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    Plenarprotokoll 11/25 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 25. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. September 1987 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/700) in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksache 11/701) Dreßler SPD 1667 B Fuchtel CDU/CSU 1671 C Frau Unruh GRÜNE 1673 B Mischnick FDP 1675 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 1678 D Jaunich SPD 1685 A Dr. Hoffacker CDU/CSU 1687 D Frau Krieger GRÜNE 1690D Frau Dr. Niehuis SPD 1693 A Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 1695 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 1699 C Dr. Spöri SPD 1700D Frau Vennegerts GRÜNE 1702 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 1704 B Frau Simonis SPD 1708 C Nächste Sitzung 1712 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1713* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1713* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1987 1667 25. Sitzung Bonn, den 11. September 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter * 11. 9. Bahr 11. 9. Bamberg 11. 9. Frau Beck-Oberdorf 11. 9. Dr. Biedenkopf 11. 9. Böhm (Melsungen) ** 11. 9. Brandt 11. 9. Büchner (Speyer) ' 11. 9. Dr. von Bülow 11. 9. Catenhusen 11. 9. Duve 11. 9. Eigen 11. 9. Erler 11. 9. Dr. Feldmann * 11. 9. Gattermann 11. 9. Frau Dr. Götte 11. 9. Dr. Götz 11. 9. Großmann 11. 9. Dr. Hauchler 11. 9. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 11. 9. Frau Dr. Hellwig 11. 9. Hiller (Lübeck) 11. 9. Hoppe 11. 9. Hoss 11. 9. Irmer 11. 9. Jansen 11. 9. Jung (Lörrach) 11. 9. Kiechle 11. 9. Kirschner 11. 9. Kroll-Schlüter 11. 9. Dr. Kunz (Weiden) 11. 9. Lohmann (Witten) 11. 9. Frau Luuk * 11. 9. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 9. Meyer 11. 9. Mitzscherling 11. 9. Müller (Düsseldorf) 11. 9. Müller (Wesseling) 11. 9. Niegel * 11. 9. Niggemeier 11. 9. Oostergetelo 11. 9. Rawe 11. 9. Reddemann ** 11. 9. Frau Renger 11. 9. Repnik 11. 9. Reuschenbach 11. 9. Rixe 11. 9. Schäfer (Mainz) 11. 9. Dr. Scheer * 11. 9. Frau Schilling 11. 9. Schluckebier 11. 9. Schmidt (München) ** 11. 9. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 9. von Schmude ** 11. 9. Schröer (Mülheim) 11. 9. Dr. Sperling 11. 9. Tietjen 11. 9. Volmer 11. 9. Vosen 11. 9. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Warrikoff 11. 9. Dr. Wieczorek 11. 9. Wieczorek (Duisburg) 11. 9. Frau Wieczorek-Zeul 11. 9. Wissmann 11. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat m seiner 578. Sitzung am 26. Juni 1987 gemäß Artikel 94 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit §§ 5 und 7 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht zum Richter des Bundesverfassungsgerichts Herr Professor Dr. Dieter Grimm, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bielefeld, als Nachfolger für den Richter des Bundesverfassungsgerichts Professor Dr. Konrad Hesse in den Ersten Senat gewählt. Der Bundesrat hat in seiner 578. Sitzung am 26. Juni 1987 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die sechzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Sechzehntes Anpassungsgesetz-KOV - 16. AnpG-KOV) Gesetz zur Verlängerung des Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat begrüßt die Verlängerung der Bezugsfrist für Kurzarbeitergeld in der Stahlindustrie. Er bedauert jedoch, daß der Bundestag der Forderung des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 3. April 1987 zur Einbeziehung der Schiffbauindustrie nicht gefolgt ist. Die Lage in der Schiffbauindustrie gleicht der in der Stahlindustrie. Mit Sorge beobachtet der Bundesrat, daß die mangelhafte Absatzlage sowie wettbewerbsverzerrende Subventionen in anderen Staaten Tausende von Arbeitsplätzen in der Schiffbauindustrie gefährden. Er bittet die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, daß der Geltungsbereich der Ausnahmeregelung über einen verlängerten Bezug von Kurzarbeitergeld auf die Betriebe der Schiffbauindustrie im Sinne der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft über Beihilfen für den Schiffbau im 8. Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes ausgeweitet wird. Die Einbeziehung ist weiterhin erforderlich, um den strukturellen Anpassungsprozeß im Schiffbau mit den Mitteln des Arbeitsförderungsgesetzes sozialpolitisch wirksam unterstützen zu können. Die Dringlichkeit derartiger Anpassungshilfen für die Schiffbauindustrie wie für die Stahlindustrie ist auch durch das Gesetz über die Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104a Abs. 4 des Grundgesetzes an die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Freie Hansestadt Bremen und Freie und Hansestadt Hamburg zum Ausdruck gebracht worden. Der Bundesrat hat in seiner 579. Sitzung vom 10. Juli 1987 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: 1714* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1987 Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen Gesetz über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (Kindererziehungsleistungs-Gesetz — KLG) Gesetz zur Verlängerung von Auslaufzeiten in der Montan-Mitbestimmung Gesetz zur dauerhaften sozialen Verbesserung der Wohnungssituation im Land Berlin Achtes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und sechstes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1987 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1987 — BBVAnpG 87) Achtes Gesetz zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes Gesetz zu dem Vertrag vom 30. April 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ungarischen Volksrepublik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz zu dem Übereinkommen vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA-Übereinkommen) Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988 — StSenkErwG 1988) Gesetz zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes Zu den beiden letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: a) Zum Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988 — StSenkErwG 1988) Der Bundesrat bedauert, daß die Bundesregierung die Ergänzungsvorschläge des Bundesrates im Rahmen dieses Gesetzesvorhabens nicht aufgegriffen hat. Der Bundesrat hatte bereits im Zusammenhang mit dem Steuersenkungsgesetz 1986/88 den Wunsch geäußert, die Lebensaltersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern von 16 auf 18 Jahre anzuheben. Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, daß zumindest dieser Vorschlag hätte realisiert werden können, ohne die notwendigen steuersystematischen und haushaltspolitischen Gesichtspunkte zu vernachlässigen. Der Bundesrat erwartet, daß die Bundesregierung die angekündigte Prüfung nunmehr unverzüglich vorantreibt und von sich aus eine entsprechende gesetzliche Regelung vorlegt. b) Zum Gesetz zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes Der Bundesrat billigt die in dem Gesetz vorgesehene Erhöhung des Kreditrahmens für den Ausgleichsfonds, um in Verbindung mit der zum 1. Juni 1987 vorgenommenen Erhöhung der Ausgleichsabgabe 1987 auf 7,5 % die Erfüllung bestehender Rechtsansprüche an den Fonds zu gewährleisten. Der Bundesrat hält allerdings die Entwicklung des Mittelbedarfs des Fonds, wie sie sich aufgrund der derzeitigen Zuschußregelung des Dritten Verstromungsgesetzes seit 1986 als Folge des Ölpreisverfalls ergeben hat, und die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Mehrbelastungen für die Stromverbraucher sachlich für nicht vertretbar. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei der Neuregelung der Strukturelemente des Kohlepfennigs einschließlich seiner Berechnungsmethode zu gewährleisten, daß einerseits die Hilfen in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen gehalten werden, zum anderen zugleich regional einseitige Belastungen abgebaut werden. Er sieht dabei einen unverzichtbaren Zusammenhang mit einer Anschlußregelung für den Jahrhundertvertrag ab 1995. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die entsprechenden Verhandlungen mit den Betroffenen so zu führen, daß die Neuregelung ab 1988 in Kraft treten kann. Der Bundesrat weist außerdem darauf hin, daß die längerfristige Sicherung des Einsatzes deutscher Steinkohle nur bei Wiederherstellung des länderübergreifenden energiepolitischen Grundkonsenses über die gleichzeitige Nutzung von Kohle und Kernenergie möglich ist. Die hohen Kosten für die Erhaltung des deutschen Steinkohlebergbaus sind volkswirtschaftlich nur tragbar, wenn zum Ausgleich die Kostenvorteile der Kernenergie genutzt werden können. Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 30. Juli 1987 mitgeteilt, daß sie den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Umwelt-Grundrechts, Drucksache 11/604, zurückzieht. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den zweiten Teil der 32. ordentlichen Sitzungsperiode der Westeuropäischen Union vom 1. bis 4. Dezember 1986 in Pans (Drucksachen 10/6756, 11/138 Nr. 1.12) Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Plenarsitzungen der Nordatlantischen Versammlung am 17. und 18. November 1986 in Istanbul (Türkei) (Drucksache 10/6758, 11/138 Nr. 1.13) Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung nachstehender Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) Nr. 300/76 zur Festlegung der Gruppen der Empfänger, der Bedingungen für die Gewährung und der Sätze der Vergütungen, die den im Schichtdienst arbeitenden Beamten gewährt werden können (Drucksache 11/138 Nr. 3.4) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung nachstehender EG-Vorlagen, die ihm mit Sammeldrucksache 11/138 überwiesen wurden, abgesehen hat: Drucksache 11/138 Nummern 3.132, 3.133, 3.134, 3.135
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Stoltenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der gestrigen Generaldebatte und auch heute wieder sind — auch durch den Herrn Oppositionsführer — so viele schlecht begründete Attacken gegen die Finanzpolitik der Bundesregierung vorgetragen worden, daß ich kurz vor Schluß der Debatte gerne noch darauf antworten möchte.

