Rede:
ID1117810900

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Franz: 1
    7. Müntefering.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/178 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 178. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof in Verbindung mit Tagesordnungspunkt II: Beratung des Antrags der Abgeordneten Stratmann, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verzicht auf Privatisierung der Salzgitter AG und Verhinderung der Großfusion PreussagSalzgitter (Drucksache 11/5536) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Beratung des Antrags des Abgeordneten Schmidt (Salzgitter), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verkauf/ Privatisierung der Salzgitter AG an die Preussag (Drucksache 11/5609) Frau Matthäus-Maier SPD 13597 D Borchert CDU/CSU 13605 A Frau Vennegerts GRÜNE 13609 B Dr. Weng (Gerungen) FDP 13614 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 13620 B Wieczorek (Duisburg) SPD 13631 A Roth (Gießen) CDU/CSU 13634 B Dr. Struck SPD 13637 C, 13645 C Dr. Pfennig CDU/CSU 13640 C Schmidt (Salzgitter) SPD 13642 C Sauer (Salzgitter) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13644 B Frau Vennegerts GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13645 A Namentliche Abstimmung 13646 B Ergebnis 13654 D Ergebnis der Abstimmung über Einzelplan 60 13672A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Nehm SPD 13646 C Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . 13648B Frau Teubner GRÜNE 13651 D Dr. Hitschler FDP 13656 B Müntefering SPD 13659 A Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau 13662 C Conradi SPD 13666 D Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 13668 C Grünbeck FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671A Conradi SPD (Erklärung nach § 30 GO) 13671B Dr. Hitschler FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft Frau Blunck SPD 13672 B Rossmanith CDU/CSU 13674 A Frau Saibold GRÜNE 13678 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13680 B Vahlberg SPD 13682 D Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 13686 B Frau Conrad SPD 13689A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie Zander SPD 13693 A Austermann CDU/CSU 13696 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 13699 B Zywietz FDP 13700 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13703A Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Purps SPD 13707 B Windelen CDU/CSU 13710 C Weiss (München) GRÜNE 13713 C Zywietz FDP 13715A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMV 13716D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Esters SPD 13719D Dr. Neuling CDU/CSU 13722 A Volmer GRÜNE 13724 C Frau Seiler-Albring FDP 13727 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . . 13729A Nächste Sitzung 13731 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13732* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 13597 178. Sitzung Bonn, den 29. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Büchner (Speyer) SPD 01. 12. 89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29. 11. 89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12. 89 Hörster CDU/CSU 30. 11. 89 Jaunich SPD 01. 12.89 Kastning SPD 29. 11. 89 Kiechle CDU/CSU 29. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Kolbow SPD 01. 12. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Dr. Mahlo CDU/CSU 29. 11. 89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Müller (Düsseldorf) SPD 29. 11. 89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89* Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01. 12. 89 Paterna SPD 01. 12. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 01. 12. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11. 89 Schreiner SPD 29. 11. 89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Sielaff SPD 30. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12. 89 Frau Trenz GRÜNE 01. 12. 89 Verheugen SPD 30. 11. 89 Wartenberg (Berlin) SPD 29. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walter Hitschler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn alle Bürger in der Bundesrepublik Deutschland in so verdichteten Wohngebieten wohnen würden, wie die Kollegin Teubner uns das soeben empfohlen hat, dann würden wir wahrscheinlich auch alle so verbissen wie sie in der Gegend herumlaufen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Wollny [GRÜNE]: Sie ist ganz fröhlich!)

    Am Wohnungsmarkt sind über einen längeren Zeitraum immer wieder zyklische Pendelbewegungen zwischen Leerständen einerseits und starkem Nachfragedruck andererseits zu beobachten. Diese Pendelbewegungen finden ihre Erklärung in wellenartigen Nachfrageentwicklungen auf Grund der konjunkturellen Einkommensentwicklung, der unterschiedlich ausgeprägten Bevölkerungsbewegungen, der veränderten Lebensgewohnheiten und einer zeitlich verzögerten Angebotsanpassung von Wohnraum auf Grund der erforderlichen Bauzeit zur Schaffung desselben.
    Seit Mitte des Jahres 1987 deuteten erste Anzeichen auf einen Umschwung am Wohnungsmarkt hin, der bis dahin von erheblichen Wohnungshalden gekennzeichnet war. Die Situation des Überangebots an Wohnungen in der Mitte der 80er Jahre führte bekanntlich zu erheblichen Schwierigkeiten einiger Wohnungsunternehmen, aber auch der Bauwirtschaft, die ihre Baukapazität stark zurückfahren mußte. Zahlreiche Konkurse von Bauunternehmun-
    *) Ergebnis der Abstimmung über Epl. 60 Seite 13672 B
    gen waren eine schmerzliche Begleiterscheinung dieser Entwicklung. Bund, Länder und Gemeinden hatten ihre Mittel zur Förderung des Wohnungsbaus im Gleichschritt kontinuierlich reduziert.

    (Conradi [SPD]: Gleichschritt ist immer schlecht!)

