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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/52 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll Nr. 6 vom 28. April 1983 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe (Drucksache 11/1468) Engelhard, Bundesminister BMJ 3625 B Klein (Dieburg) SPD 3626 C Seesing CDU/CSU 3628 D Frau Olms GRÜNE 3630 C Irmer FDP 3632 C Dr. Schmude SPD 3633 C Lummer CDU/CSU 3635 C Tagesordnungspunkt 3: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Laufs, Dörflinger, Dr. Friedrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Baum, Frau Dr. Segall, Wolfgramm (Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Entsorgung der Abfälle, insbesondere der Sonderabfälle (Drucksache 11/1429) b) Beratung des Berichts der Bundesregierung über den Vollzug des Abfallgesetzes vom 27. August 1986 (Drucksache 11/756) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gautier, Schäfer (Offenburg), Frau Blunck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Recycling von Katalysatoren (Drucksache 11/1151) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hensel und der Fraktion DIE GRÜNEN: Vollzug des Abfallgesetzes (Drucksache 11/1624) Schmidbauer CDU/CSU 3638 B Frau Dr. Hartenstein SPD 3640 B Baum FDP 3643 B Frau Hensel GRÜNE 3645B, 3651 D Dr. Friedrich CDU/CSU 3646 D Stahl (Kempen) SPD 3648 C Frau Garbe GRÜNE 3651 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 3652 A Tagesordnungspunkt 22: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verbesserte Sicherheitseinrichtungen für Gefahrgut-LKW (Drucksache 11/1110) b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Überladung von Gefahrgut-LKW (Drucksache 11/1112) c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Bruchsichere Transportbehälter und Tanks (Drucksache 11/1113) d) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Bremssysteme für Gefahrgut-LKW (Drucksache 11/1114) e) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Antiblockier-Systeme und Geschwindigkeitsbegrenzer für Gefahrgut- LKW (Drucksache 11/1115) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 f) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Einschränkungen für den Straßentransport gefährlicher Güter (Drucksache 11/1367) g) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Qualifikation der Fahrer beim Transport gefährlicher Güter (Drucksache 11/1368) h) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gesundheitsuntersuchung für Gefahrgut-Fahrer (Drucksache 11/1369) i) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verschärfte Ahndung von Verstößen bei Gefahrgut-Transporten (Drucksache 11/1370) j) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Sonderkonzessionierung für Gefahrgut-Transporte (Drucksache 11/1371) k) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gefahrgutbeauftragte (Drucksache 11/1372) 1) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Informationssystem für GefahrgutTransporte (Drucksache 11/1373) m) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Unbeschränkte Haftung beim Transport gefährlicher Güter (Drucksache 11/1374) n) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Sperrung von Wohngebieten und besonders unfallgefährdeten Straßen für Gefahrguttransporte (Drucksache 11/1375) o) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Transportbedingungen für besonders gefährliche Güter (Drucksache 11/1376) p) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Unfallrisiken bei Gefällestrecken (Drucksache 11/1377) q) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Grenzüberschreitende Transporte gefährlicher Güter (Drucksache 11/1378) r) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verbesserte Überwachung der Gefahrgut-Transporte (Drucksache 11/1380) Daubertshäuser SPD 3658 A Jung (Limburg) CDU/CSU 3659 C Frau Wollny GRÜNE 3661 B Kohn FDP 3661 D Frau Faße SPD 3663 B Hinsken CDU/CSU 3664 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 3666 A Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Oktober 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Nepal über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/998, 11/1513) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 6: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 23. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bolivien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/999, 11/1512) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 7: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 4. Mai 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Östlich des Uruguay über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/1002, 11/1514) 3667 C Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Verbot von Selbstbedienung beim Verkauf von Arzneimitteln (Drucksache 11/1127) . 3668 B Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung bundeseigener Grundstücke in München gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksache 11/1366) Weiss (München) GRÜNE 3668 C Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titel 681 15 — Erziehungsgeld — (Drucksachen 11/921, 11/1089) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titel 642 07 des Haushaltsjahres 1986 — Ausgaben nach § 8 Abs. 2 des Unterhaltsvorschußgesetzes — (Drucksachen 10/6653, 11/1091) in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 III Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titel 681 15 — Erziehungsgeld — (Drucksachen 10/6698, 11/1092) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 14 05 Titel 525 21 — Aus- und Fortbildung, Umschulung — (Drucksachen 11/902, 11/1182) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 