Rede von
Uwe
Ronneburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines jedenfalls verbindet mich mit der Kollegin Frau Hensel: daß wir beide in dieser Aktuellen Stunde zweimal auftreten. Aber damit hört es dann, verehrte Frau Kollegin, auch wirklich schon auf.
Ihre Äußerungen haben mir nachträglich bestätigt, wie dringend notwendig meine aufklärenden Vorbemerkungen am Beginn meiner ersten Ausführungen waren. Vielleicht war es von vornherein eine Illusion — das muß ich mir selbst vorwerfen — , wenn ich von der Hoffnung ausging, eine solche einleitende Bemerkung, eine solche Klarstellung über Unterschiede könne dazu führen, daß solche hinkenden Vergleiche das nicht beeinträchtigen würden, was wir hier gemeinsam zu sagen versuchen, nämlich daß die gegenwärtige Entwicklung in der DDR nicht dem entspricht, was wir uns auch nach eigenen Äußerungen der DDR glaubten vorstellen und erhoffen zu können, und daß hier Menschenrechte entgegen eigenen Aussagen der DDR beeinträchtigt werden.
Sie, Frau Minister, haben vorhin aus einem Interview des Staatsratsvorsitzenden Honecker zitiert, soweit in diesem Interview die Freiheit der Journalisten angesprochen war. Ich möchte dieses Zitat mit folgenden Bemerkungen des Staatsratsvorsitzenden fortsetzen, die sich jetzt auf die Situation der Kirche beziehen. Da heißt es:
Kirchliche Literatur und kirchliche Publizistik haben in der DDR einen beachtlichen Umfang und finden auch im Ausland wachsendes Interesse. Dies zeigt,
— so Honecker damals in diesem Interview —
daß die Kirche in der DDR Mitverantwortung trägt, sie wahrnimmt und dabei durch den Staat und die gesamte Gesellschaft unterstützt wird.
Meine Damen und Herren, dieses muß man sich im Zusammenhang mit dem vorstellen, was z. B. der Kollege Reddemann eben an aktuellen Eingriffen in die kirchliche Presse und die Möglichkeit der Kirche, ihrem Verkündigungsauftrag gerecht zu werden, geschildert hat. Hier sind Grenzen sichtbar, deren Überschreiten wir nicht ohne Widerspruch lassen können und die auch durch Vergleiche mit Vorgängen im Bereich West-Berlin, die ich keineswegs verschwiegen habe, Frau Kollegin Hensel,
nicht aus der Welt geschafft werden. Das sind nicht die gleichen Dinge. Hier kann ich dem Kollegen Haack nur aus vollem Herzen zustimmen, der vorhin gesagt hat: Friedensfähigkeit erweist sich nicht nur in der Frage der Abrüstung, sondern im Umgang mit den eigenen Bürgern, auch in der Politik nach innen.
Ich möchte gerne, daß unserer Bereitschaft, eine aufgeschlossene Politik, eine Politik der Kooperation, eine Politik, die zu dem führen soll, was wir im Grundlagenvertrag festgeschrieben haben, eine Politik der guten Nachbarschaft zu betreiben, auch die Möglichkeiten erhalten bleiben. Aber wenn das so sein soll, ist dies keine Einbahnstraße, sondern etwas, was von beiden Seiten betrieben werden muß.
Wenn die DDR so weitermacht, wie es im Augenblick offenbar aus einem Gefühl innerer Unsicherheit heraus geschieht, dann wird diese Straße schwer begehbar werden, auch für uns. Ein demokratischer Staat hat Grenzen für seine Handlungsfähigkeit in bestimmten Richtungen. Und niemand möge sich darüber täuschen.