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    Plenarprotokoll 11/114 Bundestag Deutscher Stenographischer Bericht 114. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Vorruhestandsgesetzes (Drucksachen 11/1808, 11/3583, 11/3603, 11/3626) b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand (Drucksachen 11/2990, 11/3583, 11/3603, 11/3627) Schemken CDU/CSU 8245 D Schreiner SPD 8248 C Dr. Thomae FDP 8252 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 8255 A Frau Hasselfeldt CDU/CSU 8257 A Heyenn SPD 8259 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 8261 C Frau Steinhauer SPD 8266 C Grünbeck FDP 8268 D Frau Hillerich GRÜNE 8269 C Louven CDU/CSU 8270 D Hasenfratz SPD 8272 D Scharrenbroich CDU/CSU 8274 C Reimann SPD 8277 A Frau Unruh GRÜNE 8278 D Hinsken CDU/CSU (zur GO) 8279 D Namentliche Abstimmungen 8280A, 8280 B Ergebnisse 8283C, 8285 B Vizepräsident Stücklen 8276 B Tagesordnungspunkt 19: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes (Drucksachen 11/2964, 11/3609, 11/3629) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer, Frau Unruh und der Fraktion DIE GRÜNEN zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur finanziellen Sicherung der Künstlersozialversicherung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die mit dem Künstlersozialversicherungsgesetz gewonnenen praktischen Erfahrungen (Drucksachen 11/1174, 11/2979, 11/3609, 11/3629) Frau Weiler SPD 8280D, 8281 D Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 8280 D Heinrich FDP 8286D Frau Unruh GRÜNE 8287 C Höpfinger, Parl. Staatssekretär BMA 8288 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 Tagesordnungspunkt 20: a) Beratung des Antrags der SPD: Eingliederung der Aussiedler und Aussiedlerinnen aus Staaten Ost- und Südosteuropas sowie der Übersiedler und Übersiedlerinnen aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/3178) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerster (Mainz), Dr. Laufs, Lintner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Lüder, Dr. Hirsch, Richter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Aufnahme und Eingliederung der Aussiedler (Drucksache 11/3455) Dr. Penner SPD 8290 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 8291 C Frau Olms GRÜNE 8293 D Lüder FDP 8295 B Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 8297 B Sielaff SPD 8299 C Schulze (Berlin) CDU/CSU 8302 A Frau Hämmerle SPD 8303 C Dr. Wittmann CDU/CSU 8305 A Zusatztagesordnungspunkt 12: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu den Beschlüssen des EG-Umweltministerrates vom 24./25. November 1988 Schäfer (Offenburg) SPD 8306 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 8307 B Brauer GRÜNE 8308 D Baum FDP 8309 D Lennartz SPD 8310D Schmidbauer CDU/CSU 8311D, 8318 D Frau Dr. Hartenstein SPD 8313 A Dr. Göhner CDU/CSU 8314 B Dr. Knabe GRÜNE 8315 D Dr. Friedrich CDU/CSU 8316 A Antretter SPD 8316D Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 8318A Nächste Sitzung 8319 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 8321* A Anlage 2 Erklärungen der Abgeordneten Dr. Daniels (Bonn), Kolb, Glos, Dr. Unland (alle CDU/ CSU) 8321* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 8321* D Anlage 4 Aufhebung der Streichung des Zuschusses zur Lebensversicherung der Wehrpflichtigen angesichts deren finanzieller Situation MdlAnfr 43 25.11.88 Drs 11/3561 Frau Adler SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8322* A Anlage 5 Reduzierung der Schießübungen der US-Streitkräfte an Sonn- und Feiertagen, z. B. auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr; Rückverlagerung des US-Militärverkehrs von der Straße auf die Schiene, z. B. im Raum Grafenwöhr MdlAnfr 48, 49 25.11.88 Drs 11/3561 Stiegler SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8322* B Anlage 6 Unsachgemäße Behandlung der im amerikanischen Munitionsdepot Dülmen-Visbeck gelagerten Waffen- und Munitionsbestände MdlAnfr 50, 51 25.11.88 Drs 11/3561 Dr. Klejdzinski SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8322* D Anlage 7 Konsequenzen aus der Reduzierung des spanischen Anteils am Entwicklungsprogramm für den Jäger 90 MdlAnfr 52, 53 25.11.88 Drs 11/3561 Horn SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8323* B Anlage 8 Reduzierung des spanischen Anteils am Entwicklungsvorhaben Jäger 90 MdlAnfr 54, 55 25.11.88 Drs 11/3561 Frau Fuchs (Verl) SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg 8323* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 8245 114. Sitzung Bonn, den 2. Dezember 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens** 2. 