    (Dr. Apel [SPD]: Das haben wir früher auch schon gesagt! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Nein, Herr Kollege Walther, Sie haben in dem Punkte alle Rekorde der Vergangenheit gebrochen.

    (Walther [SPD]: Das ist aber kein origineller Witz gewesen!)

    Da Sie - außer in Form einiger Zwischenrufe — selbst nicht beteiligt waren, brauchen Sie sich auch nicht besonders angesprochen zu fühlen.
    Meine Damen und Herren, diese Diskussion im Für und Wider der Argumente hat unsere Überzeugung bekräftigt: Die Finanzpolitik leistet ihren wirksamen Beitrag für die Wirtschaftsentwicklung, für eine stärkere wirtschaftliche Dynamik, die wir brauchen zur Bewältigung schwieriger Strukturveränderungen und auch für mehr Beschäftigung. Sie kann dies nur, wenn sich Haushalts-, Steuer- und Währungspolitik harmonisch und erfolgreich ergänzen.
    Eine in sich schlüssige Alternative der Opposition ist für uns nicht erkennbar geworden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Kollege Spöri, ich komme auf Ihre Manöverkritik am Vorgehen der Koalition und der Regierung in der Frage der Steuerreform zu sprechen. Es wäre sehr gut gewesen, wenn Sie als großer steuerpolitischer Polemiker der Sommerwochen einmal einige Sätze dazu gesagt hätten, was die Sozialdemokratie ihrerseits in der Steuerpolitik eigentlich tun will.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Spöri [SPD]: Das haben wir arbeitsteilig gemacht! Das hat Herr Apel schon gemacht!)

    — Wir haben weder von Ihnen noch von Herrn Apel noch von Herrn Vogel auch nur eine Andeutung darüber gehört, was die steuerpolitischen Konzepte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands sind. Für mich und für Millionen Menschen, die der Überzeugung sind, daß sie zuviel Steuern für ehrliche Arbeit leisten müssen, ist das ein Armutszeugnis der Sozialdemokratischen Partei.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch sonst ist Ihre Diskussion durch fundamentale Widersprüche bestimmt gewesen. Einerseits wird ein stärkerer Beitrag des Haushalts für eine Vielfalt an öffentlichen und gesellschaftlichen Aufgaben gefordert — in fast jedem Fachgebiet haben Sie hier neue Forderungen in Milliardenhöhe erhoben, zuletzt auch in der familienpolitischen Debatte — , andererseits wird ein leicht ansteigender Trend der Neuverschuldung heftig kritisiert. Sie haben kein Konzept, meine Damen und Herren der Opposition.

    (Bohl [CDU/CSU]: So ist es!)

    Sie müssen sich wirklich einmal darum bemühen, daß jedenfalls in den Grundlinien ein sozialdemokratisches Programm sichtbar wird.
    Einerseits wird von Ihren finanzpolitischen Sprechern — so am Mittwoch — generell die Höhe der Subventionen attackiert, andererseits fordern die sozialdemokratischen Kollegen in den Einzelplänen und Einzelbereichen massive zusätzliche Subventionen des Bundes für zahllose neue Aufgaben der Strukturpolitik und auch der Sozialpolitik.

    (Zuruf von der SPD: Sagen Sie uns doch, wie Sie Ihr Konzept finanzieren wollen!)




    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Das ist nicht glaubwürdig, um Ihnen das in aller Klarheit zu sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die dritte Folgerung in dem Zusammenhang ist — das ist nicht überraschend — : Unsere Politik der Steuersenkung und Steuerreform wird von der Opposition weiter erbittert bekämpft. Vor allem aber in der Rede des Oppositionsführers, des Kollegen Vogel, ist auch hier ein prinzipieller Widerspruch sichtbar geworden.

    (Frau Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Wo ist denn Herr Vogel?)

    Es wird von ihm, Herrn Apel und anderen der Anstieg der Belastung der Arbeitnehmereinkommen beklagt, aber es wird überhaupt nicht gesagt, mit welcher Politik sie diese wachsende, vor allem durch die Progression dramatisch ansteigende Belastung mildern wollen.
    Wenn man dies beklagt, Herr Kollege Spöri, muß man auch bereit sein, die Steuern für die arbeitenden Menschen deutlich zu senken, d. h. den Tarifverlauf grundlegend zu verbessern. Anders geht es nicht, wenn man das will.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Viele Zahlen und Argumente der sozialdemokratischen Sprecher halten einer konkreten Überprüfung nicht stand. Ich will Ihnen das an dem für mich interessantesten Beispiel heute verdeutlichen — ich könnte die Zahl der Beispiele erheblich erweitern, aber das würde die Redezeit sprengen — : Der Kollege Vogel hat gestern in seiner Rede — sie war ja insoweit formuliert — behauptet, daß sich von 1982 bis 1986 das Bruttoeinkommen der Arbeitnehmer miserabel entwickelt hätte — ich sage es einmal kurz — im Verhältnis zu dem Bruttoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögensbesitz. Er nennt Zahlen, die man kritisch überprüfen muß, und sagt dann zu dem zweiten Teil, zu Unternehmertätigkeit und Vermögensbesitz — ich zitiere — : „Leistungsloses Einkommen hat sich hier gelohnt wie kaum zuvor." Das ist sein Kommentar.

