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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Grunenberg 7415A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksachen 11/2700, 11/2966, 11/3119) Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 11/3204, 11/3231 — Dr. Vogel SPD 7415B, 7453 C Dr. Dregger CDU/CSU 7426 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7432 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 7438 C Dr. Kohl, Bundeskanzler . . . . 7443A, 7454B Jungmann SPD 7454 C Dr. Geißler CDU/CSU 7457 A Frau Wieczorek-Zeul SPD 7461 C Austermann CDU/CSU 7465 B Wüppesahl fraktionslos 7467 A Namentliche Abstimmung 7469 D Ergebnis 7471D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes — Drucksachen 11/3205, 11/3231 — Waltemathe SPD 7470 A Dr. Rose CDU/CSU 7473 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 7475 D Hoppe FDP 7477 D Wischnewski SPD 7479 C Dr. Stercken CDU/CSU 7481 C Verheugen SPD 7484 B Genscher, Bundesminister AA 7486 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 11/3207, 11/3231 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 11/3217, 11/3231 — Dr. de With SPD 7490 D von Schmude CDU/CSU 7493 B Häfner GRÜNE 7494 D Kleinert (Hannover) FDP 7496 C Diller SPD 7498 A Engelhard, Bundesminister BMJ 7499 B Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 11/3219, 11/3231 — Esters SPD 7501 B Borchert CDU/CSU 7503 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Frau Eid GRÜNE 7506 A Frau Folz-Steinacker FDP 7507 B Klein, Bundesminister BMZ 7508 D Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 11/3221, 11/3231 — Büchler (Hof) SPD 7511B Dr. Neuling CDU/CSU 7513 D Dr. Knabe GRÜNE 7516A Hoppe FDP 7517 B Hiller (Lübeck) SPD 7518 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 7519D Namentliche Abstimmung 7539 D Ergebnis 7540 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — Drucksachen 11/3216, 11/3231 — Waltemathe SPD 7523 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 7525 C Frau Garbe GRÜNE 7529 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7531A Schäfer (Offenburg) SPD 7532 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 7535C Namentliche Abstimmungen . . 7539B, 7539C Ergebnisse 7540B, C, D Nächste Sitzung 7540 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7541* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 7415 108. Sitzung Bonn, den 22. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 2 **) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 3 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bahr 22. 11. Dr. Bangemann 25. 11. von Bülow 23. 11. Dr. Dollinger 25. 11. Duve 24. 11. Dr. Ehrenberg 22. 11. Dr. Emmerlich 22. 11. Frau Fischer 24. 11. Francke (Hamburg) 24. 11. Dr. Haack 24. 11. Dr. Hauff 25. 11. Dr. Hornhues 22. 11. Graf Huyn 24. 11. Dr. Jenninger 25. 11. Frau Kelly 25. 11. Dr. Klejdzinski 24. 11. Dr. Köhler 24. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer 24. 11. Lutz 22. 11. Meyer 25. 11. Dr. Müller 25. 11. Frau Pack 25. 11. Pfuhl 24. 11. Dr. Pick 22. 11. Rappe 22. 11. Regenspurger 24. 11. Rühe 22. 11. Dr. Scheer 24. 11. Schmidt (München) 25. 11. Schröer (Mülheim) 22. 11. Spranger 24. 11. Todenhöfer 22. 11. Vosen 23. 11. Dr. von Wartenberg 24. 11. Weirich 22. 11. Weiß (München) 22. 11. Würtz 24. 11. Dr. Zimmermann 23. 11.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit 1989 wird insgesamt 7,109 Milliarden DM betragen. Das sind 4,6 % mehr als im laufenden Jahr. Im Rahmen der bilateralen Finanziellen und Technischen Zusammenarbeit, für die 4,473 Milliarden DM im Einzelplan 23 angesetzt wurden, sind je gut 40 % für Afrika und Asien vorgesehen, knapp 14 % für Lateinamerika, der Rest für Europa



