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    Plenarprotokoll 10/216 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 216. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 Inhalt: Wahl des Abg. Dr. Soell zum ordentlichen Mitglied und des Abg. Gerstl (Passau) zum Stellvertreter in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 16602 A Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfs an den Finanzausschuß sowie nachträgliche Überweisung von Entschließungsanträgen an den Haushaltsausschuß 16602 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 16602 B Begrüßung der Präsidentin der Abgeordnetenkammer der italienischen Republik, Frau Professor Dr. Leonilde Iotti und einer Delegation 16662 C Aktuelle Stunde betr. Auswirkungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes auf die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer, insbesondere der Frauen Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 16587 B Frau Verhülsdonk CDU/CSU 16588 C Frau Zeitler GRÜNE 16589 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 16590 C Lutz SPD 16591 C Müller (Wadern) CDU/CSU 16592 D Schreiner SPD 16593 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 16594 D Frau Fuchs (Köln) SPD 16597 A Frau Männle CDU/CSU 16598 A Frau Dr. Segall FDP 16598 D Kolb CDU/CSU 16599 D Jagoda CDU/CSU 16601A Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr:Ing. Kansy, Niegel, Dr. Daniels, Dörflinger, Link (Frankfurt), Linsmeier, Magin, Dr. Möller, Pesch, Frau Rönsch (Wiesbaden), Frau Roitzsch (Quickborn), Ruf, Zierer und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Grünbeck, Frau Dr. Segall, Gattermann, Beckmann, Dr. Haussmann, Dr. Feldmann, Dr. Graf Lambsdorff und der Fraktion der FDP „Neue Heimat" — Drucksache 10/5326, 10/5452 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Werner (Westerland), Dr. Müller (Bremen) und der Fraktion DIE GRÜNEN Sanierung der Neuen Heimat — Drucksache 10/5228 — Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 16603 A Müntefering SPD 16604 C Grünbeck FDP 16607 D Werner (Westerland) GRÜNE 16612A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 16614A Schmitt (Wiesbaden) SPD 16617 C Niegel CDU/CSU 16619 D Dr. Zöpel, Minister des Landes NordrheinWestfalen 16622A, 16640B, 16643 B Dr. Rosenbauer, Staatssekretär des Freistaates Bayern 16627 B Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 16629 B Doss CDU/CSU 16630 C Dr. Sperling SPD 16632 B Ruf CDU/CSU 16635 D Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMBau . 16638 A, 16642 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes — Drucksache 10/5025 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 10/5410 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/5411 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Sechster Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Abs. 2 — Drucksachen 10/4617, 10/5410 — Frau Pack CDU/CSU 16657 B Frau Odendahl SPD 16659 A Neuhausen FDP 16661 A Frau Zeitler GRÜNE 16662 C Vogelsang SPD 16663 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 16665 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Postverwaltungsgesetzes — Drucksache 10/4491 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 10/5414 — 16667 A Beratung des Antrags der Abgeordneten Hedrich, Feilcke, Graf von Waldburg-Zeil, Dr. Pinger, Repnik, Frau Fischer, Höffkes, Dr. Hüsch, Dr. Kunz (Weiden), Dr. Kronenberg, Dr. Pohlmeier, Schreiber, Borchert, Herkenrath, Sauter (Epfendorf), von Hammerstein, Dr. Hornhues, Eigen, Dr. Hoffakker, Sauer (Salzgitter), Schwarz, Dr. Olderog, Jagoda, Engelsberger, Kalisch, Frau Roitzsch (Quickborn), Jung (Lörrach), Hornung, Müller (Wesseling), Dr. Jobst, Weiß, Schmitz (Baesweiler), Dr. Faltlhauser, Sauer (Stuttgart), Frau Männle, Ganz (St. Wendel), Austermann, Dr. Schroeder (Freiburg), Ruf und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rumpf, Schäfer (Mainz), Dr. Feldmann, Ertl, Frau Seiler-Albring und der Fraktion der FDP Überwindung von Hunger und Not in Afrika — Drucksache 10/5488 — 16667 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Berufsbildungsförderungsgesetzes — Drucksache 10/5449 — 16667 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1986 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1986) — Drucksache 10/5450 — 16667 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik Griechenland zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie zum Protokoll betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof in der Fassung des Übereinkommens über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland — Drucksache 10/5237 — 16667 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1987 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1987) — Drucksache 10/5406 — 16668A Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1986 bei Kap. 30 05 Tit. 683 26 — Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben der Kernbrennstoffversorgung (einschließlich Urananreicherung) —— Drucksachen 10/4686, 10/5076 — Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 16668 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 216. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 III Beratung der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten Jahresbericht 1985 — Drucksache 10/5132 — 16669 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Frage, welche Verhandlungen mit ausländischen Staaten geführt worden sind, um die Gegenseitigkeit bei der Kostenübernahme für Dolmetscher und Übersetzer in der Arbeitsgerichtsbarkeit sicherzustellen — Drucksachen 10/966, 10/4986 — . . . 16669 B Beratung der Sammelübersicht 146 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 10/5385 — 16669 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Vollständige Abschaffung der chemischen Waffen — Drucksachen 10/2027, 10/4201 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Keine Modernisierung der chemischen Kampfstoffe der NATO — Drucksache 10/5378 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Borgmann, Lange, Dr. Schierholz und der Fraktion DIE GRÜNEN Zustimmungsverweigerung zu neuen chemischen Waffen — Drucksache 10/5461 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Chemische Waffen — Drucksache 10/5464 — Lamers CDU/CSU 16669 D Bahr SPD 16672 C Ronneburger FDP 16676 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 16678 B Lange GRÜNE 16681 D Genscher, Bundesminister AA 16684 B Voigt (Frankfurt) SPD 16687 C Berger (Lahnstein) CDU/CSU 16689 B Dr. Scheer SPD 16690 B Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Borgmann, Frau Eid, Vogel (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN Finanzierung der Apartheid in Südafrika und Namibia durch bundesdeutsche Banken — Drucksachen 10/3309, 10/5297 — Frau Eid GRÜNE 16692 C Dr. Hornhues CDU/CSU 16694 B Verheugen SPD 16695 D Dr. Solms FDP 16697 D Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF . . 16699 B Frau Eid GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 16700 B Beratung des Berichts des Innenausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die sofortige Stillegung von Atomanlagen in der Bundesrepublik Deutschland (Atomsperrgesetz) — Drucksachen 10/1913, 10/5459 — Schulte (Menden) GRÜNE 16700 C Dr. Laufs CDU/CSU 16702 C Reuter SPD 16705 B Dr. Hirsch FDP 16708 B Dr. Wernitz SPD (Erklärung nach § 30 GO) 16711 A Vizepräsident Westphal 16711C, 16702C, 16705A Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verhinderung des Mißbrauchs von Sendeanlagen — Drucksache 10/1618 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 10/5453 — 16711 D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN Ausbau der fernmeldetechnischen Infrastruktur (I) (Bestandsaufnahme und Digitalisierung) — Drucksachen 10/3334, 10/5144 — IV Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 216. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN Ausbau der fernmeldetechnischen Infrastruktur (II) (Schmal- und breitbandige Fernmeldenetze und Endgerätemarkt) — Drucksachen 10/3335, 10/5145 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN Ausbau der fernmeldetechnischen Infrastruktur (III) (Gesellschaftliche Auswirkungen) — Drucksachen 10/3336, 10/5146 — Frau Dann GRÜNE 16712C Pfeffermann CDU/CSU 16714A Paterna SPD 16716A Kohn FDP 16718A Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 16719C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die fünfzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Fünfzehntes Anpassungsgesetz-KOV) — Drucksache 10/5209 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 10/5493 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 10/5494 — Pöppl CDU/CSU 16721 D Kirschner SPD 16723 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 16723 D Bueb GRÜNE 16724 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 16725 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs — Drucksache 10/5447 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen über den Versorgungsausgleich — Drucksache 10/5484 — Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 16728 B Stiegler SPD 16729A Buschbom CDU/CSU 16730 A Mann GRÜNE 16730 D Beckmann FDP 16731 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Geschmacksmustergesetzes — Drucksache 10/5346 — Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 16732 D Stiegler SPD 16733 C Saurin CDU/CSU 16734 B Mann GRÜNE 16735A Beckmann FDP 16735 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Filmförderungsgesetzes — Drucksache 10/5448 — Fragestunde — Drucksache 10/5456 vom 9. Mai 1986 — Geplante Steuersenkungsvolumen in der 11. Wahlperiode und 1992 MdlAnfr 78 09.05.86 Drs 10/5456 Poß SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 16644 C ZusFr Poß SPD 16644 D ZusFr Dr. Apel SPD 16645 B ZusFr Dr. Spöri SPD 16645 B ZusFr Dr. Kübler SPD 16645 C ZusFr Huonker SPD 16645 D Absenkung der Steuerquote im Rahmen der geplanten Steuerreform in der 11. Wahlperiode MdlAnfr 79 09.05.86 Drs 10/5456 Poß SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 16646 A ZusFr Poß SPD 16646 B ZusFr Dr. Apel SPD 16646 D ZusFr Dr. Spöri SPD 16647 A ZusFr Lennartz SPD 16647 B ZusFr Frau Matthäus-Maier SPD . . . 16647 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 216. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 V ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . . 16647 D ZusFr Huonker SPD 16648 B ZusFr Dr. Kübler SPD 16648 C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 16648 D Senkung des Körperschaftsteuersatzes MdlAnfr 83 09.05.86 Drs 10/5456 Frau Matthäus-Maier SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 16649 A ZusFr Frau Matthäus-Maier SPD . . . 16649 A ZusFr Huonker SPD 16649 C ZusFr Dr. Spöri SPD 16649 D ZusFr Dr. Apel SPD 16650 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 16650 B ZusFr Poß SPD 16650 C ZusFr Dr. Kübler SPD 16650 D ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 16651A Splittingvorteil für Verheiratete bei der Linearisierung der Progressionszone MdlAnfr 84 09.05.86 Drs 10/5456 Frau Matthäus-Maier SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 16651 B ZusFr Frau Matthäus-Maier SPD . . . 16651 B ZusFr Dr. Apel SPD 16651 D ZusFr Huonker SPD 16652A ZusFr Dr. Spöri SPD 16652 B ZusFr Dr. Kübler SPD 16652 C ZusFr Oostergetelo SPD 16652 D Senkung des Körperschaftsteuersatzes MdlAnfr 86 09.05.86 Drs 10/5456 Lennartz SPD Antw.PStSekr Dr. Voss BMF 16653A ZusFr Lennartz SPD 16653 A ZusFr Huonker SPD 16653 B Aufrechterhaltung der Steuerfreiheit der Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feier- tagsarbeit bei der geplanten Steuerreform MdlAnfr 87 09.05.86 Drs 10/5456 Lennartz SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 16653 C ZusFr Lennartz SPD 16653 D ZusFr Poß SPD 16654 B ZusFr Dr. Spöri SPD 16654 B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 16654 C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 16654 D ZusFr Huonker SPD 16655A Sicherung der Arbeitsplätze bei der Kieler Werft HDW; Verschlechterung der Situation durch eine ausstehende Zahlung Perus aus einem Waffengeschäft MdlAnfr 90, 91 09.05.86 Drs 10/5456 Gansel SPD Antw PStSekr Dr. Voss BMF 16655 B ZusFr Gansel SPD 16655 C ZusFr Stutzer CDU/CSU 16655 D ZusFr Poß SPD 16656A Vizepräsident Westphal 16647 A Nächste Sitzung 16736 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 16737*A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 16 der Tagesordnung (Entwurf eines Gesetzes zur Verhinderung des Mißbrauchs von Sendeanlagen (Linsmeier [CDU/CSU], Bernrath [SPD], Kohn [FDP], Rusche [GRÜNE]) . . . . 16737* B Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 216. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 16587 216. Sitzung Bonn, den 15. Mai 1986 Beginn: 8.00 Uhr