12. Bindig* 2. 12. Frau Brahmst-Rock 2. 12. Büchner (Speyer)** 2. 12. Buschbom 2. 12. Cronenberg (Arnsberg) 2. 12. Frau Eid 2. 12. Dr. Francke 2. 12. Dr. Glotz 2. 12. Graf 2. 12. Grünbeck 2. 12. Haar 2. 12. Dr. Hauff 2. 12. Ibrügger 2. 12. Dr. Jenninger 2. 12. Jungmann 2. 12. Dr. Kohl 2. 12. Kolb 2. 12. Koschnick 2. 12. Dr. Kreile 2. 12. Frau Krieger 2. 12. Kreuzeder 2. 12. Leidinger 2. 12. Dr. Mahlo 2. 12. Dr. Mechtersheimer 2. 12. Möllemann 2. 12. Niegel* 2. 12. Dr. Pick 2. 12. Rappe (Hildesheim) 2. 12. Reuschenbach 2. 12. Ruf 2. 12. Schäfer (Offenburg) 2. 12. Dr. Scheer 2. 12. Scherrer 2. 12. Schmitz (Baesweiler) 2. 12. Tietjen 2. 12. Toetemeyer 2. 12. Frau Trenz 2. 12. Verheugen 2. 12. Dr. Vogel 2. 12. Weisskirchen (Wiesloch) 2. 12. Frau Weyel 2. 12. Zeitler 2. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Hans Daniels (Bonn) (CDU/CSU) Ich versichere, daß ich an den namentlichen Abstimmungen zur Schlußabstimmung des Gesetzent- Anlagen zum Stenographischen Bericht wurfs der Fraktion der CDU/CSU zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand auf Drucksachen 11/2990, 11/3583 und 11/3603 mit Ja und zu dem Entschließungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/3601 mit Nein gestimmt habe. Mir ist unerklärlich, warum meine Abstimmungskarten nicht auffindbar sind. Erklärung des Abgeordneten Elmar Kolb (CDU/CSU) Ich versichere, daß ich an der dritten namentlichen Abstimmung (zu Drucksache 3375) in der 109. Sitzung am 23. November 1988 teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Mir ist unerklärlich, warum meine Abstimmungskarte nicht auffindbar ist. Erklärung des Abgeordneten Michael Glos (CDU/CSU) Ich versichere, daß ich an der Schlußabstimmung des Gesundheits-Reformgesetzes teilgenommen und mit Ja gestimmt habe. Mir ist nicht erklärlich, warum meine Abstimmungskarte nicht auffindbar ist. Erklärung des Abgeordneten Dr. Hermann Josef Unland (CDU/CSU) Ich versichere, daß ich an der vierten namentlichen Abstimmung (zu Drucksache 11/3374) in der 108. Sitzung am 22. November 1988 teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Mir ist unerklärlich, warum meine Abstimmungskarte nicht auffindbar ist. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Petitionsausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 11/2485 Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Drucksache 11/2266 Nr. 2.11-2.20 Drucksache 11/2350 Nr. 2.2-2.8, 2.10 Drucksache 11/2465 Nr. 2.13-2.19 Drucksache 11/2580 Nr. 26-35, 37, 38 Drucksache 11/2841 Nr. 3, 4, 6-8 8322* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage der Abgeordneten Frau Adler (SPD) (Drucksache 11/3561 Frage 43) : Ist die Bundesregierung vor dem Hintergrund der finanziellen Situation der Wehrpflichtigen bereit, die Streichung des Zuschusses zur Lebensversicherung für Soldaten laut Schnellbrief des Bundesministeriums der Verteidigung S II/3, Abteilung 23.1203, vom 31. August 1988 rückgängig zu machen? Mit dem Schnellbrief des Bundesministers der Verteidigung vom 31. August 1988 wurde nicht die Streichung des Zuschusses zur Lebensversicherung für Soldaten nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz angeordnet. Nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz werden Beiträge für zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgungen für die Zeit des Wehrdienstes erstattet. Darunter wurden unter Berücksichtigung von § 10 EStG bisher auch Kapitalversicherungen miteingeschlossen, deren Versicherungsvertrag für die Dauer von mindestens 12 Jahren abgeschlossen war. Nach einer rechtskräftigen Entscheidung des OVG Münster vom 21. April 1988 entspricht diese Auslegungspraxis nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des OVG Münster wurde mit dem erwähnten Schnellbrief angeordnet, daß Beiträge zu Lebensversicherungen nur noch dann zu erstatten sind, wenn die Auszahlung der Versicherungssumme im Erlebensfall an den Versicherungsnehmer in der Regel nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres vereinbart ist. Es wurde jedoch auch angeordnet, daß solche Wehrpflichtige, deren Verträge diese Voraussetzungen nicht erfüllen, innerhalb einer Übergangszeit von drei Monaten ihre Verträge umstellen können und dann die Beiträge im bisherigen Umfang erstattet erhalten. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Stiegler (SPD) (Drucksache 11/3561 Fragen 48 und 49): Wird die Bundesregierung mit den US-Streitkräften ähnlich wie beim Fluglärm auch in bezug auf den Schießlärm z. B. am Truppenübungsplatz Grafenwöhr über eine Lärmpause an Sonn- und Feiertagen sprechen, und welche Initiativen sind in dieser Richtung bisher entfaltet worden? Welches Ergebnis hatten die Gespräche mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Rückverlagerung des Militärverkehrs von der Straße auf die Schiene, und bis wann ist mit positiven Konsequenzen, z. B. im Raum Grafenwöhr, zu rechnen? Zu Frage 48: Die Bundesregierung verhandelt unter anderem in einer deutsch-amerikanischen Koordinierungsgruppe auf Staatssekretärsebene mit dem Ziel, daß sich die hier stationierten US-Streitkräfte den Schießzeitenregelungen der Bundeswehr annähern, soweit dies möglich und mit dem militärischen Zweck ihrer Präsenz in der Bundesrepublik vereinbar ist. Die Vorstellungen beider Seiten decken sich nicht ganz. Bei den US-Streitkräften besteht aber der Wille, die Belastungen durch ihre militärischen Aktivitäten zu vermindern. Daneben steht die Bundesregierung auch im Einzelfall, z. B. Grafenwöhr, im Gespräch über Schießzeitenbeschränkungen. Die Frage wurde zuletzt im deutsch-amerikanischen Liegenschaftsausschuß am 10. November 1988 angesprochen. Zu Frage 49: Grundsätzlich stehen die amerikanischen Streitkräfte der Durchführung militärischer Schwertransporte mit der Eisenbahn aufgeschlossen gegenüber. Allein einschneidende Kürzungen der bisher für Transporte durch Dritte zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel haben die amerikanischen Streitkräfte verstärkt zu Straßentransporten gezwungen. Die Gespräche in dieser Angelegenheit mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika sind noch nicht abgeschlossen. Im militärischen Bereich wird diese Thematik auf der Expertenebene im deutschamerikanischen Mobility Coordinating Commitee, einem Fachausschuß, der sich mit grundsätzlichen Fragen zur Durchführung der Militärverkehre befaßt, weiter behandelt. Derzeitig kann daher noch keine Aussage gemacht werden, bis wann mit positiven Konsequenzen, z. B. im Raum Grafenwöhr, gerechnet werden kann. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Klejdzinski (SPD) (Drucksache 11/ 3561 Fragen 50 und 51) Ist die Bundesregierung unter dem Aspekt der Sicherheit der Zivilbevölkerung vor Giftgas-Katastrophen rechtlich und tatsächlich in der Lage, Einfluß auf die Anzahl und die Gattung der im amerikanisch genutzten Munitionslager Dülmen-Visbeck gelagerten Waffen und Munitionsbestände zu nehmen? Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß im amerikanischen Teil des Munitionsdepots in Dülmen-Visbeck offenbar Munition gelagert wird, die — wie kürzlich geschehen — bei geringer unsachgemäßer Behandlung beschädigt werden kann und dann den Verdacht des Austritts stark ätzender Säuredämpfe hervorruft? Zu Frage 50: Die amerikanischen Streitkräfte sind hinsichtlich der Lagerung von Waffen und Munition in den von ihnen genutzten Munitionslagern grundsätzlich gem. Art. II des NATO-Truppenstatuts (NTS) an das einschlägige deutsche Recht gebunden. Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 8323* Gem. Art. 45 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (ZA/NTS) können die verbündeten Gaststreitkräfte innerhalb der ihnen zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften die zur befriedigenden Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten erforderlichen Maßnahmen treffen. Hierbei können sie innerhalb der Liegenschaften auf den Gebieten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ihre eigenen Vorschriften anwenden. Dieses Recht steht allerdings unter dem Vorbehalt, daß diese eigenen Vorschriften gleichwertige oder höhere Anforderungen stellen als das deutsche Recht. Die ausländischen Streitkräfte sind danach gehalten, auf die Einhaltung der nach dem deutschen Recht geforderten Sicherheitsstandards zu achten. Die deutschen Behörden nehmen auf die