Rede:
ID1117810500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. die: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Frau: 1
    7. Teubner.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/178 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 178. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof in Verbindung mit Tagesordnungspunkt II: Beratung des Antrags der Abgeordneten Stratmann, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verzicht auf Privatisierung der Salzgitter AG und Verhinderung der Großfusion PreussagSalzgitter (Drucksache 11/5536) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt III: Beratung des Antrags des Abgeordneten Schmidt (Salzgitter), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verkauf/ Privatisierung der Salzgitter AG an die Preussag (Drucksache 11/5609) Frau Matthäus-Maier SPD 13597 D Borchert CDU/CSU 13605 A Frau Vennegerts GRÜNE 13609 B Dr. Weng (Gerungen) FDP 13614 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 13620 B Wieczorek (Duisburg) SPD 13631 A Roth (Gießen) CDU/CSU 13634 B Dr. Struck SPD 13637 C, 13645 C Dr. Pfennig CDU/CSU 13640 C Schmidt (Salzgitter) SPD 13642 C Sauer (Salzgitter) CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 13644 B Frau Vennegerts GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13645 A Namentliche Abstimmung 13646 B Ergebnis 13654 D Ergebnis der Abstimmung über Einzelplan 60 13672A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Nehm SPD 13646 C Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . 13648B Frau Teubner GRÜNE 13651 D Dr. Hitschler FDP 13656 B Müntefering SPD 13659 A Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau 13662 C Conradi SPD 13666 D Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 13668 C Grünbeck FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671A Conradi SPD (Erklärung nach § 30 GO) 13671B Dr. Hitschler FDP (Erklärung nach § 30 GO) 13671 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft Frau Blunck SPD 13672 B Rossmanith CDU/CSU 13674 A Frau Saibold GRÜNE 13678 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13680 B Vahlberg SPD 13682 D Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 13686 B Frau Conrad SPD 13689A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie Zander SPD 13693 A Austermann CDU/CSU 13696 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . 13699 B Zywietz FDP 13700 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13703A Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr Purps SPD 13707 B Windelen CDU/CSU 13710 C Weiss (München) GRÜNE 13713 C Zywietz FDP 13715A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMV 13716D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit Esters SPD 13719D Dr. Neuling CDU/CSU 13722 A Volmer GRÜNE 13724 C Frau Seiler-Albring FDP 13727 B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . . 13729A Nächste Sitzung 13731 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13732* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. November 1989 13597 178. Sitzung Bonn, den 29. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Büchner (Speyer) SPD 01. 12. 89 * Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29. 11. 89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von Zuydtwyck CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12. 89 Hörster CDU/CSU 30. 11. 89 Jaunich SPD 01. 12.89 Kastning SPD 29. 11. 89 Kiechle CDU/CSU 29. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12. 89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Kolbow SPD 01. 12. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Linsmeier CDU/CSU 01.12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Dr. Mahlo CDU/CSU 29. 11. 89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Müller (Düsseldorf) SPD 29. 11. 89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89* Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 01. 12. 89 Paterna SPD 01. 12. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 01. 12. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11. 89 Schreiner SPD 29. 11. 89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Sielaff SPD 30. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12. 89 Frau Trenz GRÜNE 01. 12. 89 Verheugen SPD 30. 11. 89 Wartenberg (Berlin) SPD 29. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Conrad Schroeder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Lampe werden wir wohl auch beim neuen Plenarsaal nicht einsparen, Kollege Nehm. Darauf wird es dann wohl auch nicht mehr ankommen.
    Das Ärgernis dieser Legislaturperiode sind zweifellos der Petersberg und der Neubau des Plenarsaals, aber es geht weiter, wie der Blick auf den im neuen Glanz erstrahlenden Petersberg und der hoffnungsvolle Blick hinüber zu der Baustelle des Plenarsaalneubaus zeigen. Einige Köpfe sind schon ausgewechselt; meine Fraktion wird nicht zögern, notwendige Konsequenzen bei Nachweis von Unregelmäßigkeiten und Unfähigkeit zu ziehen.
    Frau Bundesbauministerin Hasselfeldt hat in diesem Zusammenhang eine neue Leitungs- und Lenkungsgruppe eingesetzt, um die Bundesbauten zu beschleunigen, und wir sehen deutlich erste Erfolge. Wir erwarten von allen eine Kooperation, auch von den Architekten. Manches, was hier vom Kollegen Nehm vorgetragen wurde, wird nachher in einer zweiten Runde sicher vom Herrn Kollegen Conradi etwas anders beleuchtet werden.
    Ein jetziges Stillegen des Plenarsaalbaus im Hinblick auf die jüngste Entwicklung in Deutschland kommt nicht in Betracht. Bei einer hoffentlich baldigen Wiedervereinigung und einem Umzug nach Berlin werden wir hier in Bonn keine Ruinen oder halbfertigen Baustellen hinterlassen. Das werden wir den Bonnern nicht zumuten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Notfalls wird es das Behnisch-Museum!)

