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    Plenarprotokoll 11/24 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 24. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. September 1987 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Jahn (Marburg) 1563 A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/700) in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksache 11/701) Dr. Vogel SPD 1563 a Dr. Waigel CDU/CSU 1576 D Ebermann GRÜNE 1586 B Ronneburger FDP 1590 B Dr. Kohl, Bundeskanzler 1593 B Dr. Vogel SPD (Erklärung nach § 30 GO) 1602 C Dr. Ehmke (Bonn) SPD 1602 C Frau Geiger CDU/CSU 1607 C Frau Hensel GRÜNE 1610 B Genscher, Bundesminister AA 1611 D Frau Wieczorek-Zeul SPD 1615 D Wimmer (Neuss) CDU/CSU 1618 C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 1620 A Frau Seiler-Albring FDP 1622 D Kühbacher SPD 1624 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg 1626 D Horn SPD 1632 B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 1633 D Dr. Penner SPD 1636 B Möllemann, Bundesminister BMBW 1642 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 1643 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 1646D Dr. Hirsch FDP 1649 B Bernrath SPD 1651 C Engelhard, Bundesminister BMJ 1653 C Dr. de With SPD 1655 B Dr. Wittmann CDU/CSU 1658 D Häfner GRÜNE 1660 D Lüder FDP 1663 C Nächste Sitzung 1664 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 1665* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. September 1987 1563 24. Sitzung Bonn, den 10. September 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 10. 9. Antretter * 11. 9. Frau Beck-Oberdorf 11. 9. Frau Blunck * 10. 9. Böhm (Melsungen) ** 11. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Bühler (Bruchsal) * 10. 9. Dr. von Bülow 11. 9. Catenhusen 11. 9. Eigen 11. 9. Dr. Feldmann ' 11. 9. Großmann 11. 9. Frau Dr. Hellwig 11. 9. Hoss 11. 9. Irmer 11. 9. Jansen 11. 9. Jung (Lörrach) 11. 9. Lemmrich * 10. 9. Frau Luuk * 11. 9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller * 10. 9. Niegel * 11. 9. Oostergetelo 11. 9. Rawe 11. 9. Reddemann ** 11. 9. Schäfer (Mainz) 11. 9. Dr. Scheer * 11. 9. Schmidt (München) ** 11. 9. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 9. von Schmude ** 11. 9. Schröer (Mülheim) 11. 9. Dr. Sperling 11. 9. Tietjen 11. 9. Dr. Unland ** 10. 9. Volmer 11. 9. Dr. Vondran 10. 9. Dr. Wieczorek 11. 9. Wieczorek (Duisburg) 11. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Michaela Geiger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Bundesrepublik wirklich ein so trauriges Land mit einer so traurigen Politik wäre, wie Sie es jetzt gerade geschildert haben, Herr Professor Ehmke, dann wollte ich hier wirklich nicht leben. Aber es ist glücklicherweise ganz anders. Es geht den meisten unserer Bürger — natürlich mit Ausnahmen, das will ich nicht verkennen — wesentlich besser als noch vor wenigen Jahren unter Ihrer Regierungsverantwortung.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Das ist unzutreffend!)

    Das verdanken wir einer guten Regierung, und die wollen wir fortführen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Professor Ehmke, Sie haben in der Europadebatte dieses Jahres, aber auch heute wieder eine gemeinsame europäische Initiative angeregt. Eine solche Initiative wäre in der Tat zu begrüßen, wenn darunter der Wille zur Rückkehr zu gemeinsamen Positionen, wie sie früher einmal bestanden haben, zu verstehen wäre. Aber wenn Sie mit der SPD, wie mir scheint, lediglich versuchen wollen, unsere Zustimmung zu Ihrer Nebenaußenpolitik zu erhalten, dann wird das mit uns nicht zu machen sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Besser als gar keine!)

    Wenn Sie sich heute in Ihrer Rede zum Anwalt der Bundeswehr und unserer Verteidigungskraft machen, dann möchte ich Sie doch bitten, einmal zu überlegen, wie oft Sie und Ihre Fraktion Streichungsanträge zum Verteidigungshaushalt gestellt haben.

