Ich möchte zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN, Drucksache 10/2516, folgende Erklärung abgeben. Ich stimme für den Antrag, weil ich mich seit vielen Jahren, seit dem Tod meiner Schwester für eine grundlegende Verbesserung der Notlage krebskranker Kinder in der Bundesrepublik engagiere. Ich stimme auch deshalb dafür, weil es mich zutiefst schockiert, wenn ich aus zahlreichen Briefen betroffener Eltern und von Elterninitiativen, zum Beispiel aus Freiburg, aus Bonn, aus Nürnberg, erfahren muß, daß der Ärzte- und Personalmangel an den onkologischen Kinderstationen in der Bundesrepublik so eklatant ist, daß einzelne Eltern dazu übergegangen sind, Planstellen für Ärzte und psychosoziales Personal selbst zu finanzieren.
Für meine Zustimmung zu diesem Antrag ist auch maßgebend — und dies bedrückt mich außerordentlich —, daß es auf fast keiner Kinderkrebsstation bei uns eine ausreichende seelsorgerische und psychosoziale Betreuung dieser Art gibt. Es gibt meistens überhaupt keine solche Betreuung, weil das vorhandene Personal auf den Kinderkrebsstationen zusätzlich zu den ohnehin gegebenen psychischen Belastungen total überfordert ist und das Betriebsminimum nur durch ein übermäßiges persönliches Engagement aufrechterhalten werden kann.
Ich stimme für diesen Antrag, weil gerade die Eltern krebskranker Kinder, so wie ich es selbst erlebt habe, während des stationären Aufenthalts in vielfach nicht mehr zu vertretender Weise in die Pflege und Überwachung der Kinder eingebunden sind. Eine Mutter schrieb mir aus Essen:
Würden die meisten Eltern nicht aktiv mitarbeiten und Infusionen überwachen, Erbrochenes wegbringen, Kinder waschen und topfen, die Station könnte die Arbeit nicht bewältigen. Von den Elterngruppen aus sind wir bemüht, Aushilfeschwesternstellen einzurichten. Zu mehr reichen leider unsere finanziellen Mittel nicht.
Ich gebe diesem Antrag meine Zustimmung, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie äußerst personalaufwendig die stationäre und ambulante Behandlung dieser krebskranken Kinder ist. Die Onkologie für Kinder hat sich erst Mitte der 70er Jahre zu einem Spezialgebiet entwickelt. Dies ist so,
7724 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 104. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. November 1984
Frau Kelly
und dieses Gebiet ist in den von den Krankenhausträgern heute noch zugrunde gelegten, völlig überholten Personalschlüsseln von 1969 nicht ausreichend berücksichtigt.
Ich stimme für diesen Antrag, weil die Modellmaßnahmen zur Förderung der Tumorzentren befristet sind und bis jetzt nur elf Universitätskliniken mit onkologischen Schwerpunkten zugute kommen, mit jeweils einer Arztstelle und zwei Schwesternstellen.
— Könnte ich bitte um mehr Ruhe bitten, Herr Präsident. — Diese begrenzten Maßnahmen haben sich in einer spürbaren Entlastung und Verbesserung der Betreuung ausgewirkt. Doch decken diese Maßnahmen, 1,3 Millionen DM in einem 260-MilliardenHaushalt dieses Jahr, nur einen kleinen Teil des erheblichen Personaldefizits.
Ich stimme dem vorliegenden Antrag zu, weil es mindestens 15 weitere Kinderkrebsabteilungen in diesem Lande gibt, die jetzt, 1985, dringend Unterstützung und Hilfe vom Bund brauchen, weil es auf Länderebene keine Lösungen gibt und das Kompetenzgerangel anhält. Ferner unterstütze ich den Antrag, weil der Bund hier auf konkretem politischem Wege über uns alle hier veranlassen kann, daß es zu einer angemessenen Erleichterung in den Kinderkrebsabteilungen kommt.
Und in begrüße den Antrag deshalb, weil er über die Berechnungen und Fallzahlen der jährlich 1 700 Neuerkrankungen an Krebs im Kindesalter hinaus auch ein Stück konkrete Humanität bedeutet. Er hat für mich begründete Hoffnung zum Inhalt. Das macht es mir leichter, am kommenden Wochenende nach Mainz in die Universitätskinderklinik zu fahren, in der besonders unhaltbare Zustände herrschen.