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    Plenarprotokoll 11/68 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 68. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. März 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrags der Abgeordneten Müntefering, Conradi, Amling, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die Wohnungsgemeinnützigkeit erhalten und stärken (Drucksache 11/1389) Müntefering SPD ......................4627 B Dr. -Ing. Kansy CDU/CSU................4629 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE..........4633 A Grünbeck FDP..........................4634 D Jahn (Marburg) SPD....................4636 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau.. 4638 D Conradi SPD ..........................4641B Schulhoff CDU/CSU ....................4643 C Mischnick FDP (Erklärung nach § 30 GO) 4645 C Conradi SPD (Erklärung nach § 30 GO). 4645 D Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 8: Gesetz zu dem Übereinkommen vom 10. April 1984 über den Beitritt der Republik Griechenland zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Drucksachen 11/1611, 11/1951).............4646 A Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer, Frau Olms und der Fraktion DIE GRÜNEN: Übernahme des Berliner Document Centers für NS-Akten durch die Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/1926) Frau Olms GRÜNE......................4646 B Neumann (Bremen) CDU/CSU ..........4648 A Frau Hämmerle SPD....................4650 A Lüder FDP ............................4651C Dr. Waffenschmidt, Pari. Staatssekretär BMI ................. 4652 C Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Teubner, Frau Oesterle-Schwerin und der Fraktion DIE GRÜNEN: Maßnahmen zur Einpassung der Einzelhandelsnutzung in das übergeordnete Gesamtsystem der städtischen Entwicklung (Drucksache 11/1645) Frau Teubner GRÜNE ..................4654 A Oswald CDU/CSU......................4655 D Scherrer SPD ..........................4657 C Grünbeck FDP..........................4659 B Dr. Riedl, Parl. Staatssekretär BMWi... 4660 C Tagesordnungspunkt 25: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin, Bachmaier, Klein (Dieburg), Dr. Pick, Schmidt (München), Schütz, Singer, Stiegler, Wiefelspütz, Dr. de With, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Strafprozeßordnung (§140 Abs. 1 Nr. 4 StPO) (Drucksachen 11/816, 11/1933)II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. März 1988 b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Nickels und der Fraktion DIE GRÜNEN: Keine Zwangsverteidiger für Blinde (Drucksachen 11/624, 11/1933) Singer SPD .............. 4662 C Eylmann CDU/CSU .......... 4663 C Frau Nickels GRÜNE.......... 4663 D Kleinert (Hannover) FDP ................4664 C Engelhard, Bundesminister BMJ..........4665 A Nächste Sitzung........................4665 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten.. 4666* ADeutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. März 1988 4627 68. Sitzung Bonn, den 10. März 1988 Beginn: 17. 30 Uhr
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    4666* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 68. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. März 1988 Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 11. 3. Andres 10. 3. Antretter * 10. 3. Bahr 11. 3. Becker (Nienberge) 11. 3. Dr. Blank 10. 3. Böhm (Melsungen) * * 10. 3. Frau Brahmst-Rock 11. 3. Buschhom 11. 3. Buschfort 11. 3. Dr. Dregger 10. 3. Frau Fuchs (Köln) 11. 3. Dr. Glotz 11. 3. Dr. Hauff 11. 3. Dr. Haussmann 11. 3. Frau Hensel 11. 3. Ibrügger 11. 3. Frau Karwatzki 10. 3. Frau Kelly 11. 3. Kiechle 11. 3. Klein (Dieburg) 11. 3. Klein (München) 11. 3. Koschnick * * * 11. 3. Lenzer * * 10. 3. Lintner 11. 3. Dr. Mertens (Bottrop) 10. 3. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Meyer 11. 3. Möllemann 10. 3. Müller (Schweinfurt) 11. 3. Oostergetelo 11. 3. Reddemann * 10. 3. Reimann 11. 3. Repnik 11. 3. Sauer (Salzgitter) * * * 11. 3. Seehofer 11. 3. Frau Schilling 11. 3. Schmidt (München) * * 10. 3. von Schmude 11. 3. Schreiber * * * 11. 3. Frau Simonis 11. 3. Dr. Spöri 11. 3. Frau Trenz 11. 3. Dr. Voss 10. 3. Dr. Waigel 11. 3. Wieczorek (Duisburg) 11. 3. Wilz 11. 3. Wischnewski 11. 3. Dr. de With 11. 3. Frau Wollny 11. 3. Dr. Zimmermann 11. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von Dr. Annemarie Renger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?



Rede von Gerhard Jahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Bitte.


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    Rede von Gunnar Uldall


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Könnten Sie uns bitte einmal erklären, in welcher Weise die Kirchen die Steuerreform finanzieren?