    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Nun muß ich Sie wirklich fragen: Kann man im Ernst als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei sagen, daß Zinserträge aus der Sparleistung der arbeitenden Menschen und Unternehmereinkommen leistungsloses Einkommen sind? Ich finde das ganz unerhört — um das hier deutlich zu sagen! Ich finde das ganz unerhört!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Bundeskanzler Dr. Kohl: Das ist unglaublich! Der blanke Neid! — Frau Unruh [GRÜNE]: Ablenkung! — Zuruf von der SPD: Das ist Ihre Interpretation! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Diese Darstellung ist deshalb so falsch, weil hier ein entscheidender Sachverhalt unterschlagen oder — wie ich unterstelle — nicht erkannt worden ist: Man kann nämlich Einkommen aus Vermögensbesitz
    nicht gegen Einkommen der Arbeitnehmer ausspielen.

    (Zuruf von der SPD: Warum denn nicht?)

    — Das will ich Ihnen erklären: Das Statistische Bundesamt hat in seiner volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung 1984 sehr interessante Ergebnisse veröffentlicht. Hier ergibt sich folgendes für das repräsentative Jahr, das zugrunde liegt: Nur aus Geldvermögen — das sind im wesentlichen Spareinlagen — haben sich in einem Jahr für Arbeitnehmer — das sind Angestellte, Arbeiter und Beamte — Geldvermögenseinkommen von sage und schreibe 48,5 Milliarden DM,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    für Rentner und sonstige Nichterwerbstätige Geldvermögenseinkommen von 28,7 Milliarden DM und für Selbständige Geldvermögenseinkommen von 23,8 Milliarden DM ergeben.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Toll!)

    Deshalb ist es einfach unzulässig und irreführend, Geldvermögenseinkommen aus der Sparleistung der hier genannten Gruppen — Arbeitnehmer und Rentner — in einer Zusammenstellung mit den Einkommen von Unternehmern zu koppeln und dagegen Arbeitnehmereinkommen auszuspielen. Wir sind nicht mehr in einer Situation — ich habe Ihnen das am Mittwoch hier schon vorgetragen — , in der wir — wie vor 30 oder 60 Jahren — die Arbeitnehmer schlicht als arme Leute bezeichnen können. Gott sei Dank ist das nicht mehr der Fall.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Wieso ist dann die Lohnquote gesunken? — Zurufe von der SPD)

    — Ich trage Zahlen des Statistischen Bundesamtes vor. Wenn Sie sich damit auseinandersetzen wollen, Herr Kollege Kleinert, können Sie das mit den Experten in Wiesbaden tun, aber nicht im Deutschen Bundestag hier mit mir. Es paßt nicht in Ihr ideologisch fixiertes Weltbild, daß Arbeitnehmer in einem Jahr 48 Milliarden DM Einkommen aus Vermögensanlagen haben. Das ist doch eine der großartigen Veränderungen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von den GRÜNEN: Das ist doch Volksverdummung!)

    gegenüber den Zeiten von Karl Marx und der damals wirklich elenden Situation der Arbeitnehmer. Deswegen können wir die Steuerdiskussion nicht ernsthaft mit Ihnen führen, solange Sie nicht zur Kenntnis nehmen, daß mit der massiven Progressionsbesteuerung die große Mehrzahl der Arbeitnehmer heute in unerträglicher Weise belastet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das ist, glaube ich, ein interessantes Beispiel für die zugrundeliegende Fehlanalyse des sozialdemokratischen Oppositionsführers und der sozialdemokratischen Partei.



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Meine Damen und Herren, das düstere Bild der Sozialdemokraten und GRÜNEN von der angeblich drohenden Finanzkrise der Kommunen ist unzutreffend. •

    (Dr. Apel [SPD]: Reden Sie jetzt über Herrn Rommel? Oder über wen reden Sie?)

    Die Finanzsituation der Gemeinden hat sich seit dem Regierungswechsel 1982 erheblich verbessert. — Ich rede über die Finanzlage der Kommunen, Herr Kollege Apel, wenn Ihnen das recht ist. — So hat die erste Stufe der Steuerreform 1986 nicht zu einem Rückgang der Steuereinnahmen geführt, sondern lediglich deren Anstieg gebremst. Trotz der Steuersenkung ist 1986 der Gemeindeanteil der Einkommensteuer um 3,4 % angestiegen,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Das haben wir doch schon einmal gehabt! — Zurufe von der SPD)

    im bisherigen Verlauf 1987 — bis einschließlich August — sogar um 6,2 %. — Ich rede zur Zeit über die Einnahmen der Kommunen. Es ist ja kaum noch möglich, mit Ihnen eine vernünftige Debatte zu führen. Ich muß das bei Ihren Zwischenrufen wirklich sagen. Ich trage hier Fakten vor, über deren Interpretation man natürlich verschiedener Meinung sein kann. Tatsachen aber erhellen eigentlich eine ernsthafte, argumentative Auseinandersetzung, um die ich mich zur Zeit mit Ihnen bemühe.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch nach den letzten Steuerschätzungen unter Beachtung der bereits für 1988 beschlossenen und für 1990 geplanten Steuersenkungen und Steuerreformen ergibt sich ein vergleichsweise positives Bild.
    Meine Damen und Herren, wie glaubwürdig Ihre Plädoyers für die Kommunen sind, will ich noch einmal an Hand einer anderen Zahlenreihe darstellen.

    (Abg. Spöri [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Nein, schönen Dank. Herr Spöri, ich möchte die Zeit nutzen. Der Oppositionsführer hat mir gestern nach einer persönlichen Attacke unter Ihrem Beifall eine Zwischenfrage verweigert, und heute regen Sie sich auf.

    (Dr. Apel [SPD]: Nach Dialog rufen und dann den Dialog vermeiden!)

    — Ja, wir haben doch eben Herrn Spöri gehört. Jetzt antworte ich. Das ist doch auch ein vernünftiger Dialog.

    (Dr. Apel [SPD]: Ich möchte von Ihnen hören, ob Sie auch etwas über Sozialhilfe sagen?)

    — Ich will jetzt über die Steuersituation der Kommunen sprechen.
    Unter dieser Bundesregierung ist der Anteil der Steuereinnahmen der Gemeinden am Gesamtsteuereinkommen auf 14,1 % angestiegen. In den letzten Jahren Ihrer Regierungszeit war er von 14 % auf 13,5 % zurückgegangen.

    (Poß [SPD]: Und wie wird es 1990 sein? — Dr. Apel [SPD]: Es geht um die Perspektive!)

    — Wir reden zur Zeit über die Finanzsituation der Kommunen. Das ist ein Thema, das Ihnen in dem Moment peinlich werden muß, wo Tatsachen statt Phrasen zitiert werden, die Sie hier vorgetragen haben. Ich habe volles Verständnis für Ihre Reaktionen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Es geht um die Ausgaben, die Sie auf die Kommunen abgewälzt haben!)