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    *) Die zu Protokoll gegebenen Reden werden im Stenographischen Bericht der 217. Sitzung als Anlage abgedruckt. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer 16. 5. Antretter * 15. 5. Dr. Barzel 16. 5. Böhm (Melsungen) * 16. 5. Büchler (Hof) 16. 5. Büchner (Speyer) * 15. 5. Catenhusen 16. 5. Dr. Corterier ** 16. 5. Dr. Ehrenberg 16. 5. Dr. Enders * 16. 5. Frau Fischer * 15. 5. Fischer (Bad Hersfeld) * 15. 5. Francke (Hamburg) ** 16. 5. Gattermann 16. 5. Handlos 15. 5. Dr. Klejdzinski * 16. 5. Frau Krone-Appuhn 16. 5. Dr.-Ing. Laermann 16. 5. Frau Dr. Lepsius 16. 5. Liedtke 16. 5. Dr. Müller * 15. 5. Müller (Düsseldorf) 16. 5. Müller (Schweinfurt) 16. 5. Reuschenbach 16. 5. Scharrenbroich 16. 5. Frau Schmidt (Nürnberg) 16. 5. Schröder (Hannover) 16. 5. Schröer (Mülheim) 16. 5. Schulte (Unna) 16. 5. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 16. 5. Frau Simonis 16. 5. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim * 15. 5. Voigt (Sonthofen) 16. 5. Vosen 15. 5. Dr. Wieczorek 16. 5. Zierer * 15. 5. *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 16 der Tagesordnung (Entwurf eines Gesetzes zur Verhinderung des Mißbrauchs von Sendeanlagen) Linsmeier (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt der Entwurf eines Gesetzes zur Verhinderung des Mißbrauchs von SenAnlagen zum Stenographischen Bericht deanlagen vor. Ziel dieses Gesetzes ist, den Schutz der persönlichen Intim- und Geheimsphäre gegen die mißbräuchliche Verwendung von Sendeanlagen, insbesondere sogenannter Minispione, zu verstärken und den Fernmeldeverkehr vor unzulässigen Sendeanlagen, insbesondere vor dem Mißbrauch mit Funktelefonen - wie z. B. nicht genehmigte oder nicht genehmigungsfähige Autotelefone, schnurlose Telefone, usw. - zu schützen. Gleichzeitig soll aber auch durch entsprechende Ausnahmeregelungen die Vermeidung unbilliger Härten etwa für Erwerber von Amateurfunkanlagen, Bastler und Sammler von Funkanlagen und Besitzer im Ausland betriebener und dort erlaubter Funkanlagen sichergestellt werden. Uns ist es mit diesem Gesetzentwurf gelungen, die berechtigten Interessen aller von den Regelungen betroffenen Gruppen zu einem allseitig befriedigenden Gesamtergebnis zusammenzufassen. Daß ein solcher Interessenausgleich nicht so einfach war, zeigt allein schon die Tatsache, daß die ersten Anläufe für diese Regelung bis in das Jahr 1967 zurückreichen. Seitdem wurden immer wieder, insbesondere auch von der Bayerischen Staatsregierung, über den Bundesrat Versuche unternommen, diese Materie gesetzlich in den Griff zu bekommen. In den beiden letzten Legislaturperioden fielen diese Initiativen wegen des Fehlens der abschließenden Beratungen unter die Diskontinuität. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf, der ebenfalls auf einer Initiative der Bayerischen Staatsregierung beruht, hat in den Beratungen im Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen einige Änderungen erfahren, wobei insbesondere den berechtigten Wünschen der Amateurfunker und der CB-Funker voll Rechnung getragen wurde. Die jetzige Ergänzung des FAG geht davon aus, daß die Voraussetzung für den Erwerb oder den Besitz einer Sendeanlage die Vorlage einer Genehmigung zum Errichten und/oder Betreiben einer solchen Anlage nach dem FAG ist. Liegt eine solche nicht vor, so kann bei Vorliegen bestimmter Bedingungen eine Genehmigung zum Besitz nachträglich eingeholt werden. So ist z. B. der Besitz eines zu Sammlerzwecken erworbenen Amateur- oder nicht genehmigungsfähigen CB-Funkgerätes dann nicht strafbar, wenn dieses dem zuständigen Fernmeldeamt gemeldet und das Gerät durch Entfernen eines wesentlichen Bauteils sendeuntauglich gemacht ist. Ähnlich ist die Situation auch bei einem nicht zulassungsfähigen schnurlosen Telefon oder einem Funkgerät, das im Ausland zugelassen ist und dort z. B. in einer Ferienwohnung oder auf einem Boot benutzt wird. Solche Geräte können zur Sicherstellung vor Diebstahl vorübergehend im Bundesgebiet aufbewahrt werden. Demgegenüber werden die Herstellung und der Erwerb sowie das Errichten und/oder Betreiben von einer einen anderen Gegenstand vortäuschenden Sendeanlage grundsätzlich verboten. Auch die 16738* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 216. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 Herstellung solcher Geräte ist künftig nur bei Vorlegen einer Sondergenehmigung erlaubt, wobei gleichzeitig die entsprechende Werbung stark eingeschränkt wird. Die Einführung dieser neuen Vorschrift ist dringend erforderlich, um dem Mißbrauch mit getarnten Anlagen, wie z. B. mit sogenannten Minispionen, wirksam begegnen zu können. Denn diese als Gebrauchsgegenstände tarnungsfähigen Abhöranlagen, die meist nur für kurze Zeit in Betrieb genommen werden und sich schnell wieder in einen unverdächtigen Zustand zurückversetzen lassen, stellen eine ernste Gefahr für den grundrechtlich verankerten Anspruch auf Menschenwürde und Wahrung der Privatsphäre dar. Der Gesetzgeber ist deshalb gut beraten, mit geeigneten Maßnahmen zu der Gewährleistung des Persönlichkeitsschutzes der Bürger und zur Beibehaltung privater Freiräume beizutragen. Mit der Neuregelung soll ebenfalls der Situation bei sonstigen illegalen Sendeanlagen begegnet werden, die z. B. durch Mißbräuche sogenannter Funkhacker den Funktelefondienst der Deutschen Bundespost erheblich stören können, wobei diesen ihr strafrechtliches Tun nur schwer nachgewiesen werden kann. Die zunächst im Entwurf des Freistaates Bayern vorgesehene Erweiterung des § 201 StGB, die die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes durch Strafbarkeit auch der Weitergabe des abgehörten Wortes schützen sollte, ist nicht mehr Gegenstand des Gesetzes. Im Hinblick auf die vielfältigen mit einer Änderung des § 201 StGB verbundenen Fragen soll diese Materie einer gesonderten Gesetzesvorlage vorbehalten bleiben. So auch die mitberatenden Ausschüsse. Zusammenfassend stelle ich fest: Nach bald 20jährigen Bemühungen ist es uns jetzt gelungen, eine gesetzliche Regelung zu finden, die für die Zukunft die Herstellung, den Erwerb und das Betreiben von getarnten Sendeanlagen unterbindet und den Besitz sonstiger illegaler Sendeanlagen unter sehr liberalen Bedingungen und Übergangsfristen regelt. Ich bitte das Hohe Haus, dem Gesetz zuzustimmen. Bernrath (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um die Beseitigung von Auswüchsen in der Anwendung elektronischer Kleinstgeräte und die Verhinderung des Mißbrauchs kleinster Sendeanlagen. Kleinstsender und Minispione können gefährlich sein; mißbraucht sind sie alles andere als nützlich für das menschliche Zusammenleben. Sie können, wie die Erfahrung gezeigt hat, die Befindlichkeit der Menschen unangenehm berühren und nachhaltig stören. Ungeachtet allen Datenschutzes, auf den wir alle große Mühe verwenden, wissen wir nicht, wer was wo wann mithört, mitschneidet, aufzeichnet, weitergibt, speichert, gegen uns verwendet, ohne daß wir das wissen oder nur ahnen. Darum ist es richtig, auch in dieser Hinsicht die Persönlichkeit des Menschen zu schützen und den Mißbrauch fernmeldetechnischen Geräts — Sendeanlagen — zu verhindern. Zu diesem Zweck werden im Fernmeldeanlagengesetz das Errichten und das Betreiben von der Genehmigung abhängig gemacht. Das Überlassen wird nur an Befugte, an zur Errichtung und zum Betreiben Befugte, gestattet. Die Werbung für diese Technik wird beschränkt. Herstellung, Vertrieb und Einfuhr bestimmter Sendeanlagen werden verboten. In der Zielsetzung stimmen wir mit der Koalition überein. Wir hätten es allerdings für besser gehalten, wenn sich eine erneute Ausweitung des FAG hätte vermeiden lassen. Die Regelungen gegen den Mißbrauch von Sendeanlagen hätten in ein selbständiges Gesetz gehört. Aber wir stimmen dem Gesetz nicht zuletzt deshalb zu, weil wir erstens gemeinschaftlich darauf drängen, die Strafvorschriften — § 201 StGB — gegen die Verletzung der Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes schnell anzupassen, weil zweitens den Anliegen der Amateurfunker im § 5 a Rechnung getragen wurde — das Gesetz über den Amateurfunk bleibt als Lex specialis unberührt — und weil drittens die Zuständigkeiten für Ausnahmeregelungen — § 5 e — im Bericht des Innenausschusses zur Vermeidung von Mißverständnissen erläutert worden sind. Kohn (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz, das heute verabschiedet werden soll, hat eine lange Vorgeschichte. Bereits in der Großen Koalition gab es einen gemeinsamen Antrag der CDU/CSU und der SPD, der sich gegen die mißbräuchliche Verwendung von Abhörgeräten richtete. Dieser Anlauf scheiterte ebenso wie spätere Versuche in der 8. und der 9. Legislaturperiode. Dies macht deutlich, daß es sich hier um eine nicht unproblematische Gesetzesmaterie handelt. Die Zielrichtung des Gesetzes, die Bekämpfung der zunehmenden Mißbräuche durch unbefugte Verwendung von Minispionen, steht außer Streit. Aufgrund der heutigen technischen Möglichkeiten stellen Minispione eine erhebliche Gefahr dar, die Intimsphäre jedes einzelnen Bürgers ist hierdurch bedroht. Dies gilt erst recht, wenn derartige Geräte getarnt sind und damit für das heimliche Abhören von Gesprächen anderer besonders leicht eingesetzt werden können. Erst jetzt ist aber eine gesetzliche Regelung gefunden worden, die diesem Ziel weitgehend gerecht wird, die andererseits aber sicherstellt, daß die technische und wirtschaftliche Entwicklung nicht unangemessen behindert wird. Die FDP stimmt diesem Gesetz zu — allerdings ohne Freudentänze. Uns wäre es sicherlich lieber gewesen, wenn uns diese Novelle erspart geblieben wäre. Sie ist unbestreitbar ein Stück mehr Reglementierung, mehr Bürokratisierung, weniger Freiheit. Es gibt nicht wenige Bürger, die gegen dieses Gesetz Sturm laufen; denn: immer dann, wenn Mißstände bekämpft werden, sind auch nicht mißbräuchliche Formen der Nutzung mit betroffen. Dies ist hier nicht anders. Wir mußten uns aber der Erkenntnis beugen, daß auf schärfere Vorschriften gegen Minispione nicht länger verzichtet werden Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 216. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 16739* kann. Das Gesetz in der Form, wie es jetzt vom Ausschuß vorgelegt worden ist, beschränkt sich auf die wirklich notwendigen Eingriffe. Die Freiheitssphäre des einzelnen wird zwar eingeschränkt, aber nicht über das notwendige Maß hinaus; das Fernmeldemonopol der Post wird nicht ausgeweitet — auch dies war ein Punkt, der uns mit Sorge erfüllt hat —, und eine vernünftige wirtschaftliche Nutzung von Sendeanlagen bleibt so weit wie möglich gewährleistet. Wir hoffen deshalb, daß auch die vielen Amateurfunker, die dieses Gesetz abgelehnt haben, Verständnis für die Novellierung und die notwendigen gesetzlichen Eingriffe aufbringen werden. Rusche (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die GRÜNEN sind in den Punkten, in denen das neue Gesetz die Privatsphäre besser als bisher vor Lauschangriffen schützt, in Übereinstimmung mit dem vorliegenden Entwurf. Die Lauschangriffe wurden bisher durch die leichte Zugänglichkeit von Kleinstsendern, sogenannten Wanzen, aller Art erleichtert. Wir unterstützen selbstverständlich auch, daß die Gefährdungen für zum Teil lebenswichtige Funkdienste, z. B. Luftverkehr, bekämpft werden sollen. Diese können von Kleinstsendeanlagen ausgehen, vor allem wenn sie unsachgemäß betrieben werden. Gleichzeitig allerdings treten die GRÜNEN für einen umfassenden Schutz der Privatsphäre ein und nicht für einen, der von den sogenannten Sicherheitsbehörden nach Belieben durchlöchert werden kann. Genau diese Möglichkeit aber eröffnet der Entwurf, wenn er in § 5 e Abs. 2 den Behörden in einer weitherzigen Generalklausel die Möglichkeit eröffnet, Ausnahmen zum Verbot der Minispione zuzulassen. Das „öffentliche Interesse", und das Verständnis „öffentlicher Sicherheit", das dabei zugrunde gelegt wird, wird uns derzeit auch in den Entwürfen der sogenannten Sicherheitsgesetze drastisch vor Augen geführt. Für die Lauschangriffe und Spitzeleien der zahllosen kleinen Großen Brüder läßt der Entwurf eine Hintertür in der Breite eines Scheunentors. Damit nicht genug. Der Entwurf unternimmt es dann auch noch, den ohnehin teilweise viel zu weitgehenden Strafvorschriften des Fernmeldeanlagengesetzes noch weitere hinzuzufügen. Mit diesem werden beileibe nicht nur diejenigen getroffen werden, die mit dem Vertrieb elektronischer Abhöreinrichtungen ihre dunklen Geschäfte machen, nein, auch Bürgerinnen und Bürger sollen mit Strafe bedroht werden, die irgendeine nicht zugelassene, gleichwohl aber im Handel erhältliche Sendeanlage bloß besitzen. Hier ist plötzlich nicht mehr von der Beschränkung auf Minispione die Rede. Man muß sich das einmal vorstellen: Nach dem jetzt vorgelegten Entwurf kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden, wer fahrlässig eine solche nicht erlaubte Sendeanlage besitzt. Das trifft auch jenen, der sich im guten Glauben ein hierzulande nicht zugelassenes, aber durchaus erhältliches Autofunkgerät zugelegt hat. Wir sind gegen eine solch völlig überzogene Ausdehnung von Strafvorschriften. Wir wollen die Straftatbestände auf das Wesentliche reduzieren, nämlich auf den Geheimnisbruch und die absichtliche Störung öffentlichen Zwecken dienender Funkanlagen. Alle übrigen Strafvorschriften können zu Ordnungswidrigkeiten herabgestuft werden oder völlig entfallen. Sie dienten ohnehin zum Teil nur dazu, Pflichten, die sich aus dem Fernmeldeanlagengesetz ergeben und deren Erfüllung mit Verwaltungsmitteln durchgesetzt werden kann, noch zusätzlich mit Strafandrohung zu verschärfen. Wir glauben, daß es auch im sogenannten Nebenstrafrecht angebracht ist, seit über 50 Jahren mitgeschleppte, viel zu weitgehende Strafvorschriften kritisch zu überprüfen und sie dort, wo sie entbehrlich sind, abzuschaffen. Aus den gleichen Überlegungen wehren wir uns gegen die durch den jetzt vorgelegten Entwurf ermöglichte Kriminalisierung von Verhaltensweisen, die für sich völlig unschädlich sind. Die Strafbarkeit wird weit in das Vorfeld denkbarer Schäden verlegt. Das Risiko für die nach dem Entwurf ja komplizierter werdende Rechtslage wird in unverantwortlicher Weise den Bürgerinnen und Bürgern aufgebürdet. Meine Damen und Herren, ich möchte Sie daher bitten, den Gesetzentwurf mit uns abzulehnen.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()


