Rede:
ID1102500200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Fuchtel.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/25 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 25. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. September 1987 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/700) in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksache 11/701) Dreßler SPD 1667 B Fuchtel CDU/CSU 1671 C Frau Unruh GRÜNE 1673 B Mischnick FDP 1675 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 1678 D Jaunich SPD 1685 A Dr. Hoffacker CDU/CSU 1687 D Frau Krieger GRÜNE 1690D Frau Dr. Niehuis SPD 1693 A Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 1695 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 1699 C Dr. Spöri SPD 1700D Frau Vennegerts GRÜNE 1702 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 1704 B Frau Simonis SPD 1708 C Nächste Sitzung 1712 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1713* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1713* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1987 1667 25. Sitzung Bonn, den 11. September 1987 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter * 11. 9. Bahr 11. 9. Bamberg 11. 9. Frau Beck-Oberdorf 11. 9. Dr. Biedenkopf 11. 9. Böhm (Melsungen) ** 11. 9. Brandt 11. 9. Büchner (Speyer) ' 11. 9. Dr. von Bülow 11. 9. Catenhusen 11. 9. Duve 11. 9. Eigen 11. 9. Erler 11. 9. Dr. Feldmann * 11. 9. Gattermann 11. 9. Frau Dr. Götte 11. 9. Dr. Götz 11. 9. Großmann 11. 9. Dr. Hauchler 11. 9. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 11. 9. Frau Dr. Hellwig 11. 9. Hiller (Lübeck) 11. 9. Hoppe 11. 9. Hoss 11. 9. Irmer 11. 9. Jansen 11. 9. Jung (Lörrach) 11. 9. Kiechle 11. 9. Kirschner 11. 9. Kroll-Schlüter 11. 9. Dr. Kunz (Weiden) 11. 9. Lohmann (Witten) 11. 9. Frau Luuk * 11. 9. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 9. Meyer 11. 9. Mitzscherling 11. 9. Müller (Düsseldorf) 11. 9. Müller (Wesseling) 11. 9. Niegel * 11. 9. Niggemeier 11. 9. Oostergetelo 11. 9. Rawe 11. 9. Reddemann ** 11. 9. Frau Renger 11. 9. Repnik 11. 9. Reuschenbach 11. 9. Rixe 11. 9. Schäfer (Mainz) 11. 9. Dr. Scheer * 11. 9. Frau Schilling 11. 9. Schluckebier 11. 9. Schmidt (München) ** 11. 9. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 9. von Schmude ** 11. 9. Schröer (Mülheim) 11. 9. Dr. Sperling 11. 9. Tietjen 11. 9. Volmer 11. 9. Vosen 11. 9. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Warrikoff 11. 9. Dr. Wieczorek 11. 9. Wieczorek (Duisburg) 11. 9. Frau Wieczorek-Zeul 11. 9. Wissmann 11. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat m seiner 578. Sitzung am 26. Juni 1987 gemäß Artikel 94 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit §§ 5 und 7 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht zum Richter des Bundesverfassungsgerichts Herr Professor Dr. Dieter Grimm, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bielefeld, als Nachfolger für den Richter des Bundesverfassungsgerichts Professor Dr. Konrad Hesse in den Ersten Senat gewählt. Der Bundesrat hat in seiner 578. Sitzung am 26. Juni 1987 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die sechzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Sechzehntes Anpassungsgesetz-KOV - 16. AnpG-KOV) Gesetz zur Verlängerung des Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat begrüßt die Verlängerung der Bezugsfrist für Kurzarbeitergeld in der Stahlindustrie. Er bedauert jedoch, daß der Bundestag der Forderung des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 3. April 1987 zur Einbeziehung der Schiffbauindustrie nicht gefolgt ist. Die Lage in der Schiffbauindustrie gleicht der in der Stahlindustrie. Mit Sorge beobachtet der Bundesrat, daß die mangelhafte Absatzlage sowie wettbewerbsverzerrende Subventionen in anderen Staaten Tausende von Arbeitsplätzen in der Schiffbauindustrie gefährden. Er bittet die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, daß der Geltungsbereich der Ausnahmeregelung über einen verlängerten Bezug von Kurzarbeitergeld auf die Betriebe der Schiffbauindustrie im Sinne der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft über Beihilfen für den Schiffbau im 8. Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes ausgeweitet wird. Die Einbeziehung ist weiterhin erforderlich, um den strukturellen Anpassungsprozeß im Schiffbau mit den Mitteln des Arbeitsförderungsgesetzes sozialpolitisch wirksam unterstützen zu können. Die Dringlichkeit derartiger Anpassungshilfen für die Schiffbauindustrie wie für die Stahlindustrie ist auch durch das Gesetz über die Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104a Abs. 4 des Grundgesetzes an die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Freie Hansestadt Bremen und Freie und Hansestadt Hamburg zum Ausdruck gebracht worden. Der Bundesrat hat in seiner 579. Sitzung vom 10. Juli 1987 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: 1714* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1987 Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen Gesetz über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (Kindererziehungsleistungs-Gesetz — KLG) Gesetz zur Verlängerung von Auslaufzeiten in der Montan-Mitbestimmung Gesetz zur dauerhaften sozialen Verbesserung der Wohnungssituation im Land Berlin Achtes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und sechstes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1987 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1987 — BBVAnpG 87) Achtes Gesetz zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes Gesetz zu dem Vertrag vom 30. April 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ungarischen Volksrepublik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz zu dem Übereinkommen vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA-Übereinkommen) Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988 — StSenkErwG 1988) Gesetz zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes Zu den beiden letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: a) Zum Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988 — StSenkErwG 1988) Der Bundesrat bedauert, daß die Bundesregierung die Ergänzungsvorschläge des Bundesrates im Rahmen dieses Gesetzesvorhabens nicht aufgegriffen hat. Der Bundesrat hatte bereits im Zusammenhang mit dem Steuersenkungsgesetz 1986/88 den Wunsch geäußert, die Lebensaltersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern von 16 auf 18 Jahre anzuheben. Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, daß zumindest dieser Vorschlag hätte realisiert werden können, ohne die notwendigen steuersystematischen und haushaltspolitischen Gesichtspunkte zu vernachlässigen. Der Bundesrat erwartet, daß die Bundesregierung die angekündigte Prüfung nunmehr unverzüglich vorantreibt und von sich aus eine entsprechende gesetzliche Regelung vorlegt. b) Zum Gesetz zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes Der Bundesrat billigt die in dem Gesetz vorgesehene Erhöhung des Kreditrahmens für den Ausgleichsfonds, um in Verbindung mit der zum 1. Juni 1987 vorgenommenen Erhöhung der Ausgleichsabgabe 1987 auf 7,5 % die Erfüllung bestehender Rechtsansprüche an den Fonds zu gewährleisten. Der Bundesrat hält allerdings die Entwicklung des Mittelbedarfs des Fonds, wie sie sich aufgrund der derzeitigen Zuschußregelung des Dritten Verstromungsgesetzes seit 1986 als Folge des Ölpreisverfalls ergeben hat, und die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Mehrbelastungen für die Stromverbraucher sachlich für nicht vertretbar. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei der Neuregelung der Strukturelemente des Kohlepfennigs einschließlich seiner Berechnungsmethode zu gewährleisten, daß einerseits die Hilfen in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen gehalten werden, zum anderen zugleich regional einseitige Belastungen abgebaut werden. Er sieht dabei einen unverzichtbaren Zusammenhang mit einer Anschlußregelung für den Jahrhundertvertrag ab 1995. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die entsprechenden Verhandlungen mit den Betroffenen so zu führen, daß die Neuregelung ab 1988 in Kraft treten kann. Der Bundesrat weist außerdem darauf hin, daß die längerfristige Sicherung des Einsatzes deutscher Steinkohle nur bei Wiederherstellung des länderübergreifenden energiepolitischen Grundkonsenses über die gleichzeitige Nutzung von Kohle und Kernenergie möglich ist. Die hohen Kosten für die Erhaltung des deutschen Steinkohlebergbaus sind volkswirtschaftlich nur tragbar, wenn zum Ausgleich die Kostenvorteile der Kernenergie genutzt werden können. Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 30. Juli 1987 mitgeteilt, daß sie den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Umwelt-Grundrechts, Drucksache 11/604, zurückzieht. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den zweiten Teil der 32. ordentlichen Sitzungsperiode der Westeuropäischen Union vom 1. bis 4. Dezember 1986 in Pans (Drucksachen 10/6756, 11/138 Nr. 1.12) Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Plenarsitzungen der Nordatlantischen Versammlung am 17. und 18. November 1986 in Istanbul (Türkei) (Drucksache 10/6758, 11/138 Nr. 1.13) Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung nachstehender Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) Nr. 300/76 zur Festlegung der Gruppen der Empfänger, der Bedingungen für die Gewährung und der Sätze der Vergütungen, die den im Schichtdienst arbeitenden Beamten gewährt werden können (Drucksache 11/138 Nr. 3.4) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung nachstehender EG-Vorlagen, die ihm mit Sammeldrucksache 11/138 überwiesen wurden, abgesehen hat: Drucksache 11/138 Nummern 3.132, 3.133, 3.134, 3.135
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Dreßler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben den Haushalt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zu beraten, den Haushalt und die Politik des Ministers, der die politische Verantwortung für den desolaten Zustand des Arbeitsmarktes, für die noch weiter wachsende Massenarbeitslosigkeit und für eine große Zahl gesellschaftlicher Probleme in der Bundesrepublik Deutschland hat. Aber, meine Damen und Herren, auch fünf Jahre nach dem Amtsantritt dieses Ministers sehen wir keine Vorschläge der Bundesregierung zur Lösung der vielfältigen Probleme: keine Vorschläge zur Bekämpfung der ungebrochenen Arbeitslosigkeit,