    Die von mir am Mittwoch genannten Entlastungsbeispiele für die Jahre 1986 und 1988 machen ja folgendes deutlich:
    Erstens. Wir stellen Hunderttausende von Arbeitnehmern im unteren Einkommensbereich schon jetzt von jeder Lohnsteuerpflicht frei. Die Entlastung beträgt hier 100 %. Wir werden, Herr Spöri, diesen Trend 1990 nach den vereinbarten Eckwerten verstärken.
    Zweitens. Wir wollen nicht, daß berufstätige Ehefrauen selbst mit durchschnittlichem Einkommen bei Wiedereintritt in das Arbeitsleben bei 100 DM Lohnsteigerung dann 107 DM abgezogen bekommen, wenn der Mann ein etwas überdurchschnittliches Einkommen hat. Das ist ein Grund, warum wir für die Steuerreform sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dieses Beispiel habe ich Ihnen ja nun vorgetragen.
    Sie, Herr Spöri, sollten dem Deutschen Bundestag die Konsequenzen aus Ihren steuerpolitischen Positionen mitteilen, an Stelle hier Ihre alten Sprüche zum Schluß der Debatte zu wiederholen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Drittens. Wir wollen unsere Betriebe entlasten. Ich habe in meiner Einbringungsrede im einzelnen dargestellt, was unsere Partner und Konkurrenten auf diesem Gebiet tun, und habe Sie aufgefordert, auch dies einmal in Ihre Überlegungen einzubeziehen. Darauf hat es keinerlei Reaktionen gegeben.

    (Zuruf von der SPD: Ist nicht wahr!)

    Von keinem einzigen Sprecher der sozialdemokratischen Opposition ist konkret auf die schicksalhafte Frage eingegangen worden, welche politischen Antworten wir denn angesichts des härter werdenden internationalen Wettbewerbs um Investitionen und Arbeitsplätze zu geben haben. Sie haben das Thema nicht aufgenommen. Ich muß das mit großem Bedauern gegen Schluß dieser dreitägigen Debatte sagen. Sie wollen die Steuern im Prinzip nicht senken. Die von Ihnen vor der Bundestagswahl vertretenen Konzepte führen im Ergebnis zu einer Mehrbelastung von Millionen qualifizierter Arbeitnehmer und auch der Unternehmen, und die steuerstundende Investitionsrücklage, die Sie anbieten, ist allein nicht in der Lage, die von Ihnen mit der Ergänzungsabgabe vorgesehene Mehrbelastung auch nur annährend auszugleichen. Deshalb sind Sie ohne Konzeption.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Spöri [SPD]: Das ist gar nicht wahr! Wir haben für 1988 das gleiche Steuersenkungsvolumen vorgeschlagen wie Sie!)




    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Nun zur Frage der Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe. Dabei geht es heute ja nicht nur um einen Wettbewerb um Marktanteile, sondern auch um Investitionen und um Arbeitsplätze. Dieser Zusammenhang wird von Ihnen unverändert nicht ernstgenommen,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Es hat ja auch nicht geklappt!)

    und deshalb geben Sie keine schlüssige Antwort auf die Zukunftsfragen unserer Wirtschaft, unserer Beschäftigung und unserer Stabilität.
    Was nun die in der Debatte von Sprechern der Sozialdemokraten vorgetragenen wesentlich weitergehenden Forderungen betreffend Strukturhilfen des Bundes anbetrifft, so möchte ich folgendes sagen. Diese Strukturhilfen liegen heute deutlich über dem, was Sie in Ihrer Regierungszeit getan haben. Die Stahlkrise, meine Damen und Herren der SPD, ist nicht ein Vorgang der letzten Jahre. Die tiefen Eingriffe in die Wettbewerbsbedingungen, der drastische Rückgang der Mitarbeiterzahlen in den Stahlunternehmen hat Mitte der 60er Jahre begonnen. Ich will Sie daran erinnern, daß Sie unter dem Bundeskanzler Helmut Schmidt in Ihrer Regierungszeit keinerlei Hilfen für eine aktive, gestaltende Strukturpolitik in diesem Sektor gegeben haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die erste Regierung, die das getan hat, war das Kabinett Helmut Kohl, sehr bald nach dem Regierungswechsel. Nur gilt hier — ich sage das zu Ihren jetzt erhobenen Forderungen — , daß alle mitwirken müssen und daß natürlich, wenn es um soziale Flankierungen geht, die primäre Verantwortung die Unternehmen selbst trifft, vor allem die gut verdienenden Mutterkonzerne, und daß dann darüber zu reden ist, was Bund und Länder — wir sind dazu bereit — ergänzend zur sozialen Flankierung tun können.
    Wir haben ja — ich habe das auch im Hinblick auf die Kritik von Herrn Wedemeier ausgeführt — das Stahlstandorteprogramm erweitert. Wir haben die von Ihnen drastisch gekürzten Mittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe, die für die Bewältigung der Strukturprobleme so wichtig ist, wieder deutlich erhöht. Es ist auch in diesen Tagen immer wieder ein neues Erlebnis, mit welcher Unbekümmertheit — ich will mich höflich ausdrücken — die Sozialdemokraten sich als Ankläger gebärden, obwohl sie zuvor die Hilfen des Bundes zusammengestrichen und wir sie wieder erhöht haben. Man muß das hier zum Schluß einmal nachdrücklich unterstreichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will Ihnen auch meine Einschätzung zur Sache sagen. Noch so wichtige sektorale Hilfen bei Kohle, Stahl, Schiffbau und auch Landwirtschaft werden allein nicht genügen, wenn wir nicht die Gesamtverfassung unserer Volkswirtschaft konsequent stärken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nur bei einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung mit deutlichem Wachstum und mit einem strengeren ökologischen Ordnungsrahmen können die sozialen, menschlichen und ökonomischen Anpassungsprozesse in einer erträglichen Weise bewältigt werden.
    Deswegen muß die Gesamtpolitik im Vordergrund stehen. Sektorale Politik muß sie sinnvoll ergänzen, kann aber eine richtige Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht ersetzen und kann die Folgen einer falschen Wirtschafts- und Finanzpolitik auch nicht kompensieren. Das ist meine Grundüberzeugung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Kollege Spöri hat hier bekannte kritische Anmerkungen zum Verfahren in der Steuerreform gemacht.

    (Zurufe von der SPD)

    — Ich komme auf den Punkt.
    Herr Kollege Spöri, Sie wissen es natürlich besser, als Sie es hier vorgetragen haben. Sie haben gesagt: Warum habt ihr nicht seit zwei Jahren im Finanzministerium schon alle Vorbereitungen für eine schnelle Entscheidungsfindung in der Erweiterung der Bemessungsgrundlagen getroffen? Sie wissen natürlich ganz genau, daß auch eine fachliche und abschließende politische Bewertung zu dem Thema Steuersubventionen, Sonderregelungen und Gestaltungsmöglichkeiten erst möglich ist, wenn die Eckwerte der Entlastung politisch festgestellt wurden.

    (Dr. Apel [SPD]: Eckwerte sind die Wahlen am Sonntag!)

    Was immer man zur Arbeit dieser Koalition sagen kann, wir haben die Eckwerte nach einer längeren .und schwierigen Debatte wenige Wochen nach der Bundestagswahl festgelegt und im März bekanntgegeben.

    (Poß [SPD]: Der einzige Eckwert ist der 13. September!)

