Rede von
Heinrich
Lummer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, Paris ist zustande gekommen — ich denke, das ist gut so —, weil wir beobachten mußten, daß es einen aktuellen Einsatz von C-Waffen gab und auch eine Entwicklung festzustellen ist, wo sich manche diese Mittel beschaffen, und sicherlich auch deshalb, weil der erwünschte Erfolg in Genf noch nicht eingetreten ist. Es ist immerhin schlimm und schrecklich, wenn man sich der Bilder erinnert, die wir vom Einsatz im iranisch-irakischen Konflikt gehabt haben. Es kann natürlich überhaupt nicht befriedigen, wenn man etwa vom irakischen Außenminister in einer jüngsten Darstellung, in einem Interview liest, auf die Frage, ob der Irak sie eingesetzt habe: Wir haben von unserem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch gemacht, und wir haben uns gegen diese barbarischen Wellen des Angriffs verteidigt, auch mit Giftgas. — Es ist schlimm, auch wenn in diesem Zusammenhang der Begriff der Existenzsicherheit eines Staates genannt wird. Wir meinen nach wie vor, daß C-Waffen aus den Arsenalen zu verschwinden haben, und zwar ganz und gar.
Meine Damen und Herren, man kann die Pariser Konferenz begrüßen, wie wir das tun. Die Sozialdemokraten haben in ihrem Antrag gewisse Besorgnisse angedeutet, aber sie haben dann auch gesagt: Die Pariser Konferenz ist nur dann sinnvoll, wenn es den Außenministern gelingt, das weltweite Herstellungs- und Lagerungsverbot konkret voranzubringen. — Meine Damen und Herren, dann aber hat es Sinn, und diesen Sinn unterstreichen wir nachhaltig und nachdrücklich. Das erwarten wir, und das wollen wir auch im Zusammenhang mit der Pariser Konferenz.
Was sind nun die Ziele in Prais? Ich denke, einmal die Bestätigung des Genfer Protokolls.
— Natürlich nicht. — Das ist der Versuch, die Weltöffentlichkeit zu mobilisieren. Wir leisten heute ja auch unseren bescheidenen Beitrag dazu.
— Ich bitte Sie! Ich sage deswegen: „bescheidenen Beitrag". — Aber wir wollen doch im Grunde die Öffentlichkeit mobilisieren, daß sich der Gedanke des weltweiten absoluten Verbots durchsetzt und sich keiner mehr vor einer solchen Zielvorstellung drücken kann. Wir wollen eben deutlich machen, daß jeder, der diesem Verbot nicht zustimmt, seine Reputation in der Gemeinschaft der Völker verliert.
Es geht zum zweiten auch darum, weitere Beitritte zu veranlassen, obwohl das nicht absolut wichtig ist, denn jedermann weiß inzwischen, daß das Verbot des Ersteinsatzes Völkergewohnheitsrecht geworden ist. Aber dennoch scheint es uns wichtig zu sein, den Versuch zu machen, die schon große Zahl der beigetretenen Länder zu erhöhen.
Es geht, meine Damen und Herren, auch darum, eine Verbesserung der Prozeduren beim Verdacht auf C-Waffen-Einsatz zu erreichen. Ich erinnere daran: Wir haben in den letzten Sitzungen darüber diskutiert. Wir haben aufgefordert, dem Irak doch zu gestatten, daß Beobachtungen im Lande stattfinden, ob ein
8540 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Dezember 1988
Lummer
Einsatz, z. B. gegen die Kurden, festzustellen war. Wir haben auch die Türkei gebeten, zuzulassen, daß die Lager beobachtet werden, ob ein Einsatz feststellbar ist. Es gab eine negative Antwort. Das ist bedauerlich; denn wir sagen nach wie vor: Wenn jemand das Licht der Öffentlichkeit nicht zu scheuen hat und sagt: „Wir haben das nicht eingesetzt, und wir wollen das nicht einsetzen", warum soll er sich dann für solche Kontrollen nicht öffnen? Das ist ein Punkt, der zu bereden ist und bei dem wir hoffen, daß es Fortschritte gibt.
Natürlich, meine Damen und Herren, geht es auch darum, die Weitergabe zu verhindern; ein Thema, das hier auch oft angesprochen wird. Letztendlich geht es natürlich darum, Impulse für Genf zu finden.
Es gibt unterschiedliche Einschätzungen. Herr Kollege Bahr hat einmal eine Formulierung gefunden, daß die technischen Fortschritte, die bei der Produktion erzielt worden sind, gewissermaßen ein Grund sind, daß die Kontrolle immer schwieriger wird und dadurch die Aussichtslosigkeit eines Abkommens überhaupt heraufdämmert. Das ist eine sehr skeptische Position, die er einnimmt oder zumindest gelegentlich geäußert hat.
Wir sehen das ein bißchen anders. Die Bundesregierung hat ja in der Antwort, die Sie gestern bekommen haben, sehr deutlich gemacht, daß die bisherige Entwicklung ein positives Ergebnis erreichbar erscheinen läßt. Die Voraussetzungen für einen Abschluß haben sich im letzten Jahr verbessert.
Ich meine, daß wir uns diesen Optimismus wirklich zu eigen machen sollten. Ich meine auch, daß ein Abschluß dann leichter möglich sein wird, wenn gewissermaßen ein Vertrauenszuwachs zustande kommt, der die Anforderungen an die Verifikation reduziert. Denn eines wissen wir alle: Vollkommen wird das Spiel der Verifikation nicht sein können, und ohne ein Stück Vertrauen geht es an dieser Stelle überhaupt nicht. Aber wir haben diesen Optimismus.
Lassen Sie mich damit schließen, meine Damen und Herren, daß ich darauf verweise, daß sich der Bundeskanzler
am 23. November in Hamburg vor der Atlantischen Versammlung dahin geäußert hat,
daß das Ziel der Bundesregierung nach wie vor darin bestehe, bei den C-Waffen so schnell wie möglich zu einem weltweiten Verbot zu kommen. Das ist eine ganz wichtige Aufgabe.
Ein bißchen Optimismus mag vielleicht auch die Äußerung verbreiten, die Gorbatschow gestern getan hat. Er hat vor den Vereinten Nationen gesagt:
Hier sind, wie uns scheint,
— bezogen auf das C-Waffen-Verbot —
die Voraussetzungen dafür vorhanden, daß das Jahr 1990 zu einem entscheidenden Jahr wird.
Das hoffen wir, meine Damen und Herren. Wir erwarten, daß die Bundesregierung ihren Beitrag dazu leistet. Wir werden sie mit Optimismus, aber auch mit Nachdruck begleiten.
Danke schön.