    (Kolb [CDU/CSU]: Wer hat die denn verursacht?)

    keine Perspektiven dieser Regierung für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes, keine Vorschläge zur Stabilisierung und Entlastung der Finanzen von Ländern und Gemeinden, damit sie ihren Beitrag zur Sicherung und zur Ausweitung der Beschäftigung leisten können.
    Wir sehen keine Vorschläge zur Bekämpfung der Neuen Armut, zur Senkung der Sozialhilfekosten, die auf allen Städten und Gemeinden lasten.
    Der Haushaltsentwurf des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung hätte uns in den Stand setzen müssen, über konkrete Pläne für die Arbeitnehmer bei Kohle, Stahl und Werften zu diskutieren. Wir müßten über die Vorschläge der Bundesregierung reden, wie die Rentenversicherung und die Krankenversicherung langfristig auf gesunde Füße gestellt werden können. Wir müßten über einen zeitgemäßen Entwurf für ein Arbeitszeitgesetz reden, mit dem die 1,5 Milliarden Überstunden auf ein vernünftiges Maß reduziert werden könnten, um Arbeitsplätze zu schaffen.
    Wir müßten über einen brauchbaren Entwurf zum Betriebsverfassungsgesetz reden, mit dem aus den Jugendvertretungen Ausbildungs- und Jugendvertretungen werden und der für die Arbeitnehmer die Mitbestimmung bei Einführung und Anwendung neuer Techniken regelt.
    Wir müßten darüber reden, meine Damen und Her' ren, wie wir die breite und international geachtete Qualifikation der Arbeitnehmer für die 90er Jahre sichern — ein Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg in der Zukunft.
    Über all das müßten wir hier diskutieren können.