    Natürlich ist dies — ich unterstelle, daß Sie diesen Zusammenhang erkennen — die Voraussetzung dafür, daß wir Steuersubventionen, Sonderregelungen und Gestaltungsmöglichkeiten angemessen bewerten können. Erst muß klar sein, wie der neue Tarif verläuft und wie die Hauptelemente sind. Dann können Sie die Einzelbewertung vornehmen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Spöri [SPD])

    — Herr Kollege Spöri, Sie können hier gerne schreien, weil Sie in Ihrer Regierungszeit, seitdem Alex Möller damit bedauerlicherweise gescheitert ist,

    (Dr. Spöri [SPD]: Der hätte so etwas nie gemacht! Er würde sich im Grab umdrehen!)

    ja überhaupt nicht den Versuch gemacht haben, eine Steuerreform zu verwirklichen, die auch zu einem in sich gerechteren und schlüssigeren Steuersystem führt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Dilettantismus ist das!)

    Wir müssen natürlich auch in der veröffentlichten Meinung kritische Anfragen akzeptieren, ob man es nicht auch vom Zeitablauf her hätte anders machen können.

    (Kühbacher [SPD]: Schleswig-Holstein läßt grüßen!)

    Wir begründen hier den Sachzusammenhang. Nur,
    Herr Spöri und Herr Apel, Sie sind wirklich nicht in



    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    der Lage, hier berechtigterweise Kritik an einem Verfahren zu üben, das im ersten Jahr dieser Wahlperiode die Voraussetzungen für die Gesetzgebung im Zusammenhang mit der Steuerreform 1990 verwirklicht; das ist, glaube ich, in aller Deutlichkeit hier zu sagen.
    In der Frage der Anzeige haben Sie an mir vorbeigeredet.

    (Zurufe von der SPD)

    Ich will das hier klarstellen, worum es geht. Ich will das hier noch einmal bekräftigen, was ich gesagt habe. Die von der Bundesgeschäftsstelle der CDU vor der Bundestagswahl bundesweit verbreiteten Anzeigen und die Wahlzeitung haben in der Tat die von mir gebrauchte Formulierung gebracht, nämlich „im Schnitt eine Entlastung um 1 000 DM". Sie haben sich auf eine regionale Anzeige für eine folgende Regionalwahl bezogen und reden damit an dem vorbei, was ich behauptet habe. Das ist nicht in Ordnung, was Sie hier machen. Sie können das nicht widerlegen, was ich im Hinblick auf die Bundestagswahl hier ausgeführt habe.
    Im übrigen will ich kurz vor dem Abschluß sagen: Ich versichere Ihnen ausdrücklich, Herr Kollege Spöri, im Einvernehmen mit unserem Bundeskanzler — im Moment ist er, glaube ich, hinausgegangen, aber wir haben uns nach Ihren humorvollen Ausführungen miteinander unterhalten — , daß im CDU-Präsidium bei der Beratung der Steuerreform niemand geweint hat; ich kann Ihnen das als Mitglied des Präsidiums ausdrücklich versichern.

    (Dr. Spöri [SPD]: Ich habe nur Späth zitiert! Dann war der Späth auf einer anderen Sitzung! )

    Sie werden auch erleben, daß einige der Herren, die Sie hier gerne als Kronzeugen, zum Teil auch mit sehr aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten, vorführen, konstruktiv und aktiv an der Steuerreform mitarbeiten.

    (Dr. Spöri [SPD]: Das ist interessant!)

    Wir sind ja auch unter uns in einem ständigen Prozeß der Meinungsbildung und Diskussion. Nach meinen Gesprächen der letzten Wochen beurteile ich die Bereitschaft des einen oder anderen, den Sie genannt haben, seinen positiven Beitrag für die Verwirklichung der Steuerreform, vor allem auch in den Ländern zu leisten, viel optimistischer, als Sie das heute hier geschildert haben. Ich will das hier ausdrücklich sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Spöri [SPD]: Hochinteressant!)

    Meine Damen und Herren, es geht um die zentralen Zukunftsfragen unseres Volkes.

    (Dr. Spöri [SPD]: Das ist ja neu!)

    Es geht auch um Deutschlands Stellung in der Welt. Es geht darum — ich will das zum Schluß noch einmal unterstreichen —,

    (Frau Traupe [SPD]: Es wird auch Zeit, daß Sie Schluß machen!)

    daß wir unseren Beitrag hier leisten. Stabilität beginnt zu Hause. Wir bekennen uns zur primären Verantwortung von Regierung, Bundesbank, Parlament, Tarifpartnern und Investoren, um diese Zukunftsaufgaben zu meistern. Aber wir können uns auch nicht von einer internationalen Entwicklung abkoppeln, die uns Verantwortung und Verpflichtung auferlegt.
    Wir sind bestrebt, nach bestem Wissen und Gewissen unseren Beitrag dafür zu leisten, daß die Bundesrepublik Deutschland ihre eigenen Aufgaben löst und zugleich ein angesehener und ein in ihren Leistungen wirksamer Partner für die anderen Industrieländer und die Entwicklungsländer wird, damit eine friedliche Welt von morgen auch in anderen Ländern stärker durch Freiheit und Wohlstand bestimmt ist.
    Schönen Dank.

    (Langanhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, ich finde es sympathisch, wenn Sie Ihrem Minister so lange zuklatschen. Das ist Ihr gutes Recht. Aber jetzt ist seine Redezeit abgelaufen.
Ich gebe das Wort der Abgeordneten Frau Simonis.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heide Simonis


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bemüht hat er sich ja, der Bundesfinanzminister. Dreimal ist er hier in die Debatte mit geradezu atemberaubend langen Redezeiten eingestiegen; übrigens ist das ganz neu. Für die sprachliche Leistung hat er Applaus verdient. Nur, Herr Bundesfinanzminister: Quantität und langes Reden ersetzt eigentlich noch nicht Qualität und Inhalte.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wir wissen jetzt viel über die Welt als solche, über den Zustand der Deutschen und unter anderem, daß Sie glauben, daß der deutsche Facharbeiter normalerweise 65 000 DM im Jahr verdient.

    (Zurufe von der SPD)

    Ich weiß ja, lieber Herr Bundesfinanzminister, Sie sind wirklich ein beschäftigter Mann, und Sie haben natürlich keine Zeit, sich mit Facharbeitern zu unterhalten.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Aber vielleicht hätten Sie doch einmal die Zeit haben können, eine Drucksache zu lesen

    (Zurufe von der CDU/CSU) — Schreihälse, widerwärtige —,


    (Beifall bei der SPD)

    von der ich annehme, daß sie aus Ihrem Hause stammt. Dort wird das durchschnittliche Arbeitnehmereinkommen für das Jahr 1987 mit etwas über 38 000 DM, für das Jahr 1992 mit 45 000 DM angegeben. Da fehlt wohl noch ein bißchen bis hin zu 65 000 DM.

    (Beifall bei der SPD)

    Das durchschnittliche Angestellteneinkommen, worauf Sie sich dann retten wollten, beträgt im Jahre 1992
    auch noch nicht 65 000 DM, sondern 61 000 DM.



    Frau Simonis
    Dann sind Sie in Ihrer letzten Not auf den Mineralölfacharbeiter ausgewichen. Der verdient nun nach allen Planungen im Jahr 1991 65 000 DM. Sie haben wirklich keine Ahnung! Das ist eigentlich das Schlimmste, was man von einem Bundesfinanzminister sagen kann, der eine Steuerreform auf solchen Einkommensgrößen aufbauen will.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Der hat nicht einmal zugehört! Der weiß es immer noch nicht!)

