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ID1015301100

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    Plenarprotokoll 10/153 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 153. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. September 1985 Inhalt: Ausscheiden des Abg. Paintner als Schriftführer 11447 A Wahl des Abg. Dr. Rumpf zum Schriftführer 11447A Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksache 10/3700 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1985 bis 1989 — Drucksache 10/3701 — Dr. Vogel SPD 11447 B Dr. Waigel CDU/CSU 11458 A Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 11467C Mischnick FDP 11471 B Dr. Kohl, Bundeskanzler 11477 D Frau Fuchs (Köln) SPD 11490A Handlos fraktionslos 11496 D Rühe CDU/CSU 11498 C Lange GRÜNE 11503 D Schäfer (Mainz) FDP 11506C Dr. Ehmke (Bonn) SPD 11509C Genscher, Bundesminister AA 11514 B Dr. Wörner, Bundesminister BMVg 11519C Dreßler SPD 11525C Hauser (Esslingen) CDU/CSU 11530C Volmer GRÜNE 11532 D Frau Seiler-Albring FDP 11534B Horn SPD 11536A Wimmer (Neuss) CDU/CSU 11540 B Horn SPD (Erklärung nach § 30 GO) 11541D Vizepräsident Stücklen 11509C Nächste Sitzung 11542C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 11542* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 153. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. September 1985 11447 153. Sitzung Bonn, den 5. September 1985 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 6. 9. Böhm (Melsungen) * 5. 9. Büchner (Speyer) * 5. 9. Frau Eid 5. 9. Dr. Enders * 5. 9. Frau Fischer ** 6. 9. Frau Geiger ** 6. 9. Dr. Götz 6. 9. Götzer 6. 9. Heyenn * 5. 9. Dr. Holtz ** 6. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der 74. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Hupka 5. 9. Dr. Kreile 5. 9. Frau Krone-Appuhn 6. 9. Frau Dr. Lepsius ** 6. 9. Niegel 6. 9. Dr.-Ing. Oldenstädt 6. 9. Pfuhl 6. 9. Poss 5. 9. Dr. Schierholz 6. 9. Schlottmann * 5. 9. Schmidt (Hamburg) 6. 9. Schmidt (Wattenscheid) 6. 9. Schröer (Mülheim) 5. 9. Dr. Sperling 6. 9. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 6. 9. Dr. Stercken ** 6. 9. Frau Dr. Timm ** 6. 9. Dr. Unland * 5. 9. Verheugen 6. 9. Frau Dr. Wex 6. 9. Wolfgramm (Göttingen) ** 6. 9.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Annemarie Renger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmidt (Hamburg-Neustadt).
    Schmidt (Hamburg-Neustadt) (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Sprecher der Koalition haben in dieser Haushaltsdebatte wieder einmal zwei angebliche Erfolge ihrer Haushaltspolitik herausgestellt: erstens die Konsolidierung der Finanzen, zweitens den oft beschworenen Aufschwung. Zur Konsolidierung der Finanzen, die, nachdem Herr Stoltenberg uns gestern damit schon belästigt hat, Herr Waigel soeben wieder herausgestrichen hat, ist folgendes zu sagen.
    Es ist, meine Herren von der CDU/CSU, wohl nicht Ihr Verdienst, daß die Schulden des Staates begrenzt worden sind. Diese Politik ist j a wohl gemacht worden, indem in skandalöser Weise in die Einkommen der Leute hineingespart worden ist, die nicht zu Ihrer Klientel gehören. Die Einsparungen sind bei den Rentnern, bei den Sozialhilfeempfängern, bei den Auszubildenden und bei den Behinderten vorgenommen worden.

    (Beifall bei der GRÜNEN)

    Ich hoffe sehr, daß der DGB bei dem Gespräch heute abend den Bundeskanzler mit aller Entschiedenheit auf diesen Sachverhalt aufmerksam machen wird.

    (Gilges [SPD]: Da können Sie sicher sein!)

    Herr Vogel, ansonsten erwarte ich nicht viel von diesem Gespräch zwischen dem Bundeskanzler und dem DGB. Denn was soll schon dabei herauskommen? Wenn es einen politischen Bereich gibt, wo diese Bundesregierung kalkulierbar ist, dann ist es die Sozialpolitik. In keinen Bereich ist so intensiv kontinuierlich hineingekürzt worden. 1982 haben Sie damit angefangen, bei den Rentnern, Sozialhilfeempfängern, Behinderten Milliardenbeträge wegzukürzen; dann haben Sie, Herr Kanzler, jahrelang Ihr Versprechen gebrochen, jedem jugendlichen Auszubildenden einen Lehrplatz zu stellen. Sie haben mit dem sogenannten Beschäftigungsförderungsgesetz zwar keinen neuen Arbeitsplatz ge-



