Rede von
Meinolf
Michels
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute nachmittag den Bericht des Wehrbeauftragten diskutiert. Dabei
6552 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Oktober 1984
Michels
ging es um das Wohl unserer Soldaten. Werden nicht auch mit diesem Beratungspunkt das Wohl und die Fürsorge für unsere Soldaten berührt? Wer sich mit diesem Thema vorurteilsfrei befaßt, kommt bei dieser Frage zu einem klaren Ja. Ich gehe davon aus, daß alle Mitglieder dieses Hohen Hauses sich in der Sorge für die Gesundheit unserer Soldaten einig sind. Hierfür müssen die notwendigen Erkenntnisse geschaffen und weiterentwickelt werden. Unsere Soldaten erfüllen mit ihrem Dienst einen grundgesetzlichen Auftrag.
— Dazu komme ich. — Sie haben einen Anspruch darauf, daß Ihnen auch im Falle einer Verletzung spezieller Art optimal geholfen werden kann.
Leider kann bei der Erforschung notwendiger Heil- und Schutzmittel heute noch nicht ganz auf die Durchführung von Tierversuchen verzichtet werden. Aus diesem Grunde können wir uns auch nicht der Forderung der GRÜNEN zur Einstellung aller Tierversuche im wehrmedizinischen Bereich anschließen. Wir sind aber gemeinsam aufgerufen, unsere gesetzlichen Möglichkeiten dahin gehend zu nutzen, daß die für das Wohl der Menschen unnötigen Versuche ausgeschlossen werden. Andererseits haben wir die Pflicht, die Voraussetzungen für die Erforschung und Weiterentwicklung von Schutz-und Heilmitteln speziellen Bedarf sicherzustellen.
Die zivile Forschung deckt leider nicht — hoffentlich nie — eintretenden Bedarf im militärischen Bereich voll ab. Ich weise in diesem Zusammenhang auf die gräßlichen Vorkommnisse im Iran und Irak hin. Hier, Frau Bard, sollten Sie sich auch einmal daran erinnern, daß solche Vorgänge, wie Sie sie geschildert haben, nur möglich sind in totalitären Staaten; nirgendwo in Staaten mit einer funktionierenden Demokratie können Sie über so etwas berichten, über das Sie eben von dieser Stelle berichtet haben.
Was wäre aber, wenn man den so zugesetzten Menschen nicht wenigstens hier bei uns helfen könnte? Ohne Forschung und in der Vergangenheit durchgeführte Tierversuche gäbe es wirksame Hilfs- und Heilmittel nicht.
Der Respekt vor dem uns anvertrauten Tier gebietet es nun aber dennoch, die Meßlatte für die Durchführung von Tierversuchen höher zu legen. Deshalb werden wir auch mit dem Tierschutzgesetzentwurf bei der Bundeswehr das Genehmigungsverfahren verschärfen. Wenn auch aus verständlichem Grund die Bundeswehr bei ihren Versuchsdurchführungen besonderer Geheimhaltungspflicht unterliegt, so sollten wir doch prüfen, ob es nicht auch möglich ist, im Tierversuchsgenehmigungsverfahren die Stelle eines Tierschutzbeauftragten aus nichtmilitärischem Bereich einzurichten.
Darüber hinaus bin ich der Meinung, daß Tierversuche nur dann durchgeführt werden dürfen, wenn andere Erkenntnisse und Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, z. B. schmerzlose Materie oder abrufbares Wissen aus Datenbanken. Wenn auch die Versuchstiere nur in narkotisiertem bzw. schmerzfreiem Zustand den Versuchen unterzogen werden, so können wir doch heute kein Verständnis für unnötige Mehrfachversuche bei uns und, soweit wir darüber hinaus Einfluß haben, auch innerhalb der NATO mehr aufbringen.
Wer den Tierschutz ernst nimmt, meine Damen und Herren, sollte in seinem diesbezüglichen Bemühen nicht vor der eigenen Haustür haltmachen. Es ist also anzuraten, daß die NATO-Staaten auch gerade auf diesem Gebiet zu einem möglichst intensiven Erfahrungsaustausch kommen. Ich bitte die Bundesregierung, den Aufbau einer hierfür dienlichen Datenbank zu unterstützen.
Die Bundesregierung hat uns die Vorlage eines neuen Tierschutzgesetzes angekündigt. Wir werden während der nächsten Wochen und Monate Gelegenheit haben, diesen Entwurf eingehend zu beraten. CDU und CSU werden sich bei der Beratung des angekündigten Gesetzentwurfes auf der Basis ihrer ehtischen Grundsätze von der Verantwortung gegenüber Mensch und Tier leiten lassen.
Ich danke Ihnen.