    Sie haben also geredet und geredet, um uns darüber hinwegzutäuschen, daß das Eckdatum Ihrer Planung der 13. September ist. Darüber gibt es also heute keine weiteren Diskussionen.

    (Beifall bei der SPD)

    Kein Wort haben wir von Ihnen nach Ihrem dreimaligen Vorturnen hier darüber gehört, wie Sie denn die Steuerreform nun finanzieren wollen. Sie haben kein Wort zu der Liste der geplanten Grausamkeiten Ihres Koalitionspartners von Lambsdorff gesagt. Der Minister hat immer von „könnte" und „möchte" gesprochen. Er hat eine Konjunktiv-Rede gehalten. Der Konjunktiv ist vielleicht eine ganz schöne grammatikalische Ausschmückung. Aber er ist nicht Politik, hier vorne im Konjunktiv zu reden. Er muß klar sagen, was er machen will.

    (Beifall bei der SPD)

    Fragen Sie doch einmal Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein, was sie eigentlich von Ihren Steuersenkungsplänen für sich und ihre Familien erwarten. Den meisten ist doch in der Zwischenzeit aufgegangen, daß das Ganze heiße Luft ist und daß Ihnen aus der einen Tasche mehr als das weggenommen wird, was ihnen in die andere Tasche vielleicht hineingegeben wird.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Den meisten Bürgern geht auf, daß Sie Geld für Steuergeschenke an Wohlverdienende, für Ihren nichtvorhandenen 65 000-Mark-Mann — und aufwärts — verpulvern, anstatt die hohe Arbeitslosigkeit, unter der vor allem der Norden Deutschlands leidet, zu bekämpfen. Glauben Sie denn wirklich, daß zukunftsorientierte Industrien mit ausreichendem Arbeitsplatzangebot nach Schleswig-Holstein kommen, wenn der dortige Ministerpräsident, welche Partei ihn auch stellt, plötzlich weniger Steuern bezahlen muß? Das glauben Sie doch selber nicht. Das können Sie doch gar nicht glauben, denn sonst würden Sie von der Materie noch weniger verstehen, als ich bis jetzt angenommen habe.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Das glaubt Ihnen doch kein Mensch, was Sie da erzählen!)

    Die Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein hat in den letzten Jahren im Jahresdurchschnitt über 10,5 % betragen. Das sind fast 100 000 Menschen. Sie wäre doppelt so hoch, wenn nicht in Hamburg fast 100 000 Schleswig-Holsteiner einen Arbeitsplatz finden würden. Wenn nicht Gott sei Dank 20 000 Menschen im sogenannten zweiten Arbeitsmarkt beschäftigt wären, müßte die Arbeitslosenquote noch einmal um zwei Prozentpunkte erhöht werden. Die Hamburger nehmen Ihnen die Hauptlast der Arbeitslosigkeit ab, nicht Sie und auch nicht der Herr Ministerpräsident Barschel.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie verlassen sich darauf, daß der Arbeitnehmer vielleicht nicht weiß, was die Quote der öffentlichen Investitionen bedeutet. Ich wäre da nicht so sicher, denn Sie haben ihm lange genug eingehämmert, öffentliche Investitionen würden Arbeitsplätze bedeuten. Aber selbst wenn er nicht genau weiß, was es ist: Er weiß, daß die jährlich sinkenden Ausgaben für Investitionen, wie sie in Ihrem Haushalt seit vier Jahren vorzufinden sind, Arbeitsplatzverlust, Strukturschwächen bedeuten und sogar verstärken und nicht dazu beitragen, daß es bei uns im Norden besser wird. Wenn dann, wie in Schleswig-Holstein, die Investitionsquote auch noch weit über dem Bundesdurchschnitt liegt, dann darf man sich nicht wundern, wenn man auf Hamburg ausweichen muß, um für alle Jugendlichen überhaupt einen Arbeitsplatz oder für alle Arbeitnehmer einen anständigen Arbeitsplatz zu finden.
    Die Schleswig-Holsteiner lieben ihr Land. Sie leben gern im nördlichsten Bundesland, sie sind bodenständig. Finden Sie es da eigentlich gerecht, diese Liebe zum Land mit einer Politik zu belohnen, als deren Resultat im Norden bis zu 1 000 DM brutto im Monat weniger verdient wird als in Baden-Württemberg und die Belastungen in der Krankenversicherung mit über 14 % die höchsten in der Republik sind? Das, was Sie dauernd sagen, Herr Stoltenberg, stimmt doch gar nicht: daß die Tarifergebnisse in Baden-Württemberg auf den Norden übertragen werden. Sie haben null Ahnung von gewerkschaftlicher Tarifpolitik. Sie haben null Ahnung von dem, was bei uns oben im Norden verdient wird.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Sie behaupten z. B., Schiffe würden ausgeflaggt, weil bei uns oben zuviel verdient werde.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Reden Sie doch etwas langsamer! Es versteht Sie ja niemand!)

    — Schreien Sie nicht so laut! Sie könnten mich sogar verstehen. Sie überschreien sich ja selber.
    Schiffe werden nicht gebaut und Schiffe werden ausgeflaggt, weil wir weltweit Überkapazitäten haben. Schiffe werden ausgeflaggt, weil wir im Container-Bereich Überkapazitäten haben. Schiffe werden ausgeflaggt, weil ein Frachtratenverfall stattgefunden hat. Das hat überhaupt nichts mit Lohnpolitik in Deutschland zu tun.
    Aber Sie könnten uns ja einmal sagen, ob Sie denn wollen, daß deutsche Arbeitnehmer, die auf Schiffen arbeiten, so viel wie ein chinesischer Matrose, nämlich 29 Dollar im Monat, verdienen sollen. Ist es das, was Sie unter niedrigen Löhnen verstehen und was Sie anstreben?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Unglaublich!)




    Frau Simonis
    — Wenn er die Löhne von 2 200 DM — — (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    — Vielleicht einmal für diejenigen, die noch nie in Schleswig-Holstein waren: Das durchschnittliche Bruttoeinkommen aller Arbeitnehmer an der Westküste beträgt im Monat 2 148 DM.

    (Dr. Apel [SPD]: So ist es!)

    Wenn das zu hoch ist — darunter sind die Werftarbeiter, darunter sind die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst — —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sagt doch keiner!)

