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    Plenarprotokoll 11/113 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 113. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag der Abg Frau Hoffmann (Soltau) 8093 A Erweiterung der Tagesordnung 8093 A Begrüßung des Botschafters der Französischen Republik, Boidevaix sowie des Koordinators für die deutsch-französische Zusammenarbeit, Dr. Barzel 8140 D Tagesordnungspunkt 3: Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland Dr. Kohl, Bundeskanzler 8094 A Dr. Vogel SPD 8100 A Lintner CDU/CSU 8103 D Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 8106D Hoppe FDP 8109 A Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 8110 C Büchler (Hof) SPD 8112 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 8116 C Heimann SPD 8118 D Werner (Ulm) CDU/CSU 8121 C Frau Hensel GRÜNE 8124 A Ronneburger FDP 8126 C Hiller (Lübeck) SPD 8128 C Dr. Czaja CDU/CSU 8130 D Frau Terborg SPD 8133 A Tagesordnungspunkt 4: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte (Drucksache 11/3253) b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 06 40 Titel 681 05 — Haushaltsjahr 1988 (Drucksache 11/3173) c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 14 05 Titel 525 21 — Aus- und Fortbildung, Umschulung (Drucksache 11/3193) d) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 646 02 — Erstattung der Aufwendungen für die Krankenhilfe an Heimkehrer und durch Gesetz gleichgestellte Personengruppen (Drucksache 11/3268) 8135 B Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Abgeordneten Carstensen (Nordstrand), Eigen und Genossen und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Bredehorn, Richter, Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Seefischereigesetzes (Drucksache 11/3596) 8135 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in München, Dachauer Straße, gemäß § 64 Abs. 2 BHO (Drucksache 11/3567) 8135 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Conradi, Müntefering, Erler, Großmann, Menzel, Dr. Niese, Oesinghaus, Reschke, Scherrer, Tietjen, Weiermann, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Weiterentwicklung und Verbesserung der nach 1950 erbauten Großsiedlungen (Drucksache 11/2241) 8135 C Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Dezember 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen (Drucksachen 11/2553, 11/3559) 8135D Tagesordnungspunkt 6: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 23. November 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Venezuela zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der Unternehmen der Luftfahrt und der Seeschiffahrt (Drucksachen 11/3091, 11/ 3600) 8136A Tagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Schaffung eines Vorrechts für Umlagen auf die Erzeugung von Kohle und Stahl (EGKS- UmVG) (Drucksachen 11/353, 11/3197) 8136 A Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fischwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 11/2852, 11/3252) . . . 8136B Zusatztagesordnungspunkt 5: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (Drucksachen 11/2688, 11/3566) 8136B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Wahlkreiskommission für die 11. Wahlperiode des Deutschen Bundestages gemäß § 3 Bundeswahlgesetz (Drucksachen 11/2870, 11/3170) . 8136B Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 14 02 Titel 698 01 — Abgeltung von Schadensersatzansprüchen Dritter (Drucksachen 11/3051, 11/3296) 8136 C Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 89 zu Petitionen (Drucksache 11/3467) 8136 C Tagesordnungspunkt 11: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen vom 22. Januar 1988 zum Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit (Drucksachen 11/3258, 11/3265, 11/3410, 11/3610, 11/3611) Dr. Dregger CDU/CSU 8137 D Voigt (Frankfurt) SPD 8140 D Dr. Feldmann FDP 8143 D Dr. Mechtersheimer GRÜNE 8145 B Genscher, Bundesminister AA 8147 A Dr. Wieczorek SPD 8148 D Lamers CDU/CSU 8150 C Ebermann GRÜNE 8152 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 8152D Dr. Stercken CDU/CSU 8154 A Namentliche Abstimmung 8154 C Ergebnis 8158 D Tagesordnungspunkt 12: a) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung (Drucksachen 11/14, 11/3608) b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung (Drucksachen 11/2503, 11/3604, 11/3618, 11/3624) Scharrenbroich CDU/CSU 8155 B Andres SPD 8160 B Heinrich FDP 8164 A Hoss GRÜNE 8166 C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 III Dr. Blüm, Bundesminister BMA 8168 C Urbaniak SPD 8172B Dr. Warrikoff CDU/CSU 8173 D Stratmann GRÜNE 8176D Peter (Kassel) SPD 8178A Frau Unruh GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 8179C Dr. Warrikoff CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 8179D Dreßler SPD (Erklärung nach § 31 GO) . 8180A Namentliche Abstimmung 8180 D Ergebnis 8181 B Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Fuchs (Verl), Dr. Böhme (Unna), Erler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rücktritt der Bundesrepublik Deutschland von dem Entwicklungsvorhaben „Europäisches Jagdflugzeug/ Jagdflugzeug 90" (Drucksache 11/3018) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Ausscheiden der Bundesrepublik Deutschland aus dem Entwicklungsvorhaben Jagdflugzeug 90 (Drucksache 11/3592) Frau Fuchs (Verl) SPD 8183B Francke (Hamburg) CDU/CSU 8186B Frau Schilling GRÜNE 8187D Ronneburger FDP 8189 B Würzbach, Parl. Staatssekretär BMVg . . 