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    Plenarprotokoll 11/89 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 89. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. September 1988 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Unglücks bei der Flugschau in Ramstein 6059 A Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages, Bundesminister a. D. Dr. Johann Baptist Gradl 6059 B Nachruf auf das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages Professor Dr. Friedrich Schäfer 6059 D Verzicht der Abg. Dr. Wörner, Sauter (Ichenhausen) und Lemmrich auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 6060 A Eintritt der Abg. Jäger (Wangen), Graf Huyn und Frau Dr. Wegner in den Deutschen Bundestag 6060 B Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Buschfort, Sauter (Epfendorf), Koltzsch, Dr. Stercken und des Vizepräsidenten Stücklen 6060 B Erweiterung der Tagesordnung 6060 C Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1989: (Haushaltsgesetz 1989) (Drucksache 11/2700) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1988 bis 1992 (Drucksache 11/2701) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988: (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/2650) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 6060D, 6106B Wieczorek (Duisburg) SPD 6072 B Carstens (Emstek) CDU/CSU 6080 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 6085 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 6088 C Esters SPD 6093 B Dr. Rose CDU/CSU 6096 C Frau Rust GRÜNE 6100A Dr. Solms FDP 6101 D Frau Will-Feld CDU/CSU 6104 A Walther SPD 6108B Nächste Sitzung 6110 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 6111 *A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 89. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. September 1988 6059 89. Sitzung Bonn, den 6. September 1988 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 9. 9. Dr. Becker (Frankfurt) 9. 9. Böhm (Melsungen)* 9. 9. Dr. von Bülow 8. 9. Dr. Hauff 9. 9. Hiller (Lübeck) 9. 9. Höpfinger 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 9. 9. Ibrügger** 9. 9. Dr.-Ing. Kansy** 9. 9. Frau Karwatzki 9. 9. Frau Kelly 8. 9. Kuhlwein 9. 9. Dr. Kunz (Weiden)** 9. 9. Lutz 7. 9. Dr. Mitzscherling 6. 9. Niegel* 9. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oostergetelo 9. 9. Pfuhl 6. 9. Dr. Probst 9. 9. Rappe (Hildesheim) 9. 9. Dr. Riedl (München) 7. 9. Frau Saibold 6. 9. Seidenthal 7. 9. Frau Terborg 7. 9. Tietjen 9. 9. Toetemeyer 8. 9. Vosen 6. 9. Frau Weiler 9. 9. Westphal 9. 9. Frau Wilms-Kegel 9. 9. Würtz 6. 9. Zierer * 6. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von Manfred Carstens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Ich möchte mit dem beginnen, mit dem mein Vorredner aufgehört hat. Er hat von der Notwendigkeit eines Neuanfangs gesprochen.

    (Beifall bei der SPD)

    Er ist in der Tat notwendig für die SPD-Bundestagsfraktion.
    Wir hörten soeben eine Aneinanderreihung von Vorwürfen und Behauptungen.

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Aber auch Wahrheiten!)

    die kaum bis gar nicht mit Fakten untermauert worden sind. Die Berechtigung dieser Vorwürfe bricht in den meisten Fällen in sich zusammen, wenn man nur ein einziges Argument dagegen vorbringt: Wir müssen 1989 etwa 32 Milliarden DM neue Schulden — leider — aufnehmen. Im Jahre 1989 müssen wir aber allein für Zinsen 32,1 Milliarden DM aufbringen. Im Durchschnitt der letzten fünf, sechs Jahre haben wir
    nicht mehr Kredite aufgenommen, als wir Zinsen gezahlt haben.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Für deren Schulden! — Zuruf von der SPD: Unsinn!)

    Diese Zinsen sind für die Schulden aufzuwenden gewesen, die wir von der SPD übernommen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: 011e Kamellen!)