    (Dr. Vogel [SPD]: Richtig!)

    Wir hätten dann die Vorschläge der Regierung an unseren Gesetzentwürfen und Vorschlägen messen können.

    (Dr. Vogel [SPD]: Der sagt ja gar nichts!)

    Aber auf all diesen Feldern hat die Bundesregierung nichts, buchstäblich nichts anzubieten.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Wir registrieren absolute Fehlanzeige. Die Methode Kohl ist im Arbeitsministerium eingezogen. Lauter Reden, keine Taten, ausklammern, aussitzen, wegtauchen, tarnen und täuschen, das ist die Methode.

    (Beifall bei der SPD — Günther [CDU/CSU]: Das ist alles Quatsch!)

    Meine Damen und Herren, ich will hier nicht die Bewertung von Herrn Strauß für diese Art von Politik heranziehen.

    (Günther [CDU/CSU]: Paßt auch nicht zu Ihnen!)




    Dreßler
    Das überlassen wir, Herr Kohl, dem koalitionsinternen Gärungsprozeß. Was Sie sich fast täglich gegenseitig an den Kopf werfen, reicht unter zivilisierten Menschen längst für Beleidigungsklagen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Da fehlen nur Sie!)

    Ich will nur die Bewertung einer Zeitung zitieren, einer Zeitung, die sich in der Vergangenheit sehr bemüht hat, die Politik der Regierung Kohl schreibend zu unterstützen. Im „Handelsblatt" vom 26. August dieses Jahres konnten wir lesen:
    Die großen Linien der Politik verlieren sich wie eine Spur im wuchernden Unterholz, die kleinen Schlauheiten erweisen sich, wie die nicht enden wollenden Spekulationen über die ungelöste Finanzierung der Steuerreform zeigen, letztlich doch als Dummheiten. Vor allem aber bleibt das alltägliche Regierungshandeln hinter den selbstgeschaffenen Erwartungen zurück.
    Soweit das Zitat. — So ist es tatsächlich auch in diesem Haushalt. In der hier ausgebreiteten Politik wird nichts, gar nichts deutlich, keine Vorstellung davon, wie die soziale Ordnung dieses Landes zum Nutzen aller Bürgerinnen und Bürger morgen oder übermorgen aussehen soll, kein Mut zur Wahrhaftigkeit.
    Herr Blüm, Sie rufen zur Solidarität mit den Bergarbeitern auf. Aber den Kern Ihrer Energiepolitik enthüllen Sie vor ihnen nicht. Sie setzen nämlich längst nicht mehr auf die Kohle, sondern auf einen anderen Energieträger, die Kernenergie, und damit werden die Arbeitsplätze der Bergarbeiter und jene in den vor- und nachgelagerten Betrieben geopfert. Herr Blüm, das kann man wollen, aber dann sagen Sie es auch, und streuen Sie den Menschen nicht Sand in die Augen!

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Blüm, Sie nutzen die Sommerpause, um in Brasilien einen quasi-automatischen Abbau der Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik vorzutäuschen — sehr geschmackvoll. Ich rufe Ihnen ins Gedächtnis, Herr Blüm, was der Präsident des Instituts der deutschen Wirtschaft, Dr. Manfred Lennings, in Ihrer Gegenwart vor einigen Monaten in Berlin gesagt hat:
    Rein rechnerisch ist es richtig, daß die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter bis zum Jahre 2000 deutlich zurückgeht. Den Garantieschein für den angestrebten hohen Beschäftigungsstand haben wir aber damit noch längst nicht in der Hand. Meine große Sorge
    — sagt Lennings —
    gilt der Sorglosigkeit, zu der uns die längerfristigen Prognosen des Erwerbspotentials verleiten könnten.

    (Hört! Hört! bei den GRÜNEN)

    Diese Sorglosigkeit nennen Sie, Herr Blüm, Beschäftigungspolitik. Wo bleibt Ihr Widerstand, der Widerstand des Ministers für Arbeit und Sozialordnung, angesichts der arbeitsmarktpolitisch und sozialpolitisch absurden Steuerüberlegungen der Regierung, deren Mitglied Sie sind? Nach Ihren Steuerplänen werden Länder und Gemeinden um Milliarden gebracht, Milliarden, die in den Auftragsbüchern Tausender kleiner und mittlerer Unternehmen fehlen werden. Danach wird jede einzelne Mark auch auf den Konten von Arbeitnehmerfamilien fehlen, die um ihren Arbeitsplatz gebracht wurden. Der Arbeitsmarkt, meine Damen und Herren von der Koalition, ist etwas anderes als der Markt für Autos oder Waschmaschinen. Auf dem Arbeitsmarkt geht es nämlich um Menschen, und das muß in den Regeln des Arbeitsmarktes erkennbar sein.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Warum sagen Sie den Durchschnittsverdienern nicht, daß sie gemeinsam mit Rentnern und Arbeitslosen die Steuerreform finanzieren sollen?

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Weil das nicht stimmt!)

    Lassen Sie sich einmal von den Bankangestellten in den Anlageabteilungen erzählen, wohin die Milliarden der sogenannten Steuerreform fließen werden, die Sie an Einkommensgruppen verteilen wollen, die schon heute eine Sparquote von 20 % und mehr haben?

    (Kolb [CDU/CSU]: Es gibt das Bankgeheimnis! Und wie ist es mit dem Datenschutz?!)