60 04 Titel 646 21 — Nachversicherung nach § 99 Allgemeines Kriegsfolgengesetz — (Drucksachen 11/836, 11/1363) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 Titel 682 04 — Von den EG nicht übernommene Marktordnungsausgaben — (Drucksachen 11/1119, 11/1452) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 16: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 1112 Titel 68101 — Arbeitslosenhilfe — (Drucksachen 11/1099, 11/1453) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 17: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 12 Titel 681 41 — Leistungen für die Teilnahme von Aussiedlern, Asylberechtigten und Kontingentflüchtlingen an Deutsch-Lehrgängen mit ganztägigem Unterricht — (Drucksachen 11/1101, 11/1454) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 — Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung — (Drucksachen 11/1100, 11/1456) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 656 04 — Zuschüsse zu den Beiträgen zur Rentenversicherung der in Werkstätten beschäftigten Behinderten — (Drucksachen 11/1098, 11/1457) 3669D Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung der Fortsetzung eines Strafverfahrens (Drucksache 11/1567) 3670 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Äußerungen des Bundesministers für Wirtschaft zur Schließung des Stahlstandortes Rheinhausen Stratmann GRÜNE 3670 B Wissmann CDU/CSU 3671 C Wieczorek (Duisburg) SPD 3672 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 3673 B Frau Hillerich GRÜNE 3674 C Dr. Lammert CDU/CSU 3675 B Dr. Jens SPD 3676 A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 3677 B Müller (Wesseling) CDU/CSU 3679 A Weiermann SPD 3680 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3681 B Dreßler SPD 3683 B Beckmann FDP 3684 B Breuer CDU/CSU 3685 D Gerstein CDU/CSU 3686 C Dr. Jens SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3687 B Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Bachmaier, Klein (Dieburg), Dr. Pick, Reschke, Schmidt (München), Schütz, Singer, Stiegler, Wiefelspütz, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Beistand und mehr Rechte für geistig behinderte und psychisch kranke Menschen (Drucksache 11/669) Dr. de With SPD 3687 C Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 3690 C Frau Unruh GRÜNE 3692 A IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 Funke FDP 3694 C Engelhard, Bundesminister BMJ 3695 D Kirschner SPD 3697 C Seesing CDU/CSU 3699 A Frau Becker-Inglau SPD 3699 D Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott und der Fraktion DIE GRÜNEN: Novellierung des Paßgesetzes (Drucksache 11/1391) Wüppesahl GRÜNE 3701 C Clemens CDU/CSU 3702 C Tietjen SPD 3703 C Dr. Hirsch FDP 3705 A Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 3705 D Nächste Sitzung 3706 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3707* A Anlage 2 Kosten der Anzeigenaktion der Bundesregierung zu den Themen Schaffung des Friedens und Gestaltung des Friedens ohne Erwähnung der Massenarbeitslosigkeit MdlAnfr 5, 6 08.01.88 Drs 11/1619 Menzel SPD SchrAntw StSekr Ost BPA 3707* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 3625 52. Sitzung Bonn, den 14. Januar 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein ** 15.1. Dr. Ahrens * 15.1. Frau Beck-Oberdorf 15.1. Bahr 14. 1. Frau Brahmst-Rock 15. 1. Büchner (Speyer) * 14. 1. Dr. von Bülow 15. 1. Egert 15.1. Dr. Ehrenberg 15.1. Grünbeck 15.1. Grüner 15.1. Grunenberg 15.1. Heimann 14. 1. Frau Dr. Hellwig 15. 1. Frau Hoffmann (Soltau) 15.1. Dr. Köhler (Wolfsburg) 15.1. Kreuzeder 15.1. Lamers 14. 1. Lemmrich * 15. 1. Lenzer * 15.1. Lowack 15.1. Dr. Mahlo 15.1. Menzel 15.1. Michels 14. 1. Nelle 15. 1. Niegel * 14. 1. Frau Pack * 15. 1. Petersen 15.1. Reddemann * 14. 1. Schartz (Trier) 15. 1. Dr. Scheer * 15.1. Frau Schmidt-Bott 15.1. Dr. Spöri 14. 1. Stahl (Kempen) 15. 1. Stiegler 14. 1. Stobbe 15. 1. Dr. Vondran 15.1. Vosen 14. 1. Zierer * 15. 1. Dr. Zimmermann 14.1. *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Chefs des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Staatssekretär Ost auf die Fragen des Abgeordneten Menzel (SPD) (Drucksache 11/1619 Fragen 5 und 6) : Wie teuer ist die von der Bundesregierung in der Weihnachtszeit gestartete Anzeigenaktion „In diesem Ziel sind sich alle Deutschen einig: Frieden schaffen" und „Was wir gemeinsam wollen: Zukunft gestalten"? Welche Gründe hatte die Bundesregierung, das derzeitige Hauptproblem unserer Gesellschaft, die Massenarbeitslosigkeit, nicht entsprechend zu erwähnen? Zu Frage 5: Die beiden Anzeigen, die in allen regionalen Tageszeitungen mit Ausnahme von Baden-Württemberg geschaltet worden sind, haben rd. 2,8 Mio. DM gekostet. Die Schlußabrechnung mit den endgültigen exakten Kosten steht noch aus. Zu Frage 6: In der Anzeige „Was wir gemeinsam wollen: Zukunft gestalten", die am 31. Dezember erschienen ist, wurde das Problem der Arbeitslosigkeit sehr wohl behandelt. Da der Bundeskanzler in seiner Neujahrsansprache, die Silvester ausgestrahlt wurde, das Problem der Arbeitslosigkeit mit aller gebotenen Deutlichkeit angesprochen hat, bestand allerdings keine Notwendigkeit, in der am selben Tag erscheinenden Anzeige in gleicher Weise darauf einzugehen. Im übrigen sind Anzeigen, deren Texte notwendigerweise knapp formuliert werden müssen, kaum das geeignete Medium, eine so schwierige Problematik umfassend darzustellen. In den redaktionellen Teilen der meisten Silvester-Ausgaben der Zeitungen sind im übrigen die Ausführungen des Bundeskanzlers zu den Problemen des Arbeitsmarktes weitgehend berücksichtigt worden.
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    Rede von Dr. Hans de With


