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ID1110807500

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    Plenarprotokoll 11/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Grunenberg 7415A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989 (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksachen 11/2700, 11/2966, 11/3119) Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksachen 11/3204, 11/3231 — Dr. Vogel SPD 7415B, 7453 C Dr. Dregger CDU/CSU 7426 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7432 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 7438 C Dr. Kohl, Bundeskanzler . . . . 7443A, 7454B Jungmann SPD 7454 C Dr. Geißler CDU/CSU 7457 A Frau Wieczorek-Zeul SPD 7461 C Austermann CDU/CSU 7465 B Wüppesahl fraktionslos 7467 A Namentliche Abstimmung 7469 D Ergebnis 7471D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes — Drucksachen 11/3205, 11/3231 — Waltemathe SPD 7470 A Dr. Rose CDU/CSU 7473 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 7475 D Hoppe FDP 7477 D Wischnewski SPD 7479 C Dr. Stercken CDU/CSU 7481 C Verheugen SPD 7484 B Genscher, Bundesminister AA 7486 A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 11/3207, 11/3231 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 11/3217, 11/3231 — Dr. de With SPD 7490 D von Schmude CDU/CSU 7493 B Häfner GRÜNE 7494 D Kleinert (Hannover) FDP 7496 C Diller SPD 7498 A Engelhard, Bundesminister BMJ 7499 B Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 11/3219, 11/3231 — Esters SPD 7501 B Borchert CDU/CSU 7503 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 Frau Eid GRÜNE 7506 A Frau Folz-Steinacker FDP 7507 B Klein, Bundesminister BMZ 7508 D Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 11/3221, 11/3231 — Büchler (Hof) SPD 7511B Dr. Neuling CDU/CSU 7513 D Dr. Knabe GRÜNE 7516A Hoppe FDP 7517 B Hiller (Lübeck) SPD 7518 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 7519D Namentliche Abstimmung 7539 D Ergebnis 7540 A Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit — Drucksachen 11/3216, 11/3231 — Waltemathe SPD 7523 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 7525 C Frau Garbe GRÜNE 7529 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7531A Schäfer (Offenburg) SPD 7532 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 7535C Namentliche Abstimmungen . . 7539B, 7539C Ergebnisse 7540B, C, D Nächste Sitzung 7540 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7541* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 22. November 1988 7415 108. Sitzung Bonn, den 22. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 2 **) Endgültiges Ergebnis und Namensliste 109. Sitzung, Anlage 3 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bahr 22. 11. Dr. Bangemann 25. 11. von Bülow 23. 11. Dr. Dollinger 25. 11. Duve 24. 11. Dr. Ehrenberg 22. 11. Dr. Emmerlich 22. 11. Frau Fischer 24. 11. Francke (Hamburg) 24. 11. Dr. Haack 24. 11. Dr. Hauff 25. 11. Dr. Hornhues 22. 11. Graf Huyn 24. 11. Dr. Jenninger 25. 11. Frau Kelly 25. 11. Dr. Klejdzinski 24. 11. Dr. Köhler 24. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer 24. 11. Lutz 22. 11. Meyer 25. 11. Dr. Müller 25. 11. Frau Pack 25. 11. Pfuhl 24. 11. Dr. Pick 22. 11. Rappe 22. 11. Regenspurger 24. 11. Rühe 22. 11. Dr. Scheer 24. 11. Schmidt (München) 25. 11. Schröer (Mülheim) 22. 11. Spranger 24. 11. Todenhöfer 22. 11. Vosen 23. 11. Dr. von Wartenberg 24. 11. Weirich 22. 11. Weiß (München) 22. 11. Würtz 24. 11. Dr. Zimmermann 23. 11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Klaus Rose


