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf einmal daran erinnern, worüber wir hier eigentlich debattieren: Wir debattieren über den Antrag der SPD „Verbilligte Abgabe von Grundstücken aus Bundesbesitz für den sozialen Wohnungsbau".
Herr Kollege Müntefering, mein Eindruck ist, daß Sie über ein vollkommen anderes Thema gesprochen haben.
Wir können dem Antrag, den Sie hier stellen, unsere Zustimmung nicht erteilen; denn die Grundstücke im Bundesbesitz, die wir abgeben sollen, können das Problem nicht lösen. Es wird überhaupt nicht bestritten, daß angesichts der derzeitigen Situation auf dem Wohnungsmarkt die Zurverfügungstellung von Grundstücken ein Problem darstellt. Aber die Fläche der Grundstücke, die dem Bund gehören und die für den hier zu diskutierenden Zweck überhaupt zur Verfügung stehen, ist derartig gering, daß wir tunlichst nicht den Eindruck erwecken sollten, mit dem jetzt zu diskutierenden Antrag wären die Probleme des sozia-
Müller
len Wohnungsbaus zu lösen. Das wäre Etikettenschwindel.
Man muß sich schon an die Kommunen wenden, die über ein Vielfaches an Grundstücksfläche, die dem sozialen Wohnungsbau sicher zur Verfügung gestellt werden kann, verfügen.
Ich will in der gebotenen Kürze einmal die Argumente vortragen, die uns veranlassen, diesem Antrag nicht näherzutreten. Wir handhaben derzeit den Grundstücksverkauf aus Bundeseigentum, soweit es Bauerwartungsland ist, auf Grund von Haushaltsvermerken wie folgt: 15 % Nachlaß, wobei der Gesamtbetrag 2 Millionen DM jährlich nicht überschreiten soll. Es sei daran erinnert, daß dieser Nachlaß in den vergangenen Jahren nicht annähernd ausgeschöpft worden ist,
und zwar auch deshalb nicht, weil dem Bund derzeit nur noch etwa 120 ha als Bauerwartungsland zur Verfügung stehen. In den letzten Jahren sind insgesamt 5 400 ha seitens des Bundes veräußert worden.
Im übrigen darf ich noch einmal die Länder und die Gemeinden ansprechen. Das Vorbild des Bundes hat bei den Ländern und den Gemeinden nicht zu den entsprechenden Reaktionen geführt. Die Länder und Gemeinden haben sich an der Aktion des Bundes nicht beteiligt. Es ist auch kein einziger Fall bekannt, bei dem die Anwendung der vorhandenen Instrumente den Bau von Wohnungen im sozialen Wohnungsbau verhindert hätte.
Grundsätzlich gilt auch, daß die Kompetenz des Bundes im Bereich des sozialen Wohnungsbaus lediglich auf die Mitfinanzierung nach Art. 104 a unseres Grundgesetzes beschränkt ist.
Über das Setzen von Rahmenbedingungen und seine finanziellen Beteiligungen nach den Wohnungsbauförderungsgesetzen hinaus kann der Bund nicht auch noch über einen ermäßigten Grundstückspreis den Wohnungsbau, für den die Länder und Gemeinden zuständig sind, subventionieren.
— Soweit zum Grundsatz.
Eine Erhöhung des Preisnachlasses auf 50 % führt auch zu einer Inanspruchnahme der gesetzlich vorgesehenen kürzeren Bindungszeit: 10 statt 30 Jahre. Ist aber die Bindungszeit abgelaufen, kann der Bauträger die volle Marktmiete erzielen und die Grundstücke am Markt sogar zu einem guten Preis verkaufen.
Daher betonen wir noch einmal den Grundsatz: Je kürzer die Bindungszeit, um so weniger ist Preisnachlaß gerechtfertigt. Dieser Grundsatz hilft auch, die Spekulationen zu verhindern.
Wer glaubt, mit der Zurverfügungstellung von bundeseigenen Grundstücken die Wohnungsbauförderung breit zu streuen, der irrt. Die Standorte der
Grundstücke, die der Bund besitzt, sind eher zufällig. Eine Verbilligung ist also eine Zufallsförderung. Dazu ein Beispiel: Im Herzen des Ruhrgebietes hat der Bund nicht ein einziges Grundstück, das für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden könnte.
Ich will auch das aufgreifen, was Sie, Herr Müntefering, hinsichtlich der frei werdenden Liegenschaften, wenn jetzt die alliierten Streitkräfte abziehen, gesagt haben
— auch die deutschen —: Das bringt keineswegs die große Entlastung. Kasernen, Munitionslager, Tanklager, Standortübungsplätze sind keine ideale Reservefläche für den sozialen Wohnungsbau. Sie hegen meistens nicht in den Ballungsgebieten, so daß sie für diese Zwecke nicht gut zu verwenden sind.
Lassen Sie mich schließlich auf das Instrument des Erbbaurechtes hinweisen. Auch dies ist ein wichtiger Grund, die Erhöhung des Preisnachlasses nicht vorzunehmen. Es ist bei uns gängige Praxis, den Erbbauzins in schwierigen Fällen abzusenken. Damit stellt das Erbbaurecht ein wesentlich besseres Instrument dar, dem gesteckten Ziel näherzukommen. Ich bitte daher um Verständnis, wenn wir diesem Antrag nicht zustimmen können.
Herzlichen Dank.