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 1971 waren 169 000 volljährige Personen in der Bundesrepublik Deutschland in ihrem Selbstbestimmungsrecht durch Vormundschaft oder Pflegschaft eingeschränkt. Trotz sinkender Bevölkerungszahlen werden Ende des Jahres 1987 etwa 250 000 Volljährige unter Vormundschaft oder Pflegschaft gestellt worden sein.
    Waren zu Anfang des Jahres 1980 ca. 30 000 entmündigte Personen über 60 Jahre alt, so waren es zu Anfang 1985 bereits ca. 40 000. Das heißt, immer mehr ältere und hoch betagte Bürger werden entmündigt.
    Wenn bedacht wird, daß der Anteil der mehr als Sechzigjährigen derzeit 20,6 % der Wohnbevölkerung ausmacht und bei konstanter Geburtenhäufigkeit bis zum Jahre 2030 auf sage und schreibe ca. 35 % angestiegen sein wird, dann wird deutlich, daß die Frage des Beistands für Behinderte zum Massenproblem werden kann.
    Für viele ist es allerdings heute ein Nummernproblem. Beim Amtsgericht München ist ausgerechnet worden, daß im dortigen Zuständigkeitsbereich ca. 6,49 Stunden Betreuung pro Jahr und, wie es so schön heißt, pro „Mündel" bzw. „Pflegling" ausreichen müssen. Viele „Pflegebefohlene" lernen ihren Pfleger niemals persönlich kennen.
    1986 wurden 41,2 % der Entmündigungen auf Geisteskrankheit gestützt. Das heißt: Fast die Hälfte der Entmündigten wurde auf den Stand eines Menschen von unter sieben Jahren gedrückt.
    Wenn wir dann noch in Betracht ziehen, daß die Zahl der Entmündigungen je 100 000 Einwohner in Schleswig-Holstein 1986 9,8 und in Berlin 1 betrug, wird deutlich, daß die Zeit reif ist für eine Reform, nicht nur wegen der steigenden Zahl der Betroffenen,



