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    Plenarprotokoll 11/59 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 59. Sitzung Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Hinsken 4088 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Überlegungen der Bundesregierung, das Vorruhestandsgesetz am 31. Dezember 1988 auslaufen zu lassen Heyenn SPD 4083 B Müller (Wesseling) CDU/CSU 4084 B Hoss GRÜNE 4085 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 4086 B Hinsken CDU/CSU 4087 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 4088 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 4089 A Reimann SPD 4091 A Schemken CDU/CSU 4091 D Frau Fuchs (Köln) SPD 4092 D Dr. Haussmann FDP 4094 A Doss CDU/CSU 4095 A Stratmann GRÜNE 4096 B Dr. Warrikoff CDU/CSU 4097 A Tagesordnungspunkt 20: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Die Zukunft Berlins zwischen Ost und West (Drucksache 11/1094) b) Beratung des Antrags des Abgeordneten Sellin und der Fraktion DIE GRÜNEN: Kürzung der Berlinförderung und Bildung eines Finanzfonds zur Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Situation der Stadt (Drucksache 11/1187 (neu)) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU und der FDP: Zur Berlin- und Deutschlandpolitik (Drucksache 11/1758) Heimann SPD 4098 B Dr. Schäuble, Bundesminister BK . . . 4102B Sellin GRÜNE 4105 C Lüder FDP 4108A Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 4109D Dr. Mitzscherling SPD 4112A Kittelmann CDU/CSU 4115 A Dr. Sohns FDP 4117 D Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes (Drucksache 11/1556) Clemens CDU/CSU 4118D Graf SPD 4120A Dr. Hirsch FDP 4121D Frau Olms GRÜNE 4122D Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 4123 C Nächste Sitzung 4124D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 4125* A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4125* C Anlage 3 Sicherheitsvorkehrungen für Transportstrecken und Standorte defekter Castorbehälter MdlAnfr 18 29.01.88 Drs 11/1734 Frau Wollny GRÜNE ErgSchrAntw PStSekr Gröbl BMU . . . . 4125* D Anlage 4 Reise von Ministerpräsident Strauß als „Sonderbotschafter" des Bundeskanzlers nach Südafrika; Erfolg der Reise MdlAnfr 32, 33 29.01.88 Drs 11/1734 Schily GRÜNE SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4126* A Anlage 5 Reise des Ministerpräsidenten Strauß in das südafrikanische Homeland Bophutatswana im Auftrag des Bundeskanzlers sowie Unter- richtung der angolanischen Regierung über das Treffen mit dem Führer der Widerstandsbewegung UNITA MdlAnfr 34, 35 29.01.88 Drs 11/1734 Verheugen SPD SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4126* C Anlage 6 Beauftragung des Ministerpräsidenten Strauß mit einer Reise nach Südafrika durch den Bundeskanzler; Verlauf der Reise MdlAnfr 36, 37 29.01.88 Drs 11/1734 Büchler (Hof) SPD SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4126* D Anlage 7 Beurteilung der außenpolitischen Lage Südafrikas und Besuch Namibias durch den bayerischen Ministerpräsidenten Strauß in Begleitung des südafrikanischen Außenministers MdlAnfr 38, 39 29.01.88 Drs 11/1734 Lutz SPD SchrAntw StMin Dr. Stavenhagen BK . . 4127* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 4083 59. Sitzung Bonn, den 5. Februar 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amling 5. 2. Frau Beck-Oberdorf 5.2. Brauer 5.2. Frau Dempwolf 5. 2. Dr. Dollinger 5. 2. Dr. Dregger 5. 2. Eylmann 5. 2. Frau Flinner 5. 2. Frau Garbe 5. 2. Gattermann 5.2. Dr. Geißler 5. 2. Dr. von Geldern 5. 2. Gerster (Worms) 5. 2. Grünbeck 5. 2. Hasenfratz 5. 2. Hedrich 5. 2. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 5.2. Frau Dr. Hellwig 5. 