8191A Ronneburger FDP (Erklärung nach § 30 GO) 8192 C Horn SPD (Erklärung nach § 30 GO) . . . 8193 A Vizepräsident Westphal 8187D, 8189B Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 88 zu Petitionen (Drucksache 11/3291) Dr. Emmerlich SPD 8193 C Jung (Limburg) CDU/CSU 8194 A Häfner GRÜNE 8195 A Frau Dr. Segall FDP 8195 D Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wiederkehrerlaubnis für in der Bundesrepublik Deutschland aufgewachsene Ausländer (Drucksache 11/ 1931) b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Bundesausländergesetz (Drucksache 11/2598) Schröer (Mülheim) SPD 8197 B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 8198D Frau Olms GRÜNE 8200 A Dr. Hirsch FDP 8201 A Wartenberg (Berlin) SPD 8202 B Dr. Kappes CDU/CSU 8204 A Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ursachen, Prävention und Behandlung der Unfruchtbarkeit, Entwicklung und Auswirkungen von Fortpflanzungstechniken und Embryonenforschung (Drucksachen 11/747, 11/2238) Frau Schmidt-Bott GRÜNE 8206 A Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 8207 C Frau Becker-Inglau SPD 8208 C Frau Würfel FDP 8209 D Pfeifer, Parl. Staatssekretär BMA . . . 8211B Tagesordnungspunkt 16: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Weiss (München), Dr. Daniels (Regensburg) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verhalten der Bundesregierung gegenüber dem österreichischen Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie in bezug auf die geplante atomare Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (Drucksache 11/2873) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Weiss (München), Dr. Daniels (Regensburg) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Erörterungstermin in Wackersdorf (Drucksache 11/2894) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags des Abgeordneten Dr. Daniels (Regensburg) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Keine Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (Drucksache 11/3597) Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . . 8213 A Dr. Friedrich CDU/CSU 8214 D Schütz SPD 8217 A Frau Dr. Segall FDP 8218 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . . 8220B Tagesordnungspunkt 17: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Kuhlwein, Dr. Penner, Odendahl, weiterer Abgeordneter und der IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 Fraktion der SPD: Entwicklungsstand und Perspektiven der Fachhochschulen in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 11/2211, 11/2603) Kuhlwein SPD 8222 B Daweke CDU/CSU 8226 A Wetzel GRÜNE 8228 B Neuhausen FDP 8230 A Möllemann, Bundesminister BMBW . . 8231 A Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Volkszählung 1987 (Drucksache 11/1762) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Übernahme der Kosten der Volkszählung am 25. Mai 1987 durch den Bund (Drucksache 11/3584) Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) . . 8234 B Bohl CDU/CSU (zur GO) 8235 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 8236 C Wartenberg (Berlin) SPD 8237 C Lüder FDP 8238 B Frau Schmidt-Bott GRÜNE 8239 A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 8240 D Nächste Sitzung 8241 D Berichtigungen 8242 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8243* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8093 113. Sitzung Bonn, den 1. Dezember 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    8242 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 Berichtigungen Nachtrag zum Plenarprotokoll 11/111, Seite 8034 D, Nr. 53: Im ersten Absatz der Erklärung der Abg. Frau Folz-Steinacker ist statt „109. Sitzung am 23. November 1988" zu lesen: „110. Sitzung am 24. November 1988". Auf Seite 7938 ist bei Nr. 42, Drucks. 11/3441, einzufügen: „Zweiter Spiegelstrich". Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* * 2. 12. Antretter 1. 12. Bindig * 2. 12. Frau Brahmst-Rock 2. 12. Büchner (Speyer)* * 2. 12. Buschbom 2. 12. Catenhusen 1. 12. Cronenberg (Arnsberg) 2. 12. Dr. Francke 2. 12. Dr. Geißler 1. 12. Dr. Glotz 1. 12. Dr. Hauff 2. 12. Irmer * 1. 12. Dr. Jenninger 2. 12. Frau Krieger 2. 12. Kühbacher 1. 12. Maaß 1. 12. Dr. Mahlo 2. 12. Mitzscherling 1. 12. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Müller 1. 12. Dr. Müller * * 1. 12. Niegel * 2. 12. Frau Pack 1. 12. Dr. Pick 2. 12. Paintner 2. 12. Rappe (Hildesheim) 2. 12. Roth 1. 12. Dr. Scheer 2. 12. Scherrer 1. 12. von Schmude 1. 12. Schulhoff 1. 12. Frau Trenz 2. 12. Tietjen 2. 12. Toetemeyer 2. 12. Vosen 1. 12. Weisskirchen (Wiesloch) 2. 12. Wieczorek 1. 12. Zeitler 2. 12. Zierer* 1. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dorothee Wilms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unsere heutige Diskussion behandelt nicht einen Routinegegenstand parlamentarischer Erörterung, sondern wir sprechen über eine zentrale Aufgabe unseres politischen Handelns, nämlich über die Lage der Nation. Dies bedeutet auch, daß wir über die Menschen und ihr Schicksal im geteilten Deutschland sprechen.
    Diese Tatsache, denke ich, verpflichtet uns in ganz besonderer Weise. Die Erfüllung dieser Verpflichtung sind wir allen Deutschen schuldig, besonders unseren Landsleuten in der DDR, die, wie wir alle wissen, unsere Debatten mit großer Aufmerksamkeit verfolgen.
    Lassen Sie mich deshalb hier gleich feststellen: Grundlage jeder deutschlandpolitischen Erörterung müssen seriöse, in ihren Konsequenzen durchdachte Überlegungen sein.