    Innerhalb eines Jahres hat sich die Situation grundlegend gewandelt. Verschiedene Gründe, allen voran die stark gestiegenen Realeinkommen, aber auch die zahlreichen neuen Haushaltsgründungen analog der Bevölkerungsentwicklung, der Zuzug von außen, die Entwicklung der Scheidungsrate

    (Müntefering [SPD]: Ja, ja, alles innerhalb eines Jahres!)

    und der Wunsch nach eigenständiger Haushaltsführung von jungen Leuten und vielen älteren Mitbürgern ließen die Nachfrage kräftig wachsen. Sie traf am Markt zunächst auf ein schlechtes Investitionsklima; denn die Leerstände — noch vom Jahr zuvor — hatten bei Vermietern und Investoren negative Erfahrungen hinterlassen und keine große Investitionslust geweckt, war die Baukonjunktur doch bis dato gerade vom Eigenheimbau und der Altbausanierung getragen.
    Auch wenn die Wohnraumversorgung des überwiegenden Teils unserer Bevölkerung als ausgezeichnet zu bezeichnen war und ist — die Wohnfläche pro Kopf der Bevölkerung ist kräftig gestiegen, und die Ausstattungsqualität der Wohnungen wurde nachhaltig verbessert — , bedurfte die neue Situation einer Begünstigung des Investitionsklimas, zunächst einmal für den privaten Mietwohnungsbau, der fast völlig zum Erliegen gekommen war. Bereits Mitte 1988 wurde die Bundesregierung initiativ. Für das Jahr 1989 wurde ein Sonderprogramm zur Wohnraumversorgung von Aussiedlern in Höhe von 750 Millionen DM aufgelegt,

    (Conradi [SPD]: Das war ein ganz besonderes Programm! Es hat uns viel Freude gemacht!)

    das eine siebenjährige Belegungsbindung bei einem Zuschuß von 50 000 DM von Bund und Land pro Wohneinheit vorsah.
    Im September 1988 beschloß das Kabinett den sogenannten dritten Förderweg der vereinbarten Förderung, der neben dem ersten und zweiten Förderweg ein flexibleres Instrument der Wohnungsbauförderung darstellt, weil die wesentlichen Vertragsbestandteile zwischen Darlehensgeber und Bauherr frei ausgehandelt werden können und bei kürzeren Bindungszeiten einen erheblich geringeren Förderbetrag je Wohnung ermöglichen, mit weniger Mitteln also wesentlich mehr Wohnungen gebaut werden können.
    Im März 1989 schließlich wurden die steuerlichen Abschreibungsbedingungen für den privaten Mietwohnungsbau durch eine Verkürzung der Abschreibungszeit und durch eine starke, degressive Staffelung der Abschreibungssätze verbessert. Innerhalb der ersten zehn Jahre können nunmehr 58% der Herstellkosten steuerlich geltend gemacht werden. Diese Maßnahme zeitigt bereits heute ihre Früchte. Gleichzeitig wurden der Verpflichtungsrahmen für den sozialen Wohnungsbau auf 1,6 Milliarden DM ange-



    Dr. Hitschler
    hoben und eine sechste Mietenstufe für Regionen mit besonders hohem Mietniveau eingeführt. Daneben wurde eine Erleichterung des Tausches von Sozialwohnungen zugunsten von kinderreichen Familien durch eine Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes ermöglicht.
    Die differenzierte Nachfragestruktur legte ein differenziertes Instrumentarium zur Verbesserung des Wohnungsangebotes nahe. Denn der Koalition war im Gegensatz zur Opposition klar, daß Engpässen in der Wohnraumversorgung nur durch eine Verbreiterung des Wohnraumangebotes begegnet werden kann, nicht durch verschärfte Bewirtschaftungsmaßnahmen, worin beispielsweise die rot-grünen Ideologen in Berlin ihr Heil suchen, die die Erfüllung ihres wohnungspolitischen Sendungsbewußtseins in der Lust der Enthaltsamkeit am Bauen finden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Im Oktober 1989 beschloß die Koalition auf Anregung der FDP eine Mobilisierungsabschreibung von fünfmal 20 % des Herstellungsaufwandes für den Um-und Ausbau von Wohnungen aus dem Gebäudebestand, sofern er bisher gewerblich, landwirtschaftlich oder anderweitig genutzt worden war. Alternativ zur Mobilisierungsabschreibung konnte und kann eine dreiprozentige Zinsverbilligung für zehn Jahre bei Begünstigung der Baukosten in Höhe von 75 % bis zu 750 DM pro Quadratmeter in Anspruch genommen werden. Diese Maßnahme wurde damals von der Opposition als „öffentliche Hilfe zum Ausbau von Partykellern" diffamiert. Kein Mittel der Diffamierung ist Ihnen wohl verabscheuungswert, verspricht es Ihnen nur einen auch noch so kurzfristigen Vorteil.
    Die Inanspruchnahme der zinsverbilligten KfW-Kredite weist hingegen gerade dieses Programm als Renner am Wohnungsmarkt aus. Innerhalb von 14 Tagen wurden bewilligungsfähige Anträge für 11 000 Wohnungen mit einem Bauvolumen von über 650 Millionen DM eingereicht. Da die Mobilisierungsabschreibung eine noch etwas günstigere Kondition bietet, darf mit Fug und Recht vermutet werden, daß auf diesem Wege zumindest noch einmal die gleiche Anzahl von Wohnungen gebaut wird.
    Vor allem geht es bei diesem Teilpunkt unseres Gesamtpaketes darum, Wohnraum möglichst kurzfristig dem Markt zuzuführen. Dieses Ziel werden wir erreichen. Ein Großteil dieser Wohnungen wird über den Winter ausgebaut werden können. Da es sich dabei zu einem beträchtlichen Teil um den Ausbau von Dachgeschoßwohnungen handeln dürfte, ist es dringend notwendig, daß die Baunutzungsverordnung die erleichterte Möglichkeiten zum Dachgeschoßausbau vorsieht, endlich auf den Weg gebracht und nicht länger blockiert wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Conradi [SPD]: Wer bremst denn da?)

    All jene, die gegenwärtig noch im Bremserhäuschen sitzen, laden sich eine hohe Verantwortung auf.

    (Conradi [SPD]: Wir nicht!)