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Die Beratungen über den Etat des Auswärtigen Amts standen auch in diesem Jahr ganz im Zeichen der Bemühungen, noch mehr zum Frieden und zur Gerechtigkeit in der Welt beizutragen. Auf diesem Feld der Politik ging es erneut ein gutes Stück voran.
    Natürlich bieten die großen Staatsbesuche mehr Spektakuläres. Ein Treffen am Kamin im Weißen Haus oder in den Gemächern des Kreml ist allemal gut für Schlagzeilen. Unser Herr Bundeskanzler und unser Außenminister haben das vor kurzem wieder glänzend unter Beweis gestellt.
    An den Politikern liegt es, die Weichen zu stellen. Im Zeitalter der Besuchsdiplomatie sind die persönlichen Kontakte wichtig; denn der Erdball ist klein geworden. Damit aber alles so erfolgreich ablaufen kann, braucht es einen effektiven Dienst im Hintergrund. Die Besuchsreisen der Staatsmänner müssen vorbereitet sein, die Konferenzen müssen reibungslos ablaufen, die Verhandlungsergebnisse müssen vorzeigbar ausgefeilt werden.
    Um all das kümmert sich unser auswärtiger Dienst, der damit im deutschen Interesse und im Interesse einer weltweiten Kooperation tätig ist. Dafür sollte uns das Beste gerade gut genug sein.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    In diesem Sinne wurden auch Haushaltsschwerpunkte gesetzt.
    Der Haushalt 1989, so wie er nunmehr vorliegt, sieht erhebliche Verbesserungen vor. Das gilt sowohl für den operationellen Teil wie besonders auch für den personellen. Alle diese Verbesserungen kommen dem Aufgabenbereich des Auswärtigen Amts selbst, aber auch den über 200 Vertretungen des Bundes im Ausland zugute. Sie entsprechen der vom Bundestag erhobenen Forderung nach strukturellen Reformmaßnahmen, die es ermöglichen sollen, die stark vermehrten Aufgaben gerade im Feld der auswärtigen Beziehungen zu bewältigen. Im Haushaltsausschuß selbst haben wir hierfür einen Stufenplan gefordert. Es ist gelungen, mit dem Haushalt 1989 eine weitere Stufe hinzuzufügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hierin kommen wichtige Schwerpunkte der aktuellen Außenpolitik zum Ausdruck wie insbesondere die Abrüstungsverhandlungen, das Bemühen um eine noch intensivere Zusammenarbeit im westlichen Bündnis und vor allem das deutsch-französische Verhältnis. Bei letzterem dürfen wir erfreut festhalten, daß das diesjährige Silberjubiläum den goldenen Wert der Adenauer-de-Gaulle-Beziehungen bestätigt hat.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Doch nicht bloß um die klassischen Aufgaben der Konferenzdiplomatie geht es beim modernen auswärtigen Dienst. Es geht vielmehr auch um die Notwendigkeit der internationalen Bewältigung von Umweltproblemen. Es geht um die Wirtschaftsförderung. Es



    Dr. Rose
    geht um die Entwicklungspolitik. Einen unverzichtbaren Rahmen der Außenpolitik stellt außerdem die auswärtige Kulturpolitik dar.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU und der FDP)

    Einen Bereich möchte ich besonders erwähnen, weil er im Augenblick am dringendsten einer Hilf eleistung bedarf. Das ist der Konsular- und Sichtvermerksbereich. Jeder weiß, daß die Zahl der ausländischen Sichtvermerksbewerber sprunghaft gestiegen ist. Aber auch die bei uns für nötig gehaltene Ausdehnung der Sichtvermerkspflicht für Deutschlandreisewillige trug zum Anschwellen der Arbeit bei.
    Darüber hinaus ist uns die Aussiedlerproblematik bekannt. Ohne daß bei uns geworben würde, hat sich ein enormes Anwachsen der Zahl von Aussiedlern deutscher Volkszugehörigkeit ergeben. In Moskau durften z. B. im Jahre 1986 rund 700 Personen ausreisen. 1987 waren es schon ca. 14 000, und 1988 werden es voraussichtlich 46 000 Menschen sein. Irgendwie können wir ja stolz sein,

    (Repnik [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    daß alle diese Menschen ihre Hoffnung und ihre Zukunft bei uns in der Bundesrepublik suchen. Aber ebenso muß die Feststellung erlaubt sein, daß die bisherigen Lebensumstände keine Chance zum Verbleib in der jetzigen Heimat ermöglichen. Der real existierende Sozialismus hat seinen Lack verloren.