    Zum Ärgernis des Tages scheint hier auch die Atombunkermeldung am Langen Eugen zu werden; darauf möchte wohl auch der Kollege Conradi noch eingehen. Ich möchte hierzu nur sagen: Wir haben hier eine vierstöckige Tiefgarage geplant und dazu im Haushaltsausschuß unsere Zustimmung gegeben. Wir hatten, Herr Vorsitzender Rudi Walther, im September letzten Jahres eine Vorlage, in der das stand.

    (Walther [SPD]: Darin war kein Atombunker!)

    Die Richtlinien des Bundes für Bundesbauten sehen das auch so vor, nämlich daß hier bei Tiefgaragen Schutzräume eingerichtet werden. So wird im Augenblick verfahren.
    Ich möchte zu dem viel wichtigeren Thema — und ich meine, insgesamt nach den Ergebnissen auch erfreulicheren Thema — , nämlich dem wohnungsbaupolitischen Programm der Koalition, kommen. Hier ist in einem großen Wurf, Frau Matthäus-Maier, auf die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt die richtige Antwort gegeben worden.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Sie haben das heute morgen anders dargestellt.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Klar!)

    Hier hat die Regierung und hat die Koalition gehandelt.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Nicht ausreichend!)




    Dr. Schroeder (Freiburg)

    — Dann bitte ich Sie, einmal das Jahresgutachten des Sachverständigenrates nachzulesen und auch das, was die Deutsche Bundesbank gesagt hat.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Die suchen keine Sozialwohnungen, die verstehen davon nicht so viel!)

    Die solide Haushaltslage des Bundes erlaubt es, in einem umfassenden Programm angemessen, treffsicher und vielseitig alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den benötigten Wohnraum so schnell als möglich zu schaffen. Mit einem breiten finanziellen Engagement stellt der Bund die Mittel bereit, um allen Wohnungssuchenden schnell und wirksam zu helfen.
    Erstens. Ein Schwerpunkt des Wohnungsbauprogramms des Bundes ist der soziale Wohnungsbau. Allein 8 Milliarden DM sollen von seiten des Bundes in den nächsten vier Jahren für neue Sozialwohnungen zur Verfügung gestellt werden. Von den Ländern wird natürlich ein gleicher Betrag an Komplementärmitteln erwartet und kann auch erwartet werden. Mit insgesamt 16 Milliarden DM in vier Jahren sollen rund 120 000 neue Sozialwohnungen entstehen, bis 1993 also fast eine halbe Million nur an Sozialwohnungen. Die Aufstockung der Wohnungsbaumittel des Bundes bedeutet für das Jahr 1990 mit 2 Milliarden DM nahezu eine Verdoppelung des Programmvolumens gegenüber dem laufenden Jahr. In den Folgejahren bis 1993 erfolgt — das ist besonders wichtig — eine verstetigte Förderung auf gleich hohem Niveau. Damit wird von seiten des Bundes ein klares Zeichen für ein berechenbares, finanzielles Engagement in der Wohnungsbauförderung gesetzt.

    (Müntefering [SPD]: Da habt ihr etwas gelernt!)

    Zweitens. Ein besonderer Renner ist bereits jetzt das 1,5-Milliarden-Programm zur Schaffung zusätzlicher Mietwohnungen im Gebäudebestand, z. B. Dachgeschoßausbau, geworden. Mit zinsgünstigen Krediten der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu einem Zinssatz von 5,25 % wird ein besonderer Anreiz geboten, um schnell, um besonders schnell den Wohnungsmarkt zu entlasten. Bereits wenige Tage nach Auflage dieses neuen Wohnungskreditprogramms sind mehrere tausend Anträge gestellt worden, so daß bereits jetzt das für 1990 vorgesehene Volumen von 800 Millionen DM fast ausgeschöpft ist. Deshalb fordern wir, daß die für 1991 vorgesehenen Mittel in Höhe von 500 Millionen DM bereits auch im kommenden Jahr zusätzlich abrufbar sind. Das hohe Investitionsinteresse, mit Hilfe gerade dieses Kreditprogramms der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu bauen, zeigt deutlich, daß wir hier den Nagel auf den Kopf getroffen haben.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU — Walther [SPD]: Das hat dem Nagel aber weh getan!)