    Am 7. November 1989 schließlich wurde das Gesamtpaket fertiggeschnürt. Die Koalition beschloß weitere Maßnahmen zur Förderung des Wohnungsbaus, einigte sich über eine zeitgerechte Wohngeldanpassung nach Vorlage des Mieten- und Wohngeldberichtes und vereinbarte die Verabschiedung eines Maßnahmengesetzes zur Erleichterung des Wohnungsbaus durch Änderungen im Planungs- und Baurecht sowie durch Änderungen mietrechtlicher Vorschriften.
    Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau wurden noch einmal, nunmehr auf 2 Milliarden DM, angehoben und in der mittelfristigen Finanzplanung verstetigt, um mittelfristig der Bauwirtschaft stabile Rahmenbedingungen zu signalisieren. Da der soziale Wohnungsbau in seiner bisherigen Form zu teuer, zu unsozial und zu ineffizient war, werden die zusätzlichen Mittel ausschließlich auf dem dritten Förderweg vergeben. Von den bereits vorher beschlossenen 1,6 Milliarden DM steht der überwiegende Teil für Eigentumsmaßnahmen zur Verfügung.
    Dies erleichterte aus verteilungs- und vermögenspolitischen Gründen uns Freien Demokraten, die wir einen weitgehenden Ausstieg aus der Objektförderung bisheriger Art ansteuern, unsere Zustimmung in der Gewißheit, daß der überwiegende Teil dieser Mittel der Wohneigentumsbildung dient und der Rest zu einem Großteil auf nur mittlere Sicht zu Sozialbindungen führt.
    Daneben wurde ein besonderes Modell einer Kombination von steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten in Verbidung mit einer zehnjährigen Sozialbindung entwickelt, dessen Praxisbewährung wir mit großem Interesse entgegensehen.
    Ein Bausparzwischenfinanzierungsprogramm mit einem Volumen von 500 Millionen DM bringt bei einem Förderungsumfang von 80 000 DM Kreditsumme plus 20 000 DM je Kind eine Zinsverbilligung von 2,5 % auf drei Jahre. Es ermöglicht Bausparern, die in der Regel nicht zu den reichsten Mitbürgern zählen, ihr Bauprojekt zeitlich vorzuziehen. Auch auf diesem Wege werden somit zusätzliche Wohnungen dem Markt zugeführt.
    Ferner setzt der Bund zum Bau von 20 000 Studentenwohnheimplätzen noch einmal 300 Millionen DM ein, um zusätzlich zu den Möglichkeiten, die die Länder über das Strukturhilfegesetz haben, für weitere Entlastung in diesem ganz wichtigen Marktsegment zu sorgen.
    Bei dem Wohnungsbauerleichterungsgesetz geht es neben Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung bei der Bauleitplanung und der Baugenehmigungspraxis auch um die erweiterte Zulässigkeit von Wohnungsbauvorhaben im Außenbereich durch eine Änderung des § 35 des Bundesbaugesetzes. Demnach soll auf einer Hofstelle im Außenbereich künftig die Einrichtung von vier statt von bisher zwei Wohnungen möglich sein, sofern vorhandene Gebäulichkeiten in Wohnraum umgewidmet werden, ohne daß die äußere Gestalt des Gebäudes wesentlich geändert wird.
    Damit werden eine Zielsetzung der Landwirtschaft, nämlich eine weitere Einkommensmöglichkeit zu schaffen und die landwirtschaftlichen Gebäude nicht dem Verfall preiszugeben, und eine wohnungspolitische Absicht glücklich miteinander verbunden. Wir



    Dr. Hitschler
    sind davon überzeugt, daß gerade die Änderungen der §§ 34 und 35 nicht zur Zersiedlung, Zersplitterung und Umweltbelastung, sondern zu neuen Möglichkeiten der interessanten, architektonisch reizvoll gestaltbaren Entwicklung unserer Dörfer, Weiler und Einzelhöfe führen und so Nischen für solche Individualisten, die es nicht in die Ballungszentren zieht, eröffnen.
    Es ist nicht einsehbar, daß alle Menschen in die Wohnblocks des sozialen Wohnungsbaus gezwängt werden sollen. Auch bei der Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses ist Wert zu legen auf Vielfalt und individuelle Gestaltungsmöglichkeiten in den verschiedenen Siedlungsräumen und Siedlungsformen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind der Überzeugung, daß wir mit diesem Gesamtpaket darauf geachtet haben, daß erstens marktwirtschaftliche Elemente Eingang gefunden haben und beachtet wurden, insbesondere durch die steuerlichen Elemente und bei jenen Einzelmaßnahmen, die, ohne Bindungen einzugehen, durchgeführt werden können. Der Erfolg des Aus- und Umbauprogrammes beispielsweise zeigt, daß der Markt reagiert, daß er schnell reagiert, schneller, als dies z. B. über staatliche Wohnungsbaugesellschaften möglich wäre.
    Wir haben zweitens darauf geachtet, daß die private Eigentumsbildung in besonderem Maße gefördert wird, sowohl beim Eigenheimbau und beim Erwerb von Eigentumswohnungen als auch im Mietwohnungsbau. Dies entspricht einer politischen Grundüberzeugung von uns Liberalen, wonach die Wohnungseigentumsbildung der einzelnen Bürger aus vielerlei Gründen wünschenswert und förderungswürdig ist.
    Wir sind auch gemeinsam mit unserem Koalitionspartner ein bißchen stolz darauf, daß wir eine schwierige Aufgabe zusammen, in guter Partnerschaft, ohne großes Gezänk gelöst haben und dabei wirklich konstruktiv zusammengearbeitet haben. Wir haben Handlungsfähigkeit bewiesen. Die Richtigkeit unserer Analyse und der daraufhin getroffenen Maßnahmen wird uns im Sachverständigengutachten der „fünf Weisen" in beeindruckender Weise bestätigt.
    Eines muß aber auch klar sein: Damit sind die finanzpolitischen Möglichkeiten des Bundes zur Förderung des Wohnungsbaus ausgeschöpft. Einen weiteren Nachschlag kann es nicht nur aus haushaltspolitischen Gründen nicht geben, sondern auch deswegen, weil a) die Kapazitäten der Bauwirtschaft, insbesondere im Ausbaugewerbe, an ihre Grenzen stoßen und weil b) die Wohnungspolitik natürlich auch im Kontext der übrigen gesamtwirtschaftlichen Zielsetzungen gesehen werden muß. Wir liegen mit unserem wohnungspolitischen Paket an der obersten Grenze des Mach- und Vertretbaren. Jedes Mehr führt zu unvertretbaren weiteren Preissteigerungen und möglichen geldpolitischen Reaktionen, die wir uns für den Wohnungsbau nicht wünschen können.
    Wir müssen uns deshalb über die dürftigen Einsichten und unmäßigen Steuererhöhungsvorschläge wundern, wie sie vom Städtetag erneut gegen jede wirtschaftliche Vernunft vorgebracht wurden.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Diese Vorschläge passen nun wirklich überhaupt nicht in die Landschaft. Man kann nur sagen: Das Investitionsklima ist gegenwärtig ausgezeichnet; laßt die Leute doch jetzt endlich einmal bauen und erfüllt ihr, Städte und Gemeinden, bitte schön, eure eigenen Hausaufgaben:

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    stellt Bauland zur Verfügung, beschleunigt eure Baugenehmigungspraxis, erwerbt Belegungsrechte zur Wohnraumversorgung der Rand- und Problemgruppen unserer Gesellschaft und versucht, eigene Bauwünsche für Verwaltungszwecke zurückzustellen, um die Kapazitäten für den Wohnungsbau freizuhalten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Auch der Bund wird von uns aufgefordert, den sogenannten Schürmann-Bau zunächst auf Eis zu legen, um damit ein Zeichen zu setzen und mit gutem Beispiel vorangehen.
    Mit Interesse haben wir von dem Angebot der Bauindustrie Kenntnis genommen, die ihre Bereitschaft erklärt hat, ausscheidenden Bergleuten einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Mit noch größerem Interesse werden wir angesichts des eklatanten Baufacharbeitermangels beobachten, wieviel Zeit die Bundesanstalt für Arbeit eigentlich noch benötigt, um die 76 000 arbeitslos gemeldeten Bauarbeiter am Markt unterzubringen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Müntefering [SPD]: Herr Ruf muß sie einstellen! — Ruf [CDU/CSU]: Sofort! Schickt sie mir!)

    Und Sie, meine Damen und Herren Kollegen, sind Ihrerseits aufgefordert und gebeten, nunmehr draußen dafür zu sorgen, daß auch alle Bauwilligen dieses Programm kennenlernen.
    Information tut not. Ich hoffe natürlich, daß das Bauministerium und das Bundespresse- und -informationsamt das Ihre zur Aufklärung der Bevölkerung beitragen. Deshalb werden wir auch den Antrag der SPD-Fraktion, den Titel 53 103 zu kürzen, ablehnen müssen, weil er dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung zuwiderlaufen würde.

    (Müntefering [SPD]: Ein reiner Propagandatitel!)

    Die Opposition hat einen Änderungsantrag zum Einzelplan 25 vorgelegt, in dem sie sozusagen als einzige Maßnahme die Aufstockung der Mittel für den sozialen Wohungsbau auf die nunmehr neue Rekordhöhe von 3,5 Milliarden DM fordert. Mehr ist ihr dazu dann nicht mehr eingefallen. Da kann man nur sagen: O sancta simplicitas! Es müßte Ihnen doch allmählich auffallen, daß Sie jedesmal, wenn Sie in einer Ihrer Begründungen den Vorwurf erheben, die Bundesregierung betreibe eine Kahlschlagpolitik, Ihre eigene Ratlosigkeit dokumentieren.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




    Dr. Hitschler
    Unsere Empfehlung zur Vermeidung der Wiederholung dieses einfallslosen Vorschlages, der nur der Abstandswahrung vom Regierungsentwurf dient: Denken Sie einmal an die Folgen für die Baukosten, für die Mieten und für die Zinsen, wenn wir das tun wollten, was Sie vorschlagen, und lesen Sie nach, was die Sachverständigen in ihrem Gutachten zum sozialen Wohnungsbau geschrieben haben. Ich bin überzeugt, daß bei dieser Lektüre Ihre ökonomische Einsichtsfähigkeit wachsen wird. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Franz Müntefering.

(Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Er wird privilegiert behandelt, er wird mit Vornamen aufgerufen!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Franz Müntefering


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Wohnungspolitik hat die Bundesregierung seit 1983 falsch gemacht, was sie falsch machen konnte. Deshalb ist seitens der Opposition auch aufzuzählen, was da alles an Versäumnissen zusammengekommen ist.
    Die Bundesregierung hat seit 1983 erstens den sozialen Wohnungsbau — als Neubau und als Bestand — bekämpft. Sie hat gesagt: Der Markt macht das. Aber es hat sich gezeigt: Der freie Markt ist dazu nicht in der Lage.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Der freie Markt hat viel schneller reagiert!)