    Das heißt, wenn wir nicht die Schulden mit der Zinslast hätten übernehmen müssen; hätten wir in den letzten Jahren überhaupt keine neuen Kredite aufzunehmen brauchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD Dr. Struck [SPD]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

    Diese Haushaltsdebatte — das darf man schon sagen — begann ja doch mit einer nicht sehr kleinen Überraschung; denn am gestrigen Vormittag war man noch allgemein davon ausgegangen, daß der Kollege Apel nach der Einbringung des Haushalts durch den Bundesfinanzminister als erster in der Debatte reden würde.

    (Dr. Vogel [SPD]: Und nun will die FDP Herrn Stoltenberg auswechseln!)

    Das kam nun anders. Ich kann mir vorstellen, daß Kollege Apel mit großer Bitternis und Enttäuschung von seinen Fraktionsämtern zurückgetreten ist. Nun weiß jeder, daß ich mit seiner finanzpolitischen Auffassung nie übereingestimmt habe; aber ich finde es doch schade und auch bezeichnend, daß offensichtlich für solche Männer wie Hans Apel mit seiner integren Persönlichkeit in der heutigen SPD, zumindest an angemessener Stelle, kein Platz mehr ist. Das ist höchst bedauerlich; mir persönlich tut das leid.
    Man kann annehmen, daß Kollege Apel nicht nur aus persönlichen Gründen zu diesem Rücktritt gekommen ist. Es werden auch sachpolitische Gründe vorhanden sein; ich denke allein an die Auseinandersetzungen und die Diskussionen auf Ihrem Bundesparteitag in Münster. Sie haben kein finanzpolitisches Konzept, und da ist es natürlich mißlich, finanzpolitischer Sprecher zu sein. Wie soll man aber auch mit solch unterschiedlichen Persönlichkeiten, wie es z. B. Herr Steinkühler und Herr Lafontaine sind, zu einem Gesamtkonzept kommen?

    (Dr. Vogel [SPD]: Immerhin Persönlichkeiten!)

    Herr Steinkühler weiß zwar genau, was er finanzpolitisch will. Aber das sind ausgetretene Pfade, die nicht einmal für Oppositionszwecke herhalten können. Herr Lafontaine scheint noch nicht genau zu wissen, was er will. Aber er weiß genau, daß das, was Herr Steinkühler für sein Konzept hält, auf keinen Fall funktionieren kann. Wie wollen Sie da zu einem Lösungsansatz für ein finanzpolitisches Gesamtkonzept kommen?
    Der heutige Tag und auch schon die letzten Wochen und Monate haben eindeutig bewiesen, daß sich die Finanzpolitik der SPD sowohl sachlich als auch personell in einer erheblichen Krise befindet. Auch die An-



    Carstens (Emstek)

    einanderreihung von Vorwürfen konnte heute ja nicht das Gegenteil beweisen.
    Demgegenüber möchte ich hier aus fester innerer Überzeugung zum Ausdruck bringen, daß diese Bundesregierung und die sie tragende Koalition heute und nicht nur heute ihre Handlungsfähigkeit bewiesen haben mit den Beschlüssen für das Haushaltsjahr 1989, für das laufende Rechnungsjahr und mit den steuerpolitischen Entscheidungen, die notwendig waren, die wir rechtzeitig angekündigt haben und die wir auch durchziehen werden. Allen Unkenrufen zum Trotz und trotz gezielter Meinungsmache wird bei uns rechtzeitig entschieden, ohne Wenn und Aber.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Na, na! — Walther [SPD]: Auch wenn es falsch ist!)