    — Das Geld, Herr Kolb, wird weder in beschäftigungswirksame Konsumnachfrage noch in Investitionskapital gehen. Nein, Sie finanzieren mit Ihrer glorreichen Steuerreform US-amerikanische Schuldverschreibungen. Und dafür wollen Sie mit Herrn Stoltenberg Schulden machen!

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Die gleichen Leute, die uns verurteilten, als wir Geld für Zukunftsinvestitionen und Arbeitsplätze ausgegeben haben, als wir den Bodensee saniert und Arbeitsplätze geschaffen haben,

    (Kolb [CDU/CSU]: Wie bitte? Ihr habt den Bodensee saniert?)

    die gleichen Leute wollen heute Schulden machen, um ein paar reichen Nachbarn noch einen auszugeben.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wo war das Veto des Arbeitsministers, als Herr Stoltenberg wieder einmal eine Milliarde aus der Kasse der Bundesanstalt für Arbeit brauchte, als das Kindererziehungs-Leistungsgesetz irgendwie finanziert werden mußte?
    Inzwischen wird selbst die Sprachförderung für Aussiedler und Flüchtlinge auf die Kassen der Arbeitslosenversicherung abgeschoben. Es ist interessant, was die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände dazu sagt. Ich zitiere:
    Auf dem finanzpolitischen Rangierbahnhof haben Rangiermeister und Gleisbauer derzeit Hochbetrieb. Ständig werden neue Finanzzüge zusammengestellt und Notweichen eingebaut. Dabei hatte noch vor nicht allzu langer Zeit der damals neue Fahrdienstleiter Blüm verkündet,



    Dreßler
    der Verschiebebahnhof werde ordnungspolitisch sauber stillgelegt, Zug und Zug, Gleis um Gleis. Doch inzwischen braucht man wieder Sonderzüge, um die Kohle — sprich: Geld — aus Nürnberg heranzuschaffen.
    Soweit die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände.

    (Günther [CDU/CSU]: Sonst halten Sie nichts davon!)

    Mit solider Politik, Herr Günther, hat das im Sinne des Wortes nichts zu tun.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Der Haushalt des Bundesarbeitsministers ist der finanzpolitische Verschiebebahnhof des Herrn Stoltenberg, und das seit nunmehr fünf Jahren.

    (Reimann [SPD]: Abbruchfirma!)

    Meine Damen und Herren, Sozialpolitik soll eine gestaltende, eine nach vorne führende Politik sein. Sozialpolitik im Wortsinn ist Gesellschaftspolitik. Das ist weitaus mehr als eine staatlich organisierte Armenfürsorge. Wir haben das Sozialstaatsgebot in unserer Verfassung. Wir leben in einem reichen Land, in dem es den meisten Menschen gut geht. So soll es auch bleiben.

    (Kolb [CDU/CSU]: Und warum sprechen Sie dann von Armut?)

    Deshalb gehört zu den Aufgaben der Politik mehr, als materielles Elend zu verhindern. Die Aufgabe der Politik ist es, dafür zu sorgen, daß die Menschen aus eigener Kraft in der Lage sind, für ihre Existenz zu sorgen. Sie müssen aus eigener Kraft ihre Rechte und Interessen vertreten können. Aber genau dafür sorgt diese Regierung nicht. Weder vom Haushalt des Bundesarbeitsministers noch vom gesamten Haushalt geht irgendein Impuls aus, um wenigstens einen Teil der fehlenden rund drei Millionen Arbeitsplätze zu schaffen. Sie verwalten die Arbeitslosigkeit, manipulieren ein wenig an der Statistik, und das war es dann auch.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Für die eigene Existenz sorgen, das heißt für fast 90 % der Menschen einen Arbeitsplatz als Arbeitnehmer haben. Für sie heißt die Vertretung der eigenen Interessen und der eigenen Rechte, daß sie auf ein modernes, zeitgerechtes Arbeitsrecht angewiesen sind. Das heißt, der auf Dauer angelegte Arbeitsplatz muß der Normalfall sein. Befristete Arbeit muß auf begründete Ausnahmen beschränkt sein.

    (Reimann [SPD]: Sehr gut!)

    Die Erfahrungen mit Ihrem sogenannten Beschäftigungsförderungsgesetz

    (Kolb [CDU/CSU]: Sind gut!)

    sind eindeutig. Das war ein Fehlschlag.

    (Menzel [SPD]: Das war eine Katastrophe!)

    Aus Zehntausenden Dauerarbeitsplätzen wurde befristete Arbeit. Zusätzliche Arbeitsplätze entstanden
    nicht. Nehmen Sie das Gesetz zurück, Herr Blüm. Damit tun Sie Gutes, und es kostet nicht einmal Geld.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Weil wir gerade beim Zurücknehmen sind: Ihren Entwurf für ein Arbeitszeitgesetz können Sie auch gleich mit zurücknehmen. Sechzigstundenwochen gehören nun wirklich nicht an das Ende der 80er Jahre. Herr Blüm, wir brauchen nicht mehr Überstunden, wir brauchen mehr Arbeitsplätze in der Bundesrepublik.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Bisher waren Sie nicht in der Lage, unsere Anfrage zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung zu beantworten. Der von Ihnen ins Sommerloch geworfene Sozialversicherungsausweis macht deutlich, daß Sie das ganze Problem wie fast alles von hinten aufzäumen. Sie machen sich im Zweifelsfall, Herr Blüm, über den arbeitslosen Bauarbeiter her, der genötigt wird, sich auf illegale Arbeit einzulassen.