2. Dr. h. c. Herkenrath 5. 2. Höffkes 5.2. Hoppe 5. 2. Ibrügger 5. 2. Kiechle 5. 2. Kißlinger 5. 2. Klein (München) 5. 2. Dr. Köhler (Wolfsburg) 5. 2. Kossendey 5. 2. Kreuzeder 5.2. Dr. Kunz (Weiden) 5. 2. Dr. Graf Lambsdorff 5. 2. Leonhart 5. 2. Louven 5.2. Lowack 5. 2. Frau Luuk 5. 2. Meyer 5.2. Mischnick 5.2. Dr. Müller * 5. 2. Pfeffermann 5. 2. Repnik 5. 2. Reschke 5. 2. Reuschenbach 5. 2. Ronneburger 5. 2. Roth 5. 2. Roth (Gießen) 5. 2. Rühe 5. 2. Dr. Rüttgers 5. 2. Frau Schilling 5. 2. Schluckebier 5. 2. Frau Schoppe 5. 2. Schütz 5. 2. Dr. Spöri 5. 2. Dr. Stoltenberg 5. 2. Frau Terborg 5. 2. Frau Dr. Timm 5. 2. Frau Traupe 5. 2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Voigt (Frankfurt) ** 5. 2. Dr. Waffenschmidt 5. 2. Dr. Wernitz 5. 2. Wieczorek (Duisburg) 5. 2. Wiefelspütz 5. 2. Wischnewski 5.2. Dr. Wulff 5. 2. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksachen 10/2123, 10/2124, 10/2126 Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Drucksache 10/1991 Nr. 2 Drucksache 11/1656 Nr. 3.2 Anlage 3 Ergänzende Antwort des Parl. Staatssekretärs Gröbl auf die Zusatzfragen des Abgeordneten Dr. Lippelt (Hannover) (GRÜNE) zur Frage der Abgeordneten Frau Wollny (GRÜNE) (Drucksache 11/1734 Frage 18, 57. Sitzung, Seite 3944): Zu welchen spezifischen Standorten sollen gegebenenfalls defekte Castorbehalter gebracht werden, und welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es hierfür entlang der spezifischen Transportstrecken und den jeweiligen Standorten? Wie von mir ausgeführt, ist es zutreffend, daß im Zwischenlager Gorleben Reparaturen an defekten Castorbehältern durchgeführt werden können und hierzu auch eine Genehmigung vorliegt. Reparaturen allerdings, die eine verstärkte Vorsorge gegen mögliche radiologische Belastungen erfordern, können im Zwischenlager nicht durchgeführt werden und müssen im Bedarfsfall in anderen kerntechnischen Anlagen nach Maßgabe einer Genehmigung nach § 7 oder § 9 Atomgesetz erfolgen. Entsprechende Genehmigungen haben beispielsweise die Kernkraftwerke Stade und Isar II; Beispiele von Kernkraftwerken, für die entsprechende Anträge gestellt wurden sind Würgassen, Brunsbüttel, Brokdorf und Emsland. Daneben sieht der Antrag auf Errichtung der Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben die Möglichkeit vor, dort Behälter mit abgebrannten Brennelementen zu reparieren. 4126* Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 Im übrigen werden im Zwischenlager Gorleben nur dann Behälter akzeptiert, wenn sichergestellt ist, daß diese z. B. für einen Reparaturfall, der im Zwischenlager nicht durchgeführt werden kann, in andere kerntechnische Anlagen aufgrund einer Genehmigung nach § '7 oder § 9 Atomgesetz verbracht werden können. " Anlage 4 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Frage des Abgeordneten Schily (GRÜNE) (Drucksache 11/1734 Fragen 32 und 33): Ist der Bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß als „Sonderbotschafter" von Bundeskanzler Kohl oder der gesamten Bundesregierung im Januar dieses Jahres nach Südafrika gereist, und sieht ihn die Bundesregierung besonders qualifiziert fur eine solche Mission, weil nach der von Strauß neuerlich bekräftigten Auffassung die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts auch für die schwarze Bevölkerung von Südafrika ,,weder der Gerechtigkeit noch der Freiheit dient sondern dem Chaos den Weg bahnt"? Wie beurteilt die Bundesregierung den „Erfolg" der Südafrikareise von Ministerpräsident Strauß angesichts äufierst kritischer Stellungnahmen, nicht zuletzt aus Kreisen dei südafrikanischen