    Schmidt (Hamburg-Neustadt)

    schaffen, aber dafür gesorgt, daß das Heuern und Feuern wieder Einkehr gehalten hat.
    Jetzt sind Sie dabei, leitende Angestellte und christliche Minigewerkschaften gegen den DGB in den Betrieben aufzurüsten, und für künftige Gesetze bestellen Ihre Wirtschaftsorganisationen und Regierungsstellen alle Monate neue Gutachten, die belegen sollen, daß die Streiks zu begrenzen sind und die Aussperrung auszuweiten ist. Gleichzeitig äußert sich mindestens zweimal im Monat Herr Bangemann und fordert, daß die Mindestlöhne schnellstens auf Hongkong-Niveau abgesenkt werden sollten.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Na, na, na!)

    Gleichzeitig registrieren Sie die Arbeitslosenzahlen nur noch als statistische Nullen und sind dabei, an der Statistik herumzumanipulieren. Am weitestgehenden tut das die CSU, die neuerdings vorschlägt, zwischen Haupt- und Nebenverdienern zu unterscheiden, was uns in fataler Weise an das Gesetz aus der Nazizeit gegen das Doppelverdienertum erinnert.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Kurz gesagt: Ihre Arbeits- und Sozialpolitik ist ein einziger Angriff gegen die gewerkschaftlichen Interessen und sozialen Belange. Deshalb hoffen wir, daß Ihr Versuch, den DGB zu sozialem Frieden zu überreden, heute abend gründlich scheitern wird. Denn das ist ja der Hintergrund dieser Gespräche: Es geht darum, auf den DGB einzuwirken, der Herbstaktion, die sich gegen die skandalöse Sparpolitik der Regierung wendet, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ich hoffe sehr, daß Sie auch mit dieser Absicht scheitern werden.
    Zweitens rühmt sich die Regierungskoalition damit, den Aufschwung herbeigeführt zu haben. Richtig ist daran, daß die industriellen Zentren überall einen konjunkturellen Aufschwung verzeichnen. Es ist nichts Neues, daß die Regierungsparteien in allen Ländern dies als Erfolg auf ihre Fahnen schreiben. Es ist in den USA, in Japan und in Großbritannien wie in der Bundesrepublik die konservative Partei, die sagt: unsere Politik hat den Aufschwung gebracht; in Frankreich, in Italien und in Schweden sind es die Sozialdemokraten und die Sozialisten, die behaupten, sie hätten den Aufschwung gebracht. Beides ist falsch, und beides ist nicht neu.
    An dieser Stelle ein offenes Wort an die Sozialdemokratie und zu dem — Sie, Herr Vogel, haben es heute wieder ausgeführt —, was die neue SPD alles anders und besser machen würde. Ich will Ihnen dazu folgendes sagen.
    Erstens. In einigen Bereichen glauben wir sehr wohl, daß Sie manches besser machen können. — Bei dieser Regierung gehört nicht viel dazu.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Zweitens. In einigen Bereichen wollen wir gar nicht, daß Sie es noch besser machen. Wir wollen nicht, daß Sie noch mehr die Exportindustrie ankurbeln und für die Schlacht auf den Weltmärkten fit
    machen, damit noch mehr Länder der Dritten Welt darunter zu leiden haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Drittens. Sie betreiben eine erfolgreiche Werbung für eine ökologische und soziale Politik. Aber es häufen sich die Beispiele dafür, daß Sie, die SPD, nirgends tatsächlich eine andere Politik als hier auf Bundesebene praktizieren. Erstes Beispiel: Sie propagieren neuerdings — nachdem Sie in NRW den Einstieg gerade vollzogen haben — den Ausstieg aus der Plutoniumwirtschaft. Da trifft es sich gut, daß Sie nirgends diesen Ausstieg vollziehen müssen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: So ist es!)

    In Hessen gibt es den Herrn Steger. Der fragt einmal vorsichtig bei Herrn Zimmermann an, ob der eventuell die Hanauer Nuklearbetriebe stillegen könnte. Und als Herr Zimmermann nein sagt, sagt Herr Steger: Gut, dann ist die Sache für mich erledigt.

    (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

    Dasselbe praktiziert — so fürchten wir — die Regierung in NRW mit Kalkar,

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Von Gesetzen haben Sie noch nie etwas gehalten!)

    und es wird dort mit dem Bundesfernstraßenbau praktiziert. Man versucht, sich hinter dem breiten Buckel der konservativen Regierung zu verstekken.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Genau!)

    Es geht bei dieser sogenannten neuen Politik der SPD im wesentlichen um eine Propagandaoffensive. Hinter verschlossenen Türen wird die andere Politik weiter fortgesetzt.