    Ich denke an die vielen unterschiedlichen Vorschläge, die uns über Jahre ständig neu gemacht worden sind: Steuern vorziehen, höhere Steuerentlastung, geringere Steuerentlastung, Konjunkturprogramme auflegen. Die SPD hat uns über Jahre hinweg vorgeworfen, wir wollten die Mehrwertsteuer erhöhen. Ich kann dazu heute feststellen, daß wir unsere Linie eingehalten haben, daß die Bevölkerung weiß, worauf sie sich einstellen kann, und daß das auch in den nächsten Jahren so bleiben wird. Denn gerade diese finanzpolitische Linie trägt in entscheidendem Umfang dazu bei — ich möchte gleich erläutern, wie —, daß wir uns in einer gesunden wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung befinden mit all den Vorzügen, die der Großteil unserer Bevölkerung davon hat.
    Auch wenn es unangenehm wird, auch dann, wenn wir in eine relativ schwierige Situation kommen — z. B. auf Grund weltwirtschaftlicher Ereignisse, auf Grund des ausgefallenen Bundesbankgewinns —, reagieren wir, sobald es möglich ist. So geschah es z. B. Anfang des Jahres 1988, als wir bewußt eine höhere Neuverschuldung in Kauf genommen haben, wobei wir aber auch verdeutlichen, daß wir sie dort begrenzen, wo es möglich ist — auf Grund eines relativ geringen Ausgabenanstiegs — , und dann auch gleichzeitig hinzufügen, daß wir schon im Jahre 1989 wieder in die Nähe von 30 Milliarden DM zurückkommen wollen.
    Nun hat der Finanzminister heute morgen zum Ausdruck gebracht, daß man noch nicht klar absehen kann, wo wir bei der Aufnahme der Neuverschuldung im Jahre 1988 abschließend landen werden, aber er hat auch zum Ausdruck gebracht, daß es sehr gute Chancen dafür gibt, daß wir in etwa die Höhe erreichen werden, die wir 1981 und 1982 — in einer gänzlich anderen Situation — gehabt haben. Wenn der Kollege Wieczorek soeben von einer „Notlage" gesprochen hat, dann mag er mit der Bezeichnung der Lage, die 1981/82 für die SPD vorgelegen hat, nicht ganz falsch liegen; sie ist aber richtiger bezeichnet, wenn ich sage, es war eine ausweglose, aussichtslose Lage mit ständig steigender Neuverschuldung. Wir aber haben mit dieser Summe für ein Jahr zu tun gehabt, weil wir — das wollten wir; das ist bewußt gemacht worden — schon zweimal, 1986 und 1988, die Steuern ganz erheblich gesenkt haben und den Bürgern das Geld zurückgegeben haben. Es gab einen, fast gänzlich entfallenen Bundesbankgewinn, es
    gab zusätzliche EG-Abführungen, und wir haben — das muß man bedenken — ein erheblich größeres Volumen des gesamten Haushalts, d. h. der prozentuale Anteil der Kredite liegt erheblich niedriger. Ähnlich verhält es sich mit dem viel größeren Bruttosozialprodukt unseres Landes. Wie gesagt, wir führen die Neuverschuldung innerhalb eines Jahres wieder in die Nähe von 30 Milliarden DM zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Fakten beweisen eindeutig den gewaltigen qualitativen Unterschied zwischen der Neuverschuldung von 1981 und der Neuverschuldung des Jahres 1988, und sie machen auch den qualitativen Unterschied zwischen Ihrer Finanzpolitik und unserer Finanzpolitik deutlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, ich habe soeben zum Ausdruck gebracht, daß unsere Finanzpolitik seit der Regierungsübernahme im Herbst 1982 für Stetigkeit und Klarheit, für Kontinuität und Verläßlichkeit gesorgt hat. Ich habe hinzugefügt, daß das auch in Zukunft so bleiben wird. Das hängt damit zusammen, daß wir eine ganz klare haushaltspolitische und finanzpolitische Vorstellung haben, und die sieht so aus, daß wir die Ausgabenzuwächse sehr eng begrenzen. Wir wollen den Staatsanteil zurückführen und den Privatanteil ausbauen. Wir tun das deswegen, weil wir glauben, daß es in den wirtschaftlichen Abläufen ohne erhöhte Privatinitiative keine Erfolge geben kann. Dadurch, daß wir die Ausgabenzuwächse abbremsen, und zwar ganz erheblich — im Laufe der letzten sechs Jahre auf durchschnittlich 2 % —, schaffen wir Spielräume in der Finanzpolitik, um zum einen die Neuverschuldung abzubauen, was wir in den ersten drei, vier Jahren der Regierungstätigkeit getan haben, und zum anderen, um die Steuern in gewissen Abständen regelmäßig zu senken. Diese Linie kann im Prinzip auch in den nächsten Jahren so beibehalten werden. Das Motto der damaligen Finanzminister Schmidt, Apel und Matthöfer hieß: mehr ausgeben als einnehmen.
    Meine Damen und Herren, unsere Politik, die wir nun seit 1982 so betreiben, ist nicht immer populär und kann auch nicht so ohne weiteres in Einzelheit erläutert werden, aber der Erfolg spricht für sie. Ich möchte an Hand von Einzelbeispielen deutlich machen, wie diese Politik wirkt. Selbstverständlich ist es einfacher, auf kurze Sicht zu neuen ausgabewirksamen Beschlüssen zu kommen, d. h. hier in diesem Hohen Hause zu beschließen: Dieser oder jener Bevölkerungsteil bekommt mehr Geld. Dann kann man durch die Lande fahren, um sich für die Wohltaten feiern zu lassen. Das haben Sie ein paar Jahre versucht, und das Ergebnis haben Sie genauso wie die Bevölkerung unseres Landes feststellen können.
    Wir setzen auf Steuersenkungen und auf zurückhaltende Ausgabenzuwächse, um die Privatinitiative anzuregen.
    Dabei ist der Neid, den Sie im Lande ausstreuen, als Argumentationshilfe kein guter Ratgeber. Selbstverständlich — das wissen wir auch — gibt es bei Steuerentlastungen immer wieder auch Bürger, die davon