    Der Markt ist sozial blind.
    Zweitens hat die Bundesregierung die Fakten über die heraufziehende Wohnungsnot ignoriert, die seit langem erkennbar waren. Jetzt versucht sie, sich hinter den Zuwanderern zu verstecken. Frau Ministerin, Sie haben nicht einmal den Mut, den Menschen, die sich überlegen, ob sie nicht auch noch zu uns kommen wollen, deutlich zu sagen: Wir haben hier zur Zeit keine Wohnungen; wer jetzt noch kommt, muß über sehr lange Zeit in Behelfssituationen wohnen, dann bekommt er eine solide und bezahlbare Wohnung, aber wir haben zur Zeit keine Wohnungen zur Verfügung. Das müssen Sie, bitte schön, deutlich sagen und nicht immer so tun, als ob das alles noch schnell in ein paar Wochen zu lösen sei.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die Bundesregierung hat bis Anfang dieses Jahres jeden Handlungsbedarf bestritten und dann in der „Hasselfeldter Springprozession" in sechs Monaten drei Programme beschlossen. Herr Schroeder hat vorhin gesagt: Der beste Mieterschutz sind ausreichend viele Wohnungen. Wohl wahr! Nur, wenn das so ist, müßten Sie doch in den letzten Jahren etwas gemerkt haben. Der Wohnungsbau ging von Jahr zu Jahr herunter,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Und die Nachfrage! — Wie war das mit Ihren Vorschlägen zum Rückbau? Wer hat diese Vorschläge gemacht?)

    im letzten Jahr auf 208 000. Wenn es so ist, daß man
    viele Wohnungen braucht, um Entlastung am Mietermarkt zu bekommen, dann hätten Sie ja wohl merken
    können, daß 208 000 Wohnungen im letzten Jahr nicht reichen konnten. Aber Ende letzten Jahres und noch Anfang dieses Jahres haben Sie an dieser Stelle gesagt: Alles in Ordnung, kein Handlungsbedarf.
    Nun konnte man vor einigen Wochen Hoffnung schöpfen; denn plötzlich erklärte der Kanzler das Thema zur Chefsache. Er hatte offensichtlich etwas gemerkt. Die Hoffnung hat allerdings getrogen: Das Programm, das am 7. November vorgelegt worden ist, und das, was der Kanzler gestern in der Regierungserklärung dazu gesagt hat, werden dem Thema nun weiß Gott nicht gerecht.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Na, na!)

    Der Kanzler hat zum Thema „Wohnungsnot" drei Bemerkungen gemacht, und alle drei waren gleichermaßen unsinnig:
    Erstens hat der Kanzler behauptet, die Bedenken gegen die Volks- und Gebäudezählung hätten das Minus an Wohnungen erst sehr spät erkennbar gemacht.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Stimmt!)

    Selbstverständlich hat die Bundesregierung gewußt, daß die Zahl der Haushalte zunimmt, daß die Haushalte kleiner werden, daß die geburtenstarken Jahrgänge jetzt Wohnungen nachfragen, daß der Wohnflächenbedarf jedes Jahr um einen halben Quadratmeter pro Person steigt, daß 2,7 Millionen Wohnungen älter als 90 Jahre sind und bald wegfallen werden, daß die Oberbürgermeister und die Wohnungsämter gewarnt haben. Der Mieterbund und die Makler, alle haben seit zwei, drei Jahren gesagt: Dies geht nicht gut; wir bekommen Wohnungsknappheit, wir bekommen Wohnungsnot. Die SPD, bitte schön, hat ja einige Anträge dazu im Deutschen Bundestag eingebracht. Daß der Bundeskanzler jetzt versucht, die Wohnungsnot in der Bundesrepublik mit der Terminierung der Volks- und Gebäudezählung zu erklären, ist wirklich lächerlich.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens hat der Bundeskanzler behauptet, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau flössen vor Ort nicht schnell genug ab. Nun ist ganz sicher richtig: Es muß Druck gemacht werden. Jeder vermeidbare bürokratische Kram muß beiseite geschoben werden. Wir sind sehr dafür; aber ich sage auch ganz klipp und klar: Wir werden an der Bürgerbeteiligung festhalten. Bei all dem, was zu planen und zu entscheiden ist, werden wir die Bürger aus der Entscheidung vor Ort, aus dem Entscheidungsprozeß nicht herausnehmen. Wir sind gut beraten, wenn wir uns da nicht auf ein Verfahren kaprizieren, bei dem wir glauben, daß ginge nun alles schnell und an den Bürgern vorbei.
    Drittens hat der Kanzler festgestellt, der Bund stelle in den nächsten vier Jahren 8 Milliarden DM Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung, und das bedeutet 500 000 Sozialwohnungen. Da hätte er lieber seinen Taschenrechner zu Rate ziehen sollen; denn eine echte Sozialwohnung mit langfristiger Kostenmiet- und Belegungsbindung kostet im Bundesdurch-



    Müntefering
    schnitt in der Förderung 100 000 DM; mal mehr, mal weniger, aber 100 000 DM im Durchschnitt.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist Ihre Art zu bauen!)

    Wenn man rechnet, dann bedeuten die 2 Milliarden DM Bundesmittel — 8 Milliarden DM in vier Jahren — nicht 500 000 Wohnungen, sondern jedes Jahr 20 000 Wohnungen, also 80 000 Wohnungen in vier Jahren.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist ja absoluter Quatsch, was Sie sagen! Das ist aber unter Ihrem Niveau!)

    80 000 Wohnungen werden dabei herauskommen; von 500 000 hat der Bundeskanzler gestern gesprochen. Vielleicht sagen Sie ihm das, damit er nicht weiter solche falschen Zahlen in die Welt setzt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ich sage Ihnen nachher noch etwas!)