    (Repnik [CDU/CSU]: Trotz Gorbatschow!)

    Für uns ist es eine nationale Aufgabe, diese Deutschen würdig bei uns aufzunehmen und sie schnell einzugliedern. Wir müssen daher auch unsere Auslandsvertretungen in die Lage versetzen, die ersten, die wichtigsten Schritte mit Anstand zu bewältigen.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Deshalb haben wir im Haushaltsausschuß, und zwar einvernehmlich zwischen allen politischen Gruppierungen, gerade in diesem Sektor über den Regierungsentwurf hinaus zusätzliche Stellen vorgesehen.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Sie sind zwar mit einem kw-Vermerk versehen — sie können also künftig wegfallen — , weil die Aussiedlerproblematik höchstwahrscheinlich nicht ewig dauern wird. Es wären insgesamt politische Umstände zu begrüßen, die es unseren deutschen Landsleuten ermöglichten, in der althergebrachten Heimat menschenwürdig und zukunftsfroh zu leben.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Ich kann deshalb nur unterstreichen, daß es entscheidend ist, mit unseren östlichen Nachbarn ein Klima des gegenseitigen Vertrauens zu entwickeln. Die vielen Folgekonferenzen der KSZE oder KVAE mögen alle ihre Berechtigung haben; denn sie dienen dem friedlichen Gespräch. Noch wichtiger ist jedoch die Vertiefung der bilateralen Beziehungen zu jedem einzelnen Land, das bis vor kurzem hinter dem schrecklichen Eisernen Vorhang verschwunden war. Nach der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen — 1955 schon mit der Sowjetunion, dann mit Rumänien und allen anderen sozialistischen Staaten, zuletzt
    mit Albanien —, nach der ersten Kontaktaufnahme also, kommt es jetzt darauf an, die Chancen der Zeit zu erkennen. Es ist gut, daß weitere Generalkonsulate eröffnet wurden und werden, z. B. jenes in Kiew. Es ist aber noch viel erfreulicher, wenn jetzt ein deutsches Generalkonsulat im ungarischen Fünfkirchen errichtet wird, weil dieses im Hauptsiedlungsgebiet der deutschen Minderheit liegt.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Um deren kulturelle und wirtschaftliche Interessen wird es sich besonders kümmern müssen. Daß in Ungarn inzwischen auch die Errichtung von drei deutschsprachigen Gymnasien vereinbart worden ist, ist geradezu sensationell zu nennen.

    (Repnik [CDU/CSU]: Ja, aktive Ostpolitik!)

    Es ist ein nachahmenswertes Beispiel für eine aufgeschlossene Nationalitätenpolitik in all diesen osteuropäischen Ländern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Hoffnungsfroh, meine Damen und Herren, stimmt es in diesem Zusammenhang, daß nicht bloß in Ungarn, sondern praktisch auch in allen anderen sogenannten Ostblockländern die kulturelle Zusammenarbeit vertieft wird. Dabei kommt dem Goethe-Institut eine Schlüsselrolle zu. War seine Gründung vor Jahren schon in Bukarest erfolgt, so ergab sich vor kurzem auch in Budapest die Möglichkeit und jetzt sogar — aus Anlaß des Bundespräsidentenbesuchs und des Besuchs des Herrn Bundesaußenministers — in Sofia.
    Besonders erfreulich ist es, daß beim Besuch des Bundeskanzlers in Moskau verabredet wurde, ebenfalls Verhandlungen über einen Austausch von Kulturinstituten aufzunehmen. Ähnliche Entwicklungen scheinen sich in Prag und in Warschau abzuzeichnen. Bis zur Freiheit des Geistes, wie sie bei uns selbstverständlich ist und wie sie am letzten Freitag bei der Mitgliederversammlung der Goethe-Institute in München wieder reklamiert wurde, wird zwar noch ein langer Weg sein. Doch es liegt auch an uns, es liegt auch an der Bundesregierung, wie wir „Glasnost" einfordern. Bei zunehmender wirtschaftlicher Verflechtung sollten wir auch diese unsere Interessensphären deutlich mitbestimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Um gleich beim Kulturaustausch mit der Sowjetunion zu bleiben: Der Bundeskanzler-Besuch in Moskau hat noch etwas gebracht, nämlich ein Dreijahresprogramm, das jährlich rund 1 000 junge Sowjetbürger zum Studium, zur Aus- und Fortbildung, insbesondere im Managementbereich, sowie zu Informationsreisen in die Bundesrepublik Deutschland einlädt. Der Haushaltsausschuß hat diese Besuchskonsequenzen voll honoriert und die erforderlichen Mittel zusätzlich eingestellt. Da wir von der Überzeugungskraft der Bundesrepublik ausgehen, halten wir den Austausch von jungen Menschen für das Wesensmerkmal von vertrauensbildenden Maßnahmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)




