Rede von
Peter
Conradi
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Verehrter Herr Präsident!
— Ja, man soll es nicht bei den guten Vorsätzen aus der Selbstverständnisdebatte belassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuß und hochverehrte und willkommene Gäste, die an dieser öffentlichen Ausschußsitzung im Plenarsaal teilnehmen — einige von Ihnen kommen sicher in den Verdacht großer parlamentarischer Genußsucht! Wer will eigentlich dieses Gesetz?
Die Gemeinden wollen es nicht. Sie wissen, daß solche kurzfristigen kleinen Änderungen am Städtebaurecht die Bürger verunsichern und die Verwaltung belasten.
Der Bauminister und seine Fraktion haben das Gesetz ursprünglich auch nicht gewollt. Sie haben den Entwurf vom Juni letzten Jahres bis zum Frühjahr dieses Jahres liegengelassen, weil sie — richtigerweise — die große Novelle des Bundesbaugesetzes vorantreiben wollten. Was soll da eine solche Miniregelung vorab?
Die Länder wollten es auch nicht so richtig. Was die Länder dazu vorgebracht haben, war lauwarm und halbherzig. Wir hatten den Eindruck, die Länder hoffen, daß das Gesetz gar nicht zum Abschluß kommt.
Aber das Land Niedersachsen — das sei zugestanden — wollte das Gesetz. Es wollte die Bestimmungen des Städtebauförderungsgesetzes bei einfachen Sanierungen lockern. Dagegen wäre nichts einzuwenden, aber die anderen Länder haben uns im Ausschuß gesagt, das könne man ohne weiteres nach dem Bundesbaugesetz, dazu brauche man das Städtebauförderungsgesetz nicht zu lockern.
Niedersachsen wollte mit dieser Lockerung erreichen, daß auch einfache Sanierungen vom Bund bezuschußt werden. Das war des Pudels Kern. Deswegen waren ja auch die anderen Länder etwas zögerlich, denn sie merkten, daß dadurch von ihrem Geld etwas abgeht. Es ging also, was Niedersachsen betraf, ums Geld.
Bei der Bundesregierung und ihrem Sinneswandel in dieser Sache haben wir den Eindruck, Herr Minister, daß der Bundeskanzler dahinterstand, weil der etwas zum Vorzeigen brauchte, eine Erfolgsmeldung in Sachen Entbürokratisierung. Wer so viele Versprechen nicht gehalten hat — „Lehrstellen für alle", „Aufschwung für alle" und „Frieden schaffen mit immer weniger Waffen" —,
der will nun einmal eine Erfolgsmeldung. Nur, dieses Gesetz, Herr Minister, wird kein Erfolg sein. Es ist ein unnötiges, ein oberflächliches Gesetz. Die Tatsache, daß Sie hier nicht einmal Auskunft über die steuerlichen Auswirkungen geben konnten, daß Sie den Finanzausschuß gar nicht beteiligt haben, obwohl das Gesetz steuerliche Auswirkungen haben wird, zeigt, wie schludrig da gearbeitet worden ist.
— Also Pannen hat es ja bei uns in der sozialliberalen Koalition früher auch gegeben, darüber gibt es keinen Streit.
6454 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. Oktober 1984
Conradi
— Ich weiß nicht, warum Sie hier protestieren. Damals haben uns manche Journalisten gesagt, die Konservativen seien erfahrener im Umgang mit der Macht, sie verstünden mehr vom Handwerk des Regierens. Mit dieser Legende hat die Bundesregierung Kohl gründlich aufgeräumt.
Nie hat dieses Land eine derart inkompetente, des Regierens unfähige Regierung gehabt.