    Der Bundeskanzler handelt mit Wundertüten, aber Sozialwohnungen kommen da nicht heraus. Nach nur sieben Jahren, 1996, sollen die so geförderten Wohnungen schon wieder aus den Bindungen herausfallen. Es sind dann keine Sozialwohnungen mehr, sondern sie fallen in den sogenannten freien Wohnungsmarkt. Wenn die letzten jetzt versprochenen Wohnungen gebaut sind, dann fallen die ersten aus der Sozialbindung schon wieder heraus. Deshalb ist das eine unsoziale Wohnungspolitik, die Sie machen!

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Es genügt auch nicht, in dieser wohnungspolitischen Sackgasse Gas zu geben, ohne vorher die Richtung zu korrigieren. Man sollte das vorsichtshalber tun. Deshalb sollten Sie auch wissen, daß das einfache Verbessern von Zinskonditionen und von Abschreibungssätzen das Problem nicht löst, zumal Sie — dilettantisch genug — durch eine Anhebung der Normalabschreibung die Attraktivität der Sonderabschreibung mit Sozialbindung, die Sie jetzt aufs Tablett gehoben haben, uninteressant gemacht haben. Da findet ein Bluff statt. In Wirklichkeit wird da natürlich ganz wenig passieren; denn das, was der potentielle Bauherr an Interesse gewinnen kann, haben Sie durch die Anhebung der Normalabschreibung längst konterkariert.
    Die Wohnungspolitik braucht zwei Standbeine:
    Erstens. Der Neubau muß verstärkt werden: als Mietwohnungs- und als Eigenheimbau, als Neubau von Häusern und als Umbau und Ausbau im Bestand, als sozialer und als freifinanzierter Wohnungsbau.
    Zweitens. Der Wohnungsbestand muß in seiner sozialen Funktion gesichert werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Menschen, auch die finanziell schwach Dastehenden, müssen in ihren Wohnungen sozial und sicher wohnen können. Die Bundesregierung kümmert sich um den Neubau nur halbherzig. Ihr Engagement für den sozialen Mietwohnungsbau ist bisher pflaumenweich geblieben. Um die Sicherung des Sozialwohnungsbestandes kümmert sich die Regierung überhaupt nicht; sie läßt die Mieter im Stich.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Was Sie da sagen, ist einfach falsch!)

    Ihre Einstellung zum sozialen Wohnungsbau wird auch deutlich, wenn man sich ansieht, wie Sie Ihre Mittel abfließen lassen wollen. Wenn man eine Wohnung baut, dann ist sie nach zwei oder drei Jahren fertig, und dann muß man sein Darlehen geben, wenn man das vorher verspricht. Das war beim sozialen Wohnungsbau bisher auch immer so. Sie nehmen aber jetzt 1,4 Milliarden DM und verteilen die in sieben Jahren. Die letzten Mittel kommen erst im Jahre 1996 bei den Ländern an. Die Ländern sollen vorfinanzieren. Die 2 Milliarden DM, die Sie jetzt im Etat haben, sind natürlich nicht 2 Milliarden DM wert; sie müssen verzinst werden, sie sind 1,6 Milliarden oder 1,7 Milliarden DM wert. Das Ganze zeigt nur, daß Sie es mit dem sozialen Wohnungsbau nicht wirklich ernst meinen,

    (Conradi [SPD]: Wechselreiterei!)

    sondern unter einer falschen Überschrift irgendeinen Zwitter haben wollen, der aber in Wirklichkeit kein langfristig funktionierender sozialer Wohnungsbau ist. Deshalb lehnen wir das ab.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Unsere weitergehenden Forderungen zum Neubau: jährlich 3,5 Milliarden DM Bundesfinanzhilfen für echten sozialen Wohnungsbau mit langfristigen Mietpreis- und Belegungsbindungen im Jahre 1990 und in den Folgejahren dieses Jahrzehnts; da braucht man nicht nur zwei oder drei Jahre. Die Fraktionsvorsitzenden der sozialdemokratischen Fraktionen im Bund und in den Ländern haben in dieser Woche die Forderung dieser Verstetigung für die Dauer der 90er Jahre beschlossen. Wir werden mit der Wohnungsknappheit und mit der Wohnungsnot, die wir heute haben, noch in der zweiten Hälfte der 90er Jahre zu tun haben, so daß es schon vernünftig sein wird, daß wir ein mittel- und langfristiges Konzept daraus machen.
    Auch die Kommunen und die Wohnungsbaubranche brauchen eine mittel- und langfristige Perspektivplanung. Ganz wichtig ist, daß von den 3,5 Milliarden DM Bundesmitteln und von den Mitteln, die von den Ländern und Gemeinden dazukommen, ein angemessen großer Teil in die Universitätsstädte fließt, damit geholfen wird, die Probleme im studentischen Wohnungsbereich zu lösen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Auch die 3,5 Milliarden DM für 1991 sollen nach dem Willen der Sozialdemokraten und nach unserem Antrag schon in dieser Woche beschlossen werden. Wir möchten eine Vorveranschlagung der Mittel für 1991, denn so können die Mittel rechtzeitig durch die Bewilligungsstellen vor Ort laufen, und vor dem 1. Januar 1991 werden die Zusagen bei den Bauherren sein, so daß keine Zeit verlorengeht. Deshalb ist die Vorveranschlagung eine wichtige Maßnahme, um die Kapazitäten auch voll nutzen zu können.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Der Herr Zöpel verzögert doch immer!)




    Müntefering
    Da der Herr Möller das offensichtlich nicht glaubt, will ich noch einen Satz dazu sagen. Wir haben uns immer wieder damit auseinanderzusetzen, Herr Dr. Möller, daß die potentiellen Bauherren im Februar oder im März immer noch auf die öffentlichen Mittel warten und nicht beginnen können. Wenn die aber vor Beginn des Jahres da sind und zugesagt sind, dann kann man, wenn das Wetter danach ist, gleich zu Beginn des Jahres beginnen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das kann man aber auch anders regeln, Herr Kollege!)