    (Beifall der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Aber gegen die Verursacher, gegen die kriminellen Organisationen der illegalen Leiharbeit tun Sie nichts.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Wir sagen Ihnen: Wer illegale Beschäftigung bekämpfen will, der muß gegen die illegalen Verleiher und ihre legalen Auftraggeber vorgehen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Ich wiederhole: Wenn Sozialversicherungsausweise, dann fälschungssicher, arbeitgeberbezogen, Herr Kolb, damit auch sie kontrolliert werden,

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) und datenrechtlich abgesichert.

    Aber immer auf die Kleinen, das ist Ihre Methode. Ihnen kam es offensichtlich einmal mehr auf Schlagzeilen an, aber nicht auf Gestaltung. Gegen den kleinen Schwarzarbeiter vorgehen, das schaffen Sie. Aber das Übel an der Wurzel packen, bei den Auftraggebern ansetzen, dazu fehlt Ihnen der Mut, und da fehlt Ihnen die Durchsetzungskraft.

    (Kolb [CDU/CSU]: Warum haben Sie damals nichts getan, als Sie Staatssekretär waren?)

    Herr Blüm, das ist wie mit Ihren Reiseplänen. Über eine Südafrikareise reden, das können Sie. Aber eine anständige Südafrikapolitik in Ihrer famosen Koalition durchsetzen, das schaffen Sie nicht.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Herr Blüm, das ist der Anspruch zwischen draußen und drinnen.
    Wer oder was hindert Sie eigentlich, die sogenannte 430-DM-Grenze endlich abzuschaffen? Bereits 1981 hat die CDU/CSU über ihre Bundesratsmehrheit eine Gesetzesinitiative der sozialliberalen Koalition verhindert. Herr Blüm, sagen Sie endlich laut, was Ihnen an diesem sozialpolitischen Skandal so erhaltenswert erscheint. Denn, meine Damen und Herren, im Westdeutschen Rundfunk hat Herr Blüm die sogenannte



    Dreßler
    Geringfügigkeitsgrenze — wörtliches Zitat — „eine Quelle von Armut" genannt. Und im Parlament, Herr Blüm? Fehlanzeige! Wieder die Methode: wegtauchen, tarnen und täuschen. Immer wieder die gleiche Methode!
    Für uns steht fest: Wir sind für ein Arbeitsrecht, das zu einer modernen Gesellschaft und selbstbewußten Arbeitnehmern paßt, aber, Herr Blüm, wir sind gegen ein Arbeitsrecht, dem die Knochen gebrochen werden, das auf dem Rücken von Arbeitern, Angestellten und Beamten den gesellschaftlichen Fortschritt um Jahrzehnte zurückwirft.
    Wir haben eine sehr konkrete Vorstellung davon, welche Funktionen die großen sozialen Sicherungssysteme haben. Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung schaffen für viele erst die Voraussetzungen, um frei und selbstbestimmt leben zu können. Eine wirklich freie demokratische Gesellschaft mit unabhängigen, selbstbewußten Bürgerinnen und Bürgern ist deshalb auf ein funktionierendes System sozialer Sicherung angewiesen.
    Mit uns wird es keinen Schritt zur Aushöhlung und Schwächung der großen sozialen Sicherungssysteme geben. Meine Damen und Herren, wer sich einmal vor Augen führt, was es für das eigene Lebensgefühl bedeuten würde, wenn man sich nicht mehr darauf verlassen kann, z. B. im Alter oder bei Erwerbsunfähigkeit eine vernünftige Rente zu bekommen, der wird verstehen, warum wir an dieser Stelle unerbittlich sind. Herr Kolb, solche Methoden sind mit uns nicht zu machen.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE] — Günther [CDU/CSU]: Welche Methoden? — Kolb [CDU/CSU]: Ihr habt das doch inszeniert!)

    — Also, es ist wirklich tragisch: Da fragt dieser CDU-Abgeordnete: Welche Methoden? Herr Günther, gehen Sie doch mal in die Betriebe, wo Hunderte von Teilzeitbeschäftigten befristet beschäftigt sind, wo keine Perspektive mehr besteht, wo sie nach 18 Monaten aufhört, bevor Sie hier solche Zwischenrufe machen. Sehen Sie sich draußen einmal um, was Sie mit diesem sogenannten Beschäftigungsförderungsgesetz angerichtet haben.

    (Beifall bei der SPD — Günther [CDU/CSU]: Schreien Sie mich nicht so an! — Kolb [CDU/ CSU]: Dieses Gesetz ist eine gute Sache!)

    Meine Damen und Herren, wir haben — im Gegensatz zur Bundesregierung — schon in der vergangenen Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur Rentenversicherung vorgelegt. Dessen Elemente sind vom Verband der Rentenversicherer nun weitgehend bestätigt worden. Herr Blüm, nehmen Sie also das Gutachten und unseren Gesetzentwurf, und dann setzen Sie sich endlich hin und fangen an zu arbeiten. Ihnen läuft die Zeit davon und mit ihr das Vertrauen der Versicherten in unser Rentenversicherungssystem, in den Generationenvertrag.
    Hinsetzen und arbeiten: Das gilt auch für die Reform der Krankenversicherung.

    (Günther [CDU/CSU]: Das hätten Sie auch früher mal machen müssen!)