    Bundesminister Klein
    und Ozeanien. Über die Hälfte unserer Mittel, genau 51,74 %, gehen an die ärmsten und ärmeren Entwicklungsländer.
    Doch die Zahlen allein, in denen sich das Engagement der Bundesrepublik Deutschland für die 3,8 Milliarden Menschen in der Dritten Welt nur statistisch ausdrückt, vermitteln ein unzulängliches Bild. Ich halte die Beschlüsse der Bundesregierung zur deutschen Entwicklungspolitik, auf die auch mein Kollege Borchert dankenswerterweise hingewiesen hat und die im Laufe dieses Jahres gefaßt wurden, sich aber im wesentlichen erst ab 1989 auswirken werden, für mindestens ebenso entscheidend.
    Erstens. Streichung von weiteren 3,6 Milliarden DM Schulden ärmerer und ärmster Entwicklungsländer. Damit das niemand anmahnen muß, füge ich hinzu, daß 4,2 Milliarden DM Schulden in den vorausgegangenen zehn Jahren bereits unter meinen Vorgängern erlassen wurden. Aus den Reaktionen der betroffenen Länder, die dadurch um ein Schuldendienst-Soll im kommenden Jahr von 80 Millionen DM — das realistischerweise zu erwartende Ist wäre wohl nur halb so hoch — entlastet werden, wissen wir, daß diese deutsche Maßnahme vielfach Hilfe in höchster Not, Deblockierung anderweitig zugesagter, aber wegen Zahlungsrückständen nicht überwiesener Mittel, einen Beitrag zur Lösung des Schuldenproblems und zur Schaffung neuer Spielräume auch in der Umweltpolitik bedeutet.
    Zweitens. Verbesserung der Kreditbedingungen für die im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit gewährten Entwicklungsdarlehen. Neben Zuschüssen für die ärmsten Entwicklungsländer wird es künftig für einen kleinen Kreis bereits fortgeschrittenerer Länder der Dritten Welt Kredite zu sogenannten Standardkonditionen (2 % Zinsen, 10 Freijahre, 30 Jahre Laufzeit) geben, für die Masse unserer Partner aber IDA-Konditionen, also die von der Entwicklungsagentur der Weltbank eingeräumten Bedingungen (0,75 % Zinsen, 10 Freijahre, 40 Jahre Laufzeit).

    (Volmer [GRÜNE]: Das ist für Afrika eine Verschlechterung, Herr Minister!)

    Drittens. Erhöhung der Mittel für forstwirtschaftliche Maßnahmen zur Rettung des tropischen Regenwaldes bereits im laufenden Haushaltsjahr. Wir haben den Ansatz von 108 Millionen DM auf über eine Viertelmilliarde DM angehoben. Das sind keine Lippenbekenntnisse, Frau Kollegin Eid, sondern konkrete Maßnahmen.

    (Volmer [GRÜNE]: Für den Tropenwaldaktionsplan!)

    Somit ist auch die Größenordnung für das kommende Haushaltsjahr programmiert. Dadurch ist die Bundesrepublik Deutschland — unseren Beitrag zu multilateralen Leistungen nicht mitgerechnet — an den weltweit eingesetzten Entwicklungshilfegeldern für Forstmaßnahmen

    (Volmer [GRÜNE]: Für Abholzen!)

    überproportional, mit 15 %, beteiligt. Umfang und Geschwindigkeit der Vernichtung des tropischen Regenwaldes sind allerdings so gigantisch, daß außergewöhnliche Anstrengungen zwingend sind. Und weil
    nur global koordinierte Gegenmaßnahmen Wirkung versprechen, fügen wir unser Engagement in den Rahmen des Tropenwaldaktionsplans der FAO ein.

    (Volmer [GRÜNE]: Der ist für die Katz!)

    Zusammen mit den zuständigen Mitarbeitern meines Hauses habe ich deshalb bereits die notwendigen Schritte mit dem FAO-Generaldirektor und seinem Stab in Rom vereinbart.
    Die neu gefaßte Erläuterung zu Tit. 86 601 ermöglicht sinnvollerweise für Umweltschutzprojekte künftig auch Zuschüsse aus der Finanziellen Zusammenarbeit über den Kreis der ärmsten Länder hinaus.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Viertens. Schrittweise Lösung der Rückflußproblematik. Bei einer noch nicht sehr großen, aber wachsenden Zahl von Ländern der Dritten Welt, die auf Grund ihres Entwicklungsstandes noch geraume Zeit auf Zufuhr konzessionärer Mittel angewiesen sein werden, übersteigen inzwischen die Zins- und Tilgungsleistungen die Neuzuweisungen. So selbstverständlich Kredite im Normalfall zurückzuzahlen sind, so problematisch ist diese Entwicklung angesichts der von den betroffenen Ländern nur teilweise selbst zu verantwortenden Verschuldung. Im laufenden Haushaltsjahr waren 100 Millionen DM Rückflüsse im Einzelplan 23 eingestellt, die aber auf Grund einer unzulänglichen haushaltstechnischen Konstruktion nur zu etwa einem Drittel verfügbar wurden.