    Wenn Sie es mit der mittelfristigen Planung Ihres Konzepts ernst meinen, dann sollte Ihnen die Vorveranschlagung für das übernächste Jahr mindestens in der Etathöhe, die Sie anpeilen, heute möglich sein. Wir möchten das für den gesamten Bereich.
    Es muß auch die steuerliche Förderung des selbstgenutzten Wohnungseigentums wirkungsvoller gestaltet werden. Wir kommen auf unseren Antrag von 1985/86 zurück, statt der Freibetragsregelung einen Abzug von der Steuerschuld und ein verbessertes Baukindergeld für den Eigenheimbau einzuführen. Mindestens zeitweise muß der Neubau deutlich besser gefördert werden als der Einkauf in den Bestand. Wir wollen Neubau, wir brauchen Neubau. Wir wis-. sen, daß ein Teil derer, die ein selbstgenutztes Eigenheim neu bauen, Mietwohnungen freimachen, aber dazu muß eben neu gebaut werden. Dazu dürfen wir nicht den Einkauf in den Bestand, sondern müssen den Bau von neuem selbstgenutztem Wohneigentum präferieren.
    Die SPD-Bundestagsfraktion hat am 18. Oktober ein Bausparzwischenfinanzierungsprogramm gefordert. Die Koalition hat es am 7. November beschlossen. Wir können uns einig sein: Das ist eine gute Entscheidung. Die allgemeine Zinspolitik wirkt für den Wohnungsbau allerdings kontraproduktiv. Die Wirkungen der verbesserten Abschreibungssätze und der Zinsverbilligungen werden durch allgemein erhöhte Zinssätze, die im Laufe dieses Jahres entstanden sind, fast aufgefressen. Frankfurt macht Wohnungspolitik mit, und zwar nicht im guten Sinne. Traurig ist, daß die Bundesregierung wort- und tatenlos zusieht und sich dazu nicht einmal äußert.

    (Beifall bei der SPD)

    Beim Neubau braucht der Werkswohnungsbau neue Impulse. Es brauchen nicht nur die Unternehmen Fachleute, sondern die Fachleute brauchen auch Wohnungen. Es muß über Appelle, aber auch durch Vergünstigungen für die Firmen dafür gesorgt werden, daß dieses Potential besser genutzt wird als bisher. Die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, die heute noch gemeinnützig sind und ab 1. Januar leider nicht mehr, müssen in den Stand gesetzt und auch herangezogen und gebeten werden, sich im Neubau zu engagieren. Das ist unser Appell, aber auch unsere Erwartung an die Wohnungsbaugesellschaften. Nachdem es jetzt offensichtlich eine Einigung über die Anfangsbilanz gibt und klar ist, daß die Firmen vom Finanzminister nicht ausgebeutet werden, wie sie das empfunden haben, und nachdem sie das Geld haben, erwarten wir, daß sie sich im nächsten Jahr im Neubau engagieren. Das ist unsere Erwartung, die wir gegenüber diesen Unternehmen deutlich aussprechen.
    Die Regierungskoalition läßt die Kommunen mit dem Baulandproblem allein. Der Neubau muß im Rahmen sinnvoller Stadtentwicklung erfolgen, unter Berücksichtigung von ökologischen und infrastrukturellen Herausforderungen. Es kommt nicht darauf an, irgendwie und irgendwo zu bauen, so dringend das Problem ist, sondern wir müssen es im Rahmen sinnvoller Stadtentwicklung tun. Zuerst müssen die Baulücken genutzt, müssen die Flächen in rechtskräftigen Bebauungsplänen ausgefüllt werden, ehe irgendwo neu zu bauen begonnen wird. Weil das so ist, brauchen die Kommunen zusätzliche Instrumente.
    Wir fordern, daß das Bau- und Nutzungsgebot auch aus wohnungsversorgerischen Gründen ausgesprochen werden kann. Das haben wir schon gefordert, als wir das Baugesetzbuch gemacht haben, aber da war die Koalition noch klüger und hat noch nichts geahnt. Es wäre schon gut, wenn die Städte und Gemeinden sagen könnten: Wir erlegen euch aus wohnungsversorgerischen Gründen auf, da zu bauen, weil wir diese Grundstücke für den Wohnungsbau brauchen. Die Kommunen brauchen ein preislimitiertes Vorkaufsrecht bei Grundstücksgeschäften im Bereich ihrer Städte. Sie brauchen ein Satzungsrecht, mit dem sie unbebaute baureife Grundstücke, die der Bebauung spekulativ vorenthalten werden, mit einer Sondersteuer belegen können. Ich weiß: Wenn ich das sage, zucken viele von Ihnen zurück.

    (Dörflinger [CDU/CSU]: Wir sind ganz ruhig!)