    Wir müssen versuchen, eine politisierte Debatte in europäischen Parlamenten und anderswo zu vermeiden.
    Trotzdem wagt die Bundesregierung diese Debatte. Woher nimmt sie den Mut zu diesem Risiko, das man ihr bei der Nachrüstungsdebatte 1983 erst abringen mußte? Nun, diese Regierung macht sich Mut, indem sie es sich — wie so oft — sehr einfach macht. Sie sagt: Auf Grund des Aufenthaltsvertrags von 1954 hätten die Amerikaner sowieso das Recht, Modernisierungen ihrer C-Waffen-Bestände hier ohne Konsultationen durchzuführen. Nun haben der Bundeskanzler und der Bundesaußenminister — so hören wir — in Gesprächen und in Briefwechseln — natürlich geheim, so daß es nicht nachprüfbar ist — mit dem US-Präsidenten erreicht, daß die alten Bestände abgebaut werden, daß keine Stationierung neuer binärer Waffen erfolgt, daß eine solche im Eventualfall nur mit Zustimmung der Bundesregierung erfolgen könne.
    Ich lese das Wort „Bitte". Ich möchte fragen: Für wie dumm halten Sie uns eigentlich, daß Sie uns weismachen wollen, irgendein Aufnahmestaat würde um chemische Waffen zur Verwendung auf dem eigenen Territorium bitten? Was machen Sie eigentlich mit der Bevölkerung, mit solchen Briefwechseln, mit solchen Texten? Ich kann nur sagen: Man kann nur mit dem Kopf schütteln; das ist fast schon pervers.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Wilz [CDU/CSU]: Ein Blödsinn!)

