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ID1022907100

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    Plenarprotokoll 10/229 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 229. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 11. September 1986 Inhalt: Begrüßung des Ersten Stellvertreters des Vorsitzenden des Staatsrates der Volksrepublik Bulgarien und seiner Delegation . 17757 B Änderung der Überweisung des Antrags betr. Einführung von Bestandsobergrenzen zum Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft und der Umwelt — Drucksache 10/2822 — an Ausschüsse 17757 B Begrüßung einer Delegation des australischen Parlaments 17782 D Zur Geschäftsordnung Volmer GRÜNE 17755 B Seiters CDU/CSU 17756 A Porzner SPD 17756 B Wolfgramm (Göttingen) FDP 17757 A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksache 10/5900 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksache 10/5901 — Dr. von Dohnanyi, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg . . 17757 D Dr. Friedmann CDU/CSU 17762 C Bueb GRÜNE 17766 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 17768 B Sieler (Amberg) SPD 17772 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 17774 A Frau Fuchs (Köln) SPD 17783 A Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 17788 D Jagoda CDU/CSU 17792 C Wieczorek (Duisburg) SPD 17797 A Seehofer CDU/CSU 17799 C Dr. Wallmann, Bundesminister BMU . 17804A Dr. Hauff SPD 17812 B Dr. Laufs CDU/CSU 17819 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 17824 B Frau Seiler-Albring FDP 17827 A Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 17830 B Dr. Penner SPD 17834 D Dr. Miltner CDU/CSU 17840 B Ströbele GRÜNE 17843 D Dr. Hirsch FDP 17846 D Broll CDU/CSU 17848 D Schäfer (Offenburg) SPD 17851 B Kuhlwein SPD 17853 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . . 17855 C Dr. Emmerlich SPD 17858A Vizepräsident Westphal 17801 A Vizepräsident Stücklen 17824 A Nächste Sitzung 17860 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 17861* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 229. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. September 1986 17755 229. Sitzung Bonn, den 11. September 1986 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 9. Antretter * 11. 9. Bahr 12. 9. Frau Borgmann 11. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Eigen 12. 9. Frau Fischer * 11. 9. Dr. Geißler 11. 9. Dr. Götz 12. 9. Hanz (Dahlen) 12. 9. Dr. Hüsch 11. 9. Dr. Hupka 11. 9. Dr. Klejdzinski * 11. 9. Dr. Kreile 12. 9. Dr. Kronenberg 12. 9. Dr. Kübler 11. 9. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Landré 11. 9. Lenzer * 11. 9. Dr. Mitzscherling 12. 9. Dr. Müller * 12. 9. Nagel 12. 9. Frau Pack * 11. 9. Pöppl 12. 9. Dr. Riedl (München) 12. 9. Dr. Soell 12. 9. Dr. Sperling 12. 9. Dr. Stercken 12. 9. Frau Verhülsdonk 12. 9. Voigt (Sonthofen) 12. 9. Dr. Wieczorek 11. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Anke Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich muß, glaube ich, zum Schluß kommen — wenn ich meinen Obmann ansehe.
    Deswegen, meine Damen und Herren, liegt mir daran, daß ich hier noch einmal das Problem der Befristung der Arbeitsverträge deutlich mache; denn es ist doch so: Das Heuern und Feuern ist in den Betrieben Realität geworden. Bei den Arbeitnehmern ist schleichend umgebaut worden. Ich empfehle dem Arbeitsminister, sich wirklich mal zu informieren, wie dramatisch dieser Umbau von Arbeitsplätzen stabiler Art zu Arbeitsplätzen unsicherer Art geworden ist.
    Wir wollen dieses zurücknehmen; denn wir brauchen für die Volkswirtschaft mehr Rechte für die Arbeitnehmer, und wir brauchen eine soziale Gestaltung der technischen Entwicklung. Deswegen ist unser Konzept nicht Abbau von Arbeitnehmerrechten, sondern mehr Mitbestimmung in den Betrieben, mehr Mitbestimmung auf allen Ebenen.