Einhaltung dieser Standards im Wege der Zusammenarbeit mit den Dienststellen der Entsendestaaten Einfluß, wie dies im Artikel 53 Abs. 4 ZA/NTS und in den Absätzen 5-7 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 53 des Zusatzabkommens vorgesehen ist. Im übrigen ist die Bundesregierung im Rahmen der Konsultationen zur Operationsführung in der NATO an den Entscheidungen über die erforderliche Ausrüstung mit und Dislozierung von Waffen und Munition im Bündnis beteiligt und nimmt insoweit auch Einfluß auf die Anzahl und Art der in der Bundesrepublik Deutschland gelagerten Waffen- und Munitionsbestände. Im übrigen war bei dem Zwischenfall im Munitionsdepot Dülmen die Zivilbevölkerung nicht betroffen, und es handelte sich auch nicht — wie die Frage nahelegt — um eine „Giftgaskatastrophe". Durch ein Versehen war lediglich ein Gerät zur Erzeugung von künstlichem Nebel ausgelöst worden, irgendwelche Waffen- oder Munitionsbestände waren an diesem Zwischenfall nicht beteiligt. Zu Frage 51: Im Munitionsdepot Dülmen-Visbeck ist keine Munition gelagert, die bei geringer unsachgemäßer Behandlung beschädigt werden kann und dann den Verdacht des Austritts stark ätzender Säuredämpfe hervorruft. Wie bereits in der Antwort auf die vorhergehende Frage erwähnt, wurde bei dem Vorkommnis in Dülmen bei Wartungsarbeiten versehentlich ein Gerät ausgelöst, das künstlichen Nebel erzeugt. Die nach dem Zwischenfall kurzfristig durchgeführte Absperrung sowie der Einsatz eines Meßtrupps der Feuerwehr geschah aus Vorsorgegründen, um jegliche Gefährdung und Behinderung der Zivilbevölkerung ausschließen zu können. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Horn (SPD) (Drucksache 11/3561 Fragen 52 und 53): Welche — aus dem MoU hervorgehenden — juristischen und finanziellen Konsequenzen ergeben sich für Spanien für den Fall, daß es sich später zu einer Reduzierung seines Anteils am Entwicklungsprogramm EFA auf einen Betrag entsprechend der in seinem Land ausgeführten Arbeiten entscheiden würde? Welche Vorkehrungen hat die Bundesregierung getroffen für den Fall, daß Spanien seine finanzielle Beteiligung an der Entwicklungsphase oder an späteren Phasen des Projekts EFA reduziert, weil Spaniens finanzielle Möglichkeiten überschritten werden? Zu Frage 52: Die Regierungsvereinbarung (MoU 3) für die Entwicklungsphase des EFA sieht vor, daß jeder Teilnehmerstaat die Arbeiten der eigenen Industrie finanziert. Unteraufträge unterhalb der 2. Ebene sowie die Lieferung von Rohmaterial werden dem Anteil der bestellenden Firma zugerechnet, unabhängig in welchem Land diese Leistung erbracht wird. Es ergeben sich somit keine besonderen juristischen und finanziellen Konsequenzen, wenn sich Spanien für einen Betrag entsprechend den in seinem Land ausgeführten Arbeiten entscheidet, weil dies der bereits vereinbarten Regel entspricht. Zu Frage 53: Spanien hat sich mit der abgeschlossenen Regierungsvereinbarung verpflichtet, in der Entwicklungsphase des EFA einen Anteil der Arbeiten und der Kosten in Höhe von 13 % zu übernehmen. Die Arbeiten der Industrie sind in diesem Verhältnis aufgeteilt. Eine Reduktion der vereinbarten finanziellen Beteiligung wäre ein Teilrücktritt. Die Regierungsvereinbarungen enthalten klare Regeln für den Rücktritt oder den teilweisen Rücktritt. Sie sehen vor, daß die ausscheidende Nation alle Kosten, die aufgrund des Ausscheidens entstehen, zu tragen hat. Die Kostenbeteiligungspflicht kann bis zur Höhe der Gesamtverpflichtung für die Entwicklungsphase reichen. Allerdings haben die Nationen auch eine Schadensbegrenzungspflicht. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht verpflichtet, in einem solchen Fall einen erhöhten Anteil zu übernehmen. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, daß Spanien seinen Anteil reduzieren will. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen der Abgeordneten Frau Fuchs (Verl) (SPD) (Drucksache 11/3561 Fragen 54 und 55): Treffen Presseberichte (DER SPIEGEL, 14. November 1988) zu, wonach die Teilnehmerstaaten des Projekts „Jäger 90" eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen haben, die es Spanien erlaubt, seine Beteiligung von 13 v. H. am Entwicklungsvorhaben „Jäger 90" zu reduzieren, und wenn ja, wann wird die Bundesregierung diese Zusatzvereinbarung dem Parlament und seinen zuständigen Fachausschüssen vorlegen? 