    Herr Lamers hat erklärt: Souveränitätsgewinn plus Abrüstung — ein totaler Erfolg, sollte man meinen, ein Erfolg, der sowohl das zähe Verhandlungsgeschick des Bundeskanzlers als auch die Abrüstungswilligkeit der USA beweisen soll, die doch immerhin — so Herr Todenhöfer und jetzt auch Herr Wörner — als einseitige Vorleistung 17 Jahre lang keine weiteren C-Waffen produziert hätten.
    Herr Todenhöfer, Sie haben gestern im Ausschuß gesagt — das ist wohl nicht geheim; ich glaube, er ist gar nicht da, ich vermisse ihn im Moment —, es gebe das Buch „Die Unfähigkeit zu trauern" von Alexander Mitscherlich. Er hat dann an die Adresse der Opposition gesagt, offensichtlich gebe es bei uns auch die Unfähigkeit, sich zu freuen. Ich sage Ihnen: Es gibt bei ihm und der Regierungskoalition die Unfähigkeit, die volle Wahrheit zu sagen, wahrhaftig zu sein. Sonst müßte man sehen, daß diese alten Bestände nicht aus irgendwelchen Abrüstungsgedanken heraus abgebaut werden, sondern deshalb, weil diese Bestände völlig unsicher sind. Ich darf hier nur den demokratischen Senator Jackson zitieren, der am 17. September 1980 in der Senatsdebatte über die Einführung binärer Nervenkampfstoffe gesagt hat:
    Wir haben gegenwärtig 4 000 Undichtigkeiten pro Jahr, toxische Lecks.
    Das heißt also, wenn der Westen aus solchen Gründen abrüstet, weil alte chemische Waffen zu einer Gefahr für ihre Bewacher werden, dann gestatten Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, leise Zweifel an der konsequenten Abrüstungswilligkeit derer, die diese Waffen abziehen. Chemische Entsorgung ist keine chemische Abrüstung, zumal wenn sie mit chemischer Modernisierung einhergeht.
    Nein, es geht nicht um Abrüstung, sondern um klammheimliche Strategieveränderung innerhalb
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 216. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 16683
    Lange
    der NATO. Ich darf hier den amerikanischen Heeresminister Marsh zitieren. Während eines Kongreß-Hearings hat er gesagt — ich bitte Sie, genau zuzuhören, weil das von Ihrer Seite aus immer wieder ignoriert wird, obwohl Sie sehr genau wissen, worum es bei dieser Modernisierung geht —:
    Wir müssen obsolete, potentiell unsichere Munition demilitarisieren, um spätere Probleme mit ihr zu vermeiden. Die Modernisierung mit Binärwaffen ist notwendig, um eine glaubwürdige Fähigkeit zur Vergeltung zu besitzen, die mit dem Air/Land-Battle-Konzept vereinbar ist.
    Hier sind wir beim Kern der Debatte; denn:
    Beweglich eingesetzte Luft- und Bodenstreitkräfte, konventioneller, atomarer und chemischer Beschuß, subversive Kriegsführung, aktive Aufklärung, Überwachung und Zielerfas-, sungsbemühungen sowie die elektronische Kampfführung werden alle auf den Frontbereich und die rückwärtigen Gebiete beider Kombattanten gerichtet sein.
    Dies ist nur ein Zitat aus dem Field-Manual 100/5, dem Air/Land-Battle-Konzept, nach dem die amerikanischen Streitkräfte bereits jetzt auch auf dem Boden der Bundesrepublik ausgebildet werden. Das ist der Kern der Angelegenheit. Es geht um die Komplettierung, um diè klammheimliche Strategieveränderung innerhalb der NATO! Da führt man in der Öffentlichkeit ein Scheingefecht und geriert sich gar noch mit einem Abrüstungswillen. Dies ist der Einstieg der Bundesrepublik und der NATO in die Air/Land-Battle-Konzeption der USA. Dies ist die schleichende Aushöhlung der jetzigen NATOStrategie.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Zur Haltung der Bundesregierung: Der Bundeskanzler hat auf der Pressekonferenz am 11. April gesagt, es handle sich um eine nationale Entscheidung der amerikanischen Regierung. Es werde keine Stationierung neuer binärer chemischer Waffen in der Bundesrepublik geben. Sie wissen, dies ist falsch, irreführend und gefährlich. Falsch ist es, da die Kongreß-Resolution die Produktionsaufnahme an eine formelle NATO-Rats-Entscheidung bindet. Der Kanzler verschweigt, daß mit deutscher Zustimmung bereits am 17. Februar der Militärausschuß der NATO das Streitkräfteziel „neue chemische Waffen" billigte. Die letztlich politisch bindende Entscheidung aber fällt am 22. Mai im NATO-Rat. Hier ist die Bundesregierung gefordert, ein klares Nein zu sagen, wenn sie es wirklich ernst mit der Abrüstung meint.