    (Marburg Aber muß ich Ihnen, der Sie Finanzpolitiker sind, dies sagen? Sie wissen das doch viel besser als ich. Sie hören ja auch die Reaktionen aus den Kirchen darauf. Bis vor wenigen Monaten gab es breite Übereinstimmung bei allen Wohnungsund Sozialpolitikern in Bund, Ländern und Gemeinden mit dem Bauminister, als er sagte: Die Wohnungspolitik braucht auch künftig die Hilfe der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, um den Sozialauftrag einer angemessenen Wohnversorgung breiter Schichten der Bevölkerung erfüllen zu können.... Es steht ein Sozialkapital in Höhe von 450 Milliarden DM auf dem Spiel. Dieses soziale Pfand soll man nicht ohne Not aus der Hand geben. Genau das will die Bundesregierung mit ihrer Steuerreform tun. Unter dem Vorwand des Subventionsabbaus soll dieses Sozialvermögen verschleudert werden — mit einer wohnungspolitisch unhaltbaren Begründung, die von einer Einschätzung der Lage am Wohnungsmarkt ausgeht, die nicht einmal der Bundesbauminister teilt. Fiskalpolitisch ist die Begründung mehr als fragwürdig. Die Bundesregierung schätzt die steuerlichen Mehreinnahmen mit ganzen 100 Millionen DM ein. Zugleich räumt sie ein, daß erhebliche Mehrausgaben beim Wohngeld entstehen. Die Gemeinden und Länder werden sich zudem mit der zusätzlichen Last nicht abfinden. Der öffentlich geförderte Mietwohnungsbau der Städte und Länder kann die Wohnversorgung nicht ohne Bundeshilfe sichern. Das Wohngeld wird den Menschen nicht helfen, die staatlicher Hilfe bedürfen. Wohngeld schafft keinen Wohnraum — und schon gar nicht da, wo er gebraucht wird. Und Wohngeld gibt denen kein Dach, die am „freien Wohnungsmarkt" keins finden. „Zur Gemeinnützigkeit gibt es keine Alternative" — das stellte vor wenigen Tagen einer fest, der es wissen muß: der Regierende Bürgermeister von Berlin, der Stadt, die den größten Bestand gemeinnütziger Mietwohnungen in der Bundesrepublik Deutschland hat. Ich fordere Sie, meine Damen und Herren in den Regierungsfraktionen, auf: Verhelfen Sie Herrn Kansy zum Erfolg. Vermeiden Sie eine politische Dummheit. Ich rufe Ihnen im Namen meiner Fraktion zu: Besinnen Sie sich endlich wieder auf Ihre Verantwortung, die auch Sie gegenüber den Mietern in der Bundesrepublik Deutschland haben. Das Wort hat der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Herr Dr. Schneider. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft wird nicht abgeschafft. Die Wohnungsgemeinnützigkeit ist auch für die Zukunft Bundesminister Dr. Schneider unentbehrlich. Sie muß erhalten und gestärkt werden. Insoweit stimme ich der SPD zu. Ihre rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen werden gestärkt, erweitert und verbessert. Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft ist älter als ihre Steuerfreiheit. Deshalb kann der Wegfall der Steuerfreiheit auch niemals zur Zerstörung der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen führen. Die Beschlüsse der Bundesregierung sind geeignet, die Wirtschaftlichkeit der gemeinnützigen Unternehmen und Genossenschaften auf Dauer zu stärken und den Fortbestand gefährdeter Unternehmen zu sichern. Und worauf es ganz entscheidend ankommt: Das Vermögen der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen bleibt voll erhalten. Ein Verlust an Sozialwohnungen findet nicht statt. Eine Nachversteuerung wird es nicht geben. Der Eröffnungsbilanz werden die Teilwerte zugrunde gelegt. Wäre es anders, hätte ich für den sozialdemokratischen Protest und Aufschrei sehr wohl Verständnis. Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jahn? Bitte sehr, Herr Kollege. Herr Schneider, und wovon werden dann in Zukunft die Steuern bezahlt? Ich kann nur von dem reden, was Sache ist. Meine heutigen Ausführungen mache ich auf der Grundlage der Koalitionsbeschlüsse vom Oktober/ November 1987. Ich berücksichtige dabei selbstverständlich auch, daß die Steuerreformgesetze, also auch die zum WGG, der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. In der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft werden die Reformbeschlüsse der Bundesregierung unterschiedlich bewertet. Ich habe dafür Verständnis. Die Kritik wäre auch berechtigt gewesen, wenn es eben bei den Buchwerten geblieben wäre. Niemand kann nach dem Beschlußstand innerhalb der Koalition berechtigterweise den Vorwurf erheben, die Bundesregierung — vielleicht ich persönlich — stünde nicht zu ihrem wiederholt abgegebenen Bekenntnis zur Wohnungsgemeinnützigkeit. Ich darf mich dabei ausdrücklich auf den Direktor des Gesamtverbandes der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, Herrn Jürgen Steinert, beziehen, der vor der Verbandsversammlung am 28. November 1987 nach meiner Rede dort erklärt hat — ich zitiere —: Wer bei Ihnen — ich war also gemeint — genau zugehört hat, insbesondere bei den letzten Sätzen, und wer sich Ihre Presseäußerungen der letzten Tage ins Gedächtnis zurückholt, konnte feststellen, daß Sie die Grundsätze zur Gemeinnützigkeit, die Sie gestern vertreten haben, heute nicht leugnen. Soweit Herr Steinert. Jetzt sind nicht Emotionen gefordert, sondern tragfähige und dauerhafte Lösungen. Das Thema Wohnungsgemeinnützigkeit darf nicht für billige Polemik und politische Rhetorik mißbraucht werden. Unsere Mieter dürfen nicht verunsichert werden; denn zu negativen Reaktionen gibt es keinen Anlaß. Ich wiederhole: Die Aufhebung der Steuerfreiheit für gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften bedeutet nicht die Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Auf Grund der neuen Rechtslage öffnen sich für die Gesellschaften und Genossenschaften neue und von ihnen wie von mir seit Jahren geforderte Möglichkeiten. Die Fähigkeit der Unternehmen, sich eigenverantwortlich gemeinnützig zu verhalten, wird gestärkt. Soziales Verhalten wird erleichtert. Die wirtschaftlich unbegründeten und sozial unerträglichen Verzerrungen der Mieten können abgebaut werden. Die Unternehmen können selbstverantwortlich die immer wieder von diesen geforderte Unternehmensmiete endlich verwirklichen. Endlich können sie selbst innerhalb ihrer Bestände den von ihnen für notwendig erachteten sozialen Lastenausgleich auch in bezug auf Fehlbeleger durchführen. Wir müssen erkennen, daß der Gesetzund Verordnungsgeber nicht in der Lage ist, auf unterschiedliche soziale Anforderungen in den einzelnen Unternehmen angemessen zu reagieren. Hier ist die unternehmerische Verantwortung gefordert. Wir müssen es den Unternehmen und ihren Mietern überlassen, Art und Umfang der sozialen Leistungen zu bestimmen. Der Wegfall von Bindungen eröffnet die Möglichkeit, zusätzliche soziale Dienste einzuführen. Beispielsweise können die Unternehmen künftig Betreuungsleistungen und Pflegedienste für ältere Menschen anbieten. Das sind Aufgaben, über die in einigen Unternehmen schon heute intensiv nachgedacht wird. Nach Angaben des Gesamtverbandes Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen beträgt das Bruttovermögen aller gemeinnützigen Wohnungsunternehmen fast 500 Milliarden DM. Der Vorwurf, die Bundesregierung verschleudere dieses Sozialkapital, indem sie vorschlage, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz aufzuheben, ist böswillig. Der Vorwurf ist nicht nur Bundesminister Dr. Schneider unberechtigt, er ist auch ganz und gar unbegründet. Wir geben kein Sozialkapital preis, wir sichern das vorhandene Sozialkapital, wir retten es sogar. Wir sichern die wirtschaftliche Grundlage der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Meine Damen und Herren, nur wirtschaftlich gesunde Unternehmen können auf Dauer Wohnungen bereitstellen und soziale Leistungen erbringen. Der größte wohnungspolitische und sozialpolitische Rückschritt wäre ein Zusammenbruch von Unternehmen, wie der Fall „Neue Heimat" gezeigt hat. Ich verweise auf den Abschlußbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Fall „Neue Heimat". Schon vor diesem Untersuchungsausschuß habe ich am 27. November 1986 darauf hingewiesen, daß sich aus der Kostenmietbindung und der degressiven Förderung wirtschaftliche Probleme ergeben, die auch andere gemeinnützige Unternehmen bedrohen. Die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen haben mir gegenüber immer wieder erklärt: „Wir brauchen keine Kostenmiete, wir verlangen kostendeckende Mieten!" Kostendeckende Mieten entsprechen der wirtschaftlichen Notwendigkeit einer sachgerechten Unternehmensführung und auch der sozialen Logik. Wer die unternehmerischen Kosten nicht mehr erwirtschaftet, zerstört die Grundlage seines Unternehmens. Er nimmt den Zusammenbruch in Kauf. Kein Mieter wird durch die jetzt vorgesehene steuerliche Regelung überfordert. Ich sage das mit bestem Gewissen, und ich werde in dieser Frage genauso recht behalten, wie ich damals im Zusammenhang mit der kleinen Mietrechtsreform vom Dezember 1982 recht behalten habe. (Beifall bei der CDU/CSU Jahn [Marburg] [SPD]: Sie haben nicht recht behalten! Die Lage der Mieter widerlegt Sie!)


    (Uldall [CDU/CSU]: Nein, sonst würde ich ja nicht fragen, wenn ich das wüßte!) in einer sie auf das äußerste belastenden Art sinken werden infolge ihrer Bindung an die Höhe der Einkommensteuer.


    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)


    (Dr. Möller [CDU/CSU]: Nicht die Einnahmen werden sinken, die Steigerungserwartungen! Differenzieren sollten Sie können!)


    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)


    (Beifall bei der SPD)