8324* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 Kann die Bundesregierung garantieren, daß Spanien seinen Anteil von 13 v. H. am Entwicklungsvorhaben „Jäger 90" aufrechterhält? Zu Frage 54: Die Regierungsvereinbarung für die Entwicklung des EFA hat dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vorgelegen und ist von diesem am 4. Mai 1988 gebilligt worden. Sie enthält die Verpflichtungssummen der Teilnehmerstaaten sowie die notwendigen Vereinbarungen über die industrielle Arbeitsaufteilung. Diese Regierungsvereinbarung ist durch Spanien am 9. November 1988 in unverändertem Wortlaut unterzeichnet worden. Die Vereinbarung sieht vor, daß die prozentuale Arbeitsaufteilung (,,Workshare") in jedem der 5 Teilbereiche der Entwicklung eingehalten wird. Während für das Flugzeug und das Triebwerk die Arbeiten entsprechend aufgeteilt sind, könnten im Verlauf der Geräteauswahl, die im Wettbewerb durchgeführt wird, Ungleichgewichte entstehen. Die Regierungsvereinbarung läßt deshalb die Möglichkeit zu, daß die beteiligten Regierungen im Falle entstehender Ungleichgewichte durch geeignete Maßnahmen die Einhaltung der Aufteilung sicherstellen. Der angesprochene Sideletter regelt in diesem Rahmen Einzelheiten für den möglichen Fall, daß Spanien in einem Bereich der Entwicklung seinen Anteil nicht ausfüllen kann, und zwar in erster Linie durch Ausgleich innerhalb der Entwicklungsphase. Für den Fall, daß die spanische Industrie wegen mangelnder industrieller Kapazität in speziellen Bereichen dem spanischen Anteil zuzurechnende Unteraufträge an die Industrie der Partnerländer vergibt, sind die Partner Spaniens bereit, im EFA Programm oder auch außerhalb gleichwertige Aufträge an die spanische Industrie zum Arbeitsausgleich zu vergeben. Die Nebenabsprache dient damit also nicht dem Zweck, Spanien zu gestatten, seinen Anteil beliebig abzusenken, sondern sie soll im Gegenteil es Spanien erleichtern, seinen Arbeitsanteil auszufüllen, ohne daß damit ein Nachteil für die Partner Spaniens entsteht. In der Nebenabsprache wird ausdrücklich festgestellt, daß die Regierungsvereinbarung nicht geändert wird. Damit wird eine Erhöhung der Kostenverpflichtung der Bundesrepublik Deutschland in der Entwicklung ausgeschlossen. Der Bundesminister der Verteidigung ist selbstverständlich bereit, das Dokument zur Information vorzulegen. Zu Frage 55: Die Bundesregierung hat keinen Anlaß für die Annahme, daß Spanien seiner mit der Regierungsvereinbarung eingegangenen Verpflichtung nicht nachkommt. Es ist nicht üblich, Regierungsvereinbarungen durch zusätzliche Garantien abzusichern.
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    Rede von Dr. Karl Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir treten heute in die Schlußberatung einer gründlichen Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes ein.
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 8281
    Dr. Becker (Frankfurt)

    Das Gesetz trat 1981 in Kraft und erlebt nun schon die zweite Novellierung. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte dies schon zu Anfang befürchtet. Viele der von uns prognostizierten Mängel traten ein und müssen nun repariert werden. Wir hatten 1980 einen eigenen Entwurf vorgelegt, der damals abgelehnt wurde. Heute beteiligen wir uns an der Reparatur und hoffen, daß das System jetzt funktionsfähig wird.
    Nach der Erhöhung des Bundeszuschusses von 17 auf 25 % und der Aufgabenübertragung auf die Landesversicherungsanstalt Oldenburg/Bremen im vergangenen Jahr werden mit dem neuen Beitragssatzverfahren über verbindliche Monatsbeiträge bei geschätztem voraussichtlichem Jahresarbeitseinkommen weitere bürokratische Verwaltungsabläufe vereinfacht und bisherige finanzielle Nachteile durch Unterdeckung vermieden.
    Wir halten auch bei der immer wieder genannten lückenhaften Erfassungsmöglichkeit bei einer Reihe von Kunstverwertern als Abgabepflichtige die Einführung einer ausgewogenen Generalklausel für erforderlich. Wir begrüßen, daß endlich mit der bereichsspezifischen Lösung bei der Erhebung der Künstlersozialabgabe begonnen wird, und danken vor allem den Abgabepflichtigen aus dem Bereich Wort, daß sie die sie belastenden Nachteile der bisherigen nicht sachgerechten einheitlichen Abgabesätze mitgetragen haben.