    (Tatge [GRÜNE]: Das ist sehr unwahrscheinlich!)

    Keine Stationierung, sagte er, und implizierte: in Friedenszeiten. Aber ich darf zitieren:
    Wenn wir sie erst bauen, dann wird der Druck auf die NATO-Alliierten so groß sein, eine Stationierung auf eigenem Boden zu akzeptieren, besonders auf die Bundesrepublik, wo es sie ja heute auch gibt.
    So Duncan Hunter vom US-Verteidigungsausschuß. Oder ein anderes Zitat:
    Es geht dabei nicht um eine Stationierung in Krisenzeiten. Wir gehen davon aus, daß die Waffen in den USA und in Europa gelagert werden.
    So John Porter vom US-Haushaltsausschuß. Ich frage mich: Was gilt nun, die Wunschvorstellung der Bundesregierung, mit der sie hier vor die Öffentlichkeit tritt, oder die realistische Einschätzung von US-Experten in Kenntnis der Abläufe?
    Krisen-/Eventualfall: Wer definiert den Krisenfall? Der Begriff kennt keine grundgesetzliche Entsprechung. Was ist ein Eventualfall? Wer definiert die Kriterien dafür? Unsere Befürchtung ist: Die Definitionsmacht liegt beim amerikanischen Präsidenten. Wo ist dann die Souveränität geblieben, auf die Sie hier heute so stolz hingewiesen haben?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Wenn die Bundesregierung dem Streitkräfteziel „neue chemische Waffen" auf der NATO-Rats-Tagung zustimmt, dann bedeutet das faktisch ihre Zustimmung zur Produktion der binären chemischen Waffen. Damit macht sich die Bundesregierung entscheidend mitverantwortlich für erstens eine neue Aufrüstungsrunde, diesmal auf dem Gebiet der chemischen Waffen, zweitens eine schleichende Strategieveränderung der NATO in Richtung auf offensive Air/Land-Battle-Kriegsführungsstrategien auf dem mitteleuropäischen Schlachtfeld, drittens eine Änderung der Sichtweise über die Funktion von C-Waffen als Repressalie hin zu Kriegsführungswaffen und viertens für einen weiteren moralischen Verfall von politischer Kultur dadurch,

