Rede von
Dr.
Gerhard
Stoltenberg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich nehme das nicht übermäßig ernst. Sie haben uns ja bereits in Ihrer Amtszeit einen Gesetzentwurf zur Beschlußfassung vorgelegt — das war die Zwangsanleihe — , bei dem wir Ihnen in der ersten Lesung gesagt haben, er sei verfassungswidrig, während Sie gemeint haben, er sei verfassungsfest. Das Verfassungsgericht hat Ihnen eine juristische Ohrfeige gegeben. Sie werden diese juristische Ohrfeige auch diesmal bekommen.
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1987 3299
Dr. Apel
Da fragen wir uns natürlich langsam: Welches Rollenverständnis hat eigentlich der Bundesminister der Finanzen? Ich kann nur mit einem der Redner der Bundesratsbank — ich glaube, es war Herr Bürgermeister Wedemeier — sagen, Ihre Rolle wäre es gewesen, hier nicht einem Koalitionskompromiß, einem CDU-Kompromiß nachzulaufen und ihm zuzustimmen, sondern notfalls auch zu sagen: Ich als Hüter der Bundesfinanzen und auf unsere Bundesverfassung, auf das Grundgesetz, vereidigt, erkläre: So geht es nicht, liebe Freunde, so können wir nicht miteinander umgehen, so zerstören wir die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in unserem Lande. — Kein Wort. Sie ducken sich weg.
Wenn Sie hier über das Saarland reden, so kann ich nur sagen: Es ist doch einigermaßen erstaunlich, daß dieses Ergebnis an einem Land, das Sie — wenn wir schon mal über Vergangenheit reden — über Jahrzehnte regiert haben und wo Sie uns eine Erblast hinterlassen haben, die kaum bewältigbar ist,
mit seinen unglaublichen Problemen, obwohl Sie 600 Millionen DM draufpacken, spurlos vorbeigeht.
Das wollen Sie als faire Regelung zugunsten des Saarlandes bezeichnen? Ich kann nur sagen: Schämen Sie sich mit einer solchen Argumentation!
Eine letzte Bemerkung: Wir haben Ihnen einen Antrag zur Kohlepolitik, zur Finanzierung der Kohlelasten in Nordrhein-Westfalen vorgelegt. Dieser Antrag ist einstimmig — einstimmig! — im Bundesrat angenommen worden. Wir legen Ihnen diesen Text wortgleich vor. Nun wird der Landesvorsitzende aus Nordrhein-Westfalen und Bundesarbeitsminister — und die Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen — beweisen können, was er von seinem eigenen Land hält,
dem er helfen will, bei dem er verbal immer an der Spitze steht, aber dann, wenn es darauf ankommt, nicht mit von der Partie ist. Sie, die Abgeordneten von Nordrhein-Westfalen, werden auch daran gemessen, wie Sie sich zu dieser Entschließung verhalten.
Sollten Sie, wie wir gehört haben, mit Nein stimmen, dann haben Sie jedes Recht verloren, sich in Nordrhein-Westfalen bei den Kumpels hinzustellen und ihnen Hilfe zu versprechen. Dann weiß man endgültig, was man von Ihnen in Nordrhein-Westfalen zu halten hat, nämlich nichts.
Meine Damen und Herren, wegen der Bedeutung der Abstimmungen sowohl zum Kohleantrag als auch zu dem vorliegenden Gesetzentwurf über die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs werden wir namentliche Abstimmung beantragen, damit nachlesbar ist, wie jeder Abgeordnete sich entschieden hat.
Dieses ist eine große Chance für Sie, deutlich zu machen, daß Sie es ernst meinen mit der Kohle, ernst meinen mit dem Verfassungsauftrag, der auch für Sie gilt.
Schönen Dank.