    (Beifall bei der SPD)

    Da wird dann ein Punkt kommen, bei dem ich Herrn Blüm ermuntere, auf Herrn Biedenkopf zu hören. Es wird darum gehen, ob es gelingt, noch in dieser Legislaturperiode eine Änderung des Montanmitbestimmungsgesetzes zu erreichen; denn es wird Zeit, weil dieses 1987 ausläuft.

    (Beifall bei der SPD — Jagoda [CDU/CSU]: Wer hat dies bis dahin beschlossen?)

    Wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht. Die CDU, die in Nordrhein-Westfalen, natürlich mit Recht, um die Arbeitnehmerstimmen bangt, hat immerhin gesagt: Wir wollen zu den Gewerkschaften ein ordentliches Verhältnis haben. — Und Herr Biedenkopf hat gesagt: Ach, gucken wir doch mal. Wie ist es denn mit der Montanmitbestimmung? — Also,
    solche philosophischen Betrachtungen sind ja ganz hübsch, meine Damen und Herren. Aber wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht. Und der wird hier noch zur Entscheidung anstehen. Dann können wir Sie prüfen, ob Ihre Parteitage nur Blabla reden oder ob Sie bereit sind, für mehr Mitbestimmung in dieser Bundesrepublik einzutreten.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich glaube, das ist der Unterschied zu Ihnen: Wer Arbeitnehmerrechte und die Mitbestimmung als großes Investitions- und Beschäftigungshemmnis diffamiert, der nutzt die wirtschaftliche Krise einseitig zugunsten der Arbeitgeber aus. Wir sagen: Industrieller Wandel, gepaart mit sozialer Sicherung, ist möglich mit verläßlichen Arbeitsbedingungen, mit mehr Mitbestimmung, mit sozialer Gestaltung der Industriegesellschaft und dem Ausbau der Tarifautonomie. Er setzt allerdings voraus — und das habe ich schon gesagt —, daß der soziale Konsens nicht durch eine arbeitnehmer- und gewerkschaftsfeindliche Politik gefährdet wird.
    Wir Sozialdemokraten bleiben bei unserem Weg des Sozialstaatsgebots als Richtschnur unseres Handelns. Wir bleiben einer Politik verpflichtet, die an sozialen Maßstäben ausgerichtet ist. Nur durch sie können wir den Weg zu einer sozialen Demokratie ebnen. Auf diesem Weg schüren wir eben nicht Klassenkampf und nicht Sozialneid, sondern appellieren — ich wiederhole mich — an den Anstand, an die Barmherzigkeit und an die soziale Verantwortung aller Bürger.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Adam-Schwaetzer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Fuchs, ich möchte zunächst zwei Bemerkungen zu Ihren Ausführungen machen.
    Zunächst einmal möchte ich klarstellen, daß die Zahl der Beschäftigten bei der Post in den letzten Jahren nicht abgenommen, sondern zugenommen hat.

    (Glombig [SPD]: Bravo! Sehr gut!)

    Es ist zwar an einer Stelle der Post abgebaut worden, aber an anderen Stellen ist dieser Abbau mehr als aufgefangen worden, so daß die Post heute mehr Mitarbeiter hat als zu Beginn dieser Legislaturperiode.

    (Beifall bei der FDP — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Nur in einem einzigen Bereich! Nur in der Verkabelung!)

    Frau Fuchs, wenn die Post Investitionen tätigt, dann bedeutet das natürlich auch Arbeitsplätze an anderer Stelle, Arbeitsplätze bei Firmen, die diese Investitionsgüter machen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich wundere mich immer, warum Sie die wirtschaftlichen Zusammenhänge auseinanderreißen, portionieren und immer nur in kleinen Scheiben zu betrachten versuchen. Das tun Sie offensichtlich nur,



    Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    weil das dann anscheinend besser in Ihr ein bißchen verzerrtes Bild hineinpaßt.

    (Peter [Kassel] [SPD]: Dann seien Sie ehrlich und quantifizieren Sie!)