    Alternativ kann mit bis zu 60 000 DM Herstellungskosten je Wohnung mit 5 mal 20 % — also 100 % in fünf Jahren — der gesamte Aufwand abgeschrieben werden.
    Drittens. Ins Schwarze trifft auch die Aktivierung bestehender Bausparverträge. 500 Millionen DM werden zur Verfügung gestellt, um Bausparverträge zinsverbilligt zwischenzufinanzieren. Gefördert wird hier der Bau oder der Ersterwerb von selbstgenutztem Wohnraum, soweit Bauanträge nach dem 6. November dieses Jahres gestellt und das Gebäude bis zum 31. Dezember 1992 fertiggestellt ist. Der Zug vieler Bürger nach Eigenheim oder Eigentumswohnung ist nach wie vor ungebrochen. Rund 90 000 Wohnungen jährlich, auch in den letzten Jahren, im selbstgenutzten Wohnungseigentum waren und sind ein stabiler Faktor auf dem Wohnungsmarkt und müssen es auch bleiben. Deshalb setzen wir nicht nur auf verstärkte Impulse im Mietwohnungsbau, sondern auch auf eine zusätzliche Eigentumsförderung.
    Die Eigentumsförderung — das muß hier ebenfalls deutlich werden — kommt auch den Mietwohnungsuchenden zugute. Vier von fünf neuen Wohnungseigentümern machen nämlich eine Mietwohnung frei.
    Bei einer Ansparsumme von 331/3 der Bausparsumme wird mit einer Zinsverbilligung von 2,5 % ein Darlehenshöchstbetrag von 80 000 DM zuzüglich 20 000 DM für jedes Kind im Wege der Zwischenfinanzierung begünstigt. Auch damit können 80 000 Wohnungen gefördert werden. Wir sind überzeugt, der Erfolg ist auch diesem Programmteil sicher.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Viertens. Die neue umfassende Direktförderung des sozialen Mietwohnungsbaus und des selbstgenutzten Eigenheims ist aber nur der eine Teil unseres Programms. Die zusätzlich neu vorgesehene Sonderabschreibung für preis- und belegungsgebundenen Wohnraum ergänzt das Wohnungsbauprogramm der Koalition von der steuerlichen Seite. Der Mietwohnungsbau erfährt dadurch in großem Umfang auch für private Investoren wieder hohe Attraktivität.
    Heute morgen hat bereits mein Kollege Borchert das gefordert, was ich hier wiederhole: Wir fordern die Kapitalanleger auf, Geld im Wohnungsbau bei zehnjähriger Sozialbindung mit attraktiven steuerlichen Anreizen anzulegen — ich kann das hier nur wiederholen — :

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    85 % Abschreibung in den ersten zehn Jahren nach Baufertigstellung — 10 % in den ersten fünf Jahren und 7 % in den folgenden fünf Jahren — , das ist der große steuerliche Impuls, auf den viele gewartet haben.

    (Walther [SPD]: Ich nicht!)

    Jetzt werden viele diese Chance ergreifen, um im Geschoßwohungsbau loszulegen.

    (Esters [SPD]: Der Kollege Walther hat nicht darauf gewartet! — Walther [SPD]: Ich habe keinen Dachboden!)

    — Der Herr Kollege Walther vielleicht nicht, aber viele andere.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Er hat CoopAktien!)

    Wir zwingen niemanden, sehr geehrter Herr Kollege Walther, zum Glück. Wir leben in einem freien Lande, wo jeder seines Glückes Schmied ist; das gilt immer noch.



    Dr. Schroeder (Freiburg)

    Fünftens. In den Universitätsstädten — ich komme aus einer solchen — muß im besonderen Maße zusätzlich der studentischen Wohnungsnot begegnet werden. Allein im Wintersemester 1989/90, das jetzt angelaufen ist, sind an unseren deutschen Hochschulen erstmals 230 000 Studentinnen und Studenten neu eingeschrieben. Die Gesamtzahl der Studierenden ist damit auf mehr als 1,5 Millionen in der Bundesrepublik angewachsen. Hier muß ebenfalls Geld in die Hand genommen werden; es ist aber auch Ideenreichtum gefragt — ich werde gleich darauf zurückkommen. 1990 sollen mit Hilfe des Bundes 20 000 neue Wohnheimplätze entstehen. 300 Millionen DM stellt der Bund hierfür zur Verfügung.
    Es gibt aber — das wissen wir alle — im Wohnungsbestand noch viele vermietbare Zimmer. Ich führe als Beispiel ein kommunales Sofortprogramm in meiner Heimatstadt Freiburg an, bei dem für jedes neu an Studentinnen und Studenten vermietete Zimmer dem Vermieter ein Betrag von 2 000 DM gezahlt wird. Das hat einen überraschenden und außerordentlich durchschlagenden Erfolg. Mehrere hundert Zimmer wurden in wenigen Wochen zur Verfügung gestellt. Zimmer, die in den letzten fünf Jahren nicht mehr vermietet waren, wurden jetzt dem studentischen Wohnungsmarkt wieder zugeführt.

    (Frau Schulte [Hameln] [SPD]: Haben Sie auch welche gebaut?)

    — Ich habe keine gebaut. Hier geht es um den Wohnungsbestand, der wieder aktiviert wird.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das hat sie nicht verstanden, Herr Kollege! — Borchert [CDU/ CSU] : Noch mal erklären!)