    (Zuruf von der SPD: Das war auch richtig!)

    Wenn wir all dies berücksichtigt hätten, dann wäre unsere Bundeswehr heute nicht mehr verteidigungsfähig.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: So ist es!)

    Nun aber zur Außenpolitik, zu meinem heutigen Thema. Wohl und Wehe der Bundesrepublik Deutschland mit ihrer besonderen geostrategischen Lage hängen wie selten anderswo auf der Welt von den außenpolitischen Gegebenheiten und von den außenpolitischen Ereignissen ab. Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hat es einmal so formuliert: „Die Mittellage Deutschlands war Versuchung und Verhängnis gleichermaßen. " Diese geschichtlichen Zusammenhänge sind uns heute bewußter denn je; denn die



    Frau Geiger
    Koordinaten der Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland, die uns durch unsere jüngere Geschichte und durch die neuesten Entwicklungen vorgegeben sind, sind für uns ganz gewiß nicht einfacher geworden.
    Die Bundesrepublik Deutschland einschließlich ihres freiheitlichen Vorpostens Berlin liegt an der Trennungslinie zwischen Ost und West, an der Trennungslinie zwischen Kommunismus und einem freiheitlichen System. Diese Trennungslinie teilt nicht nur Deutschland und ganz Europa, sie zwingt auch das deutsche Volk gegen seinen Willen, in zwei Staaten zu leben. Wir tun gut daran, gerade in diesen Tagen diese bittere Wahrheit nicht aus den Augen zu verlieren.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Auch wenn es der Herr Ebermann nicht hören will!)

    Wir leben hier im freien Teil unseres deutschen Vaterlandes. Wir haben die Möglichkeit, nach bestem Wissen und Gewissen auch die Interessen unserer Landsleute jenseits der innerdeutschen Grenze zu vertreten. Diese im Grundgesetz verankerte Rechtspflicht ist zugleich die innere Legitimation für unsere Bemühungen um Dialog, um sachliche Verständigung, um Erleichterungen zugunsten der Bürger in beiden deutschen Staaten. Wir werden uns nicht davon abbringen lassen, für das deutsche Volk das zu fordern, was nach der Charta der Vereinten Nationen allen Völkern zusteht, nämlich das Recht auf Selbstbestimmung. Die deutsche Frage offenzuhalten heißt, in der Welt um Verständnis für das Recht und den Wunsch der Deutschen nach individueller und nationaler Selbstbestimmung zu werben.
    Die erste, wenn auch langfristige Hauptaufgabe der deutschen Außenpolitik ist es, die Teilung Deutschlands und Europas schrittweise und friedlich zu überwinden und den trennenden Charakter dadurch zu mildern, daß die Menschenrechte auf beiden Seiten beachtet werden. Daran hat der Bundeskanzler beim Besuch von Herrn Honecker und auch heute wieder unmißverständlich erinnert. Dies werden wir mit Nachdruck auch weiterverfolgen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kühbacher [SPD]: Sie dürfen den Kanzler nicht so viel loben!)

    Der Rückhalt bei unseren Partnern im freien Teil Europas ist dabei eine Grundvoraussetzung. Der europäische Einigungsprozeß im Namen der EG hat Modellcharakter für ein ganzes, geeintes Europa. Er beweist, daß trotz mancher Rückschläge, z. B. auf dem Agrarsektor, Aussöhnung und gleichberechtigte Partnerschaft zum Vorteil aller möglich sind. Nur wenn Europa mit einer Stimme sprechen lernt, wird es die ihm gebührende Rolle in der Welt einnehmen und gleichberechtigter Partner der USA werden können. Nicht zuletzt die Abrüstungsbeschlüsse der letzten Zeit haben uns dies ganz drastisch vor Augen geführt.
    Im Schnittpunkt des Ost-West-Gegensatzes gelegen, ist es für uns wesentlich und lebenswichtig, den Frieden in Freiheit, in dem die Bürger in der Bundesrepublik seit Ende des Zweiten Weltkrieges leben können, zu sichern und zu erhalten. Wir können aus
    eigener Kraft unsere Sicherheit nicht gewährleisten; denn uns gegenüber steht die konventionell und nuklear hochgerüstete Weltmacht Sowjetunion.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Immer derselbe Käse!)