    Herr Blüm hat gesagt, Zahlen vermitteln Objektivität. Ich denke, daß die Debatte sowohl in den letzten Tagen als auch heute gezeigt hat, daß man mit Zahlen auch manipulieren kann

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und daß häufig genug eine Scheinobjektivität vermittelt wird.
    Frau Fuchs, auch dazu möchte ich ein Beispiel aus Ihrer Rede bringen. Sie haben gesagt, daß von der Entlastung, dem verbesserten Einkommen der Familien mit einem Kind im Jahr nach der Geburt von über 6 000 DM nach einem Jahr ein großer Teil wegfällt. Wir haben nie etwas anderes behauptet. Denn natürlich wird das Erziehungsgeld derzeit für zehn Monate gezahlt, ab 1988 für ein Jahr. Das ist zweifellos ein erheblicher Betrag, aber eben auch ein Betrag, der den Familien in dieser Zeit zur Verfügung steht, über das hinaus, was frühere Regierungen gemacht haben.
    Ich denke, wir sollten der Öffentlichkeit ein wahrhaftiges Bild zeichnen. Die Bürger werden uns daran messen, wie wir mit unseren eigenen Entscheidungen, mit unseren eigenen Erfolgen, aber auch Mißerfolgen umgehen. Sie haben ein wachsendes Gespür dafür, wenn nur schwarzgemalt oder nur weißgemalt wird.
    Deshalb, meine Damen und Herren, lassen Sie mich als Resümee über die vergangenen vier Jahre ein Bild zeichnen, das sich sicherlich in den Erfolgen ein wenig von dem unterscheidet, was viele Vorredner hier präsentiert haben. Das Bild der Bundesrepublik Deutschland ist nicht so düster und schwarz, wie die Sozialdemokraten es zeichnen.

    (Bueb [GRÜNE]: Für Sie nicht! Das ist klar!)

    Aber das Bild der Bundesrepublik ist vielleicht auch nicht ganz so hell, wie manche Christdemokraten es gerne zeichnen möchten. Der Anspruch, mit dem diese Regierung angetreten ist, war in der Sozialpolitik zweierlei: erstens das soziale Netz durch Umbau an die Belastungen der Zukunft anzupassen, ohne in den Kernbereich einzugreifen, und zum anderen Lohnnebenkosten stabil zu halten, um auch damit Arbeitslosigkeit zurückzuführen.
    Nicht alles, meine Damen und Herren, was wir uns vorgenommen hatten, konnte auch verwirklicht werden. Es war ein bißchen weniger, als die CDU/ CSU den Bürgern glauben machen will, aber sicherlich viel mehr, als die SPD den Bürgern einreden will. Wir haben den Bürgern zu Beginn dieser Legislaturperiode viel abverlangt. Aber die Bürger haben dafür soziale Sicherheit bekommen. Das spüren sie in zunehmendem Maße.

    (Beifall bei der FDP)

    Die SPD möchte das soziale Klima in der Bundesrepublik herunterreden, aber in den Umfragen merkt sie, daß ihr das zunehmend weniger gelingt.
    Frau Fuchs, Sie haben gesagt: Man kann den sozialen Frieden nicht beschwören. Aber ich bin ganz sicher, auch mit Ihrer Schwarzmalerei werden Sie es nicht schaffen, ihn kaputtzureden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die entscheidenden Schritte zu mehr Stabilität beim Umbau des sozialen Netzes, meine Damen und Herren, haben wir unter einer ganz klaren Setzung von Prioritäten durchgeführt. Eine dieser Prioritäten waren Ausbau und Verbesserung der Leistungen in der Familienpolitik.
    Wir haben es geschafft, daß die Renten aus dem Gerede gekommen sind. Wir haben das dadurch geschafft, daß wir Entscheidungen getroffen haben, die dafür sorgen, daß Renten und Einkommen der aktiven Arbeitnehmer im Gleichklang steigen. Trotz der schrittweisen Einführung eines Krankenversicherungsbeitrages für Rentner — der Wiedereinführung müßte ich besser sagen — ist das Rentenniveau heute höher als vor drei Jahren. Es ist auf dem Niveau von 1977. Das heißt, in den letzten Jahren sind die Rentnereinkommen immer noch etwas stärker gestiegen als die Einkommen der Arbeitnehmer. Die Renten sind mittelfristig ohne Probleme, und das gibt uns die Zeit, die Strukturreform für die langfristige Sicherung der Renten einzuleiten.
    Frau Fuchs, da ich davon überzeugt bin, daß nach dem 25. Januar die Bundesregierung in ihrer jetzigen Zusammensetzung weiterregieren wird

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sie gestatten mir, daß ich dem nicht zustimme!)