    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat gegen den Widerstand von CDU/CSU und FDP eine Enquete-Kommission zur Krankenversicherung durchgesetzt,

    (Kolb [CDU/CSU]: Weil Sie die Reform verhindern wollen!)

    um ein weiteres Angebot der Sozialdemokraten für eine ungelöste Reform im Gesundheitswesen zu machen und dafür eine breite parlamentarische Grundlage zu schaffen. Erste Eindrücke aus der Enquete-Kommission signalisieren, daß die Regierungsparteien diese Bemühungen ins Leere laufen lassen wollen, daß CDU/CSU und FDP die Absicht haben, eine breite parlamentarische Grundlage zu schaffen und daß sie hier die Arbeit der Parlamentskommission und damit die Vorbereitung einer Reform durch das Parlament nicht ernst nehmen.
    Die Bundesregierung hat keinerlei Reformkonzept. Sachverständige Hilfsangebote des Parlaments nehmen nicht einmal Koalitionsabgeordnete ernst. Dazu schreibt das — auch für Sie — nun wirklich unverdächtige Monatsmagazin „Capital" folgendes:
    In der Führung des Bonner Arbeitsministeriums läuft wenig zusammen. Norbert Blüm fehlen Zeit und Interesse für die Administration. Seine beamteten Staatssekretäre, die ihm diese Aufgabe abnehmen sollen, sind damit überfordert. Folge: Der Informations- und Ideenfluß zwischen Zentrale und Fachabteilung ist gestört.
    Herr Blüm, die notwendigen Konzeptionen zur Lösung der großen sozialpolitischen Probleme verlangen von Ihnen hier endlich auch Leistung.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Herr Blüm, ich erlaube mir an dieser Stelle einen ernstgemeinten Rat: Vielleicht versuchen Sie es einmal weniger mit Interviews, in denen Sie sowieso nur heiße Luft produzieren, und setzen sich schlicht an Ihren Schreibtisch und fangen endlich einmal richtig an zu arbeiten.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Schulaufgaben machen! — Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, es ist nicht zu bestreiten: In Zeiten wie diesen Sozialpolitik zu machen ist sicherlich nicht einfach. Eine Gesellschaft im Wandel, nicht zuletzt im demographischen Wandel, eine schwache Konjunktur, eine schlechte Beschäftigungslage, in den letzten fünf Jahren geplünderte öffentliche Kassen, all das macht es sicherlich nicht leicht.
    Wer sich aber zum Minister für Arbeit und Sozialordnung ernennen läßt, darf sich nicht vor seinen Aufgaben drücken. Sozialpolitik ist Politik für Menschen. Sozialpolitik muß die Grundlage für das Vertrauen der Menschen in den sozialen und demokratischen Rechtsstaat sichern.
    Einerseits haben wir Sozialdemokraten unsere konkreten Gesetzesinitiativen vorgelegt, andererseits haben wir unsere Bereitschaft zur Zusammenarbeit mehrfach ausdrücklich angeboten. Der Arbeits- und Sozialminister ist aktiv auf Pressekonferenzen. Seine Ergebnisse bestehen aus Schlagzeilen. Für die Pro-



    Dreßler
    blemlagen des Arbeitsmarktes und der Sozialpolitik ist das zu wenig. Leistung ist gefragt, Kreativität in der Gestaltung von Lösungen, keine Verwaltung, keine Reparatur, nicht das Aussitzen der schwierigen Aufgaben. Die Antworten verlangen konzeptionelle Arbeit, kein Stückwerk.

    (Kolb [CDU/CSU]: Jetzt widersprechen Sie sich aber!)

    Ich hoffe, Sie sind jetzt noch genauso aufmerksam. Wir haben nämlich unsere Schularbeiten gemacht, meine Damen und Herren von der Koalition,

    (Beifall bei der SPD Lachen und Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

    für jedermann einsehbar. Aber dann müssen Sie natürlich aus Ihren Löchern, aus Ihren Bunkern herauskommen. Auch für Sie liegen unsere Vorschläge vor.
    Ich nenne Ihnen jetzt nur einige wichtige Konzeptionen und Reformvorhaben: unser Rentenreformkonzept, vor drei Jahren von Ihnen belächelt, mittlerweile mit den Vorstellungen der Rentenversicherungsträger bis über 70 % deckungsgleich — warum haben Sie nicht schon vor drei Jahren angefangen, sich damit konstruktiv auseinanderzusetzen? — , unsere Konzeption eines modernen, in die Zeit passenden Arbeitszeitgesetzes, unsere Antragskonzeption zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung, unser Zukunftsinvestitionskonzept Arbeit und Umwelt, ein modernes Betriebsverfassungsgesetz, eine zeitgemäße Jugend- und Auszubildendenvertretung, die Einbindung der Teilzeitarbeit in den großen Rahmen des Arbeitsrechts,

    (Seiters [CDU/CSU]: Alles sehr „konkret"!)

    die Beendigung der Teilzeitarbeit als Beschäftigung zweiter Klasse, die Aufhebung unterschiedlicher Kündigungsfristen zwischen Arbeitern und Angestellten, um nur einige zu nennen.

    (Seiters [CDU/CSU]: Das sind nur Schlagzeilen!)

    Überall da, Herr Seiters, ist bei Ihnen Fehlanzeige. Wegtauchen ist die Methode.
    Meine Damen und Herren, die soziale Ordnung der Bundesrepublik, gewachsen in mehr als 30 Jahren, ist eine der entscheidenden Errungenschaften dieser Republik. Der Sozialpolitik ist die Aufgabe gestellt, sich fortzuentwickeln, einer sich ständig ändernden Welt anzupassen. Unsere soziale Ordnung muß verteidigt werden, verteidigt werden gegen kurzsichtigen Egoismus.

    (Kolb [CDU/CSU]: Aber nicht ruiniert werden!)

    Sie muß verteidigt werden gegen gesellschaftliche Kräfte, die den Wert eines entwickelten Sozialstaates nie begriffen haben. Ihr Zwischenruf, Herr Kolb, deutet darauf hin, daß Sie das wohl auch nicht begriffen haben.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Ich gehöre zu denen, die zahlen müssen, was Sie nie tun, Herr Dreßler!)