Kirchen und Gewerkschaften (Generalsekretär des südafrikanischen Rates der Kirchen, Frank Chikane: Die Reise von Strauß habe bewirkt, „daß unsere Schmerzen und unser Leiden noch größer werden" laut Bericht Frankfurter Rundschau vorn 28. Januar 1988, Seite 11? Zu Frage 32: Der Bundeskanzler hat den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß gebeten, nach Mosambik und Südafrika zu reisen, um hier in Gesprächen Chancen für eine friedliche Entwicklung der Region zu erkunden und wenn möglich auch einen Beitrag hierzu zu leisten. Der Bundeskanzler hat Ministerpräsident Strauß diese Mission auch deswegen übertragen, weil er wie wenige Politiker durch persönliches Ansehen und Sachkenntnis Einfluß auf die Regierung Südafrikas hat. Ohne Mitwirkung der südafrikanischen Regierung ist eine friedliche Lösung der inneren Konflikte Südafrikas nicht denkbar. Ministerpräsident Strauß hat sich auf Bitte des Bundeskanzlers hei der südafrikanischen Regierung intensiv um baldige Aufnahme des Dialogs zwischen allen politischen Kräften des Landes, um weiteren Abbau der Apartheid und um Freilassung der politischen Gefangenen bemüht. Zu Frage 33: Ziel der Südafrika-Politik der Bundesregierung ist es, zum Abbau der Konfrontation zwischen den Rassen beizutragen und den Dialog aller politischen Kräfte über die Zukunft des Landes zu fördern. In diesem Sinne hat der Bundeskanzler Ministerpräsident Strauß gebeten, seine Kontakte in der Republik Südafrika zu nutzen. Strauß hat sich dabei vor allem an die südafrikanische Regierung gewandt, weil diese über den Schlüssel verfügt, der schwarzen und farbigen Bevölkerungsmehrheit des Landes ihre gerechte Beteiligung an der politischen Willensbildung zu verschaffen. Logischerweise muß man vor allem mit denen sprechen, deren Politik man ändern will. Ministerpräsident Strauß hat der südafrikanischen Regierung die dringende Erwartung der Bundesregierung hinsichtlich der Entlassung von politischen Gefangenen, der Freisetzung von Mandela und der Öffnung zur Überwindung der Apartheid sehr deutlich gemacht. Ein erster Erfolg seines Einsatzes war die von der südafrikanischen Regierung zugestandene Entlassung einer Reihe politischer Gefangener. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Verheugen (SPD) (Drucksache 11/1734 Fragen 34 und 35): Hat der Bundeskanzler den Bayerischen Ministerprasidenten Strauß beauftragt, das südafrikanische Homeland Bophutatswana zu besuchen und dort die Forderung nach voller Anerkennung der staatlichen Souveränität von Bophutatswana zu vertreten? Hat der Bundeskanzler dafür Sorge getragen, daß die Regierung der Volksrepublik Angola von dem Treffen des Bayerischen Ministerpräsidenten Strauß, der im :Auftrag des Bundeskanzlers in das südliche Afrika gereist war, mit dem Fuhrer der angolanischen Rebellenbewegung UNITA. Jonas Savimbi vorher unterrichtet wurde? Zu Frage 34: Nein. Der Besuch in Bophutatswana erfolgte nicht im Auftrag des Bundeskanzlers. Ministerpräsident Strauß selbst hat klargestellt, daß dieser Besuch seiner persönlichen Entscheidung entsprach. Zu Frage 35: Nein. Dieses Gespräch entsprach einem persönlichen Wunsch von Ministerpräsident Strauß. Es erfolgte nicht im Auftrag des Bundeskanzlers und war mit diesem nicht vorher abgestimmt. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Büchler (Hof) (SPD) (Drucksache 11/1734 Fragen 36 und 37): Aus welchem Grunde hat der Bundeskanzler mit der Reise in das südliche Afrika den Bayerischen Ministerpräsidenten Strauß und nicht den Bundesaulienminister Genscher beauftragt? Wie beurteilt der Bundeskanzler Ergebnisse und Verlauf der Reise des Bayerischen Ministerpräsidenten Strauß im Hinblick auf clie Tatsache, daß die führenden Vertreter der weißen und schwarzen Opposition in Sudafrika sowie der südafrikanische Kirchenrat und die katholische Bischofskonferenz fur das südliche Afrika Begegnungen mit dem Beauftragten des Bundeskanzlers abgelehnt haben? Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 59. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Februar 1988 4127 Zu Frage 36: Der Bundeskanzler hat Ministerpräsident Strauß nicht mit der Führung von Regierungsverhandlungen beauftragt. Ziel der Reise war vielmehr, Möglichkeiten zu erkunden, wie die Bundesregierung angesichts der sich verschlechternden Lage und der Zunahme der Gewalt bei der friedlichen Lösung der Konflikte des Südlichen Afrika hilfreich sein kann. Der bayerische Ministerpräsident Strauß verfügt im Südlichen Afrika über eine Reihe von Beziehungen und Kontakten, die der Bundeskanzler im Sinne der Friedenspolitik der Bundesregierung nutzen wollte. Zu Frage 37: Die Reise hat eine Reihe positiver Ansätze gebracht, die weiterverfolgt werden. Ministerpräsident Strauß hat insbesondere der Regierung Südafrikas, bei der der Schlüssel für die weitere Entwicklung der gesamten Region liegt, die Erwartungen der Bundesregierung für einen friedlichen Wandel verdeutlicht: Er hat die südafrikanische Regierung im direkten Gespräch auf die dringende Notwendigkeit eines umfassenden Abbaus der Apartheid, eines baldigen nationalen Dialogs mit allen politischen Kräften des Landes, der Überwindung von Gewalt und Gegengewalt und der Einhaltung der Menschenrechte hingewiesen. Er hat insbesondere versucht, die südafrikanische Regierung zu Fortschritten im Bereich der Menschenrechte zu bewegen. Ein unmittelbares Ergebnis war die von Südafrika zugesagte Freilassung einer Reihe von politischen Gefangenen. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Dr. Stavenhagen auf die Fragen des Abgeordneten Lutz (SPD) (Drucksache 11/1734 Fragen 38 und 39): Hat der Bundeskanzler davon Kenntnis gehabt, daß der von ihm mit einer Reise in das südliche Afrika beauftragte Bayerische Ministerpräsident Strauß sich bei seinem Besuch in Namibia vorn Außenminister der illegal in Namibia anwesenden Nlacht Namibias, nämlich der Republik Südafrika. begleiten lassen würde? Teilt der Bundeskanzler die Auffassung, die der von ihm mit einer Reise nach Südafrika beauftragte Bayerische .Ministerpräsident Strauß vertreten hat, daß kein Land so unfair behandelt würde wie Südafrika? Zu Frage 38: Der Auftrag des Bundeskanzlers bezog sich nicht auf die Reise von Ministerpräsident Strauß nach Namibia, sondern ausdrücklich nur auf die Besuche in Mosambik und der Republik Südafrika. Bei dem Namibia-Besuch von Ministerpräsident Strauß handelte es sich daher um eine private Reise, bei der er über seine Begleitung in eigener Verantwortung zu entscheiden hatte. Zu Frage 39: Der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß war vom Bundeskanzler beauftragt, in der Republik Südafrika Möglichkeiten zu sondieren, den Friedensprozeß und hier insbesondere den Dialog aller politischen Kräfte des Landes zu fördern. In diesem Zusammenhang ergibt sich für den Bundeskanzler kein Anlaß, Wertungen über das Verhältnis zwischen Südafrika und der übrigen Welt zu kommentieren.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Burkhard Hirsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Und es gibt schließlich die Waffenindustrie, die neidvoll auf die National Rifle Association sieht, die mit Erfolg den Eindruck aufrechterhält, daß es zum Wesen der Freiheit gehört, eine Waffe führen zu können. Und die Waffe — —