    Die Ausschußanhörung hat uns veranlaßt, weitere Maßnahmen in Erwägung zu ziehen.
    Zu den Ausschußanhörungen, meine Damen und Herren, will ich allgemein einige Anmerkungen machen, die wir im Parlament überdenken sollten. Seit einiger Zeit führen wir im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung gelegentlich ein anderes Anhörungsverfahren durch, das auf unsere früheren Kollegen Haimo George und Eugen Glombig zurückgeht. Dieses Verfahren sieht bei einer begrenzten, aber gezielten Sachverständigenanzahl bei jedem Befragten ein Zeitkontingent vor, das auch durch Nachfragen zu den Antworten der Sachverständigen ausgenutzt werden kann. Es erweist sich, daß dieses Verfahren bisher jedenfalls günstiger zu bewerten ist. Dies hat sich auch auf die Auswertungsergebnisse bei den Anhörungen positiver als bisher ausgewirkt.
    So haben wir uns in den Anhörungen überzeugen lassen, daß die ursprünglich geplante Verkürzung der Berufsanfängerfrist von fünf auf drei Jahre Härten bringen wird, und belassen es daher bei der bisherigen Regelung von fünf Jahren.
    Allerdings halten wir weiter an dem Mindestbeitrag fest, auf den nicht verzichtet werden kann. Eine Versicherung ohne angemessene finanzielle Beteiligung der Versicherten ist mit dem Versicherungsprinzip nicht vereinbar. Ein Monatsbeitrag von 35 DM erscheint uns auch zumutbar, da er deutlich niedriger als der Beitrag der Studenten zu ihrer Krankenversicherung, der bei derzeit 64 DM liegt, ist.
    Bei der Überlegung, beim Ruhen des Versicherungsschutzes in der Krankenversicherung bei Nichtzahlung die Säumniszeit auszudehnen, haben wir festgestellt, daß de facto bei der Zweimonatsregelung bereits ein Zeitraum von drei Monaten durch die zusätzlichen Mahnungs- und Rückantwortverfahren abläuft. Eine Verlängerung schafft mehr Bürokratie, erhöht die Kosten und den Vollstreckungsaufwand. Die vorgesehene Regelung scheint auch sozial tragbar, da im Härtefall die Stundung beantragt werden kann und Ratenzahlungen mit Wiederaufleben des Versicherungsschutzes möglich sind.
    Wir haben uns auch mit der schwierigen Situation der Bühnenverlage befaßt. Das von den Betroffenen vorgeschlagene Härteklauselmodell zur Künstlersozialversicherungsabgabe wurde geprüft. Eine solche Regelung hätte aber rechtliche und finanzielle Auswirkungen, da sich auch andere auf eine solche Regelung beziehen würden. Wir fanden bisher keine geeignete Lösungsmöglichkeit. Ich will aber den Betroffenen von hier aus sagen, daß weiter nach einer deutlichen Verbesserung für ihre schwierige Situation gesucht wird.
    Weiter haben wir die Forderung einiger Sachverständiger auf Krankengeldzahlung vom ersten Tag an geprüft. Dabei mußten wir feststellen, daß dies zu einer Erhöhung des Beitragssatzes um 0,5 Prozentpunkte und zu einer weiteren, jedoch nicht tragbaren Belastung führen würde. Daher müssen wird dies ablehnen.
    Meine Damen und Herren, aus Zeitgründen kann ich nicht auf die weiteren Stabilisierungen in der Künstlersozialversicherung eingehen. Wir erwarten, daß durch die umfassenden Novellierungen die soziale Sicherung der Künstler weiter verbessert wird und daß das gesamte System jetzt erfolgreich arbeiten kann.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Weiler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Barbara Weiler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Heute morgen in der Debatte wurde von der Regierungskoalition der Satz geprägt: Weniger Geld führt zu mehr Kreativität. Ich finde, dies ist auch ein weiteres Motto, das über diesem Gesetz stehen kann. Neben dem Sozialabbau beim Gesundheits-Reformgesetz und neben dem Sozialabbau der Neunten Novelle zum AFG heute morgen ist jetzt ein weiterer Personenkreis an der Reihe. Es ist ein kleiner Personenkreis; aber ich denke, er ist zumindest ebenso schutzbedürftig.