    Trotz der gegenwärtigen Reformbedingungen, trotz einer gewissen Auflockerung, die ich gar nicht verniedlichen möchte, in den Ost-West-Beziehungen sehe ich keine Anzeichen, daß sich in der expansiven Zielsetzung der sowjetischen Außenpolitik etwas Grundlegendes geändert hätte.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: So ist es!) Unsere Bedrohungen bestehen fort.

    Die Funktionsfähigkeit des Atlantischen Bündnisses ist unsere Lebensversicherung. Die Pflege der Bündnisbeziehungen zwischen Europa und Nordamerika ist daher für uns lebenswichtig. Als Außen- und Sicherheitspolitiker haben wir uns an die Fakten zu halten. Tatsache ist nun einmal, daß der militärische Machtaufbau der Sowjetunion auch unter Gorbatschow bisher ungebrochen weitergeht. Auch nach den Beschlüssen zur doppelten Null-Lösung hat die sowjetische Führung durch die zahlenmäßige Überlegenheit der Sowjetunion bei fast allen Waffengattungen Spielräume, die sie nutzen kann, ohne von ihrer bisherigen Machtpolitik abrücken zu müssen. Nach den Entscheidungen von Reykjavik geht es darum, die NATO-Politik so zu beeinflussen, daß unser Land nicht eines Tages die Hauptlast eines hohen Risikos für Menschen und Land tragen muß.
    Vor diesem Hintergrund müssen wir uns Gedanken über ein umfassendes Abrüstungskonzept machen, das die Raketen unter 500 km Reichweite, die konventionellen und die chemischen Waffen umfaßt und das unsere Sicherheit auf die gleiche Stufe wie die unserer Partner stellt.
    Als exponiertester Bündnispartner muß unsere Strategie auf die Verhütung jeden Krieges in Europa — eines nuklearen wie eines konventionellen — ausgerichtet sein; denn auch ein ausschließlich konventioneller Krieg in Europa würde die Existenz des gesamten deutschen Volkes aufs Spiel setzen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Deswegen ist die DDR auch für Abrüstung und wir auch!)

    Unser Wohlstand und unsere soziale Stabilität hängen zu einem erheblichen Anteil von außenpolitischen Vorgängen ab. Die Leistungskraft der deutschen Wirtschaft setzt einen gut funktionierenden offenen Weltmarkt voraus. Wir sind gleichermaßen auf Rohstoffeinfuhren wie auf die Ausfuhr hochwertiger technologischer Güter angewiesen. Deshalb sind wir auch durch nahezu jede krisenhafte Entwicklung in der Dritten Welt in unseren eigenen Interessen direkt betroffen, ob es sich nun um das südliche Afrika, um den Persischen Golf oder um Mittelamerika handelt.
    Die Expansion der sowjetischen Machtpolitik in neue Räume in Asien, Afrika und Zentralamerika hat die Krisensituation natürlich nicht entschärft. Die anhaltende Besetzung Afghanistans durch sowjetische Truppen und die Okkupation Kambodschas durch Vietnam sind gravierende Beispiele dafür. Die Menschenrechtsverletzungen in diesen beiden Ländern



    Frau Geiger
    sollten wir neben denen auf dem Kriegsschauplatz Iran— Irak ganz gewiß nicht außer acht lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Blüm wird schon hinfahren!)

    Auf allen von mir bisher angesprochenen Feldern der deutschen Außenpolitik hat die Koalition eine Erfolgsbilanz aufzuweisen, die sich sehen lassen kann. Niemand kann bestreiten, daß das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen in den letzten Jahren gewachsen ist. Dem Geschick des Kanzlers und seiner Bundesregierung ist es zu verdanken, daß dies mit einer wachsenden Kooperation mit den Staaten in Mittel- und Osteuropa einherging. Auch unser bayerischer Ministerpräsident hat da einen sehr wertvollen Beitrag geleistet.

