Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion dieses Hohen Hauses ist sich des Gewichtes der zu treffenden Entscheidungen durchaus bewußt. So erklärt es sich auch, Herr Kollege Dr. Schierholz, daß z. B. die Überlegungen zur Frage des Zivildienstes bis in die letzte Minute hinein ausgetauscht worden sind auf der Suche nach einer Lösung, die allen Betroffenen gerecht wird und die auch zu einer gerechten Regelung insgesamt führt.
Die Entscheidung zum zivilen Ersatzdienst, die jetzt getroffen worden ist, wird von meiner Fraktion ausdrücklich begrüßt.
Sie gibt die Möglichkeit, bis zum Jahre 1989, bis zu dem Zeitpunkt, wo eine neue Novelle zum Zivildienstgesetz eingebracht werden muß,
die Entwicklungen abzuwarten und auszuwerten und danach eine gesicherte Entscheidung zu treffen, Herr Kollege Jungmann.
— Das wird alles nicht besser, wenn Sie dauernd dazwischenreden. Sie ändern j a die Fakten nicht.
Deswegen ist es gut, daß wir einen Kompromiß gefunden haben, der allen Notwendigkeiten Rechnung trägt.
Die Aussage vom Gewicht der Entscheidung gilt natürlich ebenso für die Verlängerung des Wehrdienstes. Aber hier ist es anders als beim Zivildienst, meine Damen und Herren; denn beim Wehrdienst sind Fakten und Entwicklungen absehbar und berechenbar. Ich kann hier nur noch einmal ein Zitat bringen:
Eckwert unserer Verteidigungsplanung bleibt ein Verteidigungsumfang der Bundeswehr von rund 1,2 Millionen gut ausgebildeter und ausgerüsteter Soldaten. Sie müssen im Verteidigungsfall rechtzeitig zur Verfügung stehen. Dazu ist sowohl Friedenspräsenz als auch Aufwuchsfähigkeit vonnöten.
So Bundesverteidigungsminister Apel seinerzeit. Vielleicht, Herr Kollege Jungmann, sollten Sie sich gelegentlich daran erinnern,
was einmal verteidigungspolitische Richtlinie und Grundlinie auch Ihrer eigenen Partei gewesen ist, ehe Sie hier so leichtfertig verdammen, was an verantwortungsbewußten Entscheidungen getroffen worden ist.
Wir halten die Entscheidung des Kabinetts für eine konsequente Folgerung aus vorgegebenen Tatsachen und aus erkennbaren und berechenbaren Entwicklungen.
Dabei übersehen wir keineswegs, daß die Verlängerung des Wehrdienstes zumal angesichts der zugleich notwendigen Ausweitung der Wehrübungen den jungen Bürgern zusätzliche Leistungen und Opfer abverlangt. Dasselbe gilt — ich sage es noch einmal — für diejenigen, die sich aus Gewissensgründen für den Zivildienst entscheiden.
Wir haben schon vor einem Jahr in der FDP-Fraktion eine grundsätzliche Entscheidung getroffen. Wir haben sie von einer Reihe von Vorbedingungen abhängig gemacht. Wir sind der Meinung, Herr Bundesverteidigungsminister, daß heute tatsächlich gesagt werden kann: Die Entscheidung für eine Verlängerung des Wehrdienstes steht am Ende aller möglichen und notwendigen Maßnahmen. Es ist ausgeschöpft worden, was sonst zu erfolgen hatte und was unter Umständen auch nach unserer früheren Hoffnung — wer wollte das bestreiten? — eine Verlängerung des Wehrdienstes hätte überflüssig machen können, aber offensichtlich nicht überflüssig gemacht hat.
Dazu lassen Sie mich nur auf zwei Komponenten hinweisen, meine Damen und Herren. Es geht einmal um die Frage der Vorwarnzeit, die in einem direkten Zusammenhang mit der Friedenspräsenz steht. Es geht damit um die Länge jener Zeit, die in einem Spannungsfall zur Verfügung steht, um noch mit politischen und diplomatischen Mitteln den Ausbruch von Feindseligkeiten zu verhindern.
Es geht zweitens um die Tatsache, daß wir alle gemeinsam eine Anhebung der nuklearen Schwelle fordern. Wer aber glaubt, konventionelle Anstrengungen einschränken zu können, wer glaubt, die Präsenzstärke der Bundeswehr abbauen zu können, der tut genau das Gegenteil, der senkt die nukleare Schwelle. Deswegen sind die Entscheidungen notwendig, die hier getroffen worden sind.
Aber, Herr Bundesminister, ich füge folgendes hinzu: Wir werden Ihren Gesetzentwurf mit aller Sorgfalt in den Ausschüssen beraten. Von meiner Fraktion aus ist dazu folgendes zu sagen.
Es gibt einige Punkte, die heute in den Kabinettsberatungen von unserer Seite bereits eingebracht worden sind und die wir bei diesen Beratungen verfolgen werden: Einmal Beseitigung der Ungerechtigkeit, die darin liegt, daß Reservisten aus dem öffentlichen Dienst 100 % ihres Gehalts bekommen, andere nur 70 %. Es darf auch nicht sein, daß Wehrpflichtige, die sich in einem Probeverhältnis befinden, eingezogen werden, wenn damit die Gefahr für den Verlust des Arbeitsplatzes besteht. Leerlauf soll vermieden werden, und das bedeutet eine Ausweitung von Bildungsmaßnahmen auch in der Bundeswehr.