    Dr. de With
    nicht nur weil dies vornehmlich ein Problem derer ist, die älter als 60 Jahre alt sind, und nicht nur weil zwischen den einzelnen Ländern ein außerordentlich starkes Gefälle besteht, sondern auch weil es unerträglich ist, daß Menschen, die eher der persönlichen Zuneigung bedürfen als andere, immer mehr und mehr wie Nummern behandelt werden.
    Das bis heute hier verwandte Gesetzessystem ist seit dem 1. Januar 1900 nahezu unverändert geblieben. Es leidet an gravierenden Mängeln.
    Erstens. Das geltende Entmündigungsrecht geht davon aus, daß dem fürsorgebedürftig Behinderten zunächst etwas, nämlich die Geschäftsfähigkeit, genommen werden muß. Er wird „entmündigt".
    Zweitens. Zwar kann die Entmündigung wieder aufgehoben werden, aber der Volksmund sagt: „Einmal entmündigt, immer entmündigt. "
    Drittens. Der wegen Geisteskrankheit und nicht wegen Geistesschwäche Entmündigte — und wer kann hier schon scharf trennen? — wird rechtlich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch auf die Stufe eines unter sieben Jahre alten Kindes herabgedrückt: Er kann nicht einmal über sein Taschengeld verfügen, und das betrifft immerhin fast die Hälfte aller Entmündigten. Eine zweifelhaftere Abgrenzung mit schlimmeren Auswirkungen für den Status eines Menschen dürfte es in unserem Rechtssystem nicht geben.
    Viertens. Eine Teilentmündigung oder eine Beschränkung auf bestimmte Bereiche bei der Entmündigung gibt es nicht. Es gibt nur die Totalentmündigung.
    Fünftens. Weil dies so ist, benutzt die Praxis — am ursprünglichen Geist des Gesetzes vorbei — mehr und mehr das Rechtsinstitut der Gebrechlichkeitspflegschaft anstelle der Entmündigung, allerdings mit der fatalen Folge, daß die Gebrechlichkeitspflegschaft häufig zur Zwangspflegschaft wird mit einer Wirkung, die der Entmündigung gleichkommt.
    Sechstens. Schon allein der Begriff „Entmündigung" diffamiert, ja stigmatisiert.
    Siebtens. Das Gesetz regelt den Bereich der Vermögenssorge viel ausführlicher und differenzierter als den Bereich der Personensorge und erweckt dadurch den Eindruck, daß es in erster Linie um das Geld des Behinderten und nicht so sehr um dessen Betreuung oder Rehabilitation geht.
    Achtens. Die Voraussetzungen für eine Unterbringung sind nur unzureichend geregelt. Das Festbinden am Bett oder die Benutzung komplizierter Schließvorrichtungen, wie wir sie alle kennen — das Wort sagt schon, was damit gemeint ist — , werden in der Praxis nicht selten angewandt. Unklar ist jedoch, ob dies auch als Unterbringung anzusehen ist.
    Neuntens. Es gibt ein Nebeneinander zwischen Bundesrecht und Landesrecht bei der Unterbringung. Nach Landesrecht ist die Unterbringung auf öffentlich-rechtlichem Wege möglich. Bei der Frage jedoch, welches Recht anzuwenden ist, wird häufig nicht nach Sachgesichtspunkten verfahren, es wird einfach der bequemere Weg gewählt.
    Zehntens. Bei der Pflegschaftsanordnung wird, wie es oft heißt, in „eindeutigen Fällen" nicht selten die persönliche Anhörung des Betroffenen durch den erkennenden Richter übergangen. Oft werden kurze Atteste anstelle sorgfältiger Gutachten als Entscheidungsgrundlage selbst für Zwangspflegschaften benutzt.
    Schon diese Aufzählung verdeutlicht jederman die Reformbedürftigkeit und deren Dringlichkeit. Natürlich hat die Praxis versucht, menschlichere Wege zu finden. Die Kirchen und die Wohlfahrtsverbände hatten sich zu Wort gemeldet. Aber die in den Fachzeitschriften immer stärker werdende Kritik hat die Öffentlichkeit erst dadurch erreicht — das muß eingeräumt werden — , daß sich ältere Menschen zusammengeschlossen und dagegen protestiert haben, daß es nicht angeht, einen immer größer werdenden Bevölkerungsanteil vornehmlich in Heimen und zum Teil als Menschen zweiter Klasse zu behandeln.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Wir alle sollten selbstkritisch eingestehen, daß wir zu lange zugewartet und unsere Scham für uns allen bekannte Mißstände längst in eine Reform hätten umwandeln müssen.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Dabei reichen die Reformbestrebungen weit zurück. Schon die Psychiatrie-Enquete wies 1975 bereits auf die Notwendigkeit hin, das Gesetz zu ändern. Wohlgemerkt: 1975. Erste Ansätze zeigte danach die Kommission zur Reform des Rechts der Freiwilligen Gerichtsbarkeit 1977 auf. Die seinerzeitige SPD-geführte Bundesregierung anerkannte bald darauf in einem Bericht die Notwendigkeit einer Neuregelung, wollte jedoch — auch das muß zugegeben werden — zunächst andere wichtige Reformvorhaben vorziehen.
    Die Große Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion vom 18. November 1985 führte schließlich, wie wir meinen, zu einem beachtlichen Aufschwung der Reformdiskussion und am 4. September 1986, also ein Jahr später, zu einer Antwort der Bundesregierung, die — das sage ich trotz der Verzögerung; vielleicht hört der Bundesminister der Justiz einmal zu, er wird nämlich gelobt —, wie ich meine, sehr respektabel ist.
    Seitdem gibt es im wesentlichen nicht nur Einigkeit in fast allen wichtigen Reformgrundsätzen, seitdem ist klar, daß der Bundestag die Reform des Vormundschafts- und Pflegschaftsrechts mit einer breiten Mehrheit — ich sage — verabschieden kann.
    Die SPD-Bundestagsfraktion hat am 6. August 1987, also etwa vor einem halben Jahr, eine weitere Große Anfrage zu diesem Themenbereich eingebracht, weil sie kein Vorankommen der Bundesregierung sah. Schließlich wurde das Werkstattgespräch meiner Partei am 15. Dezember 1987, also vor wenigen Wochen, in Bonn unter dem Titel „Beistand statt Vormund — Die Kernstücke der künftigen Reform" unversehens, aber Gott sei Dank zum ersten Diskussionsforum über die Vorstellungen der Bundesregierung; denn einen Tag vorher hatte der Bundesminister der Justiz seinen Diskussionsteilentwurf eines
    Deutscher Bundestag — l 1. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 3689
    Dr. de With
    Gesetzes über die Betreuung Volljähriger der Öffentlichkeit präsentiert.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Leider zu still!)