    (Lamers [CDU/CSU]: Dummes Zeug!)

    daß die Wertegemeinschaft NATO sich nicht scheut, bereit zu sein, im Krieg Mittel einzusetzen, die nichts anderes sind als materialisierte Lebensverachtung. Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, auf der NATO-Rats-Tagung am 22. Mai in Brüssel ein klares Nein zur Produktion von C-Waffen durch die USA zu sagen. Sie hat hier eine Schlüsselrolle und sollte sich dieser Rolle endlich einmal friedenspolitisch konstruktiv bewußt sein.
    Ich möchte Ihnen zum Schluß noch etwas zum Nachdenken mitgeben, vor allen Dingen jenen, die vielleicht auf ihre Hartgesottenheit stolz sind: In was für eine Zukunft lassen Sie uns und kommende Generationen eigentlich hineinwachsen? Da verstrahlen unsere Luft, unsere Erde, unsere Lungen radioaktiv, und Sie setzen weiter unbeirrt auf Atomenergie. Sie sind für mehr konventionelle Rüstung, für immer gefährlichere Atomwaffen und für die Stationierung — wann auch immer und wie auch immer — von chemischen Waffen. Sie, die Sie immer von Frieden in Freiheit reden, merken gar nicht mehr, wie diese Worte zur hohlen Phrase gerinnen, weil die Menschen das hier nicht mehr als friedlich und frei empfinden. Es ist keine lebens-

    Lange
    werte Zukunft mehr, die uns durch Ihre Politik in Aussicht steht.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Sie sind der Schwarzmaler der Nation!)

    — Das zeigt nur, daß Sie an der Bevölkerung vorbeileben. Gehen Sie einmal raus und fragen Sie die Leute, was sie denken.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN — Schwarz [CDU/CSU]: Das sehen wir bei der nächsten Wahl!)

    Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder Sie suchen sich ein neues Volk, das Ihre kalte Politik mitmacht, oder die Bürger hier suchen sich eine neue Regierung.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Für die erste Möglichkeit möchte ich Ihnen viel Glück wünschen. Für die zweite Möglichkeit werden wir uns massiv einsetzen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Unterstützen Sie deshalb unseren Antrag, der lautet: weg mit den alten C-Waffen, keine neuen C-Waffen, wie auch immer und wo auch immer und wann auch immer.
    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen, Genscher.

(Zuruf von der SPD: Jetzt kommt das Jein!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich heute vormittag, Herr Kollege Bahr, noch einmal das Protokoll des Unterausschusses, dem Sie vorzusitzen die Ehre haben, nachgelesen habe, hatte ich wie mein Kollege Ronneburger die Hoffnung auf eine sachliche Debatte. Denn was dort als wünschenswert von allen Seiten, die vertreten waren, betrachtet wurde, ist mehr als erfüllt worden.
    Ich kenne die unterschiedlichen Aufgaben, die Opposition und Regierungskoalition wahrzunehmen haben. Nicht immer muß der Gegensatz in der öffentlichen Debatte ein Nachteil für die Wahrnehmung der eigenen nationalen Interessen sein.
    Ich erinnere mich genau an das Jahr 1967, als die damalige Bundesregierung die Entscheidung über ihre Zustimmung zu dem NATO-Dokument MC 14/3 zu treffen hatte, in dem den chemischen Waffen ihre Funktion im Bereich der westlichen Sicherheitspolitik zugewiesen wurde. Da war uns völlig bewußt, daß der damalige Bundeskanzler Kiesinger, der damalige Verteidigungsminister Schröder und der damalige Außenminister Willy Brandt ganz sicher nicht leichten Herzens diesem Dokument zugestimmt haben. Wenn sie es trotzdem getan haben, dann, weil sie wußten, daß die Existenz chemischer Waffen auf der anderen Seite es erforderlich macht, daß eine begrenzte Anzahl von solchen Waffen hier vorhanden ist, um vom . Einsatz dieser gräßlichen Waffen abzuschrecken. Wir hätten es uns als Opposition damals leichtmachen können, der Regierung wegen der Zustimmung zu diesem Dokument Vorwürfe zu machen. Wir haben es nicht getan, weil wir der Meinung sind: auch in der unterschiedlichen Funktion gibt es gemeinsame Interessen. Das schlimmste, was man im politischen Leben tun kann, ist, der anderen Seite die böse Absicht zu unterstellen. Über den Weg kann man streiten. Die böse Absicht zu unterstellen vergiftet tatsächlich die politische Atmosphäre.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich möchte einen Beitrag dazu leisten, daß wir über dieses ganz empfindliche Thema in Sachlichkeit miteinander reden können.
    Meine Damen und Herren, zu keiner Zeit ist über Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle in solcher Breite zwischen West und Ost und international verhandelt worden wie jetzt. Ja, die Tatsache, daß die Sowjetunion ihre Bereitschaft erklärt hat, auch über die konventionelle Stabilität in ganz Europa, vom Atlantik bis zum Ural, zu verhandeln — eine übrigens von uns lange erhobene Forderung —, ist eine zusätzliche Ermutigung. Dabei sind wir uns alle der Schwierigkeiten bewußt, die an den verschiedenen Verhandlungstischen substantiellen Ergebnissen noch entgegenstehen. Keines dieser Hindernisse ist unüberwindbar. Zu den Verhandlungen, in denen am schnellsten und am effektivsten ein substantielles Ergebnis erreicht werden kann, gehören die Verhandlungen über ein umfassendes und weltweites Verbot aller chemischen Waffen auf der Genfer Abrüstungskonferenz.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Präsident Reagan und Generalsekretär Gorbatschow haben das bei ihrer Begegnung in Genf noch einmal unterstrichen. Ein solches Abkommen soll die Herstellung, Entwicklung und Lagerung von C-Waffen, von chemischen Waffen, verbieten und alle Staaten zur Vernichtung der bestehenden Vorräte an chemischen Waffen und zum Abbau aller Produktionsstätten verpflichten.
    Für uns, für die Bundesregierung, hat das weltweite Verbot der chemischen Waffen höchste Priorität. Chemische Waffen gehören zu den schrecklichsten Vernichtungswaffen, die man sich vorstellen kann. Nicht nur hier, sondern überall in der Welt müssen sie verschwinden, um diese Geißel von der Menschheit zu nehmen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Einsatz von chemischen Waffen in regionalen Konflikten in der Dritten Welt in jüngster Zeit unterstreicht doch, wie dringlich es ist, diese Waffen weltweit zu verbieten. Die Erfahrung zeigt leider, daß das Genfer Protokoll von 1925,

    (Horn [SPD]: Das Beste darf doch nicht der Feind des Guten sein!)

    das nur den Einsatz von C-Waffen verbietet, aber den Besitz und die Herstellung erlaubt, eben nicht ausreicht.
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 216. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. Mai 1986 16685
    Bundesminister Genscher
    Meine Damen und Herren, auch eigenes einseitiges Verhalten allein ist nicht in der Lage, die Gefahren zu beseitigen, die in der Existenz chemischer Waffen liegen. Die Bundesrepublik Deutschland ist das einzige Land der Welt, das vertraglich auf die Herstellung von chemischen Waffen verzichtet hat. Wir unterwerfen uns internationalen Kontrollen. Aber wir müssen heute doch leider feststellen: Unser Beispiel hat eben keine Nachahmung gefunden. Das gehört auch zur Realität.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Horn [SPD]: Wir sind auch keine Weltmacht!)

