Rede von
Prof. Dr.
Paul
Laufs
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Kraftwerk Buschhaus bereitet uns in der Tat erneut große Sorge.
Seine Rauchgasentschwefelungsanlage arbeitet wegen schwerwiegender technischer Probleme bei weitem noch nicht zufriedenstellend.
Die Vorgänge um die Offenlegung der Betriebsstörungen, die Information der Öffentlichkeit waren sehr unglücklich, aber in keiner Weise sachentscheidend. Sie haben eine erregte Diskussion entfacht mit Unterstellungen, Schuldzuweisungen und Desinformationen, in der die tatsächliche Lage nur schwer erkennbar ist.
Ich möchte unmißverständlich sagen: Der Beschluß des Deutschen Bundestages vom 31. Juli 1984 gilt. An ihm muß festgehalten werden.
Wir haben damals im Einvernehmen mit Niedersachsen nach eingehender Beratung und mit großer Kompromißbereitschaft — wegen der vielen dort gefährdeten Arbeitsplätze — einer Übergangsregelung bis zum 1. Juli 1987 zugestimmt. Nach diesem Zeitpunkt ist der SO2-Ausstoß im Raum Helmstedt auf 35 000 t jährlich zu begrenzen, auch wenn die Anlagen Buschhaus und Offleben zunächst zurückgefahren werden müssen.
Wir stellen aber auch fest, Kollege Reuter: Der Beschluß des Deutschen Bundestages vom 31. Juli 1984 ist bisher nicht mißachtet worden. Seit dem 1. Juli bis heute wurden etwa 26 000 Tonnen SO2 emittiert. Im Vergleich dazu war 1983/84 die SO2-Gesamtemission 145 000 Jahrestonnen. Es ist unglaublich, daß hier diskutiert wird, als habe sich seither in diesem Raum überhaupt nichts getan.
Unser Beschluß enthielt keine Aussage zur Großfeuerungsanlagen-Verordnung und ihren Grenzwerten. Der Wert von 400 mg/m3 Rauchgas wurde nicht erwähnt. Ich sage damit nicht, daß Verstöße gegen geltendes Recht und vertragliche Regelungen hingenommen werden können. Die Vorschriften zur Luftreinhaltung und der Genehmigungsbescheid müssen eingehalten werden. Mit Befriedigung haben wir die Zusicherung des niedersächsischen Ministerpräsidenten am Mittwoch zur Kenntnis genommen, daß der
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3533
Dr. Laufs
Massenkonzentrationswert von 400 mg/m3 als Tagesmittelwert für die Kraftwerke Buschhaus und Offleben II Block C nicht überschritten werden wird. Die Anlage wird entsprechend niedrig gefahren werden, bis die Entschwefelung im Normalbetrieb funktioniert.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird beantragen, daß Anfang nächsten Jahres der Umweltausschuß darüber im einzelnen Bericht erhält. Wir stellen uns nachdrücklich hinter die Politik der niedersächsischen Landesregierung.
Die Arbeitsplätze im Helmstedter Revier müssen erhalten bleiben.
Es geht hier um 3 000 bis 4 000 Menschen, deren Existenz nicht wegen irgendwelcher politischer Aufgeregtheiten aufs Spiel gesetzt werden darf.
Die Verstromung der Braunkohle ist für die Umwelt problematischer, als wir bisher angenommen haben. Wir haben erst begonnen, umwelttechnisches Neuland zu erschließen.
Es war ein beträchtliches Wagnis, eine Großanlage ohne Vorerprobung in Buschhaus aus dem Boden zu stampfen.
Die Entscheidung für das Wellmann-Lord-Verfahren war richtig, weil nur dieses Verfahren hohe Entschwefelungsgrade erreichbar macht.
Aber nach rund 3 000 Betriebsstunden steht man nun vor enormen technischen Schwierigkeiten. Die Innenbeschichtungen der Rauchgaskanäle wurden schadhaft. Graphitröhren-Wärmetauscher gingen durch Dampfschläge zu Bruch. Die Sulfatbildung in der Waschanlage verläuft wegen der schlechten Qualität der Braunkohle und der hohen Prozeßtemperatur so heftig, daß das Ausschleus- und Verarbeitungssystem nicht mithalten kann. Diese Probleme waren nicht vorhersehbar. Ein Universitätsgutachten bestätigte den Stand der Technik und stellte fest, daß das Wellmann-Lord-Verfahren zwar das teuerste, aber auch das für den Umweltschutz wirksamste Verfahren ist. Wegen der Risiken beim Einsatz neuer Technik hat der Bund hohe Zuschüsse geleistet, die in der Tat begründet sind. Für die aufgetretenen technischen Probleme kann niemand die Landesregierung in Hannover verantwortlich machen.
Es muß klar gesagt werden: Es liegt kein Verschulden und auch kein Versäumnis der niedersächsischen Landesregierung vor.
Dies ist nunmehr die Stunde der Ingenieure.
Die technischen Schwierigkeiten müssen so schnell wie möglich gemeistert werden.
Es ist die Aufgabe der Herstellerfirma und des Betreibers, alles für die Beseitigung der Fehler zu unternehmen. Im Wirtschaftsraum Helmstedt soll eine gute, umweltverträgliche Entwicklung gesichert werden.
Danke schön.