    Mag das auch kein Zufall gewesen sein, es geht jetzt darum, die Reform einzufordern.

    (Zustimmung bei der SPD und den GRÜNEN)

    Welche Anforderungen müssen an die neuen Bestimmungen gestellt werden? Hier unsere Eckpunkte:
    Erstens. Eine Totalentmündigung wird es nicht mehr geben. An ihre Stelle tritt ein flexibles Beistandsrecht. Dabei kann die Geschäftsfähigkeit beschränkt werden.
    Zweitens. Unbürokratische Hilfe geht staatlichen Eingriffen vor. Dem Subsidiaritätsprinzip muß ein deutlich höherer Stellenwert eingeräumt werden.
    Drittens. Unerläßliche und notwendige Eingriffe sind streng an das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu binden.
    Viertens. Die Verfahren sind zu vereinheitlichen. Die Verfahrensrechte der Behinderten müssen gestärkt werden.
    Fünftens. Die Reform muß personell, d. h. durch die Bereitstellung einer genügenden Zahl von Beiständen, gesichert werden.
    Wenn die Entmündigung entfällt, heißt das: Niemand wird die Geschäftsfähigkeit allein deshalb verlieren, weil er einen Beistand braucht. In den meisten Fällen wird fortan die bloße Anordnung der Beistandsschaft ausreichen. Die Anordnung einer Beistandsschaft und die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit werden rechtlich streng auseinandergehalten. Die Beistandsschaft wird in Zukunft die Personensorge mindestens gleichermaßen im Auge haben wie die Vermögenssorge.
    Wenn die Totalentmündigung entfällt, wird es dennoch Fälle geben, in denen — getrennt von der Beistandsgewährung — eine Beschränkung der Geschäftsfähigkeit nach wie vor notwendig sein wird. Hier jedoch muß streng der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durchgehalten werden; ich sage: wirklich durchgehalten werden. Die Geschäftsfähigkeit wird, das ist klar, in aller Regel nur partiell beschränkt werden. Für alle Rechtsgeschäfte darf sie nur beschränkt werden, wenn dies unerläßlich ist.
    Der Aufgabenkreis des Beistands muß genau und fest umschrieben sein. Wir alle wissen, daß auch in diesem Zusammenhang das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Einwilligung in medizinische Heilbehandlungsmaßnahmen und die Unterbringung in einem Altenheim sehr problematisch sind. Sagen wir es rundheraus: Es sind die eigentlichen heiklen Fälle.

    (Zustimmung der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    An Stelle des Betroffenen darf der Beistand nur handeln, wenn der Betroffene einwilligungsunfähig ist. Aber auch in diesem Falle soll die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eingeholt werden, wenn mit
    diesen Maßnahmen Gefahren verbunden sind oder — ich formuliere es so — wenn Befürchtungen, welcher Art auch immer, bestehen. Damit wird im BGB die dort angelegte unwürdige Gleichsetzung von geistig behinderten Volljährigen mit Kindern unter sieben Jahren ebenso beseitigt wie die uns heute unverständliche Unterscheidung zwischen Geistesschwäche und Geisteskrankheit.
    Der Diskussionsentwurf der Bundesregierung bietet hierzu übereinstimmend eine ganze Reihe sehr akzeptabler Vorschläge. Verwunderlich ist allerdings, daß sich das Bundesministerium der Justiz auf den Begriff des „Betreuers" kapriziert — sicher nicht die Hauptsache. Für mich verkörpert jedoch Betreuung noch ein Stück schulterklopfendes Vonobenherab. Beistandsschaft hingegen signalisiert viel eher Unterstützung im Sinne einer Partnerschaft.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Niemand darf mit einem Beistand „beglückt" werden. Ein Beistand darf nur dann förmlich bestellt werden — ich sage das mit Nachdruck — , wenn nur eine gelegentliche oder auch ständige Hilfe für die behinderte Person, sei es durch Träger der öffentlichen oder privaten Behindertenhilfen, sei es auch durch die Familie nicht mehr ausreichen. Diese Stellen sind in erster Linie berufen, informell, aber auch persönlich zu helfen. Ihnen wiederum zu helfen und sie zu unterstützen, das ist in diesem Fall Aufgabe des Staates. Hierdurch soll vornehmlich erreicht werden, daß ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Gesellschaft integriert bleiben. Es darf sich nicht mehr das Gefühl einschleichen, es könne jemand in die Hände des Staates dirigiert werden, um dann später doch abgeschoben zu werden.
    Die im Diskussionsentwurf — ich nenne hier einmal einen Paragraphen — in § 1896 Abs. 2 BGB vorgesehene subsidiäre Regelung erscheint mir als zu schwach dargestellt. Sie sollte als eigener Paragraph am Anfang stehen, um sicherzustellen, daß vor dem Zugriff des Staates wirklich alle außerstaatlichen Mittel ausgeschöpft werden.
    Wenn ein behinderter Mensch ohne weiteres Einkäufe erledigen kann, dann sollte er auch rechtlich in der Lage bleiben, weitere Einkäufe vorzunehmen. Wenn für einen alten Menschen ambulante Hilfen ausreichen und er Wert darauf legt, daß er in seiner Wohnung bleibt, dann sollte dem Rechnung getragen werden. Für die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger ist häufig das gravierendste Problem, umziehen zu müssen und aus einer vertrauten Umgebung gerissen zu werden. Wenn ein solcher alter Mensch die Bezahlung des ihm das Haus besorgenden Helfers übersehen kann, dann sollte ihm das auch gewährleistet bleiben. Das heißt, bei der Beschreibung des Wirkungskreises des Beistandes hat der Richter vorher die Lebensumstände des Betroffenen sehr sorgfältig festzustellen und sodann unter strikter Anbindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz den Wirkungskreis deutlich differenzierter als bisher festzusetzen. Formularblätter darf es hier nicht mehr geben.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    3690 Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988
    Dr. de With
    Bei allem muß die persönliche Betreuung im Vordergrund stehen.
    In dem in Zukunft vereinheitlichten Verfahren sind rechtliches Gehör, Rechtsbehelf und Rechtsvertretung so zu regeln, daß der behinderte Mensch Subjekt bleibt und nicht zum Objekt degradiert wird.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Er ist in jedem Fall vorn Richter persönlich zu hören, und zwar nach Möglichkeit in seiner vertrauten Umgebung. Der Staat muß sich zu dem, der es nötig hat, bemühen und nicht umgekehrt.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sehr richtig!)