    (Zuruf von der SPD: Daran fehlt es bei der Bundesregierung! Das schreiben Sie sich ins Stammbuch!)

    Dieses Feld eignet sich eben nicht für leichtfertiges Gerede

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    oder esoterische Übungen oder leichtfertige Vorwürfe, Herr Kollege Büchler.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Herr Dr. Vogel, zuhören! — Frau Hensel [GRÜNE]: Das ist die Schelte für die Opposition!)

    Ich muß sagen: Sie wissen es besser.

    (Sielaff [SPD]: Als Sie!)

    Sie haben heute eigentlich eine ungute Rolle gespielt; denn Sie wissen die Tatsachen, die Historie und die Hintergründe besser, als Sie sie heute hier dargelegt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich begrüße daher sehr nachdrücklich den Entschließungsantrag der CDU/CSU- und FDP-Fraktion zum Bericht zur Lage der Nation, der die Grundlage jeder verantwortlichen Deutschlandpolitik noch einmal nachdrücklich in Erinnerung ruft und markante Orientierungspunkte für die weitere Entwicklung der innerdeutschen Beziehungen setzt.
    Die offene deutsche Frage, meine Damen und Herren, ist wesentlich eine Frage der Menschenrechte; denn einem Teil der Deutschen werden auch heute noch elementare Menschenrechte vorenthalten. Unmittelbar vor dem 40. Jahrestag der UN-Menschenrechtscharta jetzt am 10. Dezember erinnern wir uns
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8117
    Bundesminister Frau Dr. Wilms
    daran wohl besonders bewußt. Der Bundeskanzler hat eben zu Recht auf den Zusammenhang zwischen der deutschen und der Menschenrechtsfrage hingewiesen. Wir treten für die Menschenrechte überall in der Welt ein, in Chile oder Südafrika, in Nicaragua oder Vietnam. Aber wir fordern ganz selbstverständlich und vor allem die Respektierung der Menschenrechte aller Deutschen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn ich von „allen Deutschen" spreche, dann schließe ich die Deutschen jenseits von Oder und Neiße, etwa in Schlesien, aber auch in Kasachstan oder Siebenbürgen, mit ihrem Anspruch auf Menschenrechte, d. h. auch auf Volksgruppen- oder Minderheitenrechte, ein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Sielaff [SPD]: Waren Sie überhaupt schon mal in Kasachstan?)

    Den Deutschen in der DDR werden elementare Rechte durch einen Staat verwehrt, dem die Menschen nie eine freie und demokratische Legitimation erteilen durften und konnten. Menschenrechte, meine Damen und Herren, sind keine Frage staatlicher gönnerhafter Gewährung. Sie sind keine staatlichen Gunsterweise. Menschenrechte kommen jedem Menschen als vorstaatliche Abwehrrechte zu, als Schutzrechte gegen die Vereinnahmung durch den Staat oder eine Partei. Und diese Menschenrechte werden unseren Landsleuten in der DDR weiterhin vorenthalten. Die ideologische Bevormundung durch Partei und Staat, die Verweigerung der Freizügigkeit, die Eingriffe in das kirchliche Leben oder die Einschränkungen freier künstlerischer, etwa literarischer Betätigung sind Belege dafür. Auch in der DDR müßte es doch eigentlich möglich sein, von der Staatspartei abweichende Auffassungen öffentlich zu vertreten, ohne daß gleich Sicherheitsorgane in Erscheinung treten.
    Der Bundeskanzler hat unmißverständlich darauf hingewiesen: Menschenrechte und menschliche Erleichterungen sind nicht dasselbe. Wir setzen uns für die Deutschen in der DDR ein, weil sie unsere Landsleute sind. Dies ist ein Gebot unserer nationalen Solidarität.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Und dies ist auch nicht Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates;

    (Kittelmann [CDU/CSU]: So ist es!)

    denn zu unseren Mahnungen und Forderungen sind wir durch die KSZE-Schlußakte berechtigt.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Nicht nur dadurch!)

    Wenn nicht wir Deutsche unsere Stimme erheben, wie können wir es dann von anderen erwarten?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, das Wiener KSZE-Folgetreffen ist in seine letzte Phase getreten. Die Bundesregierung war stets bestrebt, den KSZE-Prozeß für Fortschritte in allen drei Körben zu nutzen. Aber das Schwergewicht lag und liegt auf der menschlichen Dimension. Das Ziel eines substanzreichen und ausgewogenen Wiener Schlußdokumentes ist jetzt in greifbare Nähe gerückt. Es soll die menschenrechtliche Lage insgesamt verbessern und nicht zuletzt für die Deutschen mehr und verbesserte Möglichkeiten für Kontakte und Begegnungen über die innerdeutsche Grenze hinweg schaffen, d. h. die Grenze durchlässig machen.
    Für den Reise- und Besucherverkehr im geteilten Deutschland z. B. wie aber auch für den Zeitungs- und Zeitschriftenaustausch erwarten wir von dem Wiener Dokument weitere wesentliche Verbesserungen. Auch die auseinandergerissenen Familien, die politischen Gefangenen in der DDR schauen hoffnungsvoll nach Wien. Die Führung der DDR wird nach Abschluß des Wiener KSZE-Folgetreffens auf all diesen Feldern handeln müssen.
    Meine Damen und Herren, vor diesem aktuellen Hintergrund der Lage in der DDR muß ich nun fragen,