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Kurz und gut: Alles Männer! — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Die Frauen kämpfen mit anderen Waffen!)

    — Gnädige Frau, ich habe den Eindruck, daß die Waffen der Frauen mindestens ebenso gefährlich sind und daß da weit mehr unter Waffenschein gestellt werden sollte, als jemals im Gesetz steht.

    (Heiterkeit und Beifall — Zuruf von der FDP: Möglichst ohne Waffenschein!)

    Aber schließlich wollte ich noch zu den Beteiligten die Waffenindustrie rechnen, deren traurigste Leistung — das muß man sagen — die Verbreitung dieser Selbstmordwaffen ist, die im Grunde genommen aufgemotzte Spielzeuge sind und den anderen dazu reizen, sofort tödlichen Ernst zu machen.
    Es ist nicht möglich, allen diesen Interessen gerecht zu werden. Ich habe den Eindruck, daß ein Teil der heftigen Novellierungsinitiativen darauf beruht, daß manche Verwaltungen der Länder nicht sicher genug zwischen denen unterscheiden, die ein berechtigtes, ernsthaftes Interesse an einer Waffe haben und die verantwortungsbewußt sind, damit richtig umzugehen, und anderen, denen gegenüber eine gesunde Zurückhaltung geboten ist. Es ist ja interessant, daß als Beispiele für die Notwendigkeiten der Novellierung meistens Fälle dargestellt werden, bei denen einfach eine Verwaltung auch auf der Grundlage des geltenden Rechts richtig hätte entscheiden können, es aber leider Gottes nicht tut.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Wie so oft!)

    Wir haben einige Probleme mit dem Gesetzentwurf. Da sind bestimmte Wünsche des Datenschutzbeauftragten, da ist die Vorstellung, daß Waffenbesitzkarten zum Munitionserwerb berechtigen sollten, eine Idee, die wir nicht für annehmbar halten. Da ist die Vorstellung, man könnte die Strafdrohung für den illegalen Besitz einer Kriegswaffe herabsetzen, eine Strafvorschrift, die gerade mit der Terrorismusbekämpfung eingeführt worden war, und es gibt eine Reihe von Einzelheiten, zu denen wir noch einen Beratungsbedarf sehen.
    Wichtig ist eine neue Vorschrift über das Mitführen von Waffen auf dem Weg zu öffentlichen Veranstaltungen, die wir positiv würdigen.
    Unseren Wunsch, das Waffengesetz bei einer solchen Gelegenheit etwas lesbarer und verständlicher zu machen — man muß wirklich ein Jurist von hohen Gnaden sein, wenn man verstehen will, was darin steht — , erfüllt diese Novelle nicht, und ich weiß, daß er schwer erfüllbar ist.
    Wir halten es für wünschenswert, bei der Beratung des Gesetzentwurfs im Innenausschuß auch Vertreter der Polizei zu hören, die wirklich ein berechtigtes Interesse daran hat, ihre Meinung bei einem derartigen Gesetz unmittelbar zu Gehör bringen zu können.
    Wir stimmen also der Überweisung des Gesetzes an den Innenausschuß zu und werden mit dazu beitragen, daß er nicht auf die lange Bank geschoben wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Olms.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ellen Olms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Meine Damen und Herren! Das einzig Erfreuliche an diesem Gesetzentwurf ist etwas, was nicht mehr drinsteht. Ich meine die in einem früheren Entwurf zur Änderung des Waffenrechts so geschickt verpackte Strafminderung beim Vergehen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Die GRÜNEN haben dies seinerzeit so treffend als „Lex Rheinmetall" charakterisiert. Die Regierung Kohl wollte damit den strafbedrohten Rheinmetall-Waffenschiebern zu Hilfe eilen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ach hör' doch auf, Mädchen, das ist jetzt wirklich eine Fastnachtsrede!)

    Dies wurde von der kritischen Öffentlichkeit weitgehend verhindert.
    Der vorliegende Gesetzentwurf erweist sich schon bei flüchtiger Prüfung als ein klares Klientelgesetz, mit Lockerungen zugunsten der Steuerhinterzieher und Konkursstraftäter auf der einen Seite und irrwitzigen Strafandrohungen gegen politisch mißliebige Personen andererseits. Ich will das kurz ausführen.
    Erfolgte Verurteilung wegen Steuerhinterziehung, Gläubigerbegünstigung, Vergehen wie Baugefährdung und unterlassene Hilfeleistung soll das nach dem Willen der Bundesregierung kein Hinderungs-