    Es liegt auf der Hand — ich meine auch das selbstkritisch —, und es dürfte eins der größten Probleme der Reform sein, daß heute noch zuwenig Menschen bereit sind, Behinderten ganz persönlich zu helfen. Die Reform wird letztlich damit stehen oder fallen, ob genügend Beistände vorhanden sind. Wer soll Beistand sein: Rechtsanwälte, Rechtspfleger, Altenheimpersonal, Sozialarbeiter, das Jugendamt als solches, ehrenamtliche Mitarbeiter, eigens dazu errichtete Vereine oder wer sonst? Meine Aufzählung enthält sicher Personenkreise, mit denen manche nicht einverstanden sind.
    Ich glaube, vieles spricht dafür, daß man in der Frage der personellen Rekrutierung das Modell der österreichischen Sachverwaltervereine weiterentwikkeln sollte,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: So ist es! — Beifall der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    wo es Ehrensache ist, daß hoch- und höchstgestellte Persönlichkeiten ehrenamtlich an der Spitze stehen und sich nicht scheuen, mit denen da unten in persönlichen Kontakt zu kommen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Die Beistände sollten auch nicht hei den Trägern öffentlicher Verwaltungen oder in der Justiz, sondern vornehmlich bei den sozialen Diensten zu suchen sein. Daß die Juristen immer helfen müssen, ist klar.
    Das erfordert sicher große, auch finanzielle Anstrengungen. Wir werden dem nicht ausweichen können, wenn wir die demographische Entwicklung der nächsten zehn Jahre im Auge haben. Wir haben deshalb allesamt die Pflicht, dafür zu sorgen, daß bei der Reform nicht die Finanzminister und die Finanzsenatoren mit Blick auf den derzeitigen Jahresetat uns die Feder führen.
    Lassen Sie mich zum Schluß noch eines sagen, was wirklich nicht pathetisch gemeint ist: Das Wissen um die Unantastbarkeit der Würde des Menschen genügt nicht. Erst wenn wir dieses Postulat an den Behinderten praktizieren, können wir uns als Demokraten ruhig schlafen legen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Stark.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Anton Stark


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf für die CDU/CSU-Fraktion erklären, daß wir der Reform des Vormundschaftsrechts, wozu auch das Entmündigungsrecht und das Pflegschaftsrecht gehören, nachdrücklich zustimmen, wobei wir uns bei diesem diffizilen Gebiet, das Hunderttausende, vor allem ältere Menschen betrifft, selbstverständlich eine gründliche Beratung vorbehalten, aber dennoch davon ausgehen, daß dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen, Herr Bundesjustizminister, sehr herzlich danken, daß Sie nach wenigen Jahren, aber dennoch gründlicher Vorbereitung hier bereits einen Diskussionsentwurf vorgelegt haben, der immerhin 380 Seiten umfaßt. Hier muß ich darauf hinweisen — Herr Kollege de With, ich meine jetzt nicht Sie, weil Sie es eben in Ihrer Rede in einer für einen Oppositionsabgeordneten seltenen Offenheit und Ehrlichkeit eingestanden haben — , daß sich die sozialliberale Koalition auf diesem Gebiet keine Meriten verdient hat. Ich sage das nur deshalb, weil Ihre Kollegin, die von mir ansonsten hochgeschätzte Frau Däubler-Gmelin, am 14. Dezember eine Presseerklärung der SPD-Fraktion herausgegeben hat, wo quasi drinsteht, daß Sie hier an der Spitze der Reform stünden und daß Sie dem Bundesjustizminister erst Beine gemacht hätten. Davon kann nun keine Rede sein, meine Damen und Herren.