    (Sielaff [SPD]: So aktuell war das nun auch nicht! Alte Hüte waren das! Das war eine Rede von gestern!)

    ob die SPD mit der SED über die richtigen Themen spricht. Am 22. November wurde eine gemeinsame Erklärung der Arbeitsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion und des ZK der SED veröffentlicht. Den Begriff „Menschenrechte" suche ich in dieser Erklärung vergeblich.

    (Dr. Czaja [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Statt dessen sprechen die Vertreter der SPD mit der SED über Probleme der Abrüstung so, als ob die zwischen den Bündnissen bestehenden Sicherheitsprobleme auf einer deutschen Sonderschiene gelöst werden sollten.

    (Sielaff [SPD]: Unsinn ist das! — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das ist töricht!)

    Diesem Ansinnen möchte und muß ich entgegenhalten: Meine Damen und Herren, Sicherheit findet der freie Teil Deutschlands nur im Bündnis mit den freien Staaten des Westens. Das Bündnis ist der Ort, an dem wir die notwendigen konkreten Schritte zur Abrüstung tun müssen. Die von der SED und SPD immer wieder vorgetragenen Zonenkonzepte sind nicht geeignet, unsere sicherheitspolitische Lage zu verbessern. Im Gegenteil, sie schaffen eher Zonen verminderter Sicherheit und können zu Instabilitäten in Europa führen, woran uns am allerwenigsten gelegen sein kann.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das habt ihr vor einer doppelten Null-Lösung auch immer gesagt! Immer das gleiche!)

    Unser Ziel muß ein stabiles Gleichgewicht der Kräfte auf niedrigem Niveau sein. Das geht aber nur, wenn das bestehende Ungleichgewicht im besonderen auf dem Gebiet der konventionellen Bewaffnung abgebaut

    (Zurufe von der SPD: Sie sollten sich nicht in Verteidigungsfragen einmischen! — Es langt schon, wenn Sie über Deutschlandpolitik reden! — Nennen Sie mal die chemischen Waffen!)

    8118 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988
    Bundesminister Frau Dr. Wilms
    und der Weg für Verhandlungen über die Herstellung konventioneller Stabilität in ganz Europa freigemacht wird. Auch deshalb sind wir an einer baldigen Beendigung des Wiener KSZE-Folgetreffens mit einem ausgewogenen substantiellen Abschlußdokument und einem Mandat für KRK-Verhandlungen interessiert.
    Ich denke, die Opposition könnte in Gesprächen mit der SED sehr viel für die Entspannung zwischen den Blöcken tun, wenn sie in diesen Gesprächen darauf drängen würde, daß die DDR ihren Bürgern Freiheit und Menschenwürde garantiert, damit die DDR auf diese Weise ihren Beitrag zum Frieden leistet.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der SPD)

    Denn trotz aller Friedens- und Abrüstungsrhetorik aus der DDR müssen wir beispielsweise feststellen, daß sich in den Schulbüchern der DDR nach wie vor die alten Feindbilder gegen den Westen finden, die, so denke ich, im Widerspruch zu gutnachbarlichen Beziehungen stehen. Offensichtlich besteht zwischen dem Bild, das die DDR von sich als einem weltoffenen und aufgeschlossenen Partner im internationalen Dialog zeichnet, und ihrer Innenpolitik ein Widerspruch. Öffnung nach außen, Anspruch auf internationale Reputation auf der einen Seite und andererseits Schüsse an der Grenze, Zeitungs- und Filmverbote, Behinderung von Journalisten, Einreiseverweigerungen aus politischen Gründen: Das paßt nicht zusammen.
    All das können und wollen wir nicht verschweigen, gerade weil wir weiter auf eine nüchterne Politik des Dialogs und der Zusammenarbeit setzen. Dialog und Zusammenarbeit bedeuten ja eben nicht, die eigene Überzeugung zu verleugnen, sondern im Gegenteil, Positionen zu beziehen und zu vertreten.
    Unser Ziel ist es, in unserer Politik gegenüber der DDR im Interesse der Menschen im geteilten Deutschland voranzukommen. Wir können feststellen, daß auf vielen Gebieten der innerdeutschen Beziehungen weitere Fortschritte gemacht worden sind, und dies wird auch in Zukunft so sein. Der Herr Bundeskanzler hat soeben im einzelnen darauf hingewiesen.
    Aber ich wiederhole, was ich schon in der Aktuellen Stunde im Okober 1988 gesagt habe: Die Qualität der innerdeutschen Beziehungen und die jeweilige Situation in der DDR hängen miteinander zusammen. Die Mißachtung von Menschenrechten in der DDR muß auf Dauer belastend auf die Gesamtbeziehungen der beiden Staaten in Deutschland wirken. Wir wünschen das nicht; denn die Kontinuität und Stabilität der Entwicklung der Beziehungen sind ohne Zweifel auch ein Element der Vertrauensbildung zwischen Ost und West.
    Uns bestimmt dabei nicht der Gedanke einer Sicherheitspartnerschaft der beiden Staaten in Deutschland,