    (Zurufe von der SPD: Na endlich! — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Sehr richtig! Was wahr ist, darf man ja auch sagen! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Die Staatskanzlei läßt grüßen!)

    Diese Zusammenarbeit ist breiter geworden. Sie beschränkt sich nicht nur auf den wirtschaftlichen und auf den technologischen Bereich. Wenn in Kürze mit Ungarn die Einrichtung des ersten echten Kulturinstituts der Bundesrepublik Deutschland in einem Land des Warschauer Pakts vereinbart werden kann, dann werden hier ganz neue Perspektiven der Zusammenarbeit aufgezeigt. Das ist ein weiterer neuer wichtiger Weg.

    (Dr. Vogel [SPD]: Hat das auch Herr Strauß vereinbart?)

    Der Osten kann dem Thema Menschenrechte heute nicht mehr ausweichen. In den Ländern des Warschauer Pakts — in einigen mehr als in anderen — liegt noch vieles im argen, aber, wie gesagt, der Osten kann sich dem Thema Menschenrechte nicht mehr entziehen. Der KSZE-Rahmen muß von uns hierfür voll ausgeschöpft werden, und wir sind zuversichtlich, daß das laufende Wiener KSZE-Folgetreffen hier auf Grund der Bemühungen der Bundesregierung Verbesserungen bringen kann.
    In der Europäischen Gemeinschaft sind wir ein ganz entscheidendes Stück vorangekommen. Mit dem fristgerechten Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte bietet sich zum erstenmal die Chance eines die gesamte Europäische Gemeinschaft umfassenden Binnenmarktes. Davon versprechen wir uns Impulse, die dem Aufschwung vergleichbar sind, die damals die Römischen Verträge ausgelöst haben. Mehr noch: Europa wird erkennen müssen, daß zu seiner Identität auch eine sicherheitspolitische Komponente gehört.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Auch hier ist die bewährte deutsch-französische Zusammenarbeit wieder Motor des Ganzen gewesen. Die Initiative von Bundeskanzler Kohl zur Schaffung einer gemeinsamen deutsch-französischen Brigade ist dabei ein zukunftsweisender Gedanke.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Sehr richtig! — Dr. Vogel [SPD]: Ausgliederung aus der NATO, ja?)

    Unsere Bündnisbeziehungen sind wieder fest. Das Zwielicht, in das sie durch den Schlingerkurs der SPD-Regierung anfang der 80er Jahre geraten waren, hat einer umfassenden vertrauensvollen Zusammenarbeit Platz gemacht. Dies hat den Boden bereitet für die sowjetische Rückkehr an den Verhandlungstisch und hat die Ergebnisse, die sich jetzt abzeichnen, erst möglich gemacht.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Unser Land, dessen Existenz so sehr von außenpolitischen Faktoren abhängt, würde allerdings sehr viel besser fahren, wenn die Grundlinien der Außenpolitik zwischen Regierung und Opposition unstreitig wären. Wir, die CDU/CSU, haben uns als Opposition an diese Maxime gehalten und damals wesentliche Teile der Außen- und Sicherheitspolitik mitgetragen. Am Schluß haben wir sie allein getragen. Sie, meine Damen und Herren von der SPD, haben jedoch seit der Bonner Wende im wesentlichen Obstruktionspolitik betrieben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Horn [SPD]: Sie sind ein richtiger Spaßvogel! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Seit Sie sich 1982/83 in Raten aus dem von Ihnen mit herbeigeführten NATO-Doppelbeschluß davonstahlen, haben Sie immer wieder Positionen eingenommen, die nur aus der Übernahme von sowjetischen Positionen bestanden haben.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das hat der Stoiber alles geschrieben! Das können Sie doch hier nicht alles vorlesen! — Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Sie haben mit der SED und anderen kommunistischen Staatsparteien formelle Verhandlungen geführt und sind mit dieser Nebenaußenpolitik der Bundesregierung in den Rücken gefallen.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    Dieses Techtelmechtel, insbesondere mit der SED, schadet unseren deutschen Interessen, wie sie im Grundgesetz festgelegt sind.
    Während von SPD und GRÜNEN fast alles, was aus Moskau kommt, beklatscht wird, wurden oft genug amerikanische Vorschläge und Initiativen in Bausch und Bogen abqualifiziert. Jüngstes Beispiel ist die Kritik der SPD am Engagement der USA im Persischen Golf.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Daß der Franz Josef da immer jagen geht, macht mich ideologisch auch schon sehr nachdenklich!)