    Wenn der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zum Spielball unterschiedlicher Interessengruppen in seiner Koalition wird, wenn die tägliche Schlagzeile für ihn wichtiger wird als die Arbeit am Detail, dann ist nach Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion Gefahr im Verzuge, und zwar Gefahr für die, die auf einen funktionierenden Sozialstaat angewiesen sind. Dann wird nämlich Vertrauen in diese gesellschaftliche Ordnung zerstört.
    Deshalb müssen wir den Haushalt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in den kommenden Ausschußberatungen grundlegend umgestalten.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Fuchtel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Joachim Fuchtel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Nach dieser Vorrede möchte ich zunächst feststellen: Diese Regierung hat es in der Vergangenheit erheblich besser verstanden, mit den schwierigen Problemen der Sozialpolitik fertig zu werden, als alle Chefskeptiker von A wie Apel bis V wie Vogel hier prognostiziert haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Erfahrung zeigt dem Bürger, mit welchen Horrorgemälden Sie hier vorgehen. Für uns ergibt sich darauf Zuversicht für die künftige Arbeit.
    Das von der Koalition vereinbarte Sozialprogramm wird Schritt für Schritt umgesetzt. Zusagen vor der Wahl wurden umgehend eingehalten: die Verlängerung des Bezugs von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitslose, die rentenrechtliche Anerkennung von Erziehungsleistungen älterer Frauen, die erste Stufe der Sicherung der Montan-Mitbestimmung, das Soldatenversorgungsgesetz und die Anpassung der Renten- und Kriegsopferversorgung. Alles in wenigen Wochen. Die Sozialpolitik befindet sich völlig im Zeitplan der Koalitionsvereinbarungen. Dafür gebührt vor allem Norbert Blüm unser herzlicher Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Von der SPD wurde uns in den letzten Tagen immer wieder der Vorwurf einer zu hohen Verschuldung gemacht. Wenn wir Ihnen gefolgt wären, hätten wir bereits für Ihre Forderungen in der jetzigen Legislaturperiode im Rahmen der eben genannten Gesetzgebungsverfahren viele Milliarden DM mehr aufbringen müssen, allein für Ihre Alternative zur 7. Novelle des AFG über 4,5 Milliarden DM mehr.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Warum denn nicht!)

    Sie kommen mir wie jemand vor, der in einen Supermarkt geht, um einzukaufen, und der überhaupt nicht weiß, daß er nicht genug Geld dabei hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    So kann man keine Sozialpolitik machen. Es müssen Prioritäten gesetzt werden.
    So werden wir die grundlegenden Fragen des Gesundheitswesens und der Rentenversicherung noch in diesem Herbst mit zwei Zielsetzungen angehen:



    Fuchtel
    Erstens. Die Stabilität der sozialen Sicherungssysteme bei veränderter demographischer Entwicklung muß über dieses Jahrhundert hinweg für die nächste Generation gesichert werden.
    Zweitens. Die Lohnnebenkosten müssen begrenzt werden.
    Der Sozialhaushalt bietet dafür eine gute Grundlage. 39,5 Milliarden DM sind im Entwurf des Bundeshaushaltes 1988 für die Sozialversicherung vorgesehen. Dies ist mehr als jemals zuvor.
    Ich kann, nachdem Sie vorhin so giftig angefangen haben, nicht auf einen Rückblick verzichten. Wie war es denn z. B. bei der Rente? Die Rentenanpassung wurde von 1978 auf 1979 verschoben,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Schnee von gestern!)

    dann wurden die Rentenanpassungssätze 1979, 1980 und 1981 um insgesamt 12,2 % gekürzt. Dies gibt es in unserer Politik nicht.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Abwarten!)