    (Beifall bei den GRÜNEN) Dazu einige Beispiele.

    Die SPD-Länder Hamburg und Bremen haben im Bundesrat dafür gestimmt, daß die Ausbaupläne für Wackersdorf mit Regionalförderung mit Milliardenbeträgen unterstützt werden. Oskar Lafontaine, der große Ökosozialist, hat sich der Stimme enthalten.

    (Heiterkeit bei den GRÜNEN) Das ist die Realität.

    Das ist kein Einzelfall. Bremen hat — was Sie hier heute als Skandal bezeichnet haben, Herr Vogel — das Gesetz für die Frühpensionierung im Bundesrat mit Ja bevotet. Ebenso hat der Hamburger Senat — entgegen den Propagandalosungen gegen den Autobahnausbau — dem Ausbau der Autobahn nach Stade und Cuxhaven zugestimmt.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Ein sehr vernünftiger Beschluß!)

    — Ja, Herr Schröder wird sich freuen, wenn er das hört. Aber so ist die doppelzüngige Politik. Das ist die Doppelstrategie, die wir derzeit bei der SPD sehen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)




    Schmidt (Hamburg-Neustadt)

    Ähnlich verhält es sich mit dem, was Sie auch heute wieder als Programm „Arbeit und Umwelt" vorgestellt haben. Das ist ein wunderschönes Programm. Es steht nur auf dem Papier.
    Wenn wir uns anschauen, was in den SPD-Kommunen, was in den SPD-Ländern gemacht wird, stellen wir fest, daß genau das Gegenteil passiert. Nirgends werden Altlasten saniert, nirgends wird der Individualverkehr zurückgedrängt, nirgends werden Straßenbauprogramme gekappt,

    (Zurufe von der SPD — Gegenrufe von den GRÜNEN)

    und nirgends wird eine neue Energiepolitik betrieben. Die AKWs werden weiter aufgerüstet wie bisher.

    (Anhaltende Zurufe von der SPD)

    In Hamburg, lieber Wolfgang Roth, sieht es so aus, daß vermutlich nirgends in der Bundesrepublik eine so brutale Sparpolitik betrieben wird.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Nirgends wird im öffentlichen Dienst so brutal gekürzt. Nirgends gibt es einen Regierungschef, der sich in so peinlicher Weise bei den Unternehmern anbiedert, ja die ganze Hansestadt dem Kapital als „Unternehmen Hamburg" anbietet.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Damit zurück zur Auseinandersetzung mit der Regierung in der Haushaltsdebatte. Das Wesentliche für die GRÜNEN ist nicht der Streit, ob Wachstum im Bereich des Bankenkapitals, des industriellen Kapitals, des Exportkapitals stattfindet oder nicht. Wichtig ist für uns, zu erkennen und darauf aufmerksam zu machen, daß Wachstum und Wohlstand immer weiter auseinanderfallen. Einerseits ist ja richtig, daß sich die Industrieproduktion seit 1983 um gut 10% vergrößert hat. Zugleich ist aber auch richtig, daß noch nie so viele Menschen arm gewesen sind. Es ist richtig, daß heute mehr Güter produziert werden als je zuvor.
    Zugleich ist aber richtig, daß es noch nie so viele Arbeitslose gegeben hat.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Das heißt, die Wirtschaft wächst; nur: die Leute haben nichts mehr davon.
    Andererseits — darauf weisen wir immer wieder hin — bedeutet ein Mehr an Industrieproduktion immer auch größere ökologische Schäden.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Nach Schätzungen der OECD müssen jährlich 3 bis 5% des Bruttosozialprodukts — das sind 50 Milliarden DM — aufgewendet werden, um die Schäden an Gebäuden usw. zu reparieren.
    Nach Schätzung der Forstwirtschaft werden in diesem Jahr rund 1,5 Millionen DM Schäden in diesem Wirtschaftszweig entstehen. Die Vermögensverluste bei einer 50%igen Waldschädigung betragen nach Schätzung der Forstwirtschaft um die 75 Milliarden DM, die als Belastung, als Schulden in den nächsten Jahren auf diesen Bereich der Volkswirtschaft zukommen werden.
    Als drittes Beispiel: Die Reparatur der Verseuchungen, die durch Giftmülldeponien entstehen und die zu reparieren dringlich ist, würde nach Schätzung von Experten 75 Milliarden DM kosten. Das sind Schulden, für die wir eines Tages werden geradestehen müssen.
    Deshalb sagen wir: je größer das Wachstum, desto größer die Schäden. Deswegen sagen wir, daß wir in vielen Bereichen dafür sind, daß nicht Wachstum herrscht, sondern daß zurückgeschraubt wird.
    Herr Waigel hat es eben wieder als bedrohlich an die Wand gemalt, daß man ein Minuswachstum anstreben könnte. Jawohl, Herr Waigel, wir stehen dazu: Wir wollen weniger Automobile, die die Straßen verstopfen und die Luft verpesten. Wir wollen weniger giftige Chemieprodukte, die auf den Weltmarkt geworfen werden; wir wollen die Umsätze der Verpackungsindustrie reduzieren, und wir wollen den Umsatz der Pharmaindustrie zurückschrauben.

