Rede von
Jochen
Feilcke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Daß wir keine Betriebsratsmitglieder sind, haben wir gemeinsam, Herr Kollege Vogel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Zitat, das der Kollege Lammert aus der „Süddeutschen Zeitung" gebracht hat, ist schon bemerkenswert. Das letzte, was er zitiert hat, war: Es handele sich dann um einen Anschlag auf die Demokratie, wenn man es den Gewerkschaftsführern überlasse, zu entscheiden, was verfassungsgemäß ist und was nicht.
— Ich finde die Argumentation der „Süddeutschen Zeitung" sehr interessant. Sie wissen, daß sie nicht unser Hausblatt ist.
Weiter unten heißt es:
Weniger besonnen als Rappe äußerten sich ... Hans-Jochen Vogel und die übrige SPD-Prominenz. Auch Vogel nennt es einen „Anschlag", wählt dieses böse Wort aus dem Bürgerkriegsarsenal ...
Meine Damen und Herren, tatsächlich ist das Wortgeklingel, das Theater, das Sie heute hier veranstalten, mit Shakespeare zu überschreiben: Much ado about nothing.
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 180. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Dezember 1985 13697
Feilcke
— Für Humanisten übersetze ich es auch gerne: Viel Lärm um nichts.
Das, was Sie heute hier, Herr Dr. Vogel und insbesondere Frau Fuchs und Herr Dreßler veranstaltet haben, war nichts weiter als das Schwingen eines verbalen Dreschflegels. Die Diskussion um den § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes wird mit derartigem Wortgetöse in der Öffentlichkeit geführt, daß ich nur sagen kann: Würde ein Abgeordneter dieses Hauses eine einzelne Gewerkschaft derartig annehmen, wie die Repräsentanten des DGB und seiner Einzelgewerkschaften das fortwährend gegenüber allen Parteien, die sich mit dieser Frage befassen, und der Regierung tun, würde man ihm dann auch wohl zu Recht einen Anschlag
auf die Gewerkschaften, die Koalitionsfreiheit, ja, die Demokratie vorwerfen.
Tatsächlich, meine Damen und Herren, ist eine weitestgehende Übereinstimmung aller Beteiligten in den grundsätzlichen Fragen zu konstatieren.
Erstens. — Ich wiederhole vieles. — Niemand will ein neues Arbeitskampfrecht. Zweitens. Niemand verfolgt extreme Positionen. Drittens. Niemand will eine Einschränkung des Rechts und der Fähigkeit zum Arbeitskampf.
Viertens. — Es ist sehr interessant, was ich jetzt zu sagen habe. — Alle Beteiligten, auch die Gewerkschaftsvertreter, sehen Interpretationsprobleme beim § 116 des Arbeitsförderungsgesetzes. Fünftens. Alle Beteiligten führen Gespräche, weil sie Gesprächsmöglichkeiten sehen. Die sollten Sie nicht zu verbauen versuchen.
Es geht ausschließlich um Klarstellung und Abgrenzung, und zwar um die Frage: Wo fängt durch Zahlung der Bundesanstalt für Arbeit eine Beeinflussung des Kampfes an? Wo hört sie auf? Wie sieht es z. B. mit der mittelbaren Betroffenheit von Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus, die im gleichen fachlichen Bereich, in der gleichen Branche, aber in einem anderen Tarifgebiet arbeiten? Sind die Forderungen der Gewerkschaften tatsächlich nach Art und Umfang gleich, und zwar im Kern der Forderungen?
Meine Damen und Herren, es ist die Regel, daß die Forderungen in den unterschiedlichen Tarifgebieten gleich sind. Beispielsweise: Am 28. Juni 1984 wurde für Nordwürttemberg/Nordbaden der Einigungsvorschlag der Schlichtungskommission im Arbeitskampf der Metallindustrie zum Tarifvertrag. Noch in der gleichen Nacht vereinbarten Spitzenvertreter von Gesamtmetall und IG Metall eine Übernahme des Tarifkompromisses für alle regionalen Tarifgebiete der Metallindustrie. Auch in den Jahren 1982 und 1983 war ein gleiches Verfahren festzustellen.
Nach Abschluß der jeweiligen Pilottarifverträge haben die Vorstände von Gesamtmetall und IG Metall
jeweils noch am gleichen Tage den regionalen Tarifvertragsparteien gleichlautende Tarifabschlüsse empfohlen, die binnen zehn Tagen in allen Tarifgebieten auch abgeschlossen wurden. Das heißt: Die Forderungen der Gewerkschaften werden nicht regional unterschiedlich gestellt, sondern sie werden in allen Tarifgebieten zumindest im Kern gleich formuliert.
— Das ist vernünftig. — Insofern ist die Betroffenheit der Arbeitnehmer auch gegeben, und insofern ist die Neutralitätspflicht der Bundesanstalt für Arbeit auch hier angesprochen.
Von wem kommen denn eigentlich die Gelder der Bundesanstalt? Herr Steinkühler meint, die Bundesanstalt für Arbeit werde ausschließlich von Arbeitnehmern finanziert.
Die Beiträge der Arbeitgeber seien schließlich nichts anderes als vorenthaltener Lohn. Der Kommentator der „FAZ" schreibt gestern dazu:
Man sollte über das Groteske dieser Argumentation gar nicht streiten. Schließlich wäre dann jeder Arbeitgeberanteil zu irgendeiner Sozialversicherung „vorenthaltener Lohn" mit der Folge, daß alle paritätisch besetzten Gremien eigentlich aufgelöst werden müßten.
— Auch die der Bundesanstalt für Arbeit.
Die Beiträge werden bestritten von Arbeitnehmern und überwiegend von gewerkschaftlich nicht organisierten Arbeitnehmern, von Arbeitgebern und aus Steuergeldern.