    (Dr. Soell [SPD]: Das ist nicht wahr!)

    Sie hätten spätestens nach dem Jahr 1975, als die Ergebnisse der Psychiatrie-Enquete vorlagen, Handlungsbedarf spüren müssen.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Ausgerechnet Sie sagen das!)

    Vier Jahre — man höre und staune — hat die damalige Regierung gebraucht, um dazu Stellung zu nehmen,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Trostlos!)

    um dann festzustellen, Reformbedarf sei hier schon vorhanden, aber vordringlich sei dies nicht. Das nur noch zur Bewältigung der Vergangenheit.
    Im übrigen bin ich der Meinung, daß wir diese Reform, wo immer möglich, gemeinsam und ohne parteipolitischen Hickhack beraten und baldmöglichst, allerdings bei gründlicher Beratung — da es hier um tiefe Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte vor allem bei älteren Menschen, oder auch Nichteingriffe geht, verwirklichen sollten.
    Wenn wir eine so grundsätzliche Reform durchführen wollen, muß man sich als Rechtspolitiker fragen: Ist das notwendig? Warum machen wir das? Hier muß man wissen, daß der Kern der bisherigen Vorschriften auf diesem Gebiet aus dem 19. Jahrhundert stammt, was das Entmündigungsrecht anbetrifft, sogar aus dem Jahre 1877. Da haben wir das hundertjährige Jubiläum schon hinter uns. Im wesentlichen sind diese Vorschriften bis heute gleichgeblieben. Sie sind ledig-



    Dr. Stark (Nürtingen)

    lich durch einige Urteile, vor allem Bundesverfassungsgerichtsurteile, ausgelegt worden.
    Das allein wäre aber noch kein Grund, ein Gesetz zu ändern. Es gibt BGB-Vorschriften, die heute noch so gut wie damals sind. Aber auf diesem Gebiet der behinderten, hilfsbedürftigen, vor allem der altersschwachen Menschen hat sich vieles geändert.
    Was hat sich geändert? Unser Bewußtsein, unsere Einstellung zu den behinderten und älteren Menschen haben sich geändert — Gott sei Dank. Sie entsprechen nicht mehr dem 19. Jahrhundert, sondern weitgehend dem Bewußtsein des Menschenbildes unseres Grundgesetzes. Es hat sich aber auch das Selbstbewußtsein der behinderten und der älteren Menschen selbst geändert.
    Es hat sich auch soziologisch etwas geändert: Wir hatten in der Zeit, wo diese Gesetze geschaffen wurden, bei 50 Millionen Menschen etwa 8 % über 60jährige und haben heute bei 60 Millionen Menschen über 20 % über 60jährige. Herr Kollege de With hat ausgeführt, daß wir sehr bald über 30 über 60jährige, d. h. auch 70-, 80- und 90jährige, haben. Bei letzteren sind die Steigerungszahlen 800 % und 1 2000/, Auf Grund des medizinischen Fortschritts — beinahe hätte ich gesagt und trotz der angeblich so vergifteten Umwelt — werden die Menschen erfreulicherweise immer älter. Das aber schafft Probleme. Deshalb haben wir einen ganz neuen Hintergrund, vor dem wir die neuen Gesetze schaffen müssen.
    Von diesem Ziel, von diesem neuen Bewußtsein, von dieser neuen Einstellung zu älteren Menschen, zu behinderten, zu hilfsbedürftigen Menschen, aber auch von dem neuen Bewußtsein dieser Menschen selbst ausgehend, müssen wir die Gesetze neu formulieren — in Sprache und Inhalt, würde ich sagen.
    Zum Teil ist auch die Sprache völlig veraltet und nicht mehr angemessen. Sie wird von vielen als diskriminierend empfunden. Sie ist zum Teil diskriminierend, wenn ich z. B. als 65jähriger, nur weil ich altersschwach werde, als Mündel betrachtet werde und erst entmündigt werden muß. Man denke einmal: Der Betreffende muß erst entmündigt werden, damit er dann betreut werden kann. Warum eigentlich? Es ist die Frage, ob wir Entmündigungen noch brauchen. Ich persönlich bin der Meinung, wir brauchen sie nicht mehr, zumal wenn dann noch in amtlichen Blättern verkündet wird, daß Frau Soundso und Herr Soundso ab morgen entmündigt ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und Abgeordneten der GRÜNEN)

    Das paßt nicht mehr in unsere Gesellschaft. Es macht auch keinen Sinn für die einzelnen betroffenen Menschen.
    Deshalb werden wir von der Entmündigung aller Voraussicht nach wegkommen. Wir werden auch von der Vormundschaft wegkommen. Auch das ist so ein diskriminierender Begriff, obwohl er einmal gut gemeint war. „Muntschaft" im germanischen Recht war etwas Gutes. Ein treusorgender Vater hat über irgend jemanden die „raunt" übernommen. Das kommt nicht von „der Mund", sondern von „die munt". —
    Ich glaube, wir sollten diese Begriffe prüfen und die meisten abschaffen und durch ein flexibles Rechtsinstitut der Beistandsschaft oder der Betreuung oder der Sachwalterschaft — wobei mir, worauf ich nacher noch komme, „Sachwalter" nicht so gefällt, weil es schon wieder zu sehr ins Vermögensrechtliche geht — ersetzen.