    Dr. Rose
    Ich durfte dies auch als Vorsitzender der DeutschTschechoslowakischen Gesellschaft in Bayern feststellen, seit eine mit gutem Leben erfüllte Partnerschaft zwischen meiner Heimatuniversität Passau und der Alma mater in Prag besteht.
    Gerade deshalb und weil ich von weiteren ähnlichen Bemühungen weiß, habe ich an die Bundesregierung die Frage: Wie soll es weitergehen im Verhältnis zu unseren östlichen Nachbarstaaten, soweit es die auswärtige Kulturpolitik betrifft? Gibt es schon ein abgestimmtes Konzept oder wird es bald erarbeitet, vielleicht auch in Zusammenarbeit mit den einschlägigen Parlamentsgremien, also mit dem Unterausschuß Auswärtige Kulturpolitik,

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    dessen Vorsitzender, Herr Professor Hornhues, in dieser Richtung sehr intensiv arbeitet? Hat die Bundesregierung, Herr Außenminister, ein zukunftsweisendes Programm für die Errichtung weiterer Goethe-Institute oder gar für die Entsendung von DAAD-Lektoren oder Deutschlehrern in unsere östlichen Nachbarstaaten?
    Ich muß etwas bemerken, was uns aus der Sicht des Haushaltsausschusses nicht sonderlich angenehm aufgefallen ist. Der bisherige Ablauf war immer ein unwürdiges Hinterherrennen und Gefeilsche um Planstellen. Wir wären deshalb dankbar, wenn es ein ausgewogenes und vorher abgestimmtes Konzept gäbe, um diese wesentlichen Aufgaben der künftigen deutschen Außenpolitik in einem Zug zu verwirklichen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. Ehmke [Bonn] [SPD])

    Denn selten gibt es so viele vielversprechende Möglichkeiten der Vertrauensbildung und der Zusammenarbeit wie auf diesem Feld.
    Über die osteuropäischen Länder habe ich deshalb etwas mehr gesprochen, weil hier momentan eine besondere Aufgabe ist und hoffentlich bleiben wird und vor allem die Voraussetzungen von unserer östlichen Nachbarseite getroffen werden. Das soll aber nicht bedeuten, daß wir nicht auch mit unseren westlichen Nachbarn eine ähnlich gute Zusammenarbeit auf dem Feld der gesamten Außenpolitik und besonders der auswärtigen Kulturpolitik haben. Es soll auch nicht bedeuten, daß es nicht Anforderungen gibt, um so manches Institut, so manche deutsche Schule, so manchen DAAD-Lektor beispielsweise in Spanien, wo eine zunehmende Nachfrage nach Deutsch-Unterricht zu verzeichnen ist, oder in anderen Ländern ermöglichen zu können. Wir werden ja im Zusammenhang mit dem Zusammenwachsen Europas noch besonders gefordert werden. Als wir vor kurzem mit einer Delegation in Rom waren, haben wir gehört, daß bei der Europawahl des Jahres 1984 in Italien eine Wahlbeteiligung von 80 % festzustellen war. Das zeigt, daß andere Länder auf dem Weg zu Europa gedankenmäßig vielleicht schon viel weiter vorangekommen sind und daß wir uns auch diesen Fragen besonders widmen müssen. Das geschieht unter anderem mit Institutionen, die uns helfen, diese Zusammenarbeit zwischen den Ländern zu verwirklichen.
    Und nun noch zu einigen weiteren Feldern, in denen die deutsche Außenpolitik dazugewonnen hat. Ich meine all jene Gebiete, in denen durch die günstige Entwicklung der internationalen Beziehungen zur Entschärfung von Konflikten beigetragen wurde. Der Haushaltsausschuß hat auch hier schnell reagiert.
    So wurde nachträglich ein erheblicher freiwilliger Beitrag für die internationale Hilfsaktion für die nach Afghanistan zurückkehrenden Flüchtlinge vorgesehen. Wer jemals die Problematik im pakistanischen Grenzgebiet um Peshawar in Augenschein nehmen konnte oder gar wie Kollege Peter Würtz und ich in Kabul war, wird die zusätzlichen Millionen verschmerzen. Ähnlich geht es bei den 106 Millionen DM Pflichtbeitrag für die Friedenstruppen der Vereinten Nationen im Iran-Irak-Konflikt beziehungsweise in Namibia. In Namibia zeichnet sich zwar immer noch nicht das Ende der jetzigen Lage ab, und die Verhandlungen um Angola scheinen festzustecken. Daß aber die Deutschen am ehemaligen Südwestafrika besonderes Interesse haben, versteht sich von selbst. Ein zusätzlicher freiwilliger Beitrag von 5 Millionen DM passierte deshalb den sonst so gestrengen Haushaltsausschuß.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Respekt!)

