Rede von
Ludwig
Stiegler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der letzte Ausdruck, der auch in vielen Medien wiederkommt, kommt daher, daß zu viele meinen, hier werde ungerechtfertigt viel bewilligt. Viele gehen einfach über die Tatsache hinweg, daß die Beschneidung der Parteien politische Vakuen schafft, in die andere Verbände und Mächte einrücken, die über die Herkunft ihrer Mittel nicht Rechenschaft ablegen und die damit politische Macht ausüben. Das ist der Tatbestand.
Viele von denen, die heute meinen, das sei Übermaß, übersehen die politische Entwicklung, die es in den letzten Jahren und Jahrzehnten gegeben hat. Ich will nur einige Beispiele nennen:
Der Bundeshaushalt hat sich seit 1969 um den Faktor 3,29 erhöht. Die Erhöhung der Wahlkampfkostenerstattung liegt bei 2,32. Es hat sich der reine Kanzleretat im Bundeskanzleramt von 10,8 Millionen auf 50 Millionen DM erhöht, der vom Bundespresseamt von 111 Millionen auf 199 Millionen DM. Das sind alles höhere Zuwächse, als für die Parteienfinanzierung und für die Wahlkampfkostenerstattung zur Verfügung stehen.
Da andere mit uns an der politischen Willensbildung mitwirken, vor allem die Vertreter der Medien, die uns so liebevoll kritisieren, will ich einmal darlegen, wie denn die Arbeitskostenerstattung unserer Medien seit 1969 gestiegen ist.
Der „Spiegel" hat 1969 1,50 DM verlangt, Arbeitskostenerstattung heute: 4,30 DM; die „Süddeutsche Zeitung" : 0,60 DM, heute: 1,30 DM; die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" : 0,40 DM, heute: 1,90 DM; der „Stern" : 1,90 DM, heute: 3,50 DM. Ich sage noch gar nichts über die Anzeigenpreise pro Seite. Oh Herr, wer könnte da bestehen, wenn wir die Wahlkampfkostenerstattung danach ausrichten würden?
Meine Damen und Herren, Karlsruhe hat ganz deutlich gemacht: Es geht um das gesamte politische, soziale und gesellschaftliche Umfeld. Wir arbeiten nicht im luftleeren Raum, sondern wir erbringen eine wichtige Aufgabe. Wahlkampf heißt die Herausarbeitung von persönlichen, personellen und politischen Alternativen. Das ist nicht Selbstbedienung; das ist Dienst an der Demokratie. Deshalb können wir auch guten Gewissens zustimmen.