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ID1004206400

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    6. Schily.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2865A Begrüßung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für das Flüchtlingswesen, Poul Hartling 2955 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. Dezember 1982 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Bau einer Straßenbrücke über den Rhein zwischen Sasbach und Marckoldsheim — Drucksache 10/252 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr — Drucksache 10/688 — 2865 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Zweiten Protokoll vom 17. Februar 1983 zur Änderung und Ergänzung des Abkommens vom 22. April 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und bei einigen anderen Steuern — Drucksache 10/461 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/694 — 2865 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Feuerschutzsteuergesetzes — Drucksache 10/556 —Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksache 10/714 — 2865 D Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksachen 10/280, 10/534 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/690, 10/691 — Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt — Drucksachen 10/631, 10/659 — . . . . 2866 A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksachen 10/632, 10/659 — Conradi SPD 2866 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2867 C Seiters CDU/CSU 2868 B Einzelplan 03 Bundesrat — Drucksachen 10/633, 10/659 — . . . . 2868 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/636, 10/659 — und Art. 23, 24, 24a, 25 und 25a des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/656, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 10/654 — Kühbacher SPD 2869 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 2872 D Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 2878 A Dr. Hirsch FDP 2881 D Dr. Schmude SPD 2885 C Dr. Laufs CDU/CSU 2889A Schäfer (Offenburg) SPD 2893 B Baum FDP 2896 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2898 D Namentliche Abstimmung 2904 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/637, 10/659 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/646, 10/659 — Helmrich CDU/CSU 2906 C Schmidt (München) SPD 2908 D Kleinert (Hannover) FDP 2911 B Schily