Rede von
Wolfgang
Hinrichs
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind heute zusammengekommen, um die dramatische Lage der Schiffbauindustrie zu diskutieren. Ich glaube, es sollten keine Argumente hineinkommen, die mehr mit dem Wahlkampf zu tun haben. Es ist die Gelegenheit für uns Politiker von der Küste klarzumachen, wie groß die maritime Verantwortung und die Aufgaben der Bundesrepublik sind. Wir sind das zweitgrößte Welthandelsland. Wir verfügen über wenig Rohstoffe, wir müssen importieren, verarbeiten und wieder exportieren, und ein großer Teil davon geht über See. Daraus folgen unsere maritime Abhängigkeit, aber auch verteidigungspolitische und strategische Notwendigkeiten, auf die Staatssekretär Würzbach vor kurzem wieder hingewiesen hat. Wir brauchen daher eine eigene Schiffahrt, wir brauchen einen eigenen Schiffbau.
Aber Grenzen zieht der internationale Markt, und dort liegt das Problem. Jedes Land, das Schiffbau betreibt, muß ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einer wettbewerbsfähigen Schiffbauindustrie und den Hilfen herstellen, die notwendig sind, um die nationalen Aufgaben zu erfüllen. Der Markt zwang uns, in den letzten zehn Jahren die Kapazität der Schiffbauindustrie auf unter die Hälfte herabzusetzen. Die schlechte Auftragslage des letzten Jahres hat dazu geführt — darüber besteht Einigkeit an der Küste —, daß noch einmal die Kapazität zurückgenommen werden muß.
Es ist aber nicht richtig, Herr Kollege Koschnick, daß Sie sagen: Der Bund tut nicht genug dafür. Der Bund leistet mehr direkte Hilfe als früher, und er leistet auch indirekte Hilfe, indem er den Umstrukturierungsprozeß an der Küste fördert.
Sie haben auf 1983 verwiesen. Damals hat der Bund Bremen in die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" aufgenommen. Seit dieser Zeit besteht diese Förderung. Das sollten Sie nicht unterschlagen, wenn wir über die Probleme von damals diskutieren. Damals wollten gerade mittlere Werften auch nicht, daß eine Großwerft allein gefördert wird.
Heute geht es darum, daß wir dem verbliebenen Schiffbau, der sich auf hochwertige Spezialschiffe, auf hochwertige Umbauaufträge und auf den Marineschiffbau konzentriert hat, die notwendigen Hilfen geben. Es geht darum, dieses Know-how und diese Arbeitsplätze zu erhalten. Die vorgesehenen Mittel fließen nicht ab. Das Instrumentarium muß daher flexibler und effektiver werden. Die 6. EG-Richtlinie läßt uns den Spielraum dafür.
Heute ist die Situation so, daß die Werften interessante Anfragen über Aufträge in Höhe von mehreren hundert Millionen D-Mark vorliegen haben. Das konnte ich gerade in diesen Tagen feststellen. Die
Werften wollen bei der Beantwortung dieser Anfragen wissen: Kann ich dieselben Subventionen wie im übrigen Europa einrechnen? Die Werften fragen: Bekommen wir ebenfalls diese Hilfe bis zu 20 %? Kommt die Hilfe sofort?
Viele Betriebsräte haben mir in den letzten Wochen geschrieben. Auch sie haben darum gebeten: Stockt doch die Hilfe auf, wie es in Europa üblich ist! Dehnt sie auf den Export aus und helft möglichst schnell!
Ich glaube, es ist richtig, wie in dieser Situation die zuständigen Minister entschieden haben, so daß wir dies heute in unserem Antrag bereits begrüßen können. Davon sollte auch die Opposition ausgehen. Wir können das heute festschreiben.