    Carstens (Emstek)

    kaum Vorteile haben, und es gibt auch immer wieder Bürger, die nur wenige Vorteile davon haben.

    (Walther [SPD]: Und andere, die gar keine haben!)

    Daran muß man bei der Haushaltspolitik denken, wie wir es beispielsweise 1986 gemacht haben, als wir für diejenigen, die Kinder haben und kaum Steuerentlastungen wahrnehmen konnten, das Kindergeld angehoben haben. Das kann man aber nicht über die Steuerpolitik regeln.
    Man muß hierbei auch die Kehrseite der Medaille in Betracht ziehen. Der Staat hat die Pflicht, darauf zu achten, daß diejenigen, die soziale Leistungen erst ermöglichen, gerecht behandelt werden.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Friedmann [CDU/ CSU])

    Beide Seiten müssen in der Politik ihren Platz haben.
    Wir haben bei der Befolgung dieses Weges darauf geachtet, daß wir fast von Jahr zu Jahr neu diesen Anteil des Staates um ein halbes Prozent zurückgeführt haben. Es ist etwas unterschiedlich gelaufen, aber im Durchschnitt der Jahre war es so. 0,5 % des Sozialprodukts bedeuten 10 bis 12 Milliarden DM. Die Schere zwischen Staatsanteil und Privatanteil geht dadurch jedes Jahr um etwa 20, 25 Milliarden DM auseinander. Es ist ein ständig wiederkehrendes Konjunkturprogramm, es sind ständig neue Möglichkeiten für zusätzliche Privatinitiativen.
    Um das noch zu verdeutlichen: Wäre beispielsweise die Staatsquote 1988 noch so hoch wie 1982, dann würden die öffentlichen Haushalte allein im Jahre 1988 60 Milliarden DM mehr ausgeben, als sie es jetzt tun. Wäre die Steuerquote noch so hoch wie 1982, dann würden die Bürger allein in diesem Jahr 25 Milliarden DM mehr Steuern zahlen, als sie es jetzt tun. Das heißt, wenn man es auf die Neuverschuldung bezieht, zahlten unsere Steuerzahler 25 Milliarden DM mehr Steuern, und die Neuverschuldung bei allen öffentlichen Haushalten wäre um 35 Milliarden DM höher, als sie es jetzt ist.
    Stellen Sie sich eimal vor, meine Damen und Herren, was das hieße für die Zinshöhe, was das hieße für die Inflationsrate und was das heißen müßte für die realen Einkommen. Wie will man bei hohen Inflationsraten auf Dauer noch Realeinkommen erzielen? Was würden die Häuslebauer sagen, die ihre Abträge zu zahlen haben, wenn die Zinsrate 11, 12 oder 13 % wäre? Das wäre eine katastrophale Situation, in der wir uns befinden müßten, falls diese verhängnisvolle Politik von 1982 fortgesetzt worden wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Insofern kann man sagen, daß diese Haushalts- und Finanzpolitik mehr zur Stabilisierung des wirtschaftlichen Wachstums und zur Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft beiträgt als alles andere sonst.
    Wir setzen nicht auf mehr staatliche Investitionen. Das Notwendige muß getan werden, und der Staatsapparat muß auch das nötige Geld zur Verfügung haben, um seine Aufgaben bewältigen zu können. Aber wenn es um neue zusätzliche wirtschaftliche