    Ich komme noch auf ein Stuttgarter Programm zu sprechen. Die Aktivierung des Wohnungsbestandes ist für uns ein ganz wichtiger Teil. Ich komme in einer größeren Dimension darauf sofort zu sprechen:
    Sechstens. Wir machen keine Spezialprogramme ausschließlich für eine besondere Personengruppe, z. B. nur für die Studenten. Da haben wir alle gelernt, Sie auch. Es muß der vorhandene Wohnungsbestand besser genutzt werden.
    Bei der Volkszählung wurden in der Bundesrepublik — erst jetzt wieder bei einer Wohnungsbaukonferenz festgestellt — 400 000 unvermietete Wohnungen und 700 000 Ferienwohnungen angegeben. Ich sage hier: Wenn nur ein Bruchteil dieses Wohnungsbestandes — wenn auch nur vorübergehend — Wohnungssuchenden zur Verfügung gestellt würde, wäre bereits viel erreicht. Zusätzliche kommunale Prämiensysteme wie z. B. in Stuttgart für Umwandlung gewerblich genutzten Raums in Wohnraum, Ausbau von Dachgeschossen, bei Umzug von einer zu groß gewordenen Wohnung in eine kleinere Wohnung bei Auszug der Kinder aus dem Haus oder bei Aufnahme von Familien mit mehr als drei Kindern sind überaus nachahmenswert. Ich fordere alle auf, auch in ihren Wahlkreisen für so etwas zu werben. Stuttgart stellt hier 80 Millionen DM zur Verfügung. Ich bitte Sie, das auch in Ihre Wahlkreise zu übermitteln.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Das Land Baden-Württemberg stellt seit einigen Tagen eine 50%ige Mitfinanzierung zur Verfügung: 3 000 bis 5 000 DM Prämie je bisher leerstehende Wohnung, die dem Wohnungsmarkt zugeführt wird. Wenn sich zudem die Gemeinden verbürgen, daß diese Wohnungen — notfalls sage ich — wieder freigemacht werden, wenn unser Neubauprogramm durchgeführt ist, werden viele Hauseigentümer zumindest zur vorübergehenden Aufnahme wohnungssuchender Familien bereit sein.
    In diesem Zusammenhang befürworten wir auch eng begrenzte — ich wiederhole: eng begrenzte — mietrechtliche Änderungen, insbesondere den Abschluß von Zeitverträgen. Wir sind — um auch hier von vornherein allen Mißverständnissen vorzubeugen — nicht für eine Aushebelung des Mieterschutzes. Aber der beste Mieterschutz ist immer noch ausreichender Wohnraum.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP — Conradi [SPD]: Das sagt der Schneider seit 1983!)

    Siebentens. Die Erschließung neuer Wohnbauflächen und ein zusätzliches Grundstücksangebot durch die öffentliche Hand sind das Gebot der Stunde. Deshalb fordern wir, daß von allen Bundesressorts einschließlich Post und Bahn zur Entlastung des Baulandmarkts Grundstücke mit einem angemessenen Abschlag vom Verkehrswert für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt oder mit einem gesenkten Erbbauzins vergeben werden. Hier geht mein Wunsch besonders in Richtung des Herrn Bundesfinanzministers.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Sehr wahr! — Conradi [SPD]: Der tut das aber nicht!)

    Wir fordern auch die Bundesländer auf, geeignete Landesgrundstücke für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Vor allem aber müssen — ich habe das auch in der Aktuellen Stunde vor 14 Tagen gesagt — die Gemeinden ihre Hausaufgaben bei der Erschließung ausreichender Neubauflächen vorrangig erfüllen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP — Conradi [SPD]: Jawohl, Herr Lehrer! — Zuruf von der CDU/CSU: Das blockieren die Sozis!)

    — Verehrter Herr Kollege Conradi, kommen Sie einmal mit mir nach Freiburg oder auch nach Stuttgart oder München! Dann können wir über die Themen am Ort reden.

    (Conradi [SPD]: Dann gehen wir zu Herrn Rommel; der wird Ihnen sagen, was er von Ihrer Wohnungspolitik hält!)

    — Auch der Herr Rommel — das können Sie heute nachlesen — sagt: Wir sind auf dem richtigen Weg.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD — Conradi [SPD]: Ich lache micht tot!)

    — Hoffentlich nicht. Wir brauchen Sie noch in der Baukommission. Auch in der Kooperation mit Herrn Behnisch

    (Esters [SPD]: Nein, Nein!)

    ist das, glaube ich, besonders wichtig und wertvoll.



    Dr. Schroeder (Freiburg)

    Der Bund wird den Gemeinden bei der Erschließung neuer Wohnbauflächen verstärkt unter die Arme greifen und das bereits erwähnte KfW-Gemeindeprogramm ausdehnen. Kredite der KfW mit einer Zinsverbilligung von immerhin 4 % werden künftig auch für Kosten der Bauleitplanung, notwendige Entschädigungen und Kosten von Folgeeinrichtungen wie Kinderspielplätze, Kläranlagen oder Regenrückhaltebekken gewährt.
    Die Frage, ob die bauausführende Wirtschaft überhaupt in der Lage ist, dieses Programm zügig umzusetzen, hat die Bauwirtschaft in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Bauindustrie aktuell" mit den zuversichtlichen Worten beantwortet: Die bauausführende Wirtschaft steht bereit. Alle weisen ja — ich höre das immer wieder — darauf hin, daß Aus- und Übersiedler gerade in diesem Bereich eine besondere Eingliederungschance haben.

    (Conradi [SPD]: Die Preise hoch, die Reihen fest geschlossen!)

    Richtig ist es, beschlossene, aber noch nicht begonnene Verwaltungsbauten der öffentlichen Hand jetzt in dieser Situation zurückzustellen. Hier schließe ich mich den Forderungen, die ich heute hier schon gehört habe, an: Der Wohnungsbau muß jetzt absolute Vorfahrt haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Frau MatthäusMaier [SPD] — Esters [SPD]: Welche Bundesbauten sind davon betroffen?)