    — Zur Weltmacht komme ich gleich, Herr Kollege. —
    Die erhoffte Nachahmung blieb auch aus, als die Vereinigten Staaten von Amerika 1969 die Produktion chemischer Kampfstoffe eingestellt haben. Hier ist die Sowjetunion seit 17 Jahren im Verzug.
    Ein uneingeschränktes weltweites Verbot aller chemischen Waffen, wie sie der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP verlangt, entspricht der Politik der Bundesrepublik Deutschland seit langem.
    Wir haben hier gestern über die Auswirkungen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gesprochen. In dieser Debatte wurde deutlich, daß die Menschen nicht nur in unserem eigenen Lande, sondern daß sie in der ganzen Welt empfinden: unsere Welt ist kleiner geworden. Wir sind aufeinander angewiesen. Letztlich sind wir zu einer Überlebensgemeinschaft geworden. Nicht alles, was technisch möglich ist, ist Fortschritt. Die Gefahren vieler technischer Entwicklungen kennen keine Ländergrenzen. Genauso deutlich ist, daß die Sicherheit heute nicht mehr allein, nicht mehr autonom garantiert werden kann, sondern daß sie kooperativer Lösungen bedarf.

    (Horn [SPD]: Sehr richtig!) Das habe ich heute morgen gesagt.

    Aber, meine Damen und Herren, wir wissen auch, daß die Sicherheit nicht allein militärisch erreicht werden kann, daß dazu auch Dialog, Zusammenarbeit, vor allem aber Offenheit, Transparenz, Nachprüfbarkeit gehören, damit Mißtrauen beseitigt wird, das der größte Feind jeglicher Fortschritte bei der Abrüstung ist.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Die Forderung nach dem weltweiten Verbot der chemischen Waffen trägt der Erkenntnis Rechnung, daß unsere Welt kleiner geworden ist, daß das Verbot, hier chemische Waffen nicht haben zu dürfen, aber die Möglichkeit, sie an anderer Stelle doch zu besitzen und dann auch einsetzen zu können, eben keine Sicherheit gibt, sondern im Gegenteil Mißtrauen, Instabilität und Unsicherheit schafft. Deshalb ist ein weltweites Verbot eine unabdingbare Forderung, wenn wir die chemischen Waffen wirklich loswerden wollen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Horn [SPD]: Aber nicht Voraussetzung! — Lange [GRÜNE]: Genau das ist falsch!)

    Die Tatsache, daß bei regionalen Konflikten in der Dritten Welt chemische Waffen verwendet werden, zeigt, daß wir sie weltweit verbieten müssen und daß ein regionales Verbot nicht ausreichen würde.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Kommen Sie doch mal zur Sache!)

    Meine Damen und Herren, wenn wir über die Probleme reden, die heute einem Abkommen über das Verbot noch entgegenstehen, dann stellen wir fest, daß die Probleme doch nicht in der Forderung nach der weltweiten Geltung liegen. Im Gegenteil, die schwierigen Probleme der Verifikation, der Nachprüfbarkeit werden noch schwieriger, wenn sich das Verbot nur auf einen bestimmten Teil, auf eine bestimmte Region bezieht, aber für andere Teile der Welt nicht gelten soll. Das regionale Verbot ist schwerer und nicht leichter zu verwirklichen. Das ist die Wahrheit.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/CSU -Schwarz [CDU/CSU]: Das weiß der Herr Bahr nicht!)

    Wenn wir in der regionalen Beseitigung eine Gefährdung und keine Chance für das weltweite Verbot chemischer Waffen sehen, nutzen wir dennoch alle Möglichkeiten zu Gesprächen mit unseren unmittelbaren Nachbarn im Warschauer Pakt, also mit der DDR, mit der CSSR, um nach Lösungsmöglichkeiten für die noch offenen Fragen eines weltweiten Verbots zu suchen. Diese Gespräche finden auf unserem Vorschlag seit Beginn dieses Jahres in Genf statt. Daneben steht das Thema des Verbots der chemischen Waffen auf der Tagesordnung aller Begegnungen mit den Mitgliedern des Warschauer Pakts und auch der Abrüstungskonsultation mit diesen Ländern.
    Die Bundesregierung erwartet von allen Teilnehmerstaaten der Genfer Abrüstungskonferenz, daß gerade auch unter dem Eindruck der Katastrophe von Tschernobyl in der im Juni beginnenden neuen Runde der Genfer Abrüstungskonferenz eine neue gemeinsame Anstrengung gemacht wird, mit der sich die Tragfähigkeit der Erklärungen allen Seiten am Verhandlungstisch erweisen muß. Nicht ein Brief ist jetzt geboten, Herr Kollege Bahr; dort am Verhandlungstisch wird jeder Farbe zu bekennen haben, jeder an diesem Verhandlungstisch, da wollen wir keinen besonders auf die Anklagebank setzen.
    Die Bereitschaft, bei der Lösung offener praktischer Fragen flexibel und kompromißbereit mitzuarbeiten, ist der Prüfstein für die Bereitschaft zur Rüstungskontrolle. Mit der weltweiten Abschaffung dieser ganzen Kategorie von schrecklichen Vernichtungswaffen würde ein Signal der Hoffnung gesetzt werden, daß es gelingt, dann auch mit anderen Kategorien weltweit Schluß zu machen, so wie wir das mit den Mittelstreckenraketen wollen. Die Zeit ist überreif. Das weltweite Verbot ist eben keine Utopie, sondern realistisches Ziel. In Wahrheit sind doch die Verhandlungen in Genf weit fortgeschritten. Aber Kern der offenen Probleme ist immer noch die Frage der Verifikation, der Nachprüfbarkeit.



