Rede von
Dr.
Manfred
Wörner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ein Vermögen, lieber Herr Kollege Klejdzinski, habe ich nicht: Ich kann nicht alles gleichzeitig sagen. Sie müssen mir also schon eine Möglichkeit geben, meine Gedanken der Reihe nach zu entwickeln. Sie werden sicher auch die Antwort auf diese Frage erhalten. Nur bin ich im Augenblick bei der sehr komplizierten, aber der entscheidenden Frage, wie man den Einsatz chemischer Waffen durch die Sowjetunion verhindert, wenn man sie schon nicht daran hindern kann, weiterzuproduzieren.
Da gibt es eine doppelte Erfahrung. Die erste Erfahrung stammt aus dem Ersten Weltkrieg, wo chemische Waffen eingesetzt wurden, und die zweite Erfahrung stammt aus dem Zweiten Weltkrieg, wo chemische Waffen nicht eingesetzt wurden, obwohl beide Seiten sie hatten; besser muß man sagen: weil beide Seiten sie hatten. Selbst ein in den letzten Tagen wahrscheinlich verrückt gewordener machtgieriger, menschenverachtender Diktator wie Hitler hat nicht gewagt, chemische Waffen einzusetzen, weil er wußte, was dabei herausgekommen wäre.
Es ist völlig klar, daß die Sowjetunion in dem Augenblick — das sage ich dem Herrn der GRÜNEN, der hier gesprochen hat —, in dem sich der Westen jeglichen chemischen Potentials berauben würde, straflos chemische Waffen würde einsetzen können, und sie würde es dann auch tun, meine Damen und Herren.
Jedenfalls würde die Drohung ausreichen, um in einem Konflikt oder schon in einer Krise die Bundesrepublik Deutschland und den Westen zur Niederlage zu bringen.
Deswegen: Wer chemische Waffen schon nicht aus der Welt verschwinden lassen kann, der muß dafür sorgen, daß sie nicht eingesetzt werden. Diesem Zweck — und nur diesem Zweck — dient das vorhandene chemische Potential des Westens.