    Dabei müßte Ihnen doch klar sein, daß die USA dort die Freiheit der Schiffahrt garantieren, daß sie der Friedenserhaltung dienen, was für unsere export- und importabhängige Wirtschaft von vitalem Interesse ist.
    Viele unserer Freunde und Nachbarn beteiligen sich inzwischen an dieser Aufgabe im Golf. Der deutsche Solidaritätsbeitrag wurde von Verteidigungsminister Dr. Wörner angesprochen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Angeboten und von Genscher abgelehnt! So geht es da zu!)




    Frau Geiger
    Wir müssen uns überlegen, wie wir helfen können, wie wir die USA entlasten können. Man kann sich darüber unterhalten, auf welche Weise das geschehen kann, aber wir sollten es nicht bei der Ankündigung belassen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Was schlagen Sie da denn vor? — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Mehr Geld für mehr Fregatten, und die im Nordatlantik!)

    Bei unserer Erfolgsbilanz der Außenpolitik gibt es noch ein weiteres wichtiges Feld, das ich noch ganz kurz ansprechen möchte, weil dieses Feld derzeit von meinem Vorgänger Johnny Klein betreut wird, die Entwicklungspolitik. Der Beitrag, den die Bundesregierung zur inneren und äußeren Befriedung der Dritten Welt leistet, ist in der Welt unbestritten. Wir tun dies nicht nur mit politischen und diplomatischen Mitteln, sondern mit konkreter Hilfe zum Aufbau wirtschaftlich und sozial tragfähiger Strukturen in all den Ländern, die sich darum bemühen und die gleichzeitig ihre Unabhängigkeit wahren und stärken wollen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Das glaubt selbst Herr Geißler nicht, was Sie da sagen!)

    Die Solidarität, die die Bundesregierung bei der Renaissance der Demokratien in Lateinamerika und bei der Festigung demokratischer Verhältnisse bewiesen hat, hat breite Anerkennung gefunden, Frau Unruh.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Nein, nein!)

    — Sie sollten sich mal erkundigen. — Nicht mit unserer Hilfe rechnen können dagegen solche Staaten, die ihre Nachbarn destabilisieren oder gar mit Krieg überziehen

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Also keine Entwicklungshilfe für die USA!)

    oder die die elementaren Menschenrechte unterdrücken. Deshalb können weder Vietnam noch Nicaragua, noch Chile Empfänger deutscher Entwicklungshilfe sein.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Was?)

    Unsere Entwicklungshilfe hat in der ganzen Welt einen guten Ruf.

    (Frau Unruh [GRÜNE]:: Folter ist Folter!)

    Auf die Bundesregierung ist in der Dritten Welt Verlaß; sie ist ein Partner, auf den Verlaß ist.
    Die Bundesrepublik Deutschland ist überhaupt unter unserer Regierungszeit ein Partner geworden, auf den man sich verlassen kann. Diesen verläßlichen und berechenbaren Kurs werden wir fortsetzen. Wir werden unseren Erfolgskurs auch in den kommenden Jahren fortsetzen, auch wenn es Ihnen nicht gefällt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Unruh [GRÜNE]: Nein, im Leben nicht! Dann wäre ja schon übermorgen Krieg!)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Hensel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karitas Dagmar Hensel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war schon ein merkwürdiges Gefühl, als ich in diesen Tagen das „Neue Deutschland" zu Gesicht bekam. Da wird dem Bundeskanzler die Ehre erwiesen, sich im Zentralorgan der SED an die Menschen in der DDR zu wenden. Auch wenn es nur die Tischreden waren, die man hier nachlesen konte, enttäuschte es mich und sicher auch viele Leserinnen und Leser in der DDR,