    — wir werden sicher in einen Wettstreit in den nächsten Monaten darüber eintreten —, laden wir Sie ein, wie Sie das eben uns gegenüber auch getan haben, mit uns diese Rentenstrukturreform zu machen.
    Meine Damen und Herren, zum Thema „Trümmerfrauen" wird sehr schief argumentiert und auch, glaube ich, von vielen der Kollegen ein bißchen an der Wahrhaftigkeit vorbei. Frau Fuchs, Sie können doch nicht bestreiten, daß nach dem gescheiterten Versuch von 1972 die sozialliberale Koalition keinen weiteren Versuch zur Verankerung von Kindererziehungszeiten im Rentenrecht gemacht hat.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Die CDU auch nicht! — Doch, Mutterschaftsurlaub!)

    — Ich ergänze ja nur Ihre Rede. Ich bestreite überhaupt nicht, was Sie in Ihrem Zwischenruf gesagt haben, nur, ich finde, der Wahrhaftigkeit wegen sollte man beide Seiten nennen.

    (Glombig [SPD]: 1972 ist ein Versuch gemacht worden und an Ihnen gescheitert! So ist es doch!)

    Ich möchte Sie auf eine Tatsache aufmerksam machen: Die Rentenversicherungsträger bearbeiten heute 700 000 Fälle pro Jahr. Die Frauen, die Anspruch auf Kindererziehungszeiten hätten und nach unseren Vorstellungen haben, weil sie vor 1921 geboren sind, sind 4,2 Millionen. 4,2 Millionen Rentenfälle müssen neu berechnet werden, und



    Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    derzeit gibt es die Möglichkeit, 700 000 Fälle pro Jahr überhaupt zu berechnen. Das heißt, Sie können sich ausrechnen, was es bedeuten würde, alle Rentenfälle neu zu berechnen, wenn man der Forderung der Sozialdemokraten nachkäme, dies für alle Trümmerfrauen gleichzeitig einzuführen. Dann könnte man nämlich nicht am 1. Oktober 1987 anfangen, sondern sehr viel später.

    (Zuruf des Abg. Glombig [SPD])

    Meine Damen und Herren, wir haben die Arbeitslosenversicherung neuen Herausforderungen angepaßt. Es ist richtig, daß wir eine Differenzierung der Leistungshöhe nach dem Familienstand vorgenommen haben, weil eine Familie mit Kindern einen höheren Bedarf hat als ein kinderloser Alleinstehender oder ein kinderloses Ehepaar.
    Wir haben aber auch, meine Damen und Herren, der Herausforderung der Langzeitarbeitslosigkeit unsere Antwort entgegengesetzt. Wir haben die Versicherungszeit leistungsgerecht ausgestaltet. Wir haben für die älteren Arbeitslosen, die längerfristig arbeitslos sind, die Bezugszeit von Arbeitslosengeld erhöht, derzeit bis auf zwei Jahre. Und, meine Damen und Herren, es ist eine weitere Differenzierung vorgesehen, weil es auch uns — das ist eine alte FDP-Forderung — unerträglich erscheint, daß vor allen Dingen ältere Arbeitslose, die lange Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, schon frühzeitig auf Arbeitslosenhilfe verwiesen werden, statt das höhere Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen zu können.