    (Zuruf von der SPD: Schade!)

    die es zwischen Staaten entgegengesetzter Gesellschaftsordnung nicht geben kann. Wir wollen als Deutsche vielmehr unseren Beitrag zur Stabilität und zum Frieden an der Nahtstelle zwischen Ost und West leisten. Unser Verhältnis zur DDR ist von der Absicht
    bestimmt, den Zusammenhalt der Nation zu sichern und die Folgen der Teilung für die Menschen zu mildern und dadurch auch ein Stück Befriedung in Europa herbeizuführen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Beide Staaten kommen deshalb um eine pragmatische Zusammenarbeit nicht herum, weil sie ihrer Verantwortung gerecht werden müssen. Aber ich sage noch einmal: Nur die Verwirklichung der Menschenrechte trägt auf Dauer zum Frieden in Europa bei.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    In der deutschlandpolitischen Diskussion der jüngsten Zeit ist mir gelegentlich zuviel von Neutralismusvorstellungen die Rede,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Herr Bahr!)

    von Äquidistanz und Abgrenzung zu den Vereinigten Staaten von Amerika.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Herr Bahr soll zuhören!)

    Ich warne nachdrücklich davor, Irritationen und Mißverständnisse bei jenen hervorzurufen, mit denen uns die gleichen Ideale und Werte verbinden und ohne die wir unsere Freiheit nicht bewahren können.
    Wir werden unsere nationale Frage auch nicht lösen können, wenn wir überholten Vorstellungen der Vergangenheit nachhängen und darüber die Zukunft vergessen. Diese Zukunft — davon bin ich fest überzeugt — wird auch eine Lösung der deutschen Frage bringen

    (Reimann [SPD]: Wenn Sie sie nicht verbauen!)

    auf der Basis von Freiheit, Menschenrechten und nationaler Selbstbestimmung für die Deutschen und für die Europäer in einer europäischen Friedensordnung. Diesen Weg weist uns schon die Präambel des Grundgesetzes. Unser Ziel der deutschen Einheit in Freiheit, zu dem sich die Bundesregierung im Sinne der Präambel ohne Wenn und Aber bekennt — was auch in vielen Regierungserklärungen dezidiert dargelegt wurde — , werden wir auf diese Weise mit dem Verständnis und der Unterstützung unserer Nachbarn erreichen können. Ich denke, dafür muß es einen Konsens unter allen demokratischen Patrioten geben können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Heimann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Gerhard Heimann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Bundesminister, wir haben in der Haushaltsdebatte über die mangelnden Kompetenzen Ihres Ministeriums gesprochen. Ich frage mich: Liegt der Grund in den mangelnden Kompetenzen Ihres Ministeriums, daß Sie hier jetzt auch schon Vorträge über Sicherheitspolitik halten?

    (Zuruf von der SPD: Aber schlechte Vorträge!)

    Das, was Sie über die Sicherheitspolitik zwischen den
    beiden deutschen Staaten gesagt haben, würden wir
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8119
    Heimann
    lieber von kompetenterer Stelle hören. Das, was Sie gesagt haben, schien uns jedenfalls nicht sehr kompetent zu sein.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es war richtig, was sie gesagt hat!)

    Herr Kollege Lintner, Sie haben einen Aufsatz von mir aufgegriffen, den ich vor einem Jahr geschrieben habe. Ich will an dieser Stelle mein Redemanuskript einmal beiseite lassen und darauf eingehen. Vor einem Jahr habe ich einen Aufsatz geschrieben, dessen Titel lautet: „Die Last der deutschen Geschichte". Was habe ich in diesem Aufsatz eigentlich gesagt?
    Ich habe gesagt, daß die deutsche Geschichte den Deutschen die Normalität anderer Völker versagt hat,

    (Lintner [CDU/CSU]: Genau das habe ich wiedergegeben!)

    die darin besteht, daß andere Völker, besonders Frankreich, auf eine glückliche Einheit von Staat, Nation und Demokratie zurückgreifen können.

    (Lintner [CDU/CSU]: Einen Anspruch darauf haben und die Deutschen nicht, haben Sie gemeint!)

    Wir haben das in unserer Geschichte nicht verwirklichen können. Die 48er-Bewegung hat es nicht geschafft, die doppelte Aufgabe von Einheit und Freiheit, also Einheit und Demokratie, zu lösen. Wir haben dann eine Einheit von Staat und Nation unter Bismarck bekommen, aber mangelhaft blieb die Verwirklichung der Freiheit und der Demokratie. Außerdem hat das Bismarck-Reich nur 74 Jahre gedauert.
    Was ist das eigentlich vor dem Hintergrund der ganzen deutschen Geschichte? Wir Deutschen haben immer lernen müssen, in Formen der Mehrstaatlichkeit zu leben.
    Herr Kollege Dregger hat in seiner Rede in Nürnberg auf das Heilige Römische Reich zurückgegriffen und gesagt: Auch dies ist ein Teil unserer Geschichte. Aber dieses Heilige Römische Reich war nie ein Staat im modernen Sinne, sondern es war etwas, was die Deutschen auf andere Weise zusammengehalten hat. Deshalb wollen wir ja auch am Begriff der Nation festhalten. Aber warum müssen wir immer wieder die Frage der Einheit von Staat und Nation, die vor der deutschen Geschichte nicht geglückt ist, in den Mittelpunkt unserer Diskussionen stellen?