    Betätigung geht, um Investitionen, um die Schaffung von Arbeitsplätzen, dann setzen wir nicht auf den Staat, sondern dann wollen wir den Freiraum für die Privaten ausweiten; denn diese verstehen vom Wirtschaften viel mehr als jeder Staatsapparat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn Sie sich einmal vorstellen, wie wir die Steuerentlastungen finanziert haben, dann spricht das allein für sich. Da verblaßt alles, was hier seitens der SPD vorgetragen wurde Ich erlebe oft auf Veranstaltungen, daß die Bürger erstaunt fragen: Wie konnten Sie denn zweimal — 1986 und 1988 — die Steuern um 25 Milliarden DM senken, ohne daß Sie bisher die Verbrauchsteuern erhöht haben? Wir haben schon zweimal die Steuer gesenkt, ohne daß wir auf der anderen Seite irgendwo Steuern angehoben hätten. Meine Damen und Herren, das hängt einzig und allein damit zusammen, daß die öffentlichen Haushalte — in der Federführung und an der Spitze mit dem Bundeshaushalt — nicht wie bisher alles das, was in der Wirtschaft neu erarbeitet wird, für sich in Anspruch nehmen, sondern sich bescheiden zurückhalten und nur das Nötigste für sich in Anspruch nehmen, um den Rest den Steuerzahlern zurückzugeben, wiederum zur Ausweitung der Privatinitiative.
    Die Wirtschaft ist in den letzten Jahren im Durchschnitt um sage und schreibe nominell 4,5 % gewachsen, der Bundeshaushalt nur um 2 %. Die Länderhaushalte und die Kommunen haben eine etwas größere Steigerung gehabt, aber das blieb zusammengenommen so um 3 %. Wenn man eineinhalb Prozent von der Wirtschaftsleistung seitens der öffentlichen Haushalte nicht selbst in Anspruch nimmt, dann sind das jährlich so etwa 8 bis 10 Milliarden DM. Wenn man die Jahre 1986, 1987 und 1988 zusammenzählt, dann haben wir damit ein Volumen von um die 25 Milliarden DM. Das ist genau der Betrag, den wir den Bürgern zur Verfügung gestellt haben. Das haben wir denen auf der anderen Seite nicht aus der Tasche gezogen, das haben wir niemandem sonst weggenommen, sondern dadurch, daß der Staat nicht — wie das bisher bei der SPD üblich war — alles selbst mit großen Händen in Anspruch genommen hat, konnten wir die Bürger schon zweimal hintereinander steuerlich entlasten, und das wird 1990 fortgesetzt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dann betrachte man bitte einmal, wie Steuersenkungen wirken. Es wird oft gesagt, sie seien nicht sozial ausgewogen. Ja, meine Damen und Herren, wir haben bei Familien mit zwei Kindern dafür gesorgt, daß bei etwa 24 000 DM die Besteuerung anfängt. Das war bei der SPD noch etwa bei 14 000 DM. Man muß sich das einmal vorstellen: Bei Familien mit zwei Kindern bei rund 14 000 DM. Da mußten sie feste Steuern bezahlen.