    (Esters [SPD]: Das war eine Trickserei des BMF!)

    Für 1989 sind 120 Millionen DM aus Rückflüssen vorgesehen. Gleichzeitig wurde Vorsorge getroffen, daß über diesen Betrag in voller Höhe von Beginn des Haushaltsjahres an verfügt werden kann.

    (Zuruf von der SPD: Von wem?)

    Alle diese Beschlüsse sind mit entscheidender Unterstützung des Bundeskanzlers gefaßt worden. In seiner Regierungserklärung, auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Toronto, bei der Jahrestagung von Weltbank und IWF in Berlin und gegenüber dem Diplomatischen Corps in Bonn hat er diese Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Entwicklungsländer auch öffentlich vertreten.
    Erlauben Sie mir an dieser Stelle auch ein Wort der Würdigung und des Dankes an den Haushaltsausschuß, insonderheit an die Berichterstatter für den Einzelplan 23, und an den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Mit Sachkunde, Vor-Ort-Erfahrung und eigenen gestalterischen Vorstellungen haben Mitglieder aller Fraktionen des Hohen Hauses dabei mitgewirkt, das Instrumentarium der deutschen Entwicklungszusammenarbeit den neuen oder neu erkannten Herausforderungen anzupassen.
    Wenn Kolleginnen und Kollegen der Opposition auf ihren Anteil an dieser erfolgreichen Politik verweisen, widerspreche ich nicht. Im Gegenteil: Ich zögere nie, auch Ihre konstruktiven Beiträge öffentlich zu