    — Er hat doch gesagt, das sei zu hoch, das sei der Untergang der deutschen Werften und der deutschen Reedereien.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Dann muß er sagen, ob er auf die 29 Dollar herunter will, die der chinesische Matrose verdient.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Der Herr Bundesfinanzminister geht vor jeder Wahl hin — das macht er nun in schöner Regelmäßigkeit seit fünf Jahren — und verspricht den Arbeitnehmern bei uns in Schleswig-Holstein: Wählt uns, es wird toll werden. Das hat er den Werftarbeitern vor der Landtagswahl im letzten Jahr gesagt. Einen Tag später waren 2 500 Menschen arbeitslos. Das hat er den Werftarbeitern auf der Lindenau-Werft gesagt. Einen Tag nach der Bundestagswahl ist die Lindenau-Werft in Konkurs gegangen, weil er nicht zu seinem Versprechen stand. Das hat er den Werftarbeitern in Rendsburg — das ist ja Ihr Wahlkreis, wie Sie vor zwei Tagen doch gesagt haben — vor dem 25. Januar 1987 versprochen. Gehen Sie doch einmal hin und fragen die Leute, wie verbittert die sind, daß man sich auf Ihr Wort nicht mehr verlassen kann! 300 Leute sind dort heute noch statt 1 000, wie Sie es vorher versprochen haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn nicht viele von diesen Menschen in den sogenannten Qualifizierungsmaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit untergebracht worden wären, wäre es bei uns dort oben ja noch viel schlimmer. Gott sei Dank gibt es diese Qualifizierungsmaßnahmen. Nur, wir lesen doch schon in der Zeitung, daß die Bundesanstalt für Arbeit anfängt, die Notbremse zu ziehen, weil sie nicht mehr zahlen kann. Wenn im nächsten Jahr das Defizit — von dem Sie wissen, daß es kommen wird; bloß, die meisten draußen wissen es nicht, weil das immer so unvorstellbar große Zahlen sind — der Bundesanstalt für Arbeit wirklich 1,5 Milliarden DM betragen wird, weil die Arbeitslosenzahlen nicht zurückgehen, lieber Herr Dr. Stoltenberg, sondern steigen — auch das könnte Ihnen das Statistische Bundesamt sagen — , was passiert dann mit den Qualifizierungsmaßnahmen? Wo werden Sie denn dann anfangen zu sparen? Bei den Qualifizierungsmaßnahmen, beim Arbeitslosengeld? Was immer Sie machen: Ich fürchte, Sie werden bei denen sparen und denen die Last der Arbeitslosigkeit aufbürden, die durch Ihre
    verfehlte Politik vorher überhaupt erst arbeitslos geworden sind.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Nun haben Sie in irgendeiner Zeitung gesagt — wissen Sie, das höre ich auch zum drittenmal von Ihnen— : In zwei Jahren ist Vollbeschäftigung. „Märchen"-Erzähler Stoltenberg.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    In Ihrem Haushalt steht von Vollbeschäftigung ab 1990 nichts. Da steht etwas von 2 Millionen Arbeitslosen.
    Ihnen glaubt ja selbst Herr Späth nicht mehr. Vielleicht haben Sie nicht geweint bei der Sitzung des CDU-Präsidiums, bei der die CDU- „Fürsten" ihr Haupt verhüllten; das kann ja sein. Aber fröhlich ist es nicht zugegangen, wie Herr Späth im „Zeit"-Interview ausführt. Frau Breuel ist auch nicht gerade erbaut. Herr Albrecht ist nicht besonders heiter über Ihre Steuerpläne. Es kann ja sein, daß Sie nicht dabeiwaren und nicht mitgeweint haben, aber Ihre Kollegen Ministerpräsidenten sind ganz schön angefaßt und machen sich Gedanken, wie sie mit den Resultaten Ihrer Politik zu Hause fertig werden sollen. Nachdenklichkeit und nicht schmetternder Optimismus à la Bangemann wäre wirklich angesichts der Entwicklung bei uns oben im Norden, speziell in Schleswig-Holstein, angesagt.

    (Beifall bei der SPD)

    Die wirtschaftliche Lage ist nicht rosig. Das hat nichts mit den Arbeitnehmern dort oben zu tun. Die sind fleißig. Ich weiß, daß die in Baden-Württemberg einen besonders guten Ruf haben. Aber die Insolvenzhäufigkeit bei uns im Norden hat in den letzten fünf Jahren weit über dem Bundesdurchschnitt gelegen, und allein in den letzten drei Jahren gab es ein Drittel aller Neuzugänge an Insolvenzen in Schleswig-Holstein. Das hat etwas mit Politik zu tun! Oder wollen Sie sagen, daß die Unternehmer in Schleswig-Holstein dämlicher sind als anderswo in der Republik?
    Bundesprogramme, die dem entgegensteuern könnten, kommen bei uns im Norden viel zu wenig an.

    (Abg. Cronenberg [Arnsberg] [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Nein, ich habe nicht mehr die Zeit. — Wenn der Ministerpräsident des Landes dort oben verkündet, daß sich alle elf Tage während seiner Amtszeit ein neues Unternehmen in Schleswig-Holstein angesiedelt hat, glaubt das ja nicht einmal Ihr sich Ihnen anbiedernder Koalitionspartner. Wir kennen ihn ja noch, den Herrn Zumpfort, der glaubt Ihnen das nicht, denn er rechnet Ihnen genau vor — an dieser Stelle sogar richtig — , daß alle elf Tage 19 Unternehmen pleite gegangen sind. Ich gratuliere Ihnen zu diesem Koalitionspartner, der Sie seit vier Wochen im Wahlkampf so durch den Kakao zieht, daß es fast schon nicht mehr spaßig ist, sich das mit anzusehen. — Der Industriebesatz liegt bei uns unter der Hälfte dessen, was im Bundesdurchschnitt möglich ist.



    Frau Simonis
    Nun sagen Sie immer, Sie haben dort oben Zonenrandmittel, Sonderzuweisungen und Gemeinschaftsaufgabemittel hingeleitet. Fragen Sie sich eigentlich auch: Was hat Herr Barschel mit den Milliarden denn gemacht, wo sind sie denn geblieben?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Vor Ihnen davongelaufen!)

    Denn wenn man sich die Daten anschaut, hat man den Eindruck, daß das Geld wohl irgendwo im Sand verbuddelt worden ist — ich weiß es nicht — , oder vielleicht hat er damit einen Teil des Musikfestivals bezahlt.

    (Glos [CDU/CSU]: Was haben Sie gegen Musik, Frau Kollegin? Ich habe Sie immer für musikalisch gehalten!)

    Mehr Arbeitsplätze sind dadurch nicht gekommen, und die Industrieunternehmen sind dadurch auch nicht mehr geworden, sondern eher weniger. Die Strukturprobleme sind größer geworden und nicht kleiner. Sie selber, Herr Dr. Stoltenberg, geben doch in einem Interview in der „Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung" zu, daß die Lage der Werften weiterhin kritisch ist.
    In dieser Situation sagt der Herr Wirtschaftsminister Bangemann: Die Subventionen müssen abgebaut werden.

    (Cronenberg [Arnsberg] [FDP]: Richtig!)

    — Na prima, dann mal rüber mit den Einzelheiten! Sagen Sie uns doch bitte vor dem 13. September, ob das bedeutet, daß die Werften im Norden nicht mehr mit dem rechnen können, was Sie ihnen versprochen haben. Oder gilt das Zumpfortsche Wort, das HDW privatisiert werden soll? Herr Stoltenberg, Sie haben keinen Pieps dazu gesagt, ob nun privatisiert werden soll oder nicht.
    Sagen Sie doch bitte auch den Bauern möglichst noch vor dem 13., ob Subventionen auch Hilfe für die Bauern dort oben sind. Die sind ja schon so wütend, daß sie in der Zwischenzeit Betonsteine auf die Straße schmeißen, damit der MP Barschel mal anhält und mit ihnen redet, weil er sonst an ihnen vorbeifährt. Sagen Sie ihnen doch, ob mit Subventionsabbau auch die Landwirtschaft gemeint ist! Wir können uns ja über alles unterhalten; nur, der Versuch, sich über den Sonntag hinwegzumogeln, bringt es nicht. Die Leute merken das. Sie merken, daß Sie ihnen nicht helfen wollen oder können.
    Wenn Sie sagen, daß es den Kommunen so gut geht, frage ich: Wann haben Sie denn zum letztenmal in Schleswig-Holstein mit einem Kommunalvertreter geredet, wann denn? Die Kommunalpolitische Vereinigung Ihrer eigenen Partei hat Ihnen doch ins Stammbuch geschrieben, daß sie Ihre Steuerpolitik so nicht mitmachen will. Da kam zwar die ideologische Lyrik vorweg, aber sie haben gesagt: Die ideologische Lyrik machen wir nur dann mit, wenn Sie, Herr Stoltenberg, es bezahlen. — Na bitte, dann bringen Sie ihnen den finanziellen Ausgleich; dann machen Ihre Freunde mit, und ansonsten machen sie nicht mit.