    (Beifall bei der FDP)

    Wir haben auch mit einem Umbau der Arbeitsmarktinstrumente

    (Glombig [SPD]: Was ist das denn?)

    auf die neuen Herausforderungen reagiert, die sich durch zunehmende Anforderungen an die Qualifikation der Arbeitnehmer ergeben. Wir haben Teilunterhaltsgeld eingeführt, wir haben die Einarbeitungszuschüsse ausgebaut, wir haben Rehabilitations- und Bildungsmaßnahmen auch für sonst nicht leistungsberechtigte Arbeitnehmer eingeführt, die zur Arbeitsaufnahme gezwungen sind. Das, meine Damen und Herren, sind die Instrumente, die der Qualifikation der Arbeitnehmer dienen können, die vor allen Dingen aber den Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt erleichtern.
    Den Umbau der gesetzlichen Krankenversicherung haben wir bisher nicht in Angriff genommen. Das ist eine der zentralen Aufgaben, die uns für die nächste Legislaturperiode ins Haus stehen. Wir wollen mehr Anreize für Leistungserbringer und Versicherte zu sparsamem Verhalten einführen. Das bringt uns zweifellos in Gegensatz zur Politik der SPD.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das werden Sie sehr bedauern!)

    Denn die Sozialdemokraten planen ein wenig mehr
    Planwirtschaft gerade in diesem Bereich. Das hat
    den wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Roth, ja schon dazu veranlaßt, hier bremsend einzugreifen, weil er Angst davor hat,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Was?)

    daß die SPD in diesem Punkt ein wenig in ihrem Planwirtschaftsrausch entlarvt wird.

    (Lutz [SPD]: Allmächtiger Gott, das von Ihnen! Nicht sehr sachgerecht!)

    Wir haben, meine Damen und Herren, auch in dem Punkt Lohnnebenkosten einen schwierigen Weg vor uns gehabt.

    (Glombig [SPD]: Ach, ja?)

    Wir hatten uns vorgenommen, die Lohnnebenkosten in dieser Legislaturperiode nicht steigen zu lassen. Das ist uns nicht gelungen. Denn wir mußten hier immer zwischen den Ausgaben, die auf Grund der Arbeitslosigkeit, auch auf Grund der Rentnerstruktur, auf uns zukamen, und der Notwendigkeit abwägen, hier bremsend einzugreifen.

    (Glombig [SPD]: Ach Gott!)

    Eine große Aufgabe, meine Damen und Herren, haben wir damit in Angriff genommen, daß wir das Arbeitsrecht den veränderten Bedingungen der Zeit anpassen. Wir sind auf dem Weg von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft. Meine Damen und Herren, es wird immer deutlicher, daß die Menschen unterschiedliche Bedürfnisse haben und weniger kollektive Regelungen befürworten. Das Ziel muß also sein, starre, kollektive Regelungen, wie sie im Arbeitsrecht noch sehr häufig anzutreffen sind, den Bedürfnissen der einzelnen anzupassen.

    (Beifall des Abg. Wolfgramm [Göttingen] [FDP])

    Dazu brauchen wir Arbeitszeitsouveränität. Wer hätte es denn nicht schon selbst mitbekommen, daß die Gleitzeit der Erfolg der letzten Jahre gewesen ist, eine Gleitzeit, die im übrigen nicht gesetzlich abgesichert ist,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist richtig!)

    sondern die Arbeitnehmer für sich einsetzen, um damit ihren eigenen Bedürfnissen gerecht zu werden.
    Die Gewerkschaften stehen solchen Bestrebungen einer weiteren Arbeitszeitflexibilisierung ablehnend gegenüber, vielleicht nur nach außen. Denn immerhin hat der neue — demnächst neue — Vorsitzende der IG Metall, Herr Steinkühler, einmal laut darüber nachgedacht, ob nicht genau ein solcher Weg der Weg der Gewerkschaften in die Zukunft sein müßte. Er hat sogar den Samstag in seine Überlegungen mit einbezogen. Wir wünschen Herrn Steinkühler, daß er den Mut aufbringt, diese Gedanken weiter zu denken.