    Ich hoffe nur, daß es zu einer baldigen und echten Befriedung in Namibia kommt. Unter einer echten Befriedung verstehe ich auch die Vermeidung von Fehlern, die Notsituationen wie ein neues Flüchtlingsoder Aussiedlerproblem mit sich bringen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Denn dieses Schicksal, meine Damen und Herren, haben die 100 000 Weißen und darunter die 30 000 Deutschstämmigen nicht verdient.
    Lassen Sie uns vielmehr zusammen helfen, daß deutsche Außenpolitik ein Synonym für Friedensliebe und Friedensgarantie wird und bleibt. Dann ist jede einzelne Mark beim Auswärtigen Amt gut angelegt, und wir können dem Haushalt des Einzelplans 05 damit auch inhaltlich voll zustimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lippelt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Lippelt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch der Außenminister will heute das Geld für sein Ministerium haben. Bevor Sie es ihm hier mit Mehrheit geben — wir werden es ja nicht verhindern können — , sollte die Öffentlichkeit, sollte das Haus doch wissen, wozu er es eigentlich verwendet. Es ist nicht ganz so, wie Herr Rose sagt. Er meinte: Wir haben hier und da noch gut etwas drauf-tun können. Das ist auf der einen Seite richtig. Auf der anderen Seite muß man aber sagen: Sie werden es ihm nicht nur zur Unterhaltung von Botschaften und von Goethe-Instituten rund um die Welt geben, nicht nur zur Aufrechterhaltung der genuinen Aufgaben von Diplomatie und auswärtiger Kulturpolitik. Sie geben es ihm in steigendem Maße für Rüstungsausga-



    Dr. Lippelt (Hannover)

    ben, die auch in diesem Einzelplan 05 wieder dick versteckt sind.
    Ich habe vor einem Jahr darauf hingewiesen, daß die Ausgaben für NATO-Verteidigungshilfe, für Ausstattungshilfe, für Rüstungssonderhilfe zusammen schon 10 % des Gesamtvolumens des Einzelplans 05 ausgemacht haben. In diesem Jahr ist festzustellen, daß sie trotz all dieser lobenswerten kleinen Zusatzgaben, die Herr Rose eben aufgezählt hat, inzwischen einen Anteil von fast 12 % erreicht haben, mit steigender Tendenz. Sieht man genauer hin, so erkennt man: Die Steigerung geht im wesentlichen darauf zurück, daß die Rüstungssonderhilfe mehr als verdoppelt wird. Um den Kriegsschiffbau treibenden Werften einen Auftrag von weiteren 1,15 Milliarden DM aus Griechenland zu verschaffen, wird eine verdeckte Exportsubvention von mehr als 450 Millionen DM gegeben, teils in Geld — das läuft über den Einzelplan 05 —, teils in gebrauchten Panzern und Starfightern — das läuft dann über den Einzelplan 14 —, womit Platz für neue Rüstungsaufträge im Inland geschaffen wäre.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Das dient der Sicherheit!)