    (Dr. de With [SPD]: Ins Österreichische!)

    — Ja; ich weiß es ja. Glauben Sie nicht, daß auch ich das weiß, Herr de With? Sie dürfen davon ausgehen. Ich habe das österreichische Gesetz sogar gelesen.
    Insofern kann es wohl nur darum gehen, ob wir Betreuer, Betreuung oder Beistandsschaft sagen. Darüber läßt sich streiten, was hier am angemessensten ist und von den Menschen, für die es gilt, am ehesten angenommen wird. Das ist eine Frage, über die wir uns in den Ausschüssen unterhalten werden.
    Dieses Institut der Beistandsschaft oder Betreuung muß so flexibel sein, daß es auf den Einzelfall reagieren kann. Es darf nicht so pauschal und total wie die Entmündigung sein, bei der nichts mehr außer der Geschäftsfähigkeit eines siebenjährigen Kindes bleibt. Es muß die Möglichkeit bestehen, den Einzelfall zu berücksichtigen und das richtig anzuwenden, was Sie, Herr Kollege de With, als Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bezeichnet haben, was aber noch besser — ich habe mir inzwischen die ganzen Entwürfe angesehen — besser Erforderlichkeitsgrundsatz genannt wird.
    Wir dürfen nicht aus falsch verstandener Karitas oder derlei zur umfassenden Betreuung aller behinderten Menschen kommen wollen. Das wäre falsch, total falsch. Vielmehr müssen wir in jedem Fall prüfen: Was ist angemessen oder erforderlich? Nur das dürfen wir tun. Sonst nehmen wir dem Menschen den Rest Selbständigkeit, den wir ihm erhalten wollen. Darauf kommt es in Zukunft an. Auch ein behinderter oder altersschwacher Mensch kann in bestimmten Bereichen durchaus noch selber entscheiden und sich selber verwalten. Deshalb müssen wir hier ein vernünftiges und flexibles Rechtsinstitut finden. Wie wir es nennen, ist relativ gleichgültig.
    Lassen Sie mich als Ziel insgesamt noch einmal festhalten: Wir müssen von den alten Vorschriften, die mehr auf Verwaltung, Vermögensverwaltung, Versorgung, Verwahrung abgestellt waren und dann in vielen Fällen zur Abgrenzung und Isolation des älteren Menschen geführt haben, wegkommen und zur Teilhabe, wo immer möglich, zur Mitbestimmung, wo immer möglich, zur Rehabilitation und zur Integration gelangen. Das muß das Ziel eines neuen Rechts für hilfsbedürftige, behinderte und altersschwache Menschen sein.
    Im Verfahrensrecht sind einige Änderungen notwendig. Wir müssen von der Zweigleisigkeit von ZPO und FGG abkommen. Es ist sonderbar — auch wenn man sich damals etwas dabei gedacht hat —, daß die Entmündigung in einem sogenannten Streitprozeß vor einem Zivilgericht stattfindet; da ist der zu Entmündigende sozusagen darauf verklagt, daß er entmündigt wird. Wir müssen davon abkommen und möglichst das ganze Verfahren vor ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit ziehen. Dabei müssen wir alle rechtsstaatlichen Sicherungen und Garantien



    Dr. Stark (Nürtingen)

    einbauen. Der Herr Kollege de With hat bereits das persönliche Anhörungsrecht hervorgehoben. Damit bin ich ganz und gar einverstanden.
    Das Ganze wird nur dann effizient sein und für die Menschen Gutes bringen und Erfolg haben, wenn wir es schaffen, genug Betreuer oder Beistände und zudem die richtigen zu finden, die über das Vermögensrechtliche und das Verwalten hinaus tätig sind. Heute ist es bei Pflegschaften und derlei oft so, daß per Akten verwaltet wird oder der vermögensrechtliche Gesichtspunkt viel zu sehr in den Vordergrund und das Menschliche und das Persönliche völlig in den Hintergrund tritt. So darf das in Zukunft nicht sein.
    Insofern werden sich völlig neue Erfordernisse an den Betreuer oder Beistand neuer Art stellen. Es wird eine große Aufgabe sein, diejenigen zu finden, die diese Funktion ehrenamtlich, halbehrenamtlich oder sogar gegen Bezahlung übernehmen. Letzteres geschieht jetzt schon bei manchen Anwälten. Darüber müssen wir uns intensiv unterhalten, weil der Erfolg dieser Reform davon abhängen wird, wie die Betreuung gehandhabt wird.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])