    (Zurufe von der SPD)

    — Ja, er ist ja leider Gottes von der IG Metall
    zurückgepfiffen worden. Trotzdem sind wir davon
    überzeugt, daß die Zeit über diese rückwärtsge-



    Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    wandten Positionen der Gewerkschaften letztlich hinweggehen wird.

    (Bueb [GRÜNE]: Man sollte gar nicht meinen, daß zehn Minuten so lang sein können!)

    Die SPD ist ein bißchen widersprüchlich, was ihre eigene Position zu mehr Flexibilität angeht: In Ihren Nürnberger Beschlüssen fordern Sie einerseits mehr Arbeitszeitflexibilisierung,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)

    aber andererseits soll dann alles wieder kollektiv abgesichert werden.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Nein, individuell!)

    Und das, meine Damen und Herren, ist ja ein Widerspruch in sich selbst.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das haben Sie falsch verstanden! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Wir haben auch dafür gesorgt, daß mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt den Arbeitslosen wieder eine Chance gibt. Meine Damen und Herren, wir können uns stundenlang darüber streiten, wie viele der etwa 600 000 zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätze, die es bis zum Ende dieses Jahres geben wird, darauf zurückzuführen sind, daß wir eine Arbeitszeitverkürzung haben. Wir bestreiten überhaupt nicht, daß auch das dazu beigetragen hat, aber mit Sicherheit haben die Instrumente, die wir im Beschäftigungsförderungsgesetz zur Verfügung gestellt haben, dafür gesorgt, daß hier mehr Menschen die Chance bekommen, wieder in den Arbeitsprozeß eingegliedert zu werden.

    (Zustimmung bei der FDP — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das stimmt nicht! — Bueb [GRÜNE]: Ist denn die Zeit immer noch nicht herum?)

    — Man kann beklagen, daß von dem Instrument Zeitarbeitsvertrag Gebrauch gemacht wird, aber, Frau Fuchs, schon jetzt stellt sich heraus, daß ein nicht unerheblicher Teil der Arbeitnehmer, die zunächst mit einem befristeten Arbeitsvertrag eingestellt worden sind, in Dauerarbeitsverhältnisse übernommen werden.

    (Suhr [GRÜNE]: Wo denn? Belegen Sie das doch mal!)

    — Erkundigen Sie sich einmal in den Betrieben, gehen Sie wirklich einmal in die Betriebe!

    (Zuruf von der SPD: Das glauben Sie doch wohl selber nicht!)

    Meine Damen und Herren, dann sollte man sich doch wirklich nicht mehr hier hinstellen und sagen, die Brücke aus der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung, die hier gebaut worden ist, solle nur deshalb nicht begangen werden, weil da ideologische Schranken aufgebaut werden. Wir jedenfalls werden diesen Weg sicherlich mit Aufmerksamkeit verfolgen, seine Erfolge werten und, wenn er sich bewährt, auch die entsprechenden Regelungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes verlängern.
    Meine Damen und Herren, wir wollen Beschäftigungshemmnisse weiter abbauen. Das Arbeitszeitgesetz von 1938 ist leider nicht mehr zeitgemäß. Es verbietet Frauen zum Beispiel im Bauhauptgewerbe tätig zu werden.

    (Zurufe von der SPD)

    — Es gibt auch noch ein anderes Hemmnis — richtig, das Stichwort Nachtarbeit —, das sich zu einem Beschäftigungsverbot für Frauen in technischen Berufen auswirkt.
    Ich will Ihnen zwei Beispiele nennen, beide aus der Praxis der Frauenbeauftragten des Landes Berlin.

    (Abg. Glombig [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Da kommt eine Chemiearbeiterin aus der DDR, fertig ausgebildet, sucht eine Stelle in der Bundesrepublik — —

    (Glombig [SPD]: Ich stehe hier, nicht da oben!)

    — Herr Glombig, es tut mir leid; ich nehme Sie selbstverständlich zur Kenntnis, aber lassen Sie mich gerade diese beiden Beispiele nennen.

    (Glombig [SPD]: Dann ist alles vorbei! Ich wollte eine Frage zum Beschäftigungsförderungsgesetz stellen!)