    Der Gesetzentwurf zur Erleichterung des Planungs- und Baurechts muß umgehend verabschiedet werden. Für Bürokratie und Investitionserschwernisse ist jetzt kein Platz.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die wohnungspolitischen Initiativen des Bundes liegen goldrichtig. Sie sind — das sage ich an die Adresse der SPD — aber auch die Obergrenze. Dies bestätigt der Sachverständigenrat in seinem jüngsten Gutachten.

    (Müntefering [SPD]: Da haben Sie vielleicht einen Zeugen!)

    Allen weitergehenden Vorschlägen, Herr Kollege Müntefering, aus Ihren Reihen

    (Müntefering [SPD]: Da haben Sie vielleicht einen Zeugen in diesem Sachverständigenrat!)

    wird dort eine deutliche Absage erteilt. Ich zitiere aus dem Gutachten:
    Würde man diesen Forderungen nachgeben, so wären Fehlentwicklungen programmiert. Der Wohnungsmarkt bliebe unter staatlicher Obhut, und der Subventionsbedarf würde drastisch steigen. Die private Wohnungsbautätigkeit erhielte einen empfindlichen Schlag, weil die privaten Investoren sich erneut zurückzögen, und die aktuellen Engpaßprobleme würden zu einer Dauerbelastung.
    Ich glaube, das sollten Sie alle noch einmal nachlesen, bevor Sie hier weitergehende Anträge stellen.
    Im übrigen: Wenn ich Ihren Antrag zugrunde lege und das dort Geforderte zusammenrechne, stelle ich fest, daß die Addition dessen, was wir fordern, ebenfalls diese 3,5 Milliarden DM ausmacht. Rechnen Sie das bitte noch einmal nach. Wir können jedenfalls Ihrem Antrag nicht zustimmen.
    Ich danke für meine Fraktion Frau Bundesministerin Hasselfeldt für ihre Kreativität und ihr großes Engagement zum Abbau des Wohnungsbaudefizits

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    — eine Leistung im Interesse aller Bürger, gerade der sozial Schwachen, wie ich hinzufügen möchte. Das hervorragende wohnungspolitische Programm der Koalition und der Bundesregierung hat schon gegriffen. Gestern hat der Bundeskanzler bereits darauf hingewiesen, daß die Zahl der Baugenehmigungen um 25 %, im Geschoßwohnungsbau sogar um 60 % gestiegen ist.

    (Müntefering [SPD]: Von welcher Basis aus? — Borchert [CDU/CSU]: Die Opposition sollte einmal das Sachverständigengutachten lesen!)

    — Herr Kollege Müntefering, hören Sie sich zum Schluß noch folgendes an. Wir erwarten im Jahre 1990 400 000 Baugenehmigungen. 1 Million fertiggestellte Wohnungen in den nächsten drei Jahren — das ist unser erklärtes Ziel. Mit diesem hochgesteckten, aber sehr realistischen Ziel werden wir schnell und treffsicher eine angemessene Wohnversorgung für alle Bürger schaffen.
    Die Fundamente sind gelegt. Wir sind auf dem richtigen Weg. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zum Einzelplan 25 des Bundesbauministeriums.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Teubner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Maria Luise Teubner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Schade, der Chef ist nicht da. Sie erinnern sich vielleicht: Noch vor einigen Wochen hat der Kanzler die Wohnungspolitik zur Chefsache erklärt. Er hatte begriffen, daß die Wohnungsnot zu einem zentralen Wahlkampfthema des nächsten Jahres werden würde. Etwas übereilt hatte er damals, vor ein paar Wochen, erklären lassen, im nächsten Jahr werde zumindest der Grundbedarf von 400 000 neuen Wohnungen gedeckt. Herr Schroeder spricht jetzt nur noch von Genehmigungen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Von 400 000 Fertigstellungen war nie die Rede!)

    Damit, so glaubte der Kanzler damals, könnte man den Wahlkampf gut überstehen. Jetzt hat er offensichtlich gemerkt, daß das nicht klappen wird. Er hat sich ein sichereres Terrain gesucht und ein anderes Wahlkampfthema gefunden.
    Die Bundesbauministerin kündigte am 13. November an, der Bund prüfe, „inwieweit noch nicht begonnene eigene Baumaßnahmen vorerst zurückgestellt werden könnten, um den Baumarkt zugunsten des Wohnungsbaus zu entlasten" — ein hoffentlich nicht



    Frau Teubner
    nur populistischer und vom schlechten Gewissen diktierter Gedanke.
    Den kritischen Zeitungsleserinnen und -lesern ist ja schließlich nicht entgangen, daß der einzige Faktor der Bonner Baupolitik, der sich durch Zuverlässigkeit und Stetigkeit auszeichnet, die Kostenentwicklung bei den Bundesbauten ist. Noch nie zuvor haben Regierung und Parlament so viele Architekten beschäftigt, Wettbewerbe ausgeschrieben, Bauaufträge vergeben wie in diesen Jahren.
    Wir haben auf der Basis der Haushaltsentwürfe ab 1986 einmal nachgerechnet. Der Palast der Republik auf dem Petersberg ist dabei noch nicht inbegriffen. Wir haben zusammengestellt: Von der Herrichtung des Wasserwerks bis zur Errichtung einer Tiefgarage für die Besucher waren 1986 im Einzelplan 25 Kostenvoranschläge in Höhe von 90,5 Millionen DM enthalten. Für nächstes Jahr, für 1990, sind es 932,8 Millionen DM. Das ist eine ganz erkleckliche Steigerung.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Wie war das denn eigentlich im Haus Wittgenstein?)