    (Dr. Blens [CDU/CSU]: Weniger Arbeitsplätze!)

    Nicht zuletzt wollen wir, daß die Rüstungsindustrie keine Geschäfte mehr in der Bundesrepublik macht.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich weiß: Für alle Wachstumspolitiker wäre es eine Katastrophe, wenn diese Umsätze beschnitten würden, wenn es keine Giftweine mehr gäbe, die Dioxinproduktionen eingestellt würden, wenn es keine Einwegflaschen und keine Aufputschmittel und wenn es keine Tornados und Raketen mehr gäbe. Der ganze Aufschwung, auf den Sie so stolz sind, wäre dahin. Nur, Herr Waigel: Den Menschen würde es besser gehen, und das ist das Wesentliche.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Und mit dem Stichwort „Menschliches Wohlergehen" bin ich bei einem weiteren Thema, das uns hier beschäftigen sollte, weil es Millionen von Verbrauchern beschäftigt. Ich meine die Lebensmittelskandale und die Weinpanscherei. Die Regierung tut so, als habe sie damit nichts zu tun. Sie erklärt sich in diesem Bereich wie in vielen anderen für nicht zuständig, nicht verantwortlich. Und trotzdem sagen alle Experten, zumal die Winzer, daß die Regierung, j a daß alle Bonner Altparteien letztlich die Verantwortung dafür mitzutragen hätten, was dort an Giftmischerei stattgefunden hat. Das ist nicht nur meine Meinung, sondern das sagt ein Experte, der jahrelang vor dem Mißbrauch, der mit dem Weingesetz möglich ist, gewarnt hat, ein badischer Winzer, der in der „Wirtschaftswoche" schreibt — ich zitiere —:
    Weinwirtschaft, Weinbauverbände, sogar Behörden und Politiker aller Parteien haben während der vergangenen 25 Jahre eine ganze Generation von Winzern zur Manipulation nicht nur verführt, sondern sogar gezwungen. Wer das Manipulieren lehrt, braucht sich nicht zu wundern, wenn daraus Verbrechen werden. Und nur auf einem Markt, dessen Konsumen-



    Schmidt (Hamburg-Neustadt)

    ten auf süßliche Billigweine getrimmt sind, konnten so grausame Fälscherprodukte verkauft werden.
    Und dieser Weinexperte fordert: Es bleibt die präzise Überarbeitung des bundesdeutschen Weingesetzes als Aufgabe. Und dabei sei darauf zu achten, daß die Lobby, die das weltmeisterliche Kunststück fertiggebracht hat, daß solche Skandale zugelassen wurden, ausgeschaltet wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich frage mich: Was ist denn nun die Lobby, die hier nach Meinung von Experten auszuschalten ist? Ist es nur die Lobby des Weingroßhandels selbst, die Pieroths, die Langguths und Rackes und wie sie alle heißen, oder gehört zu dieser Lobby nicht auch mancher Parlamentarier in diesem Hause, mancher pfälzische Parlamentarier zumal?

    (Ströbele [GRÜNE]: Genau!)

    Und es drängt sich die Frage auf: Haben Sie, Herr Parteivorsitzender Kohl, auch von den Weinpanschern noch Spendengelder erhalten, und werden Sie auch dort noch behaupten, daß Sie Geld von diesen Giftmischern aus Profitsucht nur aus reinster Mildtätigkeit bekommen haben oder weil sich diese Herren Sorgen um den Fortbestand der freiheitlich demokratischen Grundordnung gemacht haben?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Dieselbe Verantwortung finden wir im Bereich der Lebensmittelskandale. Auch dort ist es so, daß die Verantwortung der Regierung und der Gesetzgeber nicht bestritten werden kann. Am deutlichsten ist das am Fall der salmonellenvergifteten Hähnchen zu belegen. In der Zeitschrift „Öko-Test" vom September 1985 lese ich, daß das Gesundheitsministerium — das ist auch so eine Beschönigung — vor einiger Zeit eine Kosten-Nutzen-Analyse zur Salmonellenbekämpfung vorgelegt habe. In dieser Untersuchung wird berechnet, welche wirtschaftlichen Schäden durch Salmonellenvergiftungen entstehen und was es andererseits kosten würde, sie zu verhindern. Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, daß die jährlichen Schäden durch Salmonellenvergiftungen 160 Millionen DM betragen. Ein wirksamer Schutz vor Salmonellenvergiftung, so wird kalkuliert, würde 190 Millionen DM kosten. Offensichtliche Schlußfolgerung des Gesundheitsministeriums war: Dieser Verbraucherschutz kommt uns zu teuer. Also werden auch in diesem Jahr wieder 50 Menschen an dieser Vergiftung zugrunde gehen, und über 30 000 werden daran erkranken. Auch hier ist richtig: Durch die Einsparung dieser 190 Millionen DM wird der Aufschwung gesichert — aber ein Aufschwung, der über Leichen geht.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Kittelmann [CDU/CSU]: Unerhört!)

