Rede von
Dr.
Johannes
Gerster
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, Frau Vollmer, es wäre schon fair, zur Entwicklungsgeschichte dieses Gesetzentwurfes nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern zuzugeben, daß in den Vorberatungen die GRÜNEN beteiligt waren, daß deswegen von einem Kartell bei der Vorbereitung überhaupt keine Rede sein kann. Nur sind die GRÜNEN wieder — wie sie es so oft machen — zu einem bestimmten Zeitpunkt abgesprungen, um — ich sage das deutlich — publizistische Punkte zu sammeln,
wohl wissend, daß nach dem alten Gesetz Ihre Partei besonders profitiert hat und nach dem neuen Gesetz ebenfalls besonders profitieren wird. Hier geht es nach dem Motto: Wasch mich, aber mach mich nicht naß; die anderen Parteien sorgen ja schon für unser Wohlergehen.
Daß dies die Wahrheit ist, belegt z. B. die Aufrechnung des Chancenausgleichs bisher. Wenn man die Zahlen sieht, versteht man, daß Sie keine Veränderung in die neue Richtung wollen. Auf Grund der Rechenschaftsberichte des Jahres 1986 wurden Anfang 1988 an die CSU 1,4 Millionen DM, an die SPD 1,9 Millionen DM, an die FDP 4,3 Millionen DM, an die GRÜNEN 5,9 Millionen DM und an die CDU 0 Millionen DM ausgezahlt.
Das zeigt, daß dieser Chancenausgleich eine Wirkung hat, die von seinen Vätern mit Sicherheit nicht gewollt war — es wurde hier bereits vom Kollegen Hirsch und von anderen ausgeführt. Denn es werden eindeutig Parteien begünstigt, die wenig Eigenanstrengungen unternehmen, um z. B. mehr Mitglieder zu bekommen, die wenig Anstrengungen unternehmen, um Spenden zu bekommen, also praktisch Parteien, die viel stärker auf den Staatszuschuß angewiesen sind als andere Parteien.
— Ich verstehe, daß Sie von den GRÜNEN da nervös werden, aber das sind unbestechliche Daten.
Es ist ja kein Zufall, daß in der Vergangenheit die GRÜNEN als Partei den höchsten Anteil von Staatsfinanzierungen hatten, viel mehr als alle anderen Parteien. Daß Sie aus diesem sozialen Bett, aus dieser sozialen Hängematte nicht aussteigen wollen, das verstehe ich noch. Daß Sie dies aber hier mit dem Odium verbinden, hier sollen völlig neue zusätzliche Finanzierungen für die anderen Parteien kommen, und daß Sie sagen: Wir biederen, braven puritanischen GRÜNEN wollen nicht mehr Geld, ist einfach verlogen und scheinheilig; ich muß das sagen.