    (Lintner [CDU/CSU]: Wie halten Sie es denn mit dem Wiedervereinigungsanspruch?)

    — Aus der Geschichte lernen, Herr Kollege Lintner.
    Dann habe ich etwas anderes gesagt: Muß man die fortdauernde Zweitstaatlichkeit Deutschlands eigentlich immer nur in Sonntagsreden und dann auch ohne Folgen beklagen? Liegt in dieser Zweistaatlichkeit nicht auch eine konkrete Chance, die wir heute ergreifen können, und zwar dann, wenn man sich klarmacht, was eigentlich der Kern der Teilung ist: Der Kern der Teilung ist nicht die nationale Abspaltung eines Staates von einem anderen, sondern die Teilung ist uns als Folge des Ost-West-Konfliktes auf gezwungen worden, ist allerdings auch Folge des eigenen
    Verschuldens, das darin liegt, daß wir den Zweiten Weltkrieg begonnen haben.
    Wer die Teilung überwinden will, muß den Antagonismus zweier Systeme und zweier Bündnisse überwinden. Das geht nur von beiden Seiten. Die Aufgabe muß von beiden Seiten in Angriff genommen werden: von uns aus als Bundesrepublik Deutschland in unserem Bündnis, in unserer freiheitlichen Ordnung, und von der DDR aus in ihrem Bündnis. Wenn die beiden deutschen Staaten in diesem Sinne zusammenwirken, dann ist es nicht nur ein Nachteil, daß es diese beiden Staaten gibt, dann kann das auch ein Vorteil werden, weil so ein Teil der Ursache der Teilung überwunden werden kann.
    Das Europäische Haus, von dem jetzt gesprochen wird, muß ja irgendwo anfangen. Es muß vor allen Dingen an der Stelle anfangen, wo die beiden Systeme aufeinandertreffen. Das heißt, die Deutschen haben eine besondere Verantwortung, übrigens, Frau Bundesminister Wilms, auch in Fragen der Sicherheitspolitik, genau aus dieser Lage heraus.
    Darum sollten wir lieber darüber sprechen, was die beiden deutschen Staaten zusammen tun können, um diese europäische Teilung zu überwinden, als immer wieder ein Ziel an die Wand zu malen, das nicht realistisch ist — der Herr Bundeskanzler hat es heute hier ausgeführt — , das vielleicht die Geschichte uns eines Tages wiedergibt, das aber jedenfalls keine Frage der gegenwärtigen Politik sein kann.
    Nun möchte ich noch etwas zum Regierenden Bürgermeister sagen, der aber offenbar so viel mit seinen Problemen in Berlin zu tun hat, daß er leider nicht mehr hierbleiben konnte. Der Herr Regierende Bürgermeister hat hier eine schöne Rede gehalten.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Eine gute Rede! — Eine sehr gute!)

    — Ich füge hinzu: Es war auch eine gute Rede. — Ich sage das mit der schönen Rede ganz ohne Ironie. Er hat nämlich sehr nachdenklich, einfühlsam und auch ohne falsche Anklagen von außen über die innere Lage der DDR gesprochen und auch über die Menschen dort.

    (Zuruf von der SPD: Die Rede hätte Frau Wilms vorher lesen sollen!)

    Ich frage mich bloß: Ist er nicht in Gefahr, wenn er so fortfährt, selbst zu glauben, er und seine Partei habe die Vertragspolitik erfunden? Was hätte wohl ein Parteifreund von ihm gesagt, wenn ein Sozialdemokrat in den 60er oder 70er Jahren in Berlin diese Rede gehalten hätte?

    (Beifall bei der SPD — Dr. Vogel [SPD]: Dann hätten sie geheult! Die hätten auf dem Kopf gestanden! Abelein hätte einen Schlaganfall bekommen! — Lachen bei der CDU/CSU)

    „Nützlicher Idiot" wäre wohl noch der harmloseste Vorwurf gewesen.
    Wenn der Regierende Bürgermeister nicht selber ehrlich zugibt, daß er auf den Fundamenten steht, die wir Sozialdemokraten gebaut haben,

    (Zuruf von der SPD: Das weiß er)

    8120 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988
    Heimann
    dann denkt man natürlich immer, wenn man solche Reden hört, sie haben die Funktion abzulenken, abzulenken z. B. von Verfassungsschutzfragen, vom Bausumpf, von inneren Problemen.

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Ach Gott, wir haben doch nicht den Berliner Wahlkampf!)

    Hier in Bonn werden die schönen Reden gehalten, und er geht ein bißchen auf Distanz zu dem, was in Berlin selber passiert.
    Wenn aber der Regierende Bürgermeister bekennen würde, welches Fundament er hat, auf dem er aufbaut und auf dem er seine Politik jetzt formuliert, dann wäre natürlich ein größeres Maß an Gemeinsamkeit in der ganz wichtigen Frage der Berlin-Politik und der Deutschland-Politik möglich.