    Herr Außenminister, wir appellieren dringend an Sie: Lassen Sie diese Verfälschung der genuinen Aufgaben der Außenpolitik nicht weiter zu! Schmeißen Sie Aufgaben solcher Art aus Ihrem Einzelplan hinaus!

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wie sehr sich die Außenpolitik prostituiert, zeigt sich an einem ganz kleinen Detail. Ausstattungsbeihilfe, d. h. Hilfe zur Ausbildung und Ausstattung von Polizei in Ländern der Dritten Welt, damit dort die Regime, einerlei, wie sie aussehen, stabilisiert werden, ist bisher über den Einzelplan 05, zu einem geringen Teil auch über Einzelplan 23 abgewickelt worden. Dort beispielsweise wurde bisher die Ausstattungshilfe für Guatemala finanziert. Nun haben die Entwicklungspolitiker im vorigen Jahr zu Recht gesagt, sie wollten die Entwicklungshilfe nicht mehr durch Polizeiausbildung diskreditiert sehen. Sie haben diese Haushaltsposten bei sich herausgestrichen. Wo kommt er unter? Im Einzelplan 05: eine Steigerung von 56,5 auf 60 Millionen DM. Herr Außenminister, sollte, was der Entwicklungspolitik recht ist, der Diplomatie, der Außenpolitik nicht billig sein?

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: Allerdings!)

    Zweitens. Vornehmste Aufgabe der Außenpolitik muß ja wohl sein — darüber werden wir uns hier im Hause alle einig sein —, das friedliche Zusammenleben der Menschen und Gesellschaften zu gewährleisten. Äußerer Friede hat den inneren Frieden zur Voraussetzung. Deshalb wird unsere Forderung an die Instrumente der Außenpolitik, an die Botschaften immer sein, sich auch um die Verwirklichung der Menschenrechte in den jeweiligen Ländern zu kümmern. Wir wissen, wie schwierig das ist, insbesondere in südamerikanischen Diktaturen oder gar in islamischen Theokratien. Trotzdem, so denken wir, muß diese Aufgabe wirklich Priorität haben vor den Aufgaben, die aus dem Bereich der Wirtschaft an die Außenpolitik herangetragen werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir GRÜNEN haben schon im vorigen Jahr statt der rund 50 Polizeireferenten an den Botschaften der Bundesrepublik die Einführung von Menschenrechtsreferenten gefordert. Die Bundesrepublik produziert Jahr für Jahr zu hohe Leistungsbilanzüberschüsse. Eine Verbesserung der Wahrnehmung von Wirtschaftsinteressen bedeutet also lediglich, daß die weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte noch vergrößert werden. Eine Wahrnehmung von anderen Interessen bedeutet eine Zunahme an Schutz von Menschenrechten.
    Ich will das etwas konkreter machen: Wir haben in diesem Hause mehrfach sehr deutlich über die Morderei gesprochen, die sich Golf-Krieg nannte. Wir sind alle sehr froh darüber, daß der Iran und der Irak endlich den Weg zu Friedensverhandlungen finden. Wir haben aber gleichzeitig gesehen, daß das Morden im Innern weitergeht. Über den Versuch der Ausrottung der Kurden im Nordirak haben wir hier des längeren debattiert. Heute möchte ich die Verhältnisse im Iran ansprechen, und zwar, weil Sie, Herr Bundesminister, sich demnächst auf den Weg nach Teheran machen werden. Da fällt dann doch wohl folgendes auf: Während uns über amnesty international die Nachrichten von steigenden Zahlen von Hinrichtungen erreichen, begonnen im August, weitergehend bis heute, Nachrichten, die gerade dieser Tage durch einen Bericht des UNO-Beauftragten Galindo Pohl noch einmal zusammenfassend bestätigt werden, sind unsere Zeitungen voll von den Erwartungen unserer Wirtschaft. „Süddeutsche Zeitung", 11. August: „Wiederaufbau in Iran und Irak kostet Milliarden". „General-Anzeiger" : „Die deutschen Firmen in den Startlöchern". „FAZ", 14. September: „Industrie erwartet Milliardenaufträge im Iran". Auf der 14. Industriemesse in Teheran sind mehr als 70 deutsche Unternehmen vertreten gewesen. Dies findet statt, während zugleich jene Mordwelle durch die Gefängnisse des Landes geht.