    Bundesminister Klein
    würdigen. Das tue ich, Herr Kollege Esters, ungeachtet Ihres pflichtgemäßen rhetorischen Stirnrunzelns.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Dieser Grundübereinstimmung aller demokratischen Kräfte ist wesentlich der wachsende publizistische Zuspruch zu danken, den die Entwicklungszusammenarbeit findet und für den ich mich bei dieser Gelegenheit einmal bei den engagierten Journalistinnen und Journalisten bedanken möchte.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Ein ebenso herzlicher Dank gilt den Kirchen, den politischen Stiftungen und den NichtRegierungsorganisationen für ihre hingebungsvolle Arbeit in der Dritten Welt und ihre informierende und bewußtseinsbildende Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland.
    Gestatten Sie mir schließlich, von dieser Stelle aus auch den Mitarbeitern des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu danken, die bei der Erarbeitung des Haushalts wie bei seiner organisatorischen und praktischen Umsetzung trotz größter Personalknappheit Außergewöhnliches geleistet haben.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Meine Damen und Herren, wiewohl der Bundesfinanzminister und seine Beamten in diesem Prozeß naturgemäß oft eine Kontrahentenrolle zu spielen haben, wäre das jetzt erzielte Ergebnis ohne ihre verantwortungsbewußten und kenntnisreichen Anstrengungen nicht denkbar gewesen.
    Natürlich könnte ich mir ein höheres Haushaltsvolumen zur Erfüllung der weltweiten Aufgaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit vorstellen. Aber die Gestaltung der Einzelpläne ist — wem sage ich das, Herr Kollege Esters — ein mühsamer Prozeß des Interessenausgleichs. Mit der Schaufenster-Milliarde der SPD ist hier nichts zu bewirken.
    Natürlich beklage ich das Absinken unserer ODA- Quote, also des staatlichen Aufwands für die Entwicklungszusammenarbeit in Relation zum Bruttosozialprodukt. Ich räume auch ein, daß gerade angesichts eines so erfreulich gestiegenen Bruttosozialprodukts unser Einsatz für die Dritte Welt nicht nachlassen sollte. Aber die ODA-Quote ist nur eine, wenn auch international angewandte Bemessungsgrundlage für diese Arbeit. Schuldenstreichungen, Konditionenverbesserungen, Wiedereinsatz von Rückflußmitteln und vervielfachte Umweltschutzausgaben — die sich allesamt in der ODA-Quote nur minimal niederschlagen — stellen für zahlreiche Entwicklungsländer wesentlich wirksamere Hilfen dar als einfach nur erhöhter Geldeinsatz. Ich stimme mit der Kollegin Folz-Steinacker dabei voll überein, daß es in der Entwicklungszusammenarbeit kein global gültiges Patentrezept gibt. Aber mir liegt viel daran, unsere oft von bürokratischem Regelwerk verlangsamten Abläufe in der Entwicklungszusammenarbeit zu beschleunigen, die umfangreichen Erfahrungen, über die Ministerium und Durchführungsorganisationen verfügen, noch zielorientierter einzusetzen und über manche liebgewordene, aber ineffiziente Routine nachzudenken.
    Das schließt die Straffung unserer langwierigen Gutachterverfahren ein, die intensivere Berücksichtigung soziokultureller Gegebenheiten, die bessere Koordinierung mit und unter den Nicht-Regierungsorganisationen, den verstärkten Einfluß auf multilaterale Einrichtungen der Entwicklungszusammenarbeit, die raschere Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in legislativen und exekutiven Entscheidungsprozessen, doch auch eine Flexibilisierung der erstarrten Rahmenplanung.
    Mit Ausnahme eines guten halben Dutzends von Entwicklungsländern, die noch an marxistisch-staatsdirigistischen Wirtschaftsmodellen festhalten, ist in ganz Afrika, in ganz Asien, in ganz Lateinamerika eine Welle der Strukturanpassungen im Gang. Wir begrüßen und unterstützen das.
    Gleichzeitig sollten wir aber erkennen, daß viele dieser staatlichen Wirtschaftsstrukturen ein Ergebnis unserer vorrangig auf staatliche Partner ausgerichteten Entwicklungshilfe der letzten drei Jahrzehnte sind. Um den Aufbau der Privatwirtschaft zu fördern, genügt deshalb nicht ein mehr oder weniger bescheiden ausgestatteter Sektortitel. Wir müssen ganz neue Formen der Zusammenarbeit entwickeln.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ein zweites, zur Dritten Welt hin geöffnetes Fenster im ERP-Sondervermögen, Herr Kollege Esters, oder die Errichtung revolvierender Entwicklungsfonds in einzelnen, dafür geeigneten Partnerländern wären Wege, die in diese Richtung weisen.

    (Zustimmung bei der SPD — Bindig [SPD]: Sie nehmen unsere Idee auf! Sehr gut!)

    Ebenso notwendig erscheint mir, die Gießkanne in der Gießkanne in Frage zu stellen.
    Daß wir uns mit unserer Entwicklungszusammenarbeit aus keinem noch so kleinen Partnerland zurückziehen können, liegt angesichts der weltweiten Interdependenz auf der Hand. Daß wir aber in vielen Ländern der Dritten Welt agieren, als wären wir das dortige Entwicklungsministerium, indem wir an 30, 40, 50 verschiedenen Projekten und Projektchen beteiligt sind, macht wenig Sinn. Eine Konzentration auf die Lösung von Schlüsselproblemen wäre wirksamer.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ganz besonders wichtig ist mir schließlich, die Armutsbekämpfung nicht als bloße Caritas oder als ideologisch motivierte Sonderaufgabe zu sehen, sondern durch Weckung und Unterstützung der Selbsthilfekräfte der armen und ärmeren Bevölkerungsschichten den armen und ärmeren Bevölkerungsschichten einen eigenständigen Platz in den Volkswirtschaften ihrer jeweiligen Länder erringen zu helfen.
    Dies alles, meine Damen und Herren, erfordert auch Geld, vor allem jedoch vorurteilsfreie Nachdenklichkeit und vertrauensvolle Zusammenarbeit.