    Man sollte sich nicht zu sehr darauf verlassen, liebe Kolleginnen und Kollegen — das gilt auch für Sie, Herr Kansy — , daß sich die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande durch überhaupt nichts mehr erschüttern lassen. Sie sehen es sehr wohl als krasses Mißverhältnis an, was wir uns hier mit unseren Repräsentationsbauten leisten zu können glauben, verglichen mit dem, was draußen in Sachen Wohnungsnot passiert, die in dieser reichen Republik Hunderttausenden von Menschen zugemutet wird.

    (Dr. Hitschler [FDP]: Hat der Bundestag einen Repräsentationsbau?)

    Einen völlig neuen Aspekt erhält der Gedanke eines Baustopps im Regierungsviertel seit gestern natürlich durch die neuen deutsch-deutschen Kanzlerpläne. Schon der gewesene Minister Schneider hat immer erzählt, er bete seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angeblich täglich vor: „Bonn ist die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Die Deutsche Hauptstadt beibt Berlin. "

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Sehr gut! — Conradi [SPD]: Wo ist Schneider?)

    — Herr Kansy, Sie sagen: „Sehr gut! " Nun frage ich Sie aber: Was wird die Hauptstadt der Konförderation sein? Ich denke, mit einiger Sicherheit, sofern diese große Dreier-Koalition diese Konföderation denn zustande bringt, wird es weder Bonn noch Berlin sein; die deutsche Hauptstadt wird wahrscheinlich auch morgen dort liegen, wo schon heute ein gewisser Herrhausen residiert und regiert.

    (Ronneburger [FDP]: Sie wollen doch die Konföderation gar nicht!)

    — Nein, wir lassen uns nicht auf diese Vereinigungsspekulationen ein. Da haben Sie uns völlig richtig verstanden. Wir wären aber sofort dabei, wenn hier tatsächlich der ernsthafte Vorschlag eines Stopps für öffentliche Bauten — abgesehen von notwendigen Infrastrukturmaßnahmen — eingebracht würde.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Für Chaos seid ihr ja immer!)

    Gegenüber den jetzt beschlossenen wohnungspolitischen Maßnahmen können wir unsere bisher schon reichlich geäußerte Kritik allerdings nur erneuern. Es ist und bleibt — auch nach den heute morgen im Ausschuß beschlossenen Festlegungen — ein Programm für Spekulanten und Wohnungsnotgewinnler. Es gab früher den Begriff „Kriegsgewinnler". Diese Bezeichnung haben diejenigen, die davon betroffen waren, überhaupt nicht gerne gehört; sie fühlten sich extrem diskriminiert. Wir verwenden in diesem Zusammenhang bewußt den Begriff „Wohnungsnotgewinnler" für diejenigen, die aus diesen Regierungsprogrammen jetzt die großen Profite abschöpfen werden.

    (Kalb [CDU/CSU]: Gibt es für Sie ein anderes Motiv als Neid?)

    Es ist ein noch nie dagewesenes Super-Steuersparmodell, bei dem nur eines garantiert ist, nämlich ein hoher Steuerausfall.
    Ich erlaube mir, ein der Regierung in der Regel nicht wenig gesonnenes Magazin zu zitieren, nämlich die „Wirtschaftswoche", die unter dem Titel „Das Finanzamt baut mit" und dem Untertitel „Erfolge sind so ungewiß wie die Kosten" mit diesen Maßnahmen wie folgt ins Gericht ging. Die „Wirtschaftswoche" schrieb im Oktober zu diesen Steuersparmodellen:
    Der Staat zahlt für die Baupolitik per Steuerrecht einen hohen Preis. Ort und Art der Wohnungen, die er fördert, kann er nicht beeinflussen. Ein Großteil seiner Vergünstigungen bleibt bei Mitnehmern hängen, die ohnehin gebaut hätten. Kosten und Nutzen bleiben im dunkeln.
    Soweit die „Wirtschaftswoche". In der letzten Woche erschien noch ein Kommentar dazu, in dem völlig zu Recht gefragt wurde: „Ist die Bonner Wohnungspolitik inzwischen ein Fall für den Psychiater?"
    Wenn hier von einer Ankurbelung des sozialen Wohnungsbaues gesprochen wird, dann kann man das nur als eine ganz grobe und vorsätzliche und bewußte Täuschung der Öffentlichkeit bezeichnen; denn die so geförderten Projekte werden nach spätestens zehn Jahren auf den Markt geworfen, zu Marktpreisen vermietet oder als Eigentumswohnungen verkauft. Das heißt: Erst kommt das Inkasso für die Eigentümer, dann kommt der Mietsprung. Diejenigen, die heute vielleicht eine Wohnung dort finden, können sehen, wo sie bleiben. Auch die Ankündigung, mit diesen Mitteln in wenigen Jahren Hunderttausende von Wohnungen zu bauen, ist eine Täuschung der Öffentlichkeit.
    Wir müssen auch deswegen die Forderungen bekräftigen, daß öffentliche Mittel und Flächen ausschließlich für den sozialen Mietwohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Wir wollen überhaupt nicht verhindern, daß sich auf dem freien Markt etwas tut, daß dort auch Kapital eingesetzt wird. Aber, Herr Waigel, wenn hier öffentliche Mittel vergeben werden, dann müssen sie so verwendet werden, daß sie einer langfristigen sozialen Bindung und auch ökologischen Kriterien unterliegen, und zwar aus folgendem Grunde: Zum Beispiel hat das Umweltbundesamt vor wenigen Wochen zum Thema Energieeinsparung im Wohnungsbau, im Wohnungsbereich insge-