    (Dr. Knabe [GRÜNE]: Wiederaufbau der Menschenrechte!)

    Herr Außenminister, um recht verstanden zu werden, wir begrüßen, daß Sie diese Reise machen. Unsere Kriterien für die Bewertung von Erfolg und Mißerfolg in der Außenpolitik müssen und werden aber andere sein als steigende Zahlen in der Außenhandelsstatistik. Unser oberstes Kriterium muß die steigende Zahl von Entlassungen aus den Gefängnissen und das Ende der Hinrichtungen sein.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir GRÜNEN bringen heute parallel zur SPD einen Antrag ein, mit dem wir uns energisch für die Reform des auswärtigen Dienstes einsetzen. Ich möchte hier ganz klar sagen: Natürlich geht es auch uns um die Berücksichtigung von inzwischen immer stärker hervortretenden Benachteiligungen im Dienst im Ausland. Es wird uns aber noch mehr um eine Diskussion der inneren Reform des auswärtigen Dienstes gehen. Der auswärtige Dienst muß über die Vertretung sogenannter nationaler Interessen der Bundesrepublik



    Dr. Lippelt (Hannover)

    hinaus, die oft nur Interessen eines Teiles der Wirtschaft sind, zur Vertretung der allgemeinen humanitären Interessen werden. Nur dann verdient er seinen Namen.
    Drittens. Im Abstand zweier Wochen und bei nochmaliger Lektüre und Reflexion der damals gehaltenen Reden noch einige Bemerkungen zur Moskau-Reise des Kanzlers. Der Bundeskanzler hörte sich in Moskau die Sorgen der sowjetischen Seite über die militärische und wirtschaftliche Westintegration an, die die jetzt zusammen in Angriff zu nehmende Politik gemeinsamer europäischer Lösungen in der Tat schwer behindert. Dann reist er zurück, und es geht hier weiter wie bisher.
    In der Nuklearen Planungsgruppe versucht man etwas hinhaltenden Widerstand gegen den sofortigen Beschluß der nuklearen Nachrüstung. In Hamburg vor der NATO-Versammlung bekräftigte man die Politik des konventionellen/nuklearen Waffenmix. So wird man in Kürze die nukleare Nachrüstung haben und sich hinter den Notwendigkeiten des weiteren Ausbaus der westeuropäischen militärischen Kooperation verstecken.
    Trotz all der frommen Sprüche in Fragen Ost-WestWirtschaftskooperation führt nichts an der Tatsache vorbei, daß ab 1992 in einem Gemeinsamen Markt die nationalen Produktionsinteressen der Zwölf Vorrang vor den Interessen all jener haben werden, die jenseits der Zollgrenzen stehen.
    Erinnern wir uns nun, daß das am meisten ins Auge fallende Ergebnis des Gemeinsamen Marktes in seiner bisherigen Form die Steigerung der Agrarproduktion zu einer Überversorgung des Marktes ist; erinnern wir uns, daß die Agrarländer Osteuropas historisch in Deutschland auch einen Absatzmarkt für ihre Agrarprodukte gefunden hatten. Wer nun die Finanz-, Verschuldungs- und Modernisierungsprobleme der osteuropäischen Wirtschaften kennt, wer dazu berücksichtigt, daß die historischen Möglichkeiten des Gebietes gerade durch Entwicklungen nach 1945 abgeschnitten worden sind, der wird verzweifeln über die Selbstgerechtigkeit, mit der man hier meint unbekümmert weiter westintegratorische Politik fortsetzen zu können, und dies geradezu noch zur Grundlage für eine darauf aufbauende Ostpolitik erklärt, so der Kollege Rühe in der letzten Diskussion. So kommt kein gemeinsames europäisches Haus zustande.
    Die strukturellen Probleme, die in der weiteren Herausbildung einer Wohlstandszitadelle im Westen und im Verschuldungsproblem in Osteuropa bestehen, versteht die Bundesregierung nicht politisch aufzuarbeiten. Im Gegenteil: Sie erweckt für den nachdenklichen Beobachter den Eindruck, als sei ihr dieses Gefälle durchaus recht; denn sie hat ja noch Ansprüche politischer Art, Ansprüche aus der deutschen Geschichte.
    Nochmals: Auch wir GRÜNEN haben solche Ansprüche. Diese Ansprüche richten sich aber auf offene, demokratische Gesellschaften. Sie lassen sich nur durch die Anerkennung des territorialen Status quo verwirklichen; alles andere wäre Abenteurerpolitik.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Deshalb jetzt meine letzte Bemerkung: Diese Problematik sammelt sich wie in einem Fokus in der Frage der deutsch-polnischen Beziehungen. Der Staatssekretär Waffenschmidt bereitet das nächste Jahr vor als ein Jahr der Feiern rund um die Uhr, der Befeierung von 40 Jahren Bundesrepublik. Herr Waltemathe hat darüber gesprochen. Wenn die Feiern so richtig auf dem Höhepunkt sind, wird man plötzlich bemerken, daß man im 50. Jahr des Überfalls auf Polen steht.
    Die Polen erwarten einen politischen Durchbruch. Sie haben um so mehr Recht zu dieser Forderung, als nach dem Moskau-Besuch mit der erlaubten Equipe von Vertretern der deutschen Wirtschaft das Gespenst Rapallo am Horizont aufgetaucht ist. Es wird weiter umgehen, mit jedem Tag, um den der Bundeskanzler seinen Polenbesuch weiter auf die lange Bank schiebt.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Sehr wahr!)