    Bundesminister Klein
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zuerst über die Änderungsanträge der Fraktion DIE GRÜNEN.
Wer für den Änderungsantrag auf Drucksache 11/3372 zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Mit den Stimmen der Koalition abgelehnt.
Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache 11/3373? — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung mit den Stimmen der SPD und der Koalition abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzelplan 23. Wer dem Einzelplan 23 — Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Einzelplan 23 ist mit den Stimmen der Koalition angenommen.
Ich rufe auf: Einzelplan 27
Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen
— Drucksachen 11/3221, 11/3231 —
Berichterstatter:
Abgeordnete Nehm Dr. Neuling
Hoppe
Kleinert (Marburg)

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN auf Drucksache 11/3374 vor.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat ist für die Beratung eine Stunde vorgesehen. — Kein Widerspruch. So beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Büchler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Büchler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion betrachtet mit Sorge die politische Entwicklung des innerdeutschen Ministeriums. Wir müssen feststellen, daß immer mehr operative Aufgaben vom Ministerium zum Bundeskanzleramt hin verlagert werden. Beispiel für diese Entwicklung war kürzlich die öffentlich geführte Auseinandersetzung zwischen Bundesminister Schäuble und Herrn Staatssekretär Hennig. Hier wurde für jedermann sichtbar — wir haben das nochmal nachgelesen — , daß das innerdeutsche Ministerium über die Ergebnisse der Verhandlungen, z. B. über die Erhöhung der Transitpauschale, nicht unterrichtet war. Die Zurechtweisung des Parlamentarischen Staatssekretärs Hennig durch den Chef des Bundeskanzleramts trifft nicht nur die Person, sondern auch das Ministerium selbst. Ich kritisiere damit nicht die Arbeit in dem Ministerium, denn wir können sehr wohl zufrieden sein und müssen es auch anerkennen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums arbeiten hervorragend mit uns zusammen und arbeiten im Interesse der Sache wirklich vorzüglich.
    Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt den Haushaltsentwurf des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen aus einer Reihe von Gründen ab. Wir erkennen zwar an, daß die Bundesregierung in den vergangenen Jahren die sozialliberale Deutschlandpolitik mehr oder weniger fortgeführt oder, besser gesagt, verwaltet hat, neue Impulse sind allerdings nicht vorhanden, sind ausgeblieben. Mehr noch, in den letzten Jahren geht die Entwicklung der Deutschlandpolitik — das wird bei der Betrachtung des innerdeutschen Haushalts deutlich — in eine falsche Richtung. Das innerdeutsche Ministerium verabschiedet sich zusehends mehr aus der operativen Planung und Durchführung der Deutschlandpolitik. Wir Sozialdemokraten stellen fest, daß der Trend vom Auftrag des Ministeriums wegführt, die deutschlandpolitische Aufgabe der Bundesregierung wahrzunehmen.
    Das Ministerium entwickelt sich immer mehr zu einer Institution, die den Vertriebenenverbänden zuarbeitet und besonders in der Forschungsförderung und Öffentlichkeitsarbeit ideologische Ziele verfolgt.

    (Lintner [CDU/CSU]: Ich glaube, das ist die Rede vom letzten Jahr!)

    — Da habe ich etwas ganz anderes gesagt.

    (Dr. Hennig [CDU/CSU]: Ich denke, wir setzen Ihre Politik fort?!)

    Der Grund dafür liegt auf der Hand: Man will den rechten Rand der Union durch finanzielle Zuwendungen bei der Stange halten. Ein typisches Beispiel haben wir heute in der Ausgabe der „Schlesier-Zeitung" lesen können. Wir sollten sie uns gemeinsam ansehen. Dies ist wieder eine Sache, die wirklich von höchster Brisanz ist. Ich glaube, Frau Minister, wir müssen bei der Förderung der Vertriebenen darauf achten, daß so etwas in einer Zeitung, die wir mit unterstützen, nicht ermöglicht wird.

    (Dr. Hennig [CDU/CSU]: Die unterstützen wir doch gar nicht! Böse Unterstellung! Das wissen Sie doch genau!)

    — Wir haben das letzte Mal darüber gesprochen. Ich sage aber dennoch: Wenn man Verbände so unterstützt, dann muß man bitte auch offene Worte dazu sagen dürfen.

    (Lintner [CDU/CSU]: Wenn es aber nicht stimmt?)

    Es stellt sich allmählich die Frage, ob das Ministerium in seiner jetzigen Konstruktion überhaupt noch eine sinnvolle Aufgabe hat. Das innerdeutsche Ministerium hat seine Existenzberechtigung auch dann verloren, wenn es sich weiter und noch viel mehr aus der operativen Deutschlandpolitik zurückzieht. Zur Zeit ist nicht gewährleistet, daß dieses Ministerium in der Deutschlandpolitik wirklich maßgebend mitwirkt.

    (Frau Henseler [GRÜNE]: So ist es!)

    Ich möchte dies an Hand des Haushaltsentwurfs untermauern. Die Förderung der Arbeit von Flücht-



    Büchler (Hof)

    lings- und Vertriebenenverbänden soll zum Jahr 1989 auf 5,4 Millionen DM steigen, also eine Steigerung von 20 % erfahren. Ich weiß natürlich, daß dieser Steigerung ein Beschluß des Bundestages zugrunde liegt, die mitteldeutsche Kulturarbeit zu fördern. Aber wir fragen uns insgesamt, was diese Politik soll. Die Förderung der Arbeit der Vertriebenenverbände gehört nach unserer Auffassung nicht in dem Maße in das Ministerium für innerdeutsche Beziehungen, sondern ist Hauptsache des Innenministeriums und soll es auch bleiben.

    (Lintner [CDU/CSU]: Dort wollen Sie sie doch auch nicht haben! Also bitte!)

    Dort wird diese Aufgabe vorwiegend wahrgenommen, und so sollte es auch bleiben.
    Das innerdeutsche Ministerium bekommt durch die Vertriebenenförderung zwar neue Aufgaben; das sehe ich ja ein. Diese führen aber — und das ist das Bedauerliche dabei — weg von der Aufgabenstellung des Ministeriums. Vertriebenenförderung im innerdeutschen Ministerium kann sogar zu außenpolitischen Verwicklungen führen. Ich sage das im Hinblick auf die geplanten Jugendreisen nach Polen. Ich glaube, dies gehört eindeutig in das Ministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Dort ist es gut angesiedelt. Dort sollte es angesiedelt sein.

    (Dr. Hennig [CDU/CSU]: Außer Ihnen beunruhigt das niemanden!)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang klarstellen, daß die SPD nicht gegen die Förderung der Heimatpflege und der Kulturarbeit der Vertriebenen ist. Brauchtum, Heimatsprache, Kunsthandwerk usw. aus diesen Ländern gehören ganz wesentlich zu unserer Tradition und zu unserem Selbstverständnis, und wir bekennen uns dazu. Aber wir müssen die Aufgabenteilung sehr genau beachten und auch richtig einordnen. Für die gerade genannten Aufgaben ist nach unserer Auffassung hauptsächlich das Innenministerium zuständig.
    Auch bei der deutschlandpolitischen Forschung haben wir Kritik zu üben: Hier haben Sie den Ansatz von 6,2 Millionen DM auf 9,1 Millionen DM erhöht. Das sind 60 %. Wenn man sich die Projekte anschaut, die gefördert werden und die zur Forschung freigegeben werden sollen, kann man an Hand der Liste feststellen, daß eine ganze Reihe von Ihnen nahestehenden Wissenschaftlern unterstützt werden sollen. Das ist das, was wir bedauern: Sie wollen hier den rechten Kreisen in den Universitäten Schützenhilfe geben.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Knabe [GRÜNE]: Viel Geld! — Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Haben Sie was dagegen? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Nein, wir wollen sie nicht überprüfen. Aber die sagen auch öffentlich ihre Meinung. Dagegen ist nichts zu sagen. Ich wende mich nur dagegen, daß einseitig mit Geldern Politik gemacht wird, die die Bundesregierung zwar zu verwalten hat, die aber von den Steuerzahlern kommen. Das muß man in diesem Zusammenhang doch sehen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Es gibt viele Aufträge; wir können sie der Reihe nach durchsehen.
    Es wird überhaupt nicht erkennbar, welchem Ziel die Forschungsförderung des Ministeriums dient. Bei manchen Vorhaben drängt sich der Verdacht auf, daß die Forschungspolitik gegen die operative Deutschlandpolitik des eigenen Ministeriums arbeitet. Wir sind nicht gegen die Forschungsförderung. Das ist gar keine Frage. Man hätte es auf der bisherigen Basis belassen können. Um etwas anderes geht es in diesem Zusammenhang gar nicht.
    Wir stellen uns in der Forschungsarbeit vor — das sage ich, damit das klar ist — , daß wirklich deutschlandpolitische Forschung für die Zukunft betrieben wird, daß die praktischen Felder der Zusammenarbeit erforscht werden, damit der Politik etwas an die Hand gegeben wird.

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Das hat auch der Minister neulich im innerdeutschen Ausschuß erklärt!)

    Es kann auch erforscht werden, wie die zwei deutschen Staaten mit den Drittländern im gemeinsamen Interesse operieren können. Darum geht es eigentlich. Damit hätte das innerdeutsche Ministerium wieder einen Ansatz von politischer Gestaltungsmöglichkeit. Das wollen wir nach vorn bringen. Es müssen Wissenschaft-Foren geschaffen werden, auf denen die einzelnen Fragen diskutiert werden, damit man weiß, wie in den einzelnen Ländern gedacht wird und wo wirklich Felder der Zusammenarbeit gegeben sind.
    Natürlich kann eine bessere Anwendung der Forschungsergebnisse dazu beitragen, daß wieder Politik in diesem Ministerium gemacht wird und daß vor allem im Bundeskanzleramt in Zukunft die handwerklichen Fehler vermieden werden. In den letzten zwei, drei Jahren sind wiederholt handwerkliche Fehler in der Deutschlandpolitik gemacht worden, die wir alle miteinander teuer bezahlen müssen.
    Der nächste Punkt, der uns besonders am Herzen liegt, betrifft die Streichung der Mittel für RIAS-TV. Wir bleiben dabei, was wir im Zusammenhang mit unserem Antrag im innerdeutschen Ausschuß gesagt haben. Die GRÜNEN haben einen Antrag vorgelegt, der wortwörtlich bei uns abgeschrieben wurde. Herr Heimann hat die Vorarbeit geleistet. Wir haben nichts dagegen, wir stimmen dem Antrag zu. Ich brauche ihn hier nicht weiter zu begründen. Ich kann mir all das, was ich hier zur Begründung zu sagen hätte, ersparen. Uns geht es darum, daß RIAS-TV kein Stadtsender als solcher bleibt. Er muß seinen deutschlandpolitischen Auftrag erfüllen, wenn seine Existenz überhaupt einen Sinn haben soll.
    Man muß prüfen, wer den Sender kontrolliert. Kontrollrechte müssen her, wenn der Sender schon mit öffentlichen Mitteln finanziert werden soll. Man muß auch die Konkurrenzsituation zu anderen Medienunternehmen mit in diese Betrachtung einbeziehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Das sind unsere Vorschläge. Ich sage dies auch ganz deutlich.



    Büchler (Hof)

    Ich sagte schon: Die Deutschlandpolitik muß effektiver gemacht werden.

    (Dr. Hennig [CDU/CSU]: Was sind Ihre Vorschläge? Ich habe noch nichts gehört!)

    Wir wollen die operative Funktion des Ministeriums zurückgewinnen. Wir haben für die einzelnen Maßnahmen, die wir vorschlagen, entsprechende Streichungen bei anderen Titeln vorgeschlagen. Wir wollen natürlich dafür Sorge tragen, daß für die Städtepartnerschaft entsprechende Haushaltsmittel eingesetzt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bei den Städten!)

    Es sollen Diskussionsforen entstehen. Städtepartnerschaften zwischen den deutschen Städten hüben und drüben sind eben nicht zu betrachten wie Städtepartnerschaften zwischen Städten in Frankreich und der Bundesrepublik oder Großbritannien und der Bundesrepublik. Hier sind andere Maßgaben zu beachten, hier stellen sich andere Aufgaben. Deshalb sage ich: Hier müßte ein Ansatz im Haushalt gefunden werden. — Haben Sie mir 15 Minuten gegeben?