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Gehören Sie zu den Abonnenten?)

    mit welch dürftigen Worten dieser Bundeskanzler zu den wesentlichen Fragen der deutsch-deutschen Politik Stellung bezogen hat. Diese Beiträge haben sicher nicht die Lesbarkeit des „Neuen Deutschland" erhöht.

    (Lachen des Abg. Dr. Bötsch [CDU/CSU] — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Ihre Sorge ist rührend!)

    Im Gegenteil, sie haben sich nahtlos der üblichen Qualität angepaßt.
    Selten hatte diese Bundesregierung bisher die Gelegenheit, ein außenpolitisches Ereignis als innenpolitisches Jubelfest zu feiern, mit allen militärischen Ehren und allem Pomp, die nationale Empfindungen wachrufen und die mich betroffen machen und die mir sehr fremd sind.
    Wir GRÜNEN halten es deshalb für außerordentlich wichtig, daß hier und heute im Rahmen der außenpolitischen Debatte über die Ereignisse und die Folgen des Staatsbesuchs geredet wird, obwohl ein solcher nach den Begriffen der Bundesregierung eigentlich nicht stattgefunden hat.
    Diese Bigotterie ist für die verworrene Deutschlandpolitik dieser Bundesregierung und der Regierungsparteien bezeichnend,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    wovon uns am heutigen Vormittag der Kollege Waigel wieder eine Hochglanzvorstellung geliefert hat.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Ich bedanke mich!)

    Sprachregelungen werden als Politikersatz benutzt.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Demgegenüber steht für alle rational denkenden Beobachter dieses Besuchs fest, daß hier eine Chance besteht, einen ersten wichtigen Schritt zur Aufnahme normaler außenpolitischer Beziehungen mit der DDR zu tun. Gerade deshalb bewerten wir diesen Staatsbesuch positiv, ohne zu verkennen, daß bis zur Erreichung dieses Ziels noch viele Hürden zu nehmen sind.
    Gerade weil wir diesen positiven Ansatz sehen, muß die Frage erlaubt sein, was dieser Besuch an konkreten Ergebnissen gebracht hat. Ein Besuch mit welchen Folgen also?
    Sie werden sagen: Es sind ja drei Abkommen unterzeichnet worden. Das stimmt. Aber niemand kann aus diesen unverbindlichen Rahmenerklärungen allein positive Schlüsse ziehen. Denn bislang ist darauf verzichtet worden, klare, in die Zukunft weisende Worte zu sagen, die diese Abkommen mit Leben füllen.



    Frau Hensel
    Wir werden abwarten, was gemeinsam für den Umweltschutz getan wird. Wir werden abwarten, ob es zu Reiseerleichterungen auch für die Berliner auf beiden Seiten der Mauer kommen wird. Wir werden auch abwarten, ob Einreiseverweigerungen der DDR gegenüber GRÜNEN und anderen Reisenden zukünftig aufgehoben werden.
    Morgen ist der Besuch vorbei, das Jubelfest vorüber. Die immer wieder geforderten Erleichterungen und positiven Folgen für die Menschen hat er jedenfalls nicht gebracht.