    Frau Olms
    I grund mehr zum Besitz und Führen einer Waffe sein. Im Klartext heißt das: Ein Steuerhinterzieher darf zwar keine Kneipe mehr führen, kriegt aber einen Waffenschein. Ein Wirtschaftsverbrecher, dem die betroffenen Arbeiter oder Geschäftspartner nachstellen, soll sich wenigstens mit seiner Zimmerflak noch ihrer erwehren können. Gleiches gilt für die Architekten, deren Bauwerk mit den daraus resultierenden Folgen in sich zusammenbricht.
    All diese Personen bezeichnet der Regierungsentwurf als „im allgemeinen gesetzestreue Staatsbürger". Da hat sich die Regierung wohl offensichtlich Lambsdorff und von Brauchitsch angenommen; die sollen ja schließlich nicht um ihre Knarre gebracht werden.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ich glaube, da redet die Zimmerflak!)

    Andererseits wird künftig unter Strafe gestellt, wer seinen Nachbarn bei einer Demonstration eine Flasche oder ein Taschentuch reicht; beides kann nämlich zur Herstellung eines Molotowcocktails verwendet werden. Wer es nicht glaubt, lese in der Erläuterung zu § 37 nach!
    Die Neufassung dieses Paragraphen gibt noch weitere Rätsel auf, wenn wir uns die verschiedenen Ermächtigungen anschauen. Der Verdacht drängt sich auf, als solle das Bundeskriminalamt zu einer Art Verschiebebahnhof für ansonsten verbotene Waffen ausgebaut werden. Wir werden und müssen im Ausschuß noch näher darauf eingehen.
    Wie eine Einladung zur Gründung und Ausbildung von Wehrsport- und Söldnergruppen liest sich der § 44. Im Absatz 2 Nr. 1 wird das Schießen in geschlossenen Räumen für Waffen- oder Munitionshersteller ausdrücklich erlaubt. Aber es kommt noch dicker. Schießen dürfen nicht nur diese Personen, sondern auch jeder Waffenbesitzer, seine Familienmitglieder sowie Personen, die zu dem Inhaber des Hausrechts in einem freundschaftlichen Verhältnis stehen. Nicht nur der schon erwähnte Steuerhinterzieher oder Wirtschaftsverbrecher, sondern auch dessen Kumpel soll schießen lernen. Wenn die eigenen Schießkünste nicht ausreichen, treten private Sicherheitsdienste in Aktion, sofern der Straftäter nicht zufällig über ein Abgeordnetenmandat verfügt und von Staats wegen und auf Steuerkosten bewacht wird. Diesem privaten Schießgewerbe will die Bundesregierung offenbar künftig noch breiteren Raum geben.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Steuerlich fördern!)

    Trupps wie die Schwarzen Sheriffs sind ja für ihre Übergriffe in U-Bahn-Bahnhöfen bekannt und bewachen größtenteils solche Anlagen und Objekte wie Atomkraftwerke, die wegen Fehlens der Akzeptanz vor der wütenden Bevölkerung geschützt werden müssen. Diese Anlagen müssen weg. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Damit wird sich diese Sicherheitsfrage natürlich erledigen. Wir jedenfalls werden in der weiteren Beratung einer weiteren Privatisierung des Sicherheitsbereichs entgegentreten. Gleichzeitig sind wir gegen eine weitere Militarisierung der Polizei.
    Es bedarf deshalb auch keiner Änderung des Kriegswaffenkontrollgesetzes, die die rechtlichen Grundlagen für eine solche Polizeiaufrüstung schaffen soll.
    Abzulehnen ist auch jede Anpassung des Waffenrechts an US-amerikanische Verhältnisse. Die USWaffen-Depots müssen nicht besser bewacht werden, sondern sollen möglichst bald verschwinden. Wir wollen hier keine Verhältnisse wie im Wilden Westen.

    (Beifall der Abg. Frau Dr. Vollmer [GRÜNE] — Wartenberg [Berlin] [SPD]: Rasender Beifall!)

    Die an mehreren Stellen zu findenden Verordnungsermächtigungen für den Bundesminister statt einer gesetzlichen Fixierung werden wir bei der Beratung ebenfalls zur Sprache bringen.
    Insgesamt bedeutet dieses Klientelgesetz einen Angriff auf das allgemeine Rechtsempfinden.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das war eine echte Büttenrede; eine gelungene Büttenrede! — Zuruf des Abg. Clemens [CDU/CSU])