Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Günther, Sie haben hier von Geistern gesprochen oder von dem, was vielleicht umhergeistert. Soweit es sich um das sozialpolitische Programm der SPD handelt, ist dies kein Geist und kein Geistern, sondern Realität.
— Das kann nun wirklich nur jemand sagen, der selbst keinen Geist hat.
Oder ich muß daraus schließen, daß Sie unser Programm nicht gelesen haben. Das letztere wird wohl richtig sein. Deswegen nehme ich das erstere zurück. Aber Sie sollten nicht so leichtfertige Zwischenrufe machen.
Ich möchte zu Beginn zu etwas Stellung nehmen, meine Damen und Herren, was auch beim vorigen Tagesordnungspunkt eine Rolle gespielt hat, aber hier in gleicher Weise ganz kurz abgehandelt werden muß, zumal der Herr Bundesarbeitsminister in diesem Zusammenhang etwas von Verursacherprinzip gesagt hat. Der Herr Bundesarbeitsminister ist ja nicht nur ein Vortragskünstler, er ist auch ein Verdrehungskünstler.
— Ich muß sagen, der Lack geht allmählich ab.
— Das wollen wir einmal sehen.
Der Minister hat also gesagt, das Verursacherprinzip sei dafür verantwortlich, daß der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung in dieser überhasteten und durch nichts gerechtfertigten Form
die Gesetze durch die Mehrheit von CDU/CSU und FDP durchpeitschen läßt. Da wollte ich dem Herrn Bundesarbeitsminister, der uns wohl im Augenblick verläßt, sagen, daß diese Hektik im Ausschuß nicht daran liegt, daß in diesem Ausschuß das wieder in Ordnung gebracht werden muß, was die sozial-liberale Koalition vermasselt hätte. Nein, das liegt einfach daran, daß diese Koalitionsmehrheit das, was wir an sozialem Fortschritt beschlossen haben, zum Teil sogar mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP, nicht nur im eigentlichen Leistungsbereich des Systems der sozialen Sicherheit, sondern auch dort, wo es um Arbeitnehmerrechte geht, rigoros abbaut und weiterhin abbauen will,
und dies möglichst noch vor den Wahlen.
Deswegen kommen wir in diese Bredouille, deswegen sind wir genötigt, in dieser unmöglichen Art Gesetze zu verabschieden. Das ist der wahre Grund. Sie möchten nicht so dicht an die Wahlen heran, sondern möchten das sofort machen, weil Sie glauben, das merke nun niemand. Wir werden dafür sorgen, daß das alle merken.
Nun will ich Ihnen sagen: Was dieses Gesetz angeht, hat es nicht einmal eine Stunde Beratungszeit gegeben. In der vorigen Woche ist eine halbe Stunde zur Einführung gesprochen worden. Und in dieser Woche — Herr Staatssekretär Vogt, Sie haben neben mir gesessen — hatten wir kaum Zeit zur Abstimmung. Ich mußte ein verkürztes Verfahren der Abstimmung wählen, ganz abgesehen davon, daß wir zum Inhalt des Gesetzentwurfs und zum Inhalt des Änderungsantrages der SPD-Fraktion so gut wie keine Zeit der Beratung hatten.
Das ist die Wahrheit.
Bei der Gelegenheit möchte ich mal sagen: Wir im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung haben eine vorgesetzte Behörde, und diese vorgesetzte Behörde heißt Herr Seiters. Seiters ist Fraktionsgeschäftsführer der CDU/CSU.
Er hat mich hier bereits als Blockierer beschimpft. Aber er ist der Durchpeitscher. Er schreibt an den Präsidenten, und zwar am Ausschuß vorbei, und veranlaßt, wann wir, zu welchen Tages- und Nachtzeiten und an welchen Wochentagen, im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Sondersitzungen zu machen haben. Dies bestimmt weder der Vorsitzende noch der Ausschuß, dies bestimmt Herr Seiters — und der Präsident natürlich, der dies genehmigt.
Das ist die Art der Beratung in Sondersitzungen, Durchpeitschen sozialpolitischer Gesetze dieses Ausmaßes und der Bedeutung, wie wir das in dieser Woche auch mit dem § 116 AFG erlebt haben.