    (Lachen des Abg. Dr. Bötsch [CDU/CSU])

    All dies zeigt uns zum wiederholten Male, daß sich die Deutschlandpolitik der Bundesregierung, vor allem der CDU/CSU, in einer Sackgasse befindet, aus der ohne eine Neuformulierung politischer Positionen mit klaren Worten keine Wendemöglichkeit besteht.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Es ist an der Zeit, realitätstüchtige deutschlandpolitische Vorstellungen zu entwickeln, die sich gegen die deutschnationalen Wiedervereinigungsforderungen hier und gegen die Beschneidung von Freiheit und Demokratie und gegen die Menschenrechtsverletzungen in der DDR richten

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    und die letztlich dazu dienen, den Menschen der beiden Staaten demokratische, kulturelle und soziale Freiheiten über die Staatsgrenze hinweg zu bringen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Gerade angesichts der europäischen Entspannungs- und Friedenspolitik, die erst in dieser Sekunde in Bewegung geraten ist, erweist sich heute wieder deutlich die formulierte Deutschlandpolitik als Hemmschuh und Anachronismus.
    Grüne Deutschlandpolitik setzt deshalb auf eine Anerkennung der Nachkriegsrealitäten in Europa, auf eine Selbstanerkennung der Bundesrepublik Deutschland sowie auf eine Demokratisierung und Normalisierung der Beziehungen beider deutscher Staaten,

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    vor allem zum Nutzen der Menschen, die in diesen wohnen, leben und arbeiten.
    Damit sind wir offenbar im Gegensatz zu den Vorstellungen von Herrn Waigel — der leider nicht mehr anwesend ist — , für den die DDR kein Partner sein kann. Wenn diese Aussage, Herr Waigel, zu einer konsequenten Haltung der Bundesregierung führen würde, dürfte diese Regierung zu vielen Staaten dieser Erde keine partnerschaftliche Beziehung haben.

    (Rühe [CDU/CSU]: Sicherheitspartner?!)

    Wir GRÜNEN meinen, daß Verhandlungen über diese Fragen im Rahmen des KSZE-Prozesses geführt werden müssen, und fordern daher die Bundesregierung auf, im Herbst in der Folgekonferenz endlich tätig zu werden. Dies beinhaltet den Verzicht auf einen deutschen Nationalstaat und die Anerkennung
    Ost-Berlins als Hauptstadt der DDR. Gleichzeitig appellieren wir an die DDR, die Bindung West-Berlins an die Bundesrepublik anzuerkennen und eine erhöhte Freizügigkeit auf allen Gebieten zwischen den beiden deutschen Staaten zuzusichern und ebenfalls eine konkrete Perspektive für den Abriß der Mauer aufzuzeigen. So stellt der Verzicht auf die Wiedervereinigung auch den wesentlichen Beitrag zu dem Weg zu einem blockfreien Europa dar, ebenso wie beide deutsche Staaten über die bloße Raketenzählerei hinaus einen wichtigen Beitrag, eine Perspektive für eine europäische Friedenssicherung leisten könnten.
    In der Kürze der Zeit kann nicht auf alle Fragen und Probleme der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten eingegangen werden. Aber eines ist sicher: Nicht nur die Barrieren, die die Beziehungen zwischen den Staaten erschweren, vor allem die Barrieren in den Köpfen einiger Politiker müssen endlich überwunden werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich möchte den Beratungen des Einzelplans 27 nicht vorgreifen, aber eines ist aus der Logik meiner Überlegungen doch wohl nachvollziehbar: Wenn anerkannt wird, daß es sich bei den Beziehungen zur DDR um außenpolitische Beziehungen handelt, dann ist das sogenannte Innerdeutsche Ministerium unter diesem Namen und mit dieser Aufgabenstellung ein Anachronismus, der nicht nur einer zeitgemäßen Deutschlandpolitik im Wege steht, sondern auch die Steuerzahler in erheblichem Maße belastet.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir fordern deshalb die Abschaffung dieses Ministeriums.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Abschließend appellieren die GRÜNEN an beide deutsche Staaten, sich für eine zukunftweisende Fortentwicklung der auf eine neue Ebene gestellten Beziehungen einzusetzen, ohne das schmucklose Beiwerk der Wiedervereinigungs-Hymnen, und eine Politik der konkreten Schritte zu beginnen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Die spielen dann den „Sonderzug nach Pankow" an Stelle der Hymnen! — Zurufe von den GRÜNEN)