Rede von
Rainer
Funke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege Holtz, ich teile Ihre Auffassung, daß wir für die Entwicklungshilfe sehr viel mehr tun müssen.
Ich glaube aber, daß dieses ERP-Hilfsprogramm — ich werde darauf in meinem kurzen Beitrag noch eingehen — in erster Linie dafür gedacht ist, Strukturbeihilfen für die deutsche Wirtschaft zu geben, unabhängig davon, daß ich Ihre Meinung teile, daß wir für die Entwicklungsländer viel mehr tun müssen.
Die Hilfe der USA konnte nur deshalb so erfolgreich sein, weil in der Bundesrepublik eine Weichenstellung vorgenommen wurde, die mit Zwangswirtschaft und Staatskontrolle Schluß machte, und zwar in sehr radikaler Weise und endgültig. Die Währungsreform und die Rückkehr zu unternehmerischer Freiheit ermöglichten den Wiederaufbau.
In Anbetracht der großen Hilfe der USA erscheint einem manchmal die besserwisserische Kritik an der amerikanischen Wirtschaftspolitik kleinkariert und arrogant. Wir müssen diese Kritik in der letzten Zeit sehr häufig sowohl in den Medien als auch von einigen unserer Kollegen hören.
Lassen Sie mich nun zu dem ERP-Programm, wie wir es heute verabschieden sollen, noch einige Worte sagen. Das Wesentliche an diesen staatlichen Kredithilfen ist, daß sie sich in die marktwirtschaftliche Ordnung einfügen. Das unterscheidet sie von den meisten staatlichen Hilfsprogrammen und Förderprogrammen, die langfristig wenig erfolgreich waren und die finanzielle Solidität der öffentlichen Haushalte nicht unerheblich beeinträchtigt haben. Da bin ich völlig anderer Auffassung als der Kollege Müller in dem Beitrag, den er vorhin geliefert hat.
Daß die ERP-Programme ständig ausgeweitet wurden, ist ein Umstand, mit dem wir sehr zufrieden sein können. 1970 erreichte das Programmvolumen bereits 1,4 Milliarden DM; 1988 wird dieser Betrag 4,35 Milliarden DM sein. Der ERP-Haushalt ist mit mehr als 5 Milliarden DM der höchste in der Geschichte des Sondervermögens.
Diese Zahlen zeigen aber auch gewisse Wandlungen des ERP-Sondervermögens. In den vergangenen beiden Jahren ist das Darlehensvolumen durch eine Sonderaufstockung um 800 Millionen DM ausgeweitet worden. Durch die Mobilisierung von Finanzierungsreserven und einen weiteren Vorgriff auf die Zukunft durch Verpflichtungsermächtigung wird dies im nächsten Jahr nur teilweise ausgeglichen. Außerdem finanziert sich das ERP-Sondervermögen zu etwa 2 Milliarden DM aus Kreditaufnahmen. Die Nettoneuverschuldung beträgt 1988 1 Milliarde DM. Verglichen mit dem Bundeshaushalt mag dies nicht viel sein, aber für das ERP-Sondervermögen ist es doch sehr viel und sollte allmählich abgebaut werden. Solidität muß gerade für das ERP-Sondervermögen in der Prioritätenliste ganz obenan stehen.
Den Schwerpunkt der ERP-Sonderprogramme bilden die Förderung der mittelständischen gewerblichen Wirtschaft, dies vor allem in Form von Existenz-
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 3517
Funke
gründung, Betriebserrichtung und -erweiterung in Gewerbegebieten, die Förderung von Umweltschutzmaßnahmen und die Berlinförderung. Das Äquivalenzprinzip, das den Marshallplan geleitet hatte, liegt der ERP-Politik auch heute zugrunde. ERP-Programme dienen dem Interessenausgleich zwischen großen und kleinen Unternehmen, zwischen Wachstums- und Problemregionen. Sie helfen, teure Umweltschutzinvestitionen zu erträglichen Konditionen zu finanzieren. Dies ist auch aus heutiger Sicht ein zeitgemäßes und auch sinnvolles Konzept.
Unter den staatlichen Förderhilfen für die mittelständische Wirtschaft nehmen die ERP-Darlehen einen besonders wichtigen Platz ein. Sie sind das klassische Instrument der Investitionsförderung für kleine und mittlere Unternehmen. Später ist dann die Förderung der Umweltschutzinvestitionen hinzugekommen, die heute mit mehr als 1 Milliarde DM fast die Hälfte der Mittelstandsprogramme ausmachen. Dies bedeutet gegenüber 1985 immerhin eine Verdoppelung bei den Umweltschutzmaßnahmen. Dabei ist unser besonderes Anliegen, daß auch diese Programme ganz überwiegend der mittelständischen Wirtschaft zugute kommen. So fügen sie sich nahtlos in die allgemeine Zielsetzung des ERP- Sondervermögens ein.
Besonders erwähnen möchte ich das Regionalprogramm. Der Bundestag hat heute — das wird er auch morgen tun — über die Probleme der Kohle- und Stahlstandorte intensiv diskutiert. Die Bundesregierung hilft diesen bedrängten Gebieten mit einer Vielzahl von Instrumenten, zu denen auch das ERP-Regionalprogramm gehört.
Um Investitionen in diesen regionalen Problemgebieten besser fördern zu können, ist der Ansatz des Regionalprogramms im ERP-Wirtschaftsplan um 127 Millionen DM auf 1,14 Milliarden DM ausgeweitet worden. Dies ist eine wirksame Hilfe, mit der in den vom Strukturwandel betroffenen Gebieten Ersatzarbeitsplätze geschaffen werden können. Das ERP-
Wirtschaftsplangesetz wird den gesetzlichen Anforderungen gerecht.
Meine Partei stimmt dem Gesetz deshalb zu. Wir erwarten, daß die ERP-Programme ihren Rang als Instrument strukturpolitischer Wirtschaftsförderung auch in Zukunft wahren werden.
Danke schön.