    (Dr. Vogel [SPD]: Richtig!)

    Nun zu ein paar konkreten Punkten. In den Ausschüssen — federführend im Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen — beraten wir immer noch den Antrag „Die Zukunft Berlins zwischen Ost und West", den die SPD-Bundestagsfraktion als erste vor gut einem Jahr in den Bundestag eingebracht hat. Ursprünglich hatten die Fraktionen die Absicht, soweit möglich, mit einer gemeinsamen Beschlußempfehlung noch vor Ende dieses Jahres wieder in das Plenum zu kommen. Das ist jetzt allerdings nicht mehr so sicher wie vorher.
    Es ist nicht mehr so sicher, ob es überhaupt eine gemeinsame Beschlußempfehlung geben wird; denn auf nichtssagende Allgemeinplätze, wie etwa am Beispiel des Luftverkehrs oder der Ausübung alliierter Rechte in Berlin, die die wirklichen Probleme und Konflikte nur verkleistern, werden wir Sozialdemokraten uns nicht einlassen. Aber — auch das verspreche ich — , wir werden alle Anstrengungen unternehmen, in der Sache vertretbare Kompromisse einzugehen, wenn wir zu dem Schluß kommen, daß das Berlin nutzt.

    (Beifall bei der SPD)

    Gemeinsamkeiten aller Fraktionen hier im Bundestag haben Berlin schon oft genutzt. Ich erinnere nur an den Bau einer neuen Eisenbahntrasse für Hochgeschwindigkeitszüge, über den inzwischen mit der DDR verhandelt wird und der wegen seiner gesamteuropäischen Bedeutung immer mehr zu einem europäischen Renommierstück wird, über das sich trefflich auch in Paris, Warschau und Moskau reden läßt. Auch dies war ursprünglich und zuerst ein SPD-Antrag.
    Weil wir Sozialdemokraten auch jetzt wieder ein Ergebnis wollen, sind wir einverstanden, unseren Berlin-Antrag aus dem Berliner Wahlkampf herauszuhalten und erst im Februar und März weiter zu behandeln.

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Wir haben auch einen Antrag, Herr Kollege! Sonst brauchten wir uns ja nicht zusammenzusetzen, um zu versuchen, einen gemeinsamen zu finden!)

    — Das ist unbestreitbar; ich gebe das auch zu. Ich
    habe deshalb auch gesagt: Wir haben den Antrag als
    erste eingebracht. Wir wollen uns hier nicht darüber streiten, Herr Kollege Schulze.
    Herr Kollege Schulze, wichtiger ist, daß wir die Zeit bis dahin gut nutzen. Nutzen wir sie nicht, läuft z. B. im Luftverkehr nichts automatisch zugunsten von Berlin (West), sondern alles dagegen. Hier verfolgt, wie nicht anders zu erwarten, jeder seine eigenen Interessen: Die Sowjetunion will ihre alten Rechtspositionen zum Korridorverkehr wieder ins Spiel bringen. Die DDR möchte mehr Lufthoheit über ihrem Territorium; ich sage einmal in Klammern: Verstehen kann man es ja. Lufthansa und Interflug wollen so schnell wie möglich, d. h. notfalls auch ohne Luftverkehrsabkommen, gegenseitige Überflug- und Landerechte, die Berlin-Tegel genauso wie Berlin-Schönefeld wegen der damit verbundenen komplizierten Rechts- und Machtfragen ausklammern.

    (Stiegler [SPD]: Sehr richtig!)

    Die Bundesregierung ist von diesem Standpunkt ja wohl nicht so weit entfernt.

    (Stiegler [SPD]: Ja!)