    Heute soll die Novellierung eines Gesetzes verabschiedet werden, das wie so viele in den letzten Wochen ausschließlich dazu dient, die Kassen von Herrn Stoltenberg zu sanieren. Nach Auffassung der SPD besteht ein unabweisbarer Reformbedarf. Nach der von uns geforderten Anhörung haben Sie zwar nun einige Kleinigkeiten geändert; aber in der Grundtendenz ist es eine Gesetzesnovellierung geworden, die einerseits eine Abkassierung der Betroffenen und andererseits eine Verwaltungsvereinfachung bedeutet, die die spezielle Situation der Künstler in keiner Weise berücksichtigt. Auch dieses Gesetz ist — ich schaue auf die Debatte in der letzten Woche zurück — ein Opfer der sogenannten Gesundheitsreform geworden; denn wegen des Gesundheits-Reformgeset-
    8282 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988
    Frau Weiler
    zes haben wir im Ausschuß nicht die entsprechende Zeit gehabt, um über notwendige und vernünftige Reformschritte im Detail beraten zu können.
    Zum Beispiel fand der Ausschuß nicht die Zeit, sich mit dem interessanten Vorschlag des Schriftstellerverbands auseinanderzusetzen, der die Chance eröffnen könnte, das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen und gleichzeitig den sozialen Schutz der selbständigen Künstler auszubauen.
    Wir begrüßen, daß Sie immerhin bereit waren, die geplante Dreijahresfrist, in der Berufsanfänger und Berufsanfängerinnen unabhängig von der Höhe des Jahreseinkommens versichert sind, zu revidieren. Es bleibt also bei der bereits jetzt bestehenden Fünfjahresfrist.
    In der Anhörung ist folgendes deutlich geworden. Die allgemeine ökonomische Situation selbständiger Künstler hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Großspektakel wie die Musicals „Cats" oder „Starlight Express" vermitteln nur ein Zerrbild der realen Situation der Künstler in der Bundesrepublik. Da gibt es gerade im schriftstellerischen Bereich viele Neuanfänger, die jahrelang um Anerkennung ihrer künstlerischen Leistungen ringen müssen und in dieser Zeit sozusagen von der Hand in den Mund leben.
    Da gibt es Künstler, die nach Zeiten einer Schaffenspause ihre künstlerische Tätigkeit wieder aufnehmen, jedoch nicht mehr unter die Berufsanfängerregelung fallen. Ich denke hier insbesondere an Frauen, die nach der Familienphase wieder in den Beruf zurückkehren wollen. Sie erwerben weder in der Zeit, die sie für die Familienbetreuung aufwenden, eigene Rentenansprüche, noch sind sie nach dem Wiedereinstieg in den Beruf in das soziale Sicherungssystem einbezogen; denn auf sie trifft die Versicherungspflicht nicht zu.
    So wird auch an Hand der Künstlersozialversicherung wieder deutlich, daß es für Frauen viele Stolpersteine auf dem Weg zur beruflichen Anerkennung gibt.
    Auf der Verwerterseite sind die Probleme der 45 Theaterverlage deutlich geworden, die durch den hohen Honoraranteil am Umsatz überdurchschnittlich durch die Künstlersozialabgabe belastet werden. In diesem Punkt hat uns die CDU signalisiert, daß sie bereit wäre, darüber zu diskutieren, wie wir diesen Theaterverlagen helfen können. Nur: Ich befürchte, Herr Dr. Becker, das kann Ende nächsten Jahres schon zu spät sein.
    Um unsere Position noch einmal zu verdeutlichen: Verwaltungsvereinfachung — ja, Stärkung der Finanzlage — ja, dies jedoch nur unter Beibehaltung des Hauptziels, nämlich der Stärkung des sozialen Schutzes der selbständigen Künstler.

    (Beifall bei der SPD — Zustimmung der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Dieses Hauptziel wird der vorliegende Entwurf auch nach den kleinen Änderungen nicht gerecht. Unsere wichtigsten Kritikpunkte sind: Die Umstellung auf das neue Beitragsverfahren ist eine unausgewogene Maßnahme der Verfahrensvereinfachung, die zur Untersicherung der Künstler im Alter führt.
    Im Vorgriff auf unsere Beschlüsse hier hat — eigentlich unter Mißachtung des Gesetzgebungsverfahrens — die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen bereits ab 18. November den Versicherten geschrieben, sie mögen doch schon jetzt nach dem eventuell zu verabschiedenden Gesetz verfahren und ihre Beiträge entsprechend melden. So etwas Ähnliches hatten wir auch beim Arbeitsförderungsgesetz schon einmal.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Künstler werden in unzulässiger Weise den Freiberuflern gleichgestellt, indem sie bei dem vorgezogenen Krankengeldanspruch allein für den höheren Beitrag aufkommen müssen. Der besondere Schutz der Berufsanfänger wird abgebaut, indem sie Mindestbeiträge zahlen müsen.