    Irgendwann ab Mitte nächsten Jahres kommen wir dann in die Nähe des 50. Jahrestages des Überfalls auf Polen. Nach der Erfahrung mit der Bundesregierung in ihrem Umgang mit solchen Jubiläen kann es dann nur noch furchtbar peinlich werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Woran hakt es letztlich so sehr? Ist nicht auch hier ganz klar, daß der Bundeskanzler ein politisches Wort zum territorialen Status quo wird sagen müssen? Kommen nicht statt dessen stellvertretend Fragen des Einsatzes für die deutschstämmigen Polen, juristische Fragen der Namensbezeichnung und all diese Dinge so sehr in den Vordergrund, weil man Tätigkeitsnachweise braucht, um aus dem innerhalb der CDU aufgebrochenen Konflikt über die Bindewirkung der Warschauer Verträge — ja oder nein — herauszukommen?
    Genau da beginnen die zentralen Probleme unserer West-Ost-Beziehungen. Wir brauchen keine Integration, um dann vom sicheren Standpunkt aus Ostpolitik zu machen. Wir brauchen den Mut zum Ansatz einer West und Ost integrierenden Europapolitik. Aber dazu bedarf es einer politischen Klarheit über die Grundlage, von der man dann ausgehen kann und will, über den territorialen Status quo in Europa.
    An dieser Klarheit läßt es die Bundesregierung mangeln. Je länger sie sich nicht zu solcher Klarheit durchringt, um so größer wird die Gefahr, daß ein historischer Moment verpaßt wird. Denn wir können nicht mehr warten, bis irgendwo am zeitlichen Horizont die Möglichkeit der Revision des jetzigen Status quos, sprich: die Wiedervereinigung auftaucht. Die grenzübergreifenden ökologischen Probleme werden immer dringender; und sie sind grenzübergreifend. Aus Außenpolitik muß gerade hier in Europa eine ökologisch orientierte Weltinnenpolitik werden. Da bleibt keine Zeit mehr zu weiterem Warten.

    (Beifall bei den GRÜNEN)