    Frau Teubner
    samt, festgestellt, daß allein mit einem verbesserten Wärmeschutz an Gebäuden 40 bis 50 % der Heizenergie eingespart werden könnten. Das würde eine Reduzierung des CO2 im Umfang von 100 Millionen t pro Jahr bedeuten.
    Das BMFT, das Forschungsministerium, hat in Untersuchungen aufgezeigt — wir konnten das vor wenigen Wochen im BMFT-Journal lesen — , daß mit modernen Wärmeschutzmaßnahmen im Vergleich zu heutigen Häusern bis zu zwei Drittel Energie eingespart werden können. Weitere, noch darüber hinausgehende Einsparungen sind über moderne heizungstechnische Anlagen, Brauchwasseranlagen und anderes zu erzielen. Zwei Drittel der Energie mindestens können also eingespart werden.
    Was aber plant die Bundesregierung im Hausbau, wenn sie überhaupt plant? — Noch im Oktober hieß es durch Herrn Klein, Regierungssprecher, man denke auch an den Bau von Fertighäusern mit Einfachausstattung, sogenannten Wohnraum mit „Mindestqualität", der laut Herrn Klein später ohne allzu großen Aufwand nachrüstbar sei. Von diesen Schlichtwohnungen wird heute nicht mehr gesprochen. Herr Staatssekretär Echternach ist neulich sogar auf den Zug aufgesprungen, daß man ja vielleicht auch einmal ökologische Kriterien in die Diskussion einbringen könnte, und ließ sich wie folgt vernehmen — ich zitiere Herrn Echternach — :
    Der Städtebau steht vor der Herausforderung, das neue Wohnungsbauprogramm der Bundesregierung architektonisch anspruchsvoll und ökologisch vernünftig umzusetzen.

    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Der Staatssekretär ist schon gut!)

    Neue Bauten müssen behutsam und ausgewogen in die Landschaft eingefügt werden. Die Fehler der Nachkriegszeit dürfen sich nicht wiederholen.
    Soweit Herr Echternach.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Wo war das? Das war in Köln, auf dem dritten Landschaftsarchitektentag. — Sie stimmen zu.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das haben wir doch von Anfang an gesagt!)

    Wenn Sie zustimmen, warum haben Sie dann in Ihre Wohnungsbauprogramme nicht solche Kriterien mit eingefügt?

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Warum machen Sie nicht eine schärfere Wärmeschutzverordnung? Warum fordern Sie nicht die Ministerin auf, endlich auch einmal in dieser Weise entsprechend den ökologischen Notwendigkeiten zu bauen?

    (Conradi [SPD]: Weil sie nichts gelernt haben! — Zuruf von der CDU/CSU: Wir bauen die Wohnungen in dem Programm wie jede andere Wohnung, Frau Kollegin!)

    Sie haben nichts gelernt. Wer heute beim Bauen nicht auf einem Höchstmaß an Wärmedämmung und anderen Energiespartechniken besteht, hat nichts, überhaupt nichts kapiert

    (Conradi [SPD]: Richtig!)

    von der Diskussion, die im Energiebereich um die bevorstehende Klimakatastrophe tobt.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Wer heute leichtfertig auf gesundheitsverträgliche Baustoffe verzichtet, hat nichts gelernt aus der Diskussion um Asbest, um Holzschutzmittel und sonstige Skandale.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sind doch Märchen!)

    Es gibt noch ein anderes ökologisches Kriterium, bei dem uns immer wieder vorgeworfen wird, wir bestünden zu stur auf unserer Forderung. Wir wehren uns nämlich dagegen, daß im Außenbereich neue Baugebiete ausgewiesen werden. Wir können hier nur betonen — das hat auch gestern die Diskussion beim Städtetag gezeigt — : Es gibt in den Städten selbst im Innenbereich noch große Potentiale,

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ach Quatsch! Sie waren doch gar nicht dabei!)

    die zur Verfügung stünden, wenn man z. B. ein schärferes Baugebot hätte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das paßt in Ihre Ideologie!)