    Wenn wir schon über Kindererziehungszeiten reden: Wie war es da eigentlich? Sie haben nur geredet, nie gehandelt. Die benötigten 1,9 Milliarden DM für das Jahr 1988 stehen bei uns ganz solide im Sozialhaushalt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die SPD hat in dieser Debatte moniert, daß in der mittelfristigen Finanzplanung keine Mittel für die Anhebung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung eingestellt worden seien. Zweifellos wird dies auf uns zukommen. Wenn die Ergebnisse der Verhandlungen vorliegen, wird auch gehandelt. Sie aber nehmen den Kaffee bereits am Abend und kochen ihn für den nächsten Tag. Man erledigt Dinge immer dann, wenn es Zeit dafür ist.
    Ein Wort zur Kriegsopferversorgung: Unrichtig ist, wenn behauptet wird, es sei nichts geschehen. Richtig ist, daß es weitergehende Forderungen seitens der Verbände gibt, die noch nicht erfüllt werden konnten. Die Kriegsopferversorgung gehört zu den Aufgabenbereichen, die noch in dieser Legislaturperiode angegangen werden. Auf jeden Fall ist aber ab 1. Juli 1988 wiederum mit einer Erhöhung der Renten- und Kriegsopferleistungen entsprechend der Lohnentwicklung zu rechnen.
    Bei den Renten ist der gesetzliche Höchststand des Rentnerkrankenversicherungsbeitrages erreicht. Die nächste Anpassung erfolgt also an der Bruttolohnentwicklung, dies bei Preisstabilität. Das heißt: Das Nettoeinkommen für die Rentner wird abermals steigen. Das ist solide Sozialpolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist nach wie vor die größte sozialpolitische Herausforderung. Die Probleme des Arbeitsmarktes lösen wir nicht mit neuen bürokratiegeschwängerten Beschäftigungsprogrammen. Unser Konzept wurde in den letzten Tagen immer wieder vorgestellt. Wenn unsere Politik so schlecht wäre, wie Sie sie hier machen, dann dürfte es keine 650 000 zusätzlichen Arbeitsplätze geben. Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Verlorene Arbeitsplätze sind hier schon abgezogen; die Leistungsbilanz weist ein Plus von 650 000 Arbeitsplätzen und nicht ein Minus wie in früheren Zeiten aus.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Arbeitsmarktpolitik muß mit außergewöhnlichen Zuwächsen an Erwerbspersonen fertig werden. Es sind nicht nur die starken Jugendjahrgänge. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß von den Neuanmeldungen nicht weniger als über 31 % Personen ohne vorherige Erwerbstätigkeit waren. Da sind auch Auswirkungen einer stärkeren Erwerbstätigkeit der Frauen zu spüren. Die Zahlen steigen und zeigen: Unsere Politik der Wahlfreiheit für die Frau wird wirksam und wirksamer, und dies schafft natürlich auch zusätzliche Probleme auf dem Arbeitsmarkt. Aber wir nehmen dies in Kauf, weil wir davon überzeugt sind, daß wir die Wahlfreiheit der Frau in der heutigen Zeit verwirklichen müssen, und wir nehmen auch Ihre Kritik dafür in Kauf, daß dadurch die Arbeitslosenzahlen nicht so konsequent zurückgeführt werden können.
    Noch eine Differenzierung ist notwendig. Von den 2,164 Millionen Arbeitslosen im August waren 1,344 Millionen Leistungsempfänger; über 820 000 hatten überhaupt keinen Anspruch auf Leistungen. Nur ein sehr geringer Teil davon ist auf Sozialhilfe angewiesen. Arbeitslosmelden kann aber in bestimmten Fällen zur Erhaltung und zur Erhöhung von Rentenanwartschaften führen. Dies ist gerechtfertigt, solange eine tatsächliche Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme besteht. Wo dies nicht der Fall ist, ist es auch nicht gerechtfertigt, den Leistungskatalog des Arbeitsförderungsgesetzes in Anspruch zu nehmen. Noch in diesem Jahr werden wir deswegen dafür eine klärende Regelung schaffen. In dieser achten Novelle werden wir dann auch die mißbräuchliche Inanspruchnahme des Leistungskatalogs weiter verhindern. Wir werden Verwaltungsvereinfachungen vornehmen, und wir werden die Benachteiligtenprogramme des Bundes in die Zuständigkeit der Bundesanstalt übertragen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Noch eine Drohung!)

    Vorgestern wurde hier von Herrn Apel gesagt, daß wir bei der Bundesanstalt für Arbeit mit Defiziten zu rechnen hätten. Dazu möchte ich Ihnen zu bedenken geben: Es wäre schon gut, wenn Sie von der SPD auf diesem Gebiet etwas sensibler würden, sich an Ihre früheren Sünden erinnern würden. Das Minus betrug bei der Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 1981 nicht weniger als 8,2 Milliarden DM; 1982 waren es rund 7 Milliarden DM. Jetzt haben wir einen Überschuß.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Wir haben die Kastanien aus dem Feuer geholt, und wir werden auch dafür sorgen, daß nichts wieder anbrennt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Reimann [SPD]: Sie haben keine Kastanien aus dem Feuer genommen, Sie haben den Leuten das Geld weggenommen! — Kolb [CDU/CSU]: Wem haben wir es weggenommen?)




    Fuchtel
    Die Arbeitsmarktpolitik ist ein Bestandteil einer Politik zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Von großer Bedeutung ist das Verhalten der Tarifpartner selbst. Ich appelliere, die Möglichkeiten zur flexibleren Arbeitszeitgestaltung stärker zu nützen. Ich appelliere an alle Seiten: Die Tarifautonomie ist ein hohes Gut; Autonomie verpflichtet aber auch die Vertragsparteien zu Abschlüssen, die tatsächlich zur Zunahme von Beschäftigungszahlen und dem Abbau der Arbeitslosigkeit führen. Maßhalten, das bewährte Rezept von Ludwig Erhard, ist heute so aktuell wie damals.
    Meine Damen und Herren, eine gute Wirtschaftspolitik ist Voraussetzung für eine gute Sozialpolitik, die allerdings bezahlbar sein muß. Bei dem, was Sie uns vorher hier vorgegeben haben, Herr Dreßler, haben Sie ganz bewußt keine Zahlen genannt, weil Sie uns natürlich wie immer den Beweis schuldig bleiben, was die Dinge kosten, die Sie uns hier vortragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Unruh [GRÜNE]: Aber erst Ihr Finanzminister! Das ist doch unverschämt!)

    Auf einer Glatze kann man keine Locken wickeln. Das ist doch ganz einfach, und das müßten Sie genauso wissen wie wir.
    Meine Damen und Herren, es fehlt uns nicht an weiteren wichtigen Aufgaben. Ich nenne z. B. die Absicherung des Risikos der Pflege im Alter. Die aktuelle Situation verlangt eine Konzentration. Dies wird in diesem Haushalt geleistet.
    Die CDU/CSU ist daran interessiert, daß in diesen wichtigen Punkten dieser reformerischen Phase der Gesellschaftspolitik ein möglichst breiter Konsens erzielt wird. Voraussetzung ist allerdings, daß man aufhört, diese Neidparolen weiter zu benutzen, um Politik in unserem Land zu machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Unruh [GRÜNE]: Geht das schon wieder los?)

    Neid schafft sozialen Unfrieden und

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Sie schaffen den doch!)

    bringt die Leute auseinander. Wer ständig vom Frieden redet, der sollte dran denken, daß der Friede im Kleinen anfängt. Wer Frieden will, der sollte nicht den Neid anstacheln. Dies möchte ich Ihnen zum Schluß sagen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)