    (Beifall bei der SPD — Link [Diepholz] [CDU/ CSU]: Hören Sie auf, Sie verschrecken die letzten SPD-Wähler!)

    Sie hatten die Möglichkeit, das alles hier zu sagen, aber Sie haben zu allem geschwiegen. Sie haben kein Wort dazu gesagt, wie Sie die Steuerreform bezahlen wollen. Über die Reform der Krankenversicherung schweigen Sie sowieso in allen Sprachen der Welt. Über die Reform der Rentenversicherung sagen Sie auch nichts, und Sie sagen zu anderen wichtigen Themen, die bei uns oben in Schleswig-Holstein eine Rolle gespielt haben, nichts.

    (Schwarz [CDU/CSU]: Wir sind hier in Bonn!)

    Sie waren die letzten vier Wochen fast nicht anwesend bei der Diskussion um Ihre Steuerpläne.
    Sie waren auch gut beraten, nichts zu sagen, denn Sie haben das Land mit einem Schuldenberg von 11,5 Milliarden DM verlassen. Das waren damals ungefähr 6 000 DM pro Kopf der Bevölkerung. Ihrem Nachfolger ist es gelungen, dies noch einmal ordentlich zu steigern, nämlich auf 16,5 Milliarden DM.

    (Frau Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Wir reden über den Bundeshaushalt!)

    Ich frage mich, ob Sie noch einmal Ihren Satz über die ethische Neuorientierung betreffend die „sittliche Verfehlung der Grundlagen der Politik" angesichts von Schulden sagen würden. Ist es bei Ihnen eigentlich keine sittliche Verfehlung, wenn Sie Schulden machen? Das können Sie doch wirklich niemandem weismachen!

    (Beifall bei der SPD)

    Über Verschuldung des Staates, die einem bestimmten Zweck dient — Probleme zu beseitigen, Strukturprobleme zu bewältigen, Umweltprobleme anzupakken, Beschäftigungspolitik zu machen, soziale Gerechtigkeit zu schaffen — , kann man sich unterhalten, aber unter diesem nebulösen Begriff der sittlichen Verfehlung kann man keine Haushaltspolitik machen. Das gehört auch nicht hierher; das kann man sonstwo erzählen, vielleicht in irgendeiner evangelischen Akademie. Das ist im Grunde genommen nicht Finanz- und Wirtschaftspolitik.
    Wenn Sie uns hier zum Schluß noch erzählt haben, daß Frau Breuel und andere mit Ihnen konstruktiv zusammenarbeiten, dann müßte ich eigentlich noch einmal eine Interpretation des Erlassès für die Aufstellung der Haushaltspläne in Niedersachsen bekommen. Ist es konstruktive Mitarbeit, wenn Ihnen sozusagen auf diese Art und Weise klargemacht wird, daß man bei der Steuerreform nicht mehr mitmachen will? Und daß Herr Späth angesichts dessen, daß er bald Wahlen zu bestehen hat, jetzt unter Umständen nicht mehr offen Widerstand leistet, wie auch Herr Barschel im Moment nichts sagt, ist klar. Aber ob sie mitmachen, werden wir dann im Oktober/November sehen, wenn dann die Runde im Bundesrat losgeht, wo die alle die Hand hochnehmen müssen für eine Politik, die die Kassen der Länder und der Kommunen genauso leermacht wie übrigens die Kasse des Bundes.

    (Beifall bei der SPD)

    Das Problem Ihrer Politik ist nicht, daß wir uns hier damit auseinandersetzen müssen und wir zum ersten Mal den Spaß haben, von Ihnen Fragen nicht beant-



    Frau Simonis
    wortet zu bekommen — sonst haben Sie ja im wesentlichen versucht, uns mit Ihren Antworten auf alle Fragen der Sozialdemokratie in die Ecke zu stellen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das war berechtigt!)

    aber diesmal haben Sie gar keine Antworten gehabt — , sondern das Problem ist, daß Arbeitnehmer, ganz normale Arbeitnehmer — nicht Arbeitnehmer mit 65 000 DM im Jahr, sondern fleißig arbeitende Menschen — den Preis für Ihre finanzpolitischen Haushaltstricks zu bezahlen haben. Denn wenn in den Kommunen die Gebühren erhöht werden müssen, wenn beispielsweise Schwimmbäder geschlossen werden müssen, dann geht das zu Lasten dieser Menschen. Sie können natürlich sagen, es muß nicht jeder ein Schwimmbad haben.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Sie sind doch eine schlechte Kassandra!)

    Aber unter dem Gesichtspunkt, daß wir in Schleswig-Holstein den Fremdenverkehr nur deswegen halten, weil wir bei schlechtem Wetter u. a. Schwimmbäder anbieten können, sollten Sie sich so etwas schon sehr gut überlegen. Gehen Sie doch einmal an die Westküste und sagen Sie, das alles wird zugemacht, ist alles viel zu teuer. Da haben sich die Bürgermeister Denkmäler geleistet. Dies alles, daß es z. B. in SchleswigHolstein keine Lernmittelfreiheit mehr geben wird,

    (Hinsken [CDU/CSU]: Wir sind hier doch im Bundestag!)

    daß das Fahrgeld für die Beförderung zu den Schulen nicht mehr gezahlt wird, zahlt der normale Arbeitnehmer, der mit den 2 148 DM im Monat und nicht der mit den 65 000 DM im Jahr, wenn den Kommunen durch Ihre Politik Geld weggenommen wird.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Wie haben Sie uns noch vor zwei Wochen in der „Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung" wissen lassen? „Ich singe eher laut als gut", haben Sie gesagt. Damit stehen Sie fast schon in einer Reihe mit Herrn
    Bangemann, der auch gesagt hat: Ich kann nicht singen. Stimmt, stimmt!

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Sie können nicht einmal richtig vortragen! — Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Wenn das so ist, gehören Sie zu Udo Lindenberg! — Heiterkeit bei der CDU/ CSU)

    Denn wenn man sich diese schrillen Mißtöne und die Mißklänge der Steuer- und Finanzarie der letzten Zeit anhört, dann kann ich Ihnen nur sagen: Sie singen tatsächlich eher laut als gut. Und es wird wirklich höchste Zeit, daß Ihnen wenigstens in Schleswig-Holstein einmal jemand die Notenblätter abnimmt und jemand anders besser singt als Sie.
    Herzlichen Dank.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD sowie Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)