    Aber die Wahrheit ist, wenn es Grundstücke gibt, die überplant sind, die man bebauen könnte, müssen wir wollen, daß die Kommunen ein Instrument bekommen, damit sie diese Grundstücke, wenn sie nicht zur Verfügung gestellt werden, mit einer besonderen Steuer — einer Grundsteuer C oder wie immer man das nennt — , belegen können, damit wir Druck hineinbekommen. Es geht nicht, daß wir uns die Köpfe heißreden, für welche Flächen draußen neue Bebauungspläne aufgelegt werden können, und gleichzeitig bleiben in den Städten und in den überplanten Bereichen die Grundstücke liegen. Das kann so nicht richtig sein. Deshalb muß hier Druck gemacht werden. Dazu müssen wir den Städten und Gemeinden die nötigen Instrumente an die Hand geben.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Es geht auch um die Aktivierung bisheriger Altlasten und Brachflächen. Hier gibt es riesengroße Flächen, die man nutzen kann und die von der Bebauung auch gar nicht so weit weg liegen. Die müssen jetzt für die Bebauung vor Ort greifbar werden.
    Unsere wichtigsten Forderungen zum Bestand. CDU/CSU und FDP ignorieren die Probleme der Mieter im Bestand völlig. Wer aber bei leergefegtem Wohnungsmarkt und bei wachsender Wohnungsnot nicht zusätzlich etwas für den Schutz der Mieter tut, der öffnet Spekulanten Tür und Tor. Die Mieter müssen vor Verdrängung und vor überhöhten Mietforderungen geschützt werden. Wir fordern, die Schutzfrist bei Eigenbedarfskündigung von drei auf sieben Jahre zu



    Müntefering
    verlängern. Die SPD fordert das seit langem. Die Bayerische Staatsregierung ist ebenfalls aktiv geworden. Der Bundesrat hat beschlossen. Aber die Bonner Koalition schweigt. Die FDP erklärt solche Vorschläge sogar für verfassungswidrig. Die Frau Ministerin muß in den nächsten Wochen zeigen, ob sie mehr weißblau oder mehr schwarz-blau ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Darüber hinaus wollen wir den Kommunen ein Satzungsrecht geben, für bestimmte Schwerpunkte zeitlich begrenzt Umwandlungen zu verbieten. Wir wollen, daß Sozialwohnungen, die ihre Bindung verlieren, eine zwölfjährige Nachwirkungsfrist haben. Bisher gibt es in großen Städten eine Frist von acht Jahren, in Städten unter 200 000 Einwohnern jedoch nur von sechs Monaten. Das Problem ist aber längst auch in den Städten unter 200 000 Einwohnern eingekehrt. Wenn jemand, der öffentliche Mittel bekommen hat, die Mittel vorzeitig ablöst, weil er glaubt, er kann mit den Wohnungen, wenn er sie für den freien Markt zur Verfügung hat, mehr Geld verdienen — das ist ja nicht falsch; damit liegt er richtig — , stehen die Wohnungen nach sechs Monaten zur Verfügung — mit Mieterhöhungssprüngen von 30 %. Dies kann nicht richtig sein. Deshalb sagen wir: Verlängerung der Nachwirkungsfrist auf zwölf Jahre. Auch der Bundesrat ist übrigens unserer Meinung. Es wird sich zeigen, ob das, was die B-Länder, die CDU/CSU-FDP-Länder, wenigstens teilweise, im Bundesrat mitbeschließen, auch hier im Deutschen Bundestag hält.
    Die höchstzulässige Mieterhöhungsmarge, 30 To in drei Jahren, muß deutlich reduziert werden. Bei Neuvermietungen gibt es in der gegenwärtigen Situation besonders krasse Beispiele von Mietsprüngen, auch hier muß eine Begrenzung erfolgen.
    Das Wohngeld möchten wir zum 1. Juli 1990 erhöhen. Der Antrag liegt dem Deutschen Bundestag vor. Wir schlagen vor, die Einkommensgrenzen zu erhöhen, die Höchstbeträge zu erhöhen und die Freibeträge für Alleinerziehende und für Schwerstbehinderte und andere Gruppen anzuheben. Der vorliegende SPD-Antrag führt zu einer Steigerung des Wohngeldanspruchs je Empfänger um durchschnittlich 270 DM pro Jahr.
    Minister Schneider, der heute nicht mehr da ist, hat im Februar dieses Jahres für Anfang 1990 eine Wohngelderhöhung um 20 % angekündigt. Herausgekommen ist nichts. Ein Grund mehr zu sagen: Die Wohnungspolitik dieser Bundesregierung ist unglaubwürdig von vorn bis hinten.
    Die SPD fordert ein Bund-Länder-finanziertes Programm, einen Kommunalfonds. Mit seiner Hilfe sollen die Kommunen flexibel Wohnungspolitik machen, Belegungsrechte erwerben, Wohnungen kaufen, Bestandsreserven mobilisieren können. Es ist hier nicht mehr die Zeit, das zu vertiefen. Aber wir sind überzeugt, daß man die Feinsteuerung der Wohnungspolitik immer weniger vom grünen Tisch in Bonn aus machen kann und daß wir den Kommunen größere Handlungsfreiheit geben müssen.

    (Frau Schulte [Hameln] [SPD]: Das ist wohl wahr, Herr Kollege! — Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist eine interessante Aussage! Gleichzeitig fordern Sie Milliarden des Bundes!)

    Dazu ist auch erforderlich, den von Bund und Ländern mitfinanzierten Kommunalfonds zu haben, mit dem wir die Kommunen instand setzen, flexibel auf die Marktsituation einzugehen und Dinge zu tun, die nicht bürokratisch von oben her geregelt werden können.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Unsere Gesellschaft darf sich nicht damit zufriedengeben, daß 90 % von uns gut wohnen, besser als jemals zuvor. Alle Mitbürgerinnen und Mitbürger haben Anspruch darauf, angemessen, sozial und sicher wohnen zu können. Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden ist es, denen zu helfen, die aus eigener Kraft oder als Minderheit am Wohnungsmarkt keine Chance haben.
    Bis jetzt versucht der Bund, sich mit vielen Worten, zuwenig Geld und einer schlechten Konzeption aus der Mitverantwortung wegzustehlen. Die Bundesregierung wird ihrer wohnungspolitischen Verantwortung nicht gerecht.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)