    (Walther [SPD]: Wann war das?) — Noch 1985, aus Ihrem Tarif.

    Jetzt haben wir bei Familien mit vier Kindern dafür gesorgt, daß sie den ersten Pfennig Steuern erst ab 31 000 DM Jahreseinkommen brutto zahlen müssen. Das war bei der SPD noch nach dem alten Steuertarif bei etwa 15 000 DM. Diese Familie mit einem Brut-



    Carstens (Emstek)

    toeinkommen von rund 31 000 DM mit vier Kindern wird aber um 2- bis 3 000 DM entlastet. Ich habe die Zahl gerade nicht im Kopf, aber es sind über 2 000 DM und unter 3 000 DM. Wenn ich nun eine solche Familie mit 2 000 DM bei den Steuern entlaste, dann ist das netto bar in der Tasche. Wenn ich das über Lohnerhöhung bringen wollte, dann müßte ich zunächst einmal den Bruttolohn um etwa 4 000 DM anheben, weil die andere Hälfte für Steuern und Sozialabgaben weggeht. Wenn ich dann aber diese Firma mit rund 4 000 DM belaste, dann kommen die Lohnnebenkosten mit ca. 80 % dazu.

    (Stratmann [GRÜNE]: Jetzt rechnen Sie doppelt!)

    Dann liege ich bei gut 7 000 DM, mit denen die Firma kostenmäßig belastet würde, damit die Familie 2 000 DM netto hat. Wenn ich aber die Steuern senke, wie wir es tun und wie wir es tun können, weil der Staat sich bei den Ausgaben zurückhält, dann kommen diese 2 000 DM bar in die Taschen der Familien, und Kosten entstehen nirgendwo.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    In diesem Zusammenhang kommt manchmal der Vorwurf, es nähmen aber nicht alle teil. Das stimmt zwar; aber bei Umfragen ergibt sich, daß auf die Frage, ob sie mit ihrer eigenen finanziellen Lage zufrieden sind, nahezu 80 % sagen, sie seien zufrieden. Das hat es ja kaum gegeben.

    (Walther [SPD]: Das kann nur von Aliensbach kommen!)

    Nun sind immer noch 20 % da, die von sich aus sagen, sie seien nicht zufrieden. Wir wollen einmal die Hälfte streichen, denn 50 % kritisieren, auch ohne daß sie einen eigentlichen Grund dafür haben. Der Rest sind aber immer noch 6 Millionen in unserem Lande. Ich kann mir schon vorstellen, daß nicht wenige Landwirte dabei sind, kann mir schon vorstellen, daß auch Sozialhilfeempfänger dabei sind, auch Arbeitslose, die Arbeit haben möchten, selbstverständlich. Aber in dem Maße, wie die Regierung erfolgreiche Politik macht, in dem Maße, wie die Wirtschaft läuft, zu neuen Erträgnissen führt, in dem Maße kann auch unsere Politik auf Dauer denen helfen, die heute zu Recht noch nicht zufrieden sein können mit ihrer eigenen finanziellen Lage.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
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  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus-Dieter Kühbacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Carstens, Sie haben uns nun freundlicherweise ein Umfrageergebnis zu dem sozialen und finanziellen Wohlbefinden der Bevölkerung hier vorgeführt. War dies die gleiche Umfrage, wo 96 % der Befragten gesagt haben, sie würden den Sinn Ihrer angeblichen Steuerreform nicht verstehen?