    Bundesminister Genscher
    Die deutschen Beiträge haben sich seit Jahren auf diese Frage konzentriert. So hat die Bundesrepublik Deutschland ein Modell eingeführt, das die Kombination von Regelkontrollen mit einem Verfahren zur Überprüfung verdächtiger besonderer Vorkommnisse vorsieht. Aber es gibt auch Übereinstimmung im Bereich der Verifikation. Das betrifft insbesondere die systematische Kontrolle der Vernichtung der vorhandenen C-Waffen-Bestände und die Überprüfung der Beseitigung von Anlagen zur Herstellung von chemischen Waffen.
    Zu diesen beiden Punkten hat die Sowjetunion am 22. April 1986 in der Abrüstungskonferenz eine Ankündigung von Generalsekretär Gorbatschow vom 15. Januar 1986 verwirklicht. Sie erklärte sich zu internationalen Kontrollen bei der Vernichtung von C-Waffen-Beständen und -Herstellungsanlagen bereit, einschließlich der Inspektionen vor Ort. Wir begrüßen diesen Verhandlungsschritt als Beitrag zur Lösung. Aber damit sind eben nicht alle Fragen beantwortet.
    Ungelöst ist auch die Überwachung der chemischen Produktion. Hier kann es natürlich keinen Unterschied geben zwischen Produktionsstätten in staatlicher und privater Hand; das muß für beide geiten. Ungelöst ist die Frage der Verifikation im Falle des Verdachtes. Hier ist eine konstruktive Bewegung der Sowjetunion dringlich geboten. Inspektionen vor Ort, die nur mit Zustimmung des betreffenden Staates möglich sind, wären nicht sachgerecht und würden nicht die Kontrollfunktion erfüllen, die zur Vertrauensbildung notwendig ist.
    Das Bündnis hat bei der. Festlegung der geltenden Strategie der flexiblen Antwort in dem erwähnten Dokument MC 14/3 schon im Jahre 1967 festgelegt, daß, solange C-Waffen nicht gänzlich verboten sind, eine begrenzte Zahl davon bereitgehalten werden muß, um jeden Angreifer von dem völkerrechtswidrigen Einsatz chemischer Waffen abzuhalten, um ihn abzuhalten, chemische Waffen gegen uns einzusetzen. Das ist die Aufgabe. An dieser 1967 festgelegten Aufgabenstellung hat sich nichts geändert. Die amerikanischen chemischen Waffen sind in dem für diese Aufgabe für notwendig erachteten Umfang nur in der Bundesrepublik Deutschland gelagert.
    Meine Damen und Herren, was damit die Bundesrepublik Deutschland, vor allem aber die Bürger in den betroffenen Gebieten mit der Lagerung seit Jahrzehnten für die gemeinsamen Interessen des Bündnisses auf sich nehmen, sollte bei allen Bündnispartnern richtig eingeschätzt werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ganz wichtig!)

    Deshalb teilt die Bundesregierung voll die von allen Fraktionen noch im Dezember 1985 getroffene Feststellung, daß alles begrüßenswert ist — ich betone: daß alles begrüßenswert ist —, was dazu führt, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelagerten Altbestände an chemischen Kampfstoffen wegzubringen. Darum haben wir uns bemüht,
    das wollen wir erreichen, und das werden wir durch die Zusagen erreichen, die wir bekommen haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der vereinbarte Abzug dieser Bestände, der nicht später als 1992 abgeschlossen sein soll, entspricht nicht nur den Interessen der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten. Ich empfehle einmal, mit den Bürgern dort zu sprechen und zu hören, was die dazu sagen, wenn wir hier die Gelegenheit verpassen würden, daß wir diese chemischen Waffen dort loswerden. Dort erwartet man von uns, daß wir alles tun, daß sie endlich von deutschem Boden verschwinden, und dafür setzen wir uns ein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, dieser Abzug der chemischen Waffen beendet auch einen Zustand der Singularisierung der Bundesrepublik Deutschland unter den europäischen Partnern und dient damit der Einheit und der Geschlossenheit unseres Bündnisses. Es wird deshalb auch keine Austauschstationierung — neu gegen alt — geben. Der Bundeskanzler hat am 11. April 1986 erklärt: Es wird keine Stationierung neuer binärer chemischer Waffen in der Bundesrepublik Deutschland geben. Wir sind uns mit den Vereinigten Staaten einig: Es wird in Friedenszeiten keine Verbringung binärer chemischer Waffen in die europäischen Mitgliedstaaten der NATO geben, auch nicht im Rahmen einer Eventualfallplanung, es sei denn, es wird vom Aufnahmeland eigens gewünscht und gebilligt. Wie Sie, Herr Kollege Lange von den GRÜNEN, diese Formulierung kritisieren können, ist mir gänzlich unverständlich. Wenn wir durchsetzen, daß die Voraussetzung einer Stationierung ist, daß ein europäisches Land es verlangen und billigen muß, dann betrachten sie das als eine Perversität. Für mich ist das die Herstellung eines natürlichen Rechtsanspruchs eines souveränen Staates, wie es die Bundesrepublik Deutschland ist. Darum geht es.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Lange [GRÜNE]: Daß sie um Zustimmung bitten müssen, ist doch pervers!)

    Das heißt, daß für uns wie für jedes andere NATO-Land klargestellt ist: Es bedarf unserer Zustimmung. Diese Feststellungen werden durch die Zusicherung des amerikanischen Präsidenten ergänzt, daß, wie dies bei allen anderen wichtigen Bündnisentscheidungen in Sicherheitsfragen der Fall ist, umfassende politische Konsultationen im Rahmen der NATO durchgeführt werden, bevor es zu einer Dislozierung binärer Waffen in einem Eventualfall kommt. Durch das mit der amerikanischen Seite erreichte Einvernehmen ist damit gewährleistet, daß die Bundesrepublik Deutschland für alle Eventualfälle ihre Interessen auf der Grundlage ihrer ungeschmälerten Souveränität wird vertreten können, und das ist ein ganz entscheidender Fortschritt für unser Land.
    Auch eine Singularisierung irgendeines Landes, auch der Bundesrepublik Deutschland, wird es nicht mehr geben. Das alles geht weit über das hinaus, was in einer intensiven und verantwortlichen Beratung in dem zuständigen Unterausschuß gegen



    Bundesminister Genscher
    Ende des letzten Jahres übereinstimmend als eine gemeinsame Position bezeichnet wurde. Das Einvernehmen mit den USA beendet die Singularisierung unseres Landes. Es entfernt durch die Billigung des Streitkräfteziels alle chemischen Waffen aus unserem Land, und es liegt in unserer Hand, ob es künftig zu einer Verbringung chemischer Waffen auf deutsches Gebiet kommen wird oder nicht.
    Die Produktion neuer chemischer Waffen ist und bleibt eine nationale Entscheidung der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Frage, meine Damen und Herren, ob es überhaupt zur Produktion und Einsatzfähigkeit neuer binärer chemischer Waffen der Vereinigten Staaten kommen wird, liegt allerdings in der Verantwortung aller an den Verhandlungen der Abrüstungskonferenz in Genf beteiligten Staaten. Der amerikanische Kongreß hat die Endfertigung neuer chemischer Waffen bis zum 1. Dezember 1987 aufgeschoben und davon abhängig gemacht, daß es bis dahin noch kein umfassendes Abkommen über das Verbot chemischer Waffen gibt.
    Es gibt keinen Grund, ein solches Verbot nicht zeitgerecht zu erreichen, wenn alle in Genf Beteiligten ihren Worten jetzt Taten folgen lassen.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Ich wiederhole: Wir wollen keine chemischen Waffen. Wir wollen sie weltweit nicht. Deshalb hat für uns das weltweite Verbot die absolute Priorität.

    (Abg. Bahr [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Das ist nicht nur Ausdruck unseres Anspruchs auf unsere ungeschmälerte Souveränität. Das ist auch Ausdruck der Verantwortung, die wir im Bündnis tragen, und der Beiträge, die wir für die gemeinsame Sicherheit leisten.

    (Lange [GRÜNE]: Wer bestimmt das?)

    Wir begründen den Anspruch, daß endlich alle Beteiligten in der Genfer Abrüstungskonferenz einem weltweiten nachprüfbaren Verbot chemischer Waffen zustimmen, auch aus der Tatsache, daß wir als einziges Land vertraglich auf die Herstellung chemischer Waffen verzichtet haben.