    Die Airbus-Industrie will weiterhin Flugzeuge in den RGW-Wirtschaftsraum verkaufen. Die amerikanischen Luftverkehrsgesellschaften liefern sich untereinander und den anderen Berlin-Tegel anfliegenden Gesellschaften einen harten Verdrängungswettbewerb, um ihr Berliner Standbein in Europa in Hinblick auf Europa 1992 kräftig auszubauen.
    Man braucht nur diese Interessenkonstellation realistisch einzuschätzen, um zu begreifen, daß die Berlin-Initiative des amerikanischen Präsidenten, die in Form eines Aide-Mémoire auch von Frankreich und Großbritannien übernommen wurde, jedenfalls was den Luftverkehr von und nach Berlin angeht, mausetot ist, wenn sie überhaupt je auf etwas anderes abzielte, als noch mehr amerikanische Fluggesellschaften in den europäischen Binnenflugverkehr hineinzubringen.
    In dieser richtigen Einschätzung haben Air France und Lufthansa durch Euroberlin France schnell vollendete Tatsachen geschaffen, um den Berlin-Luftverkehr nicht allein den anderen zu überlassen. Wie das gemacht wurde, ist angesichts der komplizierten Lage nicht ohne Pfiffigkeit und Kühnheit, so daß man seinen Respekt nur schwer verbergen kann.
    Die kritische Frage ist nur: Was haben die Bürger in Berlin (West) eigentlich davon? Ich behaupte, außer noch mehr Flugzeugen, noch mehr Lärm und noch mehr Luftverunreinigungen nichts, absolut nichts. Auch der Konkurrenzkampf und die Billigtarife hier und dort werden wieder neuen Absprachen weichen, wenn erst einmal feststeht, welche Fluggesellschaften in dem Verdrängungswettbewerb, der jetzt gerade stattfindet, die Sieger sein werden.
    Dies aber spricht der Herr Regierende Bürgermeister nicht klar aus; vielleicht, weil er nicht einem unserer alliierten Freunde etwas weh tun will. Auch zur Alternative dazu sagt er nicht allzu viel, sondern überläßt das den Sozialdemokraten. Wir wollen das gern übernehmen. Deshalb sage ich noch einmal klar, welches unsere Positionen dazu sind.
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8121
    Heimann
    Erstens. Berlin (West) kann als Ost-West-Zentrum des Handels und der Dienstleistungen nur bestehen, wenn seine Verkehrsverbindungen ausgebaut werden. Das darf aber nicht im Widerspruch zu den Notwendigkeiten des Umweltschutzes geschehen. Deshalb hat der Eisenbahnverkehr Vorrang.
    Zweitens. Im Luftverkehr muß Berlin-Tegel wie bisher seine Rolle als ein durch die Luftkorridore gesicherter Zugang von und nach Berlin (West) spielen. Ein weiterer Ausbau zu einem internationalen Großflughafen kann jedoch wegen seiner Stadtlage aus Gründen des Lärmschutzes, der Luftverunreinigungen und der Sicherheit nicht in Frage kommen.
    Drittens. Statt der Erweiterung von Flugkapazitäten in Berlin-Tegel muß eine enge Kooperation mit Berlin-Schönefeld vertraglich vereinbart werden. Passagiere aus Berlin (West), aus dem Bundesgebiet oder dem Ausland müssen Berlin-Schönefeld ohne zeitraubende Paßformalitäten auf die schnellste, bequemste und internationalen Maßstäben entsprechende Weise benutzen können. Der Euro-Airport Basel/Mülhausen, der grenzüberschreitend von den Bürgern der gesamten dortigen Region benutzt wird, ist ein Beispiel. Es ist absoluter Unsinn, das bisher bestehende Konkurrenzverhältnis zwischen Tegel und Schönefeld weiter kultivieren zu wollen.
    Viertens. Die Berlin-Initiative der drei Mächte und die Antwort der Sowjetunion haben klargemacht, daß es Verbesserungen im Luftverkehr in und um Berlin nur gemeinsam mit der DDR geben wird oder nicht geben wird. Die Interessen von Berlin (West) können deshalb nur wirksam im Zusammenhang mit einem deutsch-deutschen Luftverkehrsabkommen eingebracht werden. Dabei müssen die Vier Mächte in Ausübung ihrer jeweiligen Rechte und Verantwortlichkeiten mitwirken.
    Fünftens. Aus diesen Gründen ist es nun an der Zeit, daß die Bundesregierung die Initiative für Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen mit der DDR ergreift, das auf der Grundlage der Lufthoheit der beiden deutschen Staaten gegenseitige Lande- und Überflugrechte von Lufthansa und Interflug regelt, ohne den alliierten Luftverkehr in den Luftkorridoren nach Berlin (West) zu berühren. Dabei müssen Lufthansa und Interflug zukünftig genauso wie die alliierten Luftverkehrsgesellschaften, allerdings außerhalb der Luftkorridore, das Recht haben, die deutsch-deutsche Grenze zu überfliegen, auch muß die Lufthansa künftig Berlin-Tegel anfliegen können.

    (Bahr [SPD]: Sehr richtig!)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt kaum ein besseres Beispiel als den Luftverkehr von und nach Berlin, um deutlich zu machen, wie verschachtelt das Interessen- und Machtgeflecht ist, das über Berlin lagert. Berlin-Politik ist deshalb immer ein Spiel mit mindestens sechs Bällen, und man muß schon aufpassen, daß man jeweils nach dem richtigen Ball greift, wenn man nicht alle sechs verlieren will. Das ist nicht prinzipiell neu, sondern war schon so, als es Anfang der 70er Jahre galt, auf der Basis des Status von Berlin im Viermächteabkommen die Spielregeln neu zu definieren.
    Status und Viermächteabkommen bleiben die Grundlage, solange es eine bessere nicht gibt. Aber auf dieser Grundlage verschieben sich die politischen Gewichte der einzelnen bewegenden Faktoren ständig. So wächst den Deutschen in beiden Staaten und in Berlin unaufhörlich eine immer größere eigene Verantwortung für die Gestaltung der Ost-West-Beziehungen in Mitteleuropa zu. Wenn sich die Frage der Souveränität nicht eines Tages explosiv und dann schädlich stellen soll, dann dürfen die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs die Deutschen immer weniger daran hindern, die Organisation ihres friedlichen Zusammenlebens zunehmend selbst zu regeln.
    Die Epoche, in der Berlin (West) seine Sicherheit und Integrität nicht mehr im Ost-West-Konflikt, sondern in der Ost-West-Kooperation finden wird, hat schon begonnen.

    (Beifall bei der SPD)