    Zu zwei außenpolitischen Themen: Herr Vogel hat schon darauf hingewiesen, daß in diesen Tagen die Genfer Konferenz zur Überprüfung des sogenannten Atomsperrvertrages beginnt. Das gibt Anlaß, auch zu überprüfen, was die Bundesrepublik getan hat und die Bundesregierung tut, um zu einer Begrenzung der Rüstung beizutragen. Wir stellen
    dazu fest: Die Bundesregierung beliefert seit Jahren Südafrika mit Atomtechnologie, desgleichen Indien und Pakistan, allesamt Staaten, die dem Atomwaffensperrvertrag ausdrücklich nicht zugestimmt haben. Zweitens bauen Sie die Plutoniumwirtschaft in der Bundesrepublik in Zusammenarbeit mit Frankreich aus, was ebenfalls ein Verstoß gegen den Geist dieses Vertrags ist.
    Gleichzeitig werden die Stimmen in den Koalitionsfraktionen immer lauter, die die Aufhebung dieses Sperrvertrags fordern und die gemeinsame westeuropäische Atomstreitmacht anstreben. Es ist kein Zufall, daß diese Politik betrieben wird. Denn 90 Unionsabgeordnete haben 1975 gegen diesen Atomsperrvertrag gestimmt. Bezeichnenderweise sitzen nicht weniger als sieben dieser Nein-Stimmer heute in der Regierung. Das kennzeichnet den angeblichen Abrüstungs- und Friedenskurs dieser Regierung.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Zum Schluß zu Afrika. Vor einigen Monaten gingen Bilder vom Hunger in Afrika um die Welt. Viele haben damals gespürt, daß auch wir Europäer mitverantwortlich für das sind, was dort passiert. Der Kanzler hat damals seine Verantwortung in der Weise dokumentiert, daß er 300 DM gespendet hat und sie sich dann anschließend aus dem Staatssäkkel hat erstatten lassen.
    Jetzt erreichen uns fast jeden Abend Bilder aus Südafrika, wie Menschen, die gegen Unterdrückung demonstrieren, verhaftet werden, gefoltert werden, geschlagen werden und zu Dutzenden ermordet werden. Und wieder sieht die Bundesregierung keine Verantwortung, zu sagen, was die deutsche Politik damit zu tun hat.
    Dabei sehen wir an den Fernsehbildern, wie die Bundesrepublik in diese Rassenpolitik verwickelt ist. Wir können bei den Razzien in den schwarzen Gettos abends sehen: Es sind deutsche Unimogs, die dort rollen; es sind Lkw von Daimler-Benz und von Magirus-Deutz; die Luftüberwachung übernimmt MBB mit Hubschraubern aus der Bundesrepublik;

    (Zuruf des Abg. Schlottmann [CDU/CSU])

    das elektronische Gerät liefert Siemens; und die Munition stammt von Rheinmetall. All dies ist unbestritten.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Und die Zahnbürsten von der UNICEF!)

    Und Sie sagen gleichzeitig: Das geht uns Deutsche nichts an. In einer Situation, wo überall in der Welt Wirtschaftssanktionen gefordert werden, sagt die Regierung: Das geht uns nichts an. Sie denkt nur ans Geschäft.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wie sollte Sie auch nicht? Alle deutschen Großkonzerne sind in Südafrika mit ihren Filialen vertreten. Die deutschen Atomkraftwerke werden zu 40% mit Uran aus Südafrika versorgt.
    Die Komplizenschaft mit der südafrikanischen Herrenrasse gibt es auch auf ideologischem Gebiet. Einzig mit der Bundesrepublik hat Südafrika ein



    Schmidt (Hamburg-Neustadt)

    Kulturabkommen. Es ist ein Skandal, daß das einzige Land, das heute noch Rassengesetze hat, mit dem Land Kulturabkommen macht, das dieses Rassengesetz in schrecklicher Weise erfunden hat.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Das ist der Gehalt der geistig-moralischen Wende dieser Regierung. Das ist die geistig-moralische Wende, die diese Bundesregierung als Begriff erfunden hat.

