Rede von
Bernhard
Jagoda
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Zur Tarifautonomie gehört das Arbeitskampfrecht. Dieses Recht darf nicht nur auf dem Papier stehen; es muß als letzte Möglichkeit eine Waffe bleiben, eine Waffe, mit präventivem Charakter, die wirkungsvoll bleiben muß. Wer jetzt nicht handelt, Klarheit und Rechtssicherheit herstellt und dauerhaft garantiert, mindert die Wirksamkeit dieses Systems. Deshalb können wir
nicht Jahre ins Land gehen lassen, bis höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen.
Die CDU/CSU hält an ihrer im Jahre 1969 festgelegten Linie der fördernden Neutralität des Staates im Arbeitskampf fest.
Es geht nicht um das Streikrecht, nicht um neue Maßnahmen und Begriffe, sondern um Klarstellung wegen veränderter Sachlage.
Die Klarstellung ist auch erforderlich, weil höchstrichterliche Rechtsprechung neue Maßstäbe hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit, der Zulässigkeit der Abwehraussperrung gesetzt haben.
Wir begrüßen das Gespräch der Tarifvertragsparteien mit der Bundesregierung. Ja, wir danken für die Bereitschaft der Gewerkschaften und der Arbeitgeber, an den Gesprächstisch zu kommen. Das ist ein Gütesiegel für Verantwortung in einem freien Staat.
Wir möchten deshalb vermeiden, daß der § 116 AFG geändert werden muß. Aber auch in der Vergangenheit war der Wille des Gesetzgebers, die Neutralität im Arbeitskampf zu gewährleisten, nicht nur mit § 116 durchsetzbar. Es bedurfte einer Konkretisierung in einer Neutralitätsanordnung der Bundesanstalt in Nürnberg.
— Herr Kollege Vogel, nehmen Sie bitte einmal zur Kenntnis, daß diese Neutralitätsanordnung im Jahre 1973 und das Gesetz im Jahre 1969 in Kraft gesetzt sind.
Daran sehen Sie, welches langen Prozesses es bedurft hat, um einen derartigen Kompromiß auszuformulieren und durchzuhalten.
Deshalb sagen wir Ihnen, Herr Minister, daß wir Ihnen für die laufenden Gespräche, die heute abend fortgesetzt werden — und wir hoffen, in ruhiger und sachlicher Atmosphäre, daß hier nicht das Plenum Vorbild sein sollte —, wünschen, daß die Gespräche heute abend ganz anders stattfinden
und daß die Kompromißfindung nicht unter Zeitdruck herbeigeführt wird. Dies ist auch nicht erforderlich. Wir bitten die Gesprächsteilnehmer, sich hier nicht irritieren zu lassen. Wir wünschen den Verhandlungen einen großen Erfolg.
Nun zu Ihnen, Herr Kollege Dreßler: Es muß ja schlimm in Ihrer Fraktion bestellt sein, wenn dort
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 180. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1985 13699
Jagoda
nicht jeder so entscheiden kann, wie er will. Bei uns kann jeder so entscheiden, wie er will.
Bei uns gibt es keinen Fraktionszwang. Wenn wir entscheiden, dann richtig und zum Wohle der Bürger, wie wir das bewiesen haben.
Ich danke Ihnen.