    Herr Zundel aus Heidelberg hat gesagt, er könnte sofort 200 Baulücken ausfüllen, wenn es ein schärferes Baugebot gäbe.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Sie waren doch gar nicht da!)

    Wir hoffen, daß in dem neuen Planungsrecht, das demnächst diskutiert wird, solche Maßnahmen dann auch konsequent überlegt werden.
    Ich möchte aber noch auf ein anderes Potential hinweisen, das in der ganzen Diskussion meines Erachtens viel, viel zu kurz kommt. Das sind die ungeheuer großen Flächen, die in der Bundespublik für militärische Einrichtungen zur Verfügung stehen.

    (Ruf [CDU/CSU]: Das durfte ja nicht fehlen!)

    — Das darf nicht fehlen. Deswegen sage ich es hier ja.
    — Dabei denke ich nicht nur an die Kasernen, von denen jetzt einige freundlicherweise für die Übersiedlerinnen und Übersiedler als Übergangsmaßnahme zur Verfügung gestellt werden. Es gibt in der Bundesrepublik auch Hunderttausende von fremden Soldaten mit zivilem Anhang, die zum Teil mit Familie hier leben, die unheimlich viele Wohnungen belegen. Ich kenne die Zahlen nicht genau. Ich kenne sie nur aus meinem Heimatort Lahr. Da haben wir 30 000 Einwohnerinnen und Einwohner und 10 000 kanadische Bürgerinnen und Bürger, die dort nicht in Kasernen leben, sondern den Wohnraum in den Dörfern in der Gegend, in der gesamten Region ringsum mit Beschlag belegen. Das ist eine Fehlnutzung, die meines



    Frau Teubner
    Erachtens in der heutigen Zeit überhaupt nicht mehr akzeptiert werden kann.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wollen Sie die auf die Straße setzen? — Susset [CDU/CSU]: Was wollen Sie mit denen machen?)

    — Ich würde sie gern nach Hause schicken.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Ruf [CDU/CSU]: Das würde Ihnen so passen! — Zuruf von der CDU/CSU: Es gibt noch eine Möglichkeit: Wir schicken Sie nach Hause!)

    In den Vereinigten Staaten wird über die drastischsten Etatkürzungen seit dem Ende des Vietnam-Krieges diskutiert, Etatkürzungen von insgesamt 180 Milharden Dollar. Herr Cheney sagt, das Risiko eines Krieges sei so gering wie nie zuvor seit 1945.

    (Susset [CDU/CSU]: Und warum?)

    Was passiert hier in der Bundesrepublik? — Da wird weiter gebaut. Da liegen im Einzelplan 14 die Aufwendungen für militärische Bauten 16 % über dem durchschnittlichen Zuwachs. Das heißt: Die militärische Präsenz sowohl unserer eigenen als auch der fremden Truppen wird nicht nur fortgeschrieben, sondern noch ausgeweitet. Ich könnte Ihnen aus Baden-Württemberg seitenweise Einzelmaßnahmen aufzählen, von Albstadt bis Zimmern, von Karlsruhe bis Konstanz: Munitionsdepots — wofür brauchen wir hier noch diese Munition? — , Mobilmachungsstützpunkte, die neu eingerichtet werden, Schießanlagen, Truppenübungsplätze. Sind das Investitionen für den Frieden, sind das Investitionen, die wir heute in einer Zeit brauchen, in der wir das Geld weiß Gott für andere Maßnahmen und Notwendigkeiten ausgeben müssen? Dafür hat die Bevölkerung kein Verständnis mehr.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN — Magin [CDU/CSU]: Sie kennen weder die Ursachen noch die Wirkungen der Friedenspolitik! Sie wissen nicht, wovon Sie reden! — Ronneburger [FDP]: Warum hatten wir denn 40 Jahre Frieden?)

    Wir brauchen nicht eine gesamtdeutsche Armee, wir brauchen überhaupt keine Armee.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir brauchen nicht mehr diese ganzen militärischen Einrichtungen. Der erste Schritt muß eine Reduzierung der fremden Truppen sein.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Weng [Gerungen] [FDP]: Hoffentlich hört die SPD gut zu!)

    Dann würden wir auf einen Schlag unheimlich viele Wohnungen schaffen, die schon heute nutzbar sind. Unsere Forderung ist, daß darüber sofort verhandelt wird.
    Die Amerikaner haben früher, als die Friedensbewegung hier so stark war, immer gesagt: Wenn ihr uns nicht mehr haben wollt, dann sagt es uns, dann gehen wir eben. — Laßt es uns ihnen sagen; wir brauchen sie nicht mehr.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Pesch [CDU/ CSU]: Das haben wir Ihnen schon so oft gesagt!)

    Die Weltgeschichte ist heute eine andere. Auch insofern ist dieser Haushalt ein völlig anachronistischer Haushalt.

    (Abg. Ronneburger [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Meine Zeit ist abgelaufen.

    (Dr. Weng [Gerungen] [FDP]: Nicht nur Ihre Redezeit! — Zurufe von der CDU/CSU: Gott sei Dank! — Das ist sehr gut so! — Ja, Ihre Zeit ist wirklich abgelaufen!)

    Vielen Dank.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)