    Im Ausschuß haben wir mehrere Änderungsvorschläge gemacht. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang auf die Vorschläge der anderen Fraktionen eingehen, und zwar zunächst einmal auf diejenigen der GRÜNEN. Wir haben Verständnis für Ihre Änderungsanträge und sind mit der Zielsetzung einverstanden. Wir sind aber der Meinung, daß die Formulierung, die Sie benutzt haben, nicht das gewünschte Ergebnis bringt. Darum werden wir die ersten drei Anträge ablehnen, und dem letzten Antrag bezüglich der Bühnenverlage werden wir zustimmen.

    (Frau Olms [GRÜNE]: Also getrennte Abstimmung!)

    — Ja.
    Wir haben darüber hinaus eine sehr interessante Stellungnahme von zwei mitberatenden Ausschüssen, die ich Ihnen nicht verheimlichen möchte. Da die meisten Kolleginnen und Kollegen die Berichte nicht so ausführlich lesen, wie es vielleicht wünschenswert wäre, möchte ich diese Stellungnahmen doch einmal zitieren.
    Die uns sympathischste Stellungnahme hat der mitberatende Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit beschlossen. Er hat nämlich mit Stimmenmehrheit klipp und klar beschlossen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

    (Dr. Becker [Frankfurt] [CDU/CSU]: Er hat nicht die Mehrheit gefunden!)

    Der Innenausschuß — ebenfalls beratend — hat einstimmig — mit den Stimmen der CDU/CSU und der FDP —

    (Zuruf von der SPD: Das will was heißen!)

    und dem federführenden Ausschuß eine Reihe von Punkten auf den Weg gegeben, die wir berücksichtigen müssen, und zwar war das eine ziemlich harsche Kritik. Wir sind der Meinung, daß sich diese Kritikpunkte im Prinzip mit unseren decken. Ich empfehle wirklich allen, sich diese Punkte noch einmal genau anzusehen.
    Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir möchten gerne, daß der Beitragsverzug nicht zum Ruhen von Leistungsansprüchen führen darf. Eine solche Maßnahme ist nach unserer Meinung nicht mit dem Prinzip der Versicherungspflicht vereinbar. Die Reaktion auf bestehende Außenstände kann nur in einer verstärkten Prüfung und Eintreibung bestehen; mit
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Dezember 1988 8283
    Frau Weiler
    dieser — das war ja in der Anhörung zu hören — liegt es im argen. Es gibt Millionen von Außenständen. Die längst fällige personelle Aufstockung der KünstlerSozialkasse ist auch mit den drei Personen mehr nicht ausreichend. Das wissen auch Sie.

    (Dr. Becker [Frankfurt] [CDU/CSU]: Es sind insgesamt 12 Personen!)

    — Aber für die Betriebsprüfung sind es nur drei. Die Betriebsprüfung ist eben das besonders Wichtige, was sich sogar, wie Sie wissen, selbst trägt.
    Durch die Festsetzung einer Höchstgrenze für die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe wird dem Problem der Theaterverlage nach unserer Meinung Rechnung getragen. Darum haben wir den Antrag gestellt. Sie haben das leider nicht angenommen.
    Zur Stärkung der Finanzlage der Versicherung ist eine unabdingbare Voraussetzung, konsequent das Verwertungskonzept durchzuführen. Das bedeutet, daß jeder Unternehmer — auch die öffentliche Hand — Künstlersozialabgabe zahlen muß, auch wenn er nur gelegentlich künstlerische Leistungen verwertet. Wir denken hier insbesondere an Aufträge wie „Kunst am Bau" und ähnliches. Ich weiß, daß auch Sie darüber nachdenken. Wie eben schon gesagt: wieder ein Opfer des GRG, daß wir nicht die Zeit hatten, im Detail zu beraten.

    (Günther [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr!)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe hier noch einmal einen Teil unserer generellen Kritik vorgetragen. Ich bin der Meinung — wie sicherlich auch Sie —, daß wir im nächsten Jahr einmal ausführlich Verbesserungsvorschläge prüfen müssen, auch die der Verbände, die des Verbandes der Schriftsteller. Ich hoffe, daß Sie dann nicht dem Votum des Finanzministers folgen, sondern dem Votum des Innenausschusses, des mitberatenden Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit und daß sich dann der Sozialausschuß, der Ausschuß, der eigentlich für die soziale Sicherung der Künstler verantwortlich ist, nicht hinter dem Innenausschuß und dem Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit verstecken muß.

    (Beifall bei der SPD)