    (Weiß [CDU/CSU]: Das ist doch nicht Ihre Meinung!)

    — Doch; das ist meine Meinung.

    (Weiß [CDU/CSU]: Aber nicht die Wahrheit!)

    Es ist die geistig-moralische Wende, die sich am 8. Mai hier dokumentiert hat, indem die Feier zum 40. Jahrestag der Befreiung dazu genutzt worden . ist, die Mörder wieder hoffähig zu machen, Wehrmacht und Waffen-SS wieder aufzuwerten. Das ist die geistig-moralische Wende, die Sie betreiben.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf des Abg. Weiß [CDU/CSU] — Ströbele [GRÜNE]: Da grinst der auch noch!)

    Am 15. September, in wenigen Tagen also, jährt sich zum 50. Mal das Datum, wo die Nürnberger Rassengesetze erlassen worden sind. Und Sie schließen Kulturabkommen mit dem einzigen Staat auf der Welt, der heute noch Rassengesetze hat und auf Grund dieser Gesetze derzeit einen blutigen Terror ausübt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir haben vor dieser geistig-moralischen Wende Angst, weil wir glauben, daß das, wenn auch vielleicht nicht in ein drittes Reich, so doch in ein viertes Reich führt, vor dem wir nicht weniger Angst haben.

    (Weiß [CDU/CSU]: Eine unverschämte Äußerung!)

    Deswegen sage ich, obwohl ich kein besonderer Freund der Sozialdemokratie bin und auch überhaupt keine Neigung verspüre, mich in Regierungen hineinzubegeben: Wenn es eine Chance gibt, diese Regierung abzuwählen, so werden wir sie nutzen, dann gemeinsam mit der Sozialdemokratie.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Weiß [CDU/ CSU]: Daß dazu noch geklatscht wird, ist verwunderlich! — Dr. Blens [CDU/CSU]: Die SPD hat nicht mitgeklatscht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir vorweg eine Bemerkung, eine persönliche Bemerkung zur Gesamtgestaltung von Haushaltsberatungen. Wenn wir in den nächsten Wochen über die parlamentarische Arbeit in diesem Hause sprechen,
    dann sollten wir uns, so meine ich, wenigstens überlegen, ob es bei ersten Lesungen der Haushalte auf Dauer sinnvoll ist, Generaldebatten in die Mitte zu legen, oder ob man sie lieber an den Anfang — wie früher — legt oder, was ich für besser hielte, am Ende durchführt, wenn zu den eigentlichen Sachbereichen Stellung genommen worden ist und man dann eine zusammenfassende Wertung vornehmen kann. So besteht durch das Auseinanderreißen verschiedener Themen natürlich immer die Gefahr, daß es Wiederholungen, Vorgriffe gibt, und der Gesamtzusammenhang, der notwendig ist, nicht in der erforderlichen Weise hergestellt wird. Ich wäre dankbar, wenn man eine solche Überlegung in die künftige Gestaltung unserer Arbeit mit einbezieht.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, die Diskussion über den Haushalt ist natürlich — in Einzelfragen wie generell — immer eine Gesamtabrechnung der Opposition mit der Regierung und eine Gesamtverteidigung seitens der Regierung. Dabei würde ich es lieber sehen, wenn wir in vielen Fragen, die strittig sind, die unterschiedlich beurteilt werden können, mehr zu einer sachgerechten Auseinandersetzung als zu polemischer Wertung kämen. Ich nenne in diesem Zusammenhang z. B. den Pauschalbegriff „neue Armut", der auch hier wieder gebracht worden ist, der von seiten der Opposition so gern gebraucht wird. Wenn man schon einen solchen Begriff verwendet,

    (Gilges [SPD]: Dahinter stehen Einzelschicksale!)

    dann wäre es doch wohl sinnvoll, einmal deutlich zu machen, welche gezielt ansprechbaren und behebbaren Punkte in unserer Gesellschaft man damit meint.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Natürlich ist ganz klar, daß die Armut, die wir in den ersten Jahren nach dem Krieg hatten, ganz andere Gruppierungen betraf, z. B. Flüchtlinge, Heimatvertriebene usw., als dies heute der Fall ist.

    (Gilges [SPD]: Unbestritten!)

    Aber mit einem solchen Pauschalbegriff verbindet sich doch ganz schnell die Vorstellung, als wäre nun diese Bundesrepublik Deutschland, als wären die Menschen in der Bundesrepublik Deutschland generell auf dem Weg in eine neue Armut, während der Fraktionsvorsitzende der Opposition gleichzeitig festgestellt hat, wir seien kein armes Volk, wir seien zwar kein reicher, aber doch ein wohlhabender Staat, der bestimmte Aufgaben habe. Also, Pauschalierungen dieser Art sind nicht förderlich, sondern semantische Versuche, von Sachauseinandersetzungen über bestimmte Punkte gezielt abzulenken. Dies halte ich für falsch.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben natürlich festzustellen, daß Wünsche, Vorstellungen, die man hat — aber das ist bei jeder Haushaltsberatung so —, nicht voll befriedigt worden sind. Aber es ist gelungen, Probleme — zum



    Mischnick
    Teil oder vollständig — zu lösen, die gestern und vorgestern noch nicht lösbar erschienen. Es gibt aber auch immer wieder neue Fragen und Überlegungen, die wir dazu anstellen müssen.
    Wenn wir erreicht haben, daß die Inflationsrate sinkt, die Zinsen sinken, Steuern gesenkt werden können, wenn gleichzeitig die Beschäftigtenzahl zunimmt, die Wachstumsrate steigt, sich der Export auf einem hohen Niveau stabilisiert hat und wenn dann gleichzeitig der Familienlastenausgleich verbessert wird, kann man doch beim besten Willen nicht davon sprechen, daß das ein Weg in neue Armut sei. Vielmehr ist das ein Weg, der eindeutig zu verbesserten Bedingungen für die Allgemeinheit führt und auch bei vielen schon sichtbar geworden ist. Nicht bei allen — das ist klar —, aber bei vielen ist das schon sichtbar geworden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Dieser Haushalt erzeugt Vertrauen, weil er solide ist und langfristig angelegt ist. Er stellt auch eine konsequente Fortsetzung der Haushalte 1983, 1984, 1985 dar.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Der Spendeneingang ist gesichert!)

    — Wissen Sie, wenn Ihnen zur Sache nichts weiter einfällt als Polemik, ist das ein Armutszeugnis für Sie, aber nicht für uns.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Frau Hönes [GRÜNE]: Wer polemisiert denn?)

    Das ist doch genau das Problem, mit dem sich die SPD in diesen Debatten immer wieder auseinandersetzen muß,

    (Zuruf von den GRÜNEN: Daß die nichts mehr kriegen, ist das Problem!)

    nämlich daß ein solcher Gesundungshaushalt zwar in Ansätzen in den Jahren 1980, 1981, 1982 vorbereitet, zum Teil schon eingebracht war, aber dann nicht konsequent fortgesetzt werden konnte. Ich brauche Sie doch nicht an die Zitate des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt zu erinnern. Sie leiden doch heute darunter, daß Sie, wenn sie ehrlich vor sich selbst sind, zugeben müssen, daß Sie diesen Weg nicht konsequent weiter mitgegangen sind, sondern aus vordergründigen, populistischen Wahlüberlegungen heraus ausgestiegen sind. Das ist doch der entscheidende Punkt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Das ist keine Polemik?)

    Für uns Freie Demokraten stehen vier Bereiche im Vordergrund der Diskussion: erstens Sicherung des Friedens; zweitens Kampf gegen die Arbeitslosigkeit; drittens Stabilisierung der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung; viertens Bewahrung und Verbesserung der Umwelt und der Lebensgrundlagen. Das sind die vier Hauptbereiche, die wir vor allem behandelt wissen wollen. Das Ganze geschieht natürlich unter dem Oberbegriff, der für uns in allen Bereichen Geltung hat: die Freiheitsrechte des einzelnen zu bewahren, zu stärken und dort Gefahren abzuwenden, wo diese Rechte gefährdet sind. Das ist der Grundsatz, unter dem alle diese vier Punkte für uns stehen.

    (Beifall bei der FDP)

    In diesem Zusammenhang lassen Sie mich, Herr Kollege Waigel, in aller Deutlichkeit und Offenheit sagen: Eine Änderung des § 218 kommt für uns nicht in Betracht.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Eine gesetzliche Änderung stünde gerade einer solchen Grundüberlegung entgegen. Ich kenne die Bedenken, die Sorgen, die darin bestehen, daß es beispielsweise eine erhebliche Diskrepanz gibt zwischen der Zahl der bei den Kassen abgerechneten Eingriffe und der Zahl der tatsächlich gemeldeten Eingriffe. Danach zu forschen, welche Ursachen vorliegen, und zu überlegen, wie man das ändern kann — denn wir haben ja im Gesetz festgelegt, daß die Eingriffe gemeldet werden sollen —, sind Punkte, über die man miteinander reden muß. Aber wir sind nicht bereit, die Grundsätze des § 218 zu ändern.
    Lassen Sie mich einen Bereich, der schon angesprochen worden ist — interessanterweise hatte er bei den GRÜNEN eine gewisse Bedeutung, ist aber von ihnen doch nicht so stark wie sonst in den Vordergrund gestellt worden —, nämlich den Umweltschutz noch mit ein paar zusätzlichen, ergänzenden Bemerkungen behandeln, wie das zum Teil gestern schon geschehen ist. Daß es unbestreitbare Fortschritte in diesem Bereich gibt, weiß jedermann.

    (Widerspruch bei den GRÜNEN)

    — Daß es unbestreitbare Fortschritte in diesem Bereich gibt, weiß jedermann.

    (Schmidt [Hamburg-Neustadt] [GRÜNE]: Nein, das ist schlicht falsch!)

    Wenn Sie nicht dazugehören, ist das Ihre Sache. Nur, die überwältigende Mehrheit weiß, daß wir in diesem Bereich Fortschritte gegenüber früher erreicht haben.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das heißt noch lange nicht — um das gleich mit aller Deutlichkeit zu sagen —, daß die Umweltpolitik erst 1982 begonnen hat. Das trifft nicht zu. Es ist die Fortsetzung einer Politik, die seit Beginn der 70er Jahre gezielt Schritt für Schritt weitergeführt worden ist.

    (Senfft [GRÜNE]: Das ist leider wahr!)

    Wenn Sie sagen, es ist leider wahr, daß wir das gemacht haben, bestätigen Sie, daß Umweltpolitik nicht erst gemacht worden ist, seitdem Sie in dieses Haus eingezogen sind, sondern schon lange vorher von uns die entscheidenden Weichen gestellt worden sind, dem Bund die gesetzgeberischen Kompetenzen zu übertragen.

    (Beifall bei der FDP — Senfft [GRÜNE]: Über die Weiche ist nur kein Zug gefahren!)




    Mischnick
    Meine Damen und Herren, man weiß heute kaum noch — deswegen erwähne ich es —, daß wir in den 70er Jahren den Bleigehalt im Benzin von 0,40 auf 0,15 g/l herabgesetzt haben und welche Schwierigkeiten es damals bedeutete, das überhaupt umzusetzen.
    Wir haben das Abwasserabgabengesetz durchgesetzt. Hier sage ich mit aller Deutlichkeit: Wenn heute aus kommunalpolitischen Bereichen versucht wird, das Abwasserabgabengesetz zu ändern, werden wir das nicht mitmachen. Denn es ist notwendig, daß auch in diesem Bereich unsere Kommunen genau das gleiche tun, was wir von der Wirtschaft mit Recht verlangen.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Diejenigen, die in der Vergangenheit viel für Abwasserbeseitigung getan haben, können nicht nachträglich bestraft werden, indem man diese Gesetze auflockert.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Im Gegenteil: Wir müssen prüfen, ob sie so ausreichen.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig! — Ströbele [GRÜNE]: Das reicht nicht! Gehen Sie mal im Rhein baden!)

    — Sie reden immer davon, das reiche nicht. Mir ist es lieber, heute geschieht etwas, als Parolen aufzustellen, die morgen oder übermorgen doch nicht erfüllt werden können. Das ist Ihre Politik, sonst gar nichts.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Toetemeyer [SPD]: Parolen! Hören Sie Herrn Zimmermann an! — Frau Zeitler [GRÜNE]: Der macht nur Parolen!)

    — Wissen Sie, das mit dem Ankündigungsminister haben Sie immer wiederholt. Der Tatbestand aber, daß wir heute mit dem Katalysator eine Möglichkeit haben

    (Ströbele [GRÜNE]: Heute noch nicht!)

    — natürlich heute haben —, die nicht nur bundesweit, sondern auch europäisch wirksam werden kann,

    (Senfft [GRÜNE]: Nein, in Japan!)

    ist ein Beweis dafür, daß hier ein weiterer entscheidender Schritt nach vorn getan ist. Das halten wir für richtig. Diesen Schritt unterstützen wir. Sorgen Sie dafür, daß nicht Ihre Wirtschaftsminister und Verkehrsminister wie Herr Steger durch die jetzige Propagierung von nicht ausgegorenen Versuchen, er wolle doch Tempobeschränkung, diejenigen daran hindert, einen Katalysator einzubauen, die das gern wollen,

    (Senfft [GRÜNE]: Das ist Quatsch!)

    aber das Gefühl haben, es hat doch keinen Sinn, weil die Geschwindigkeitsbegrenzung kommt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Damit wird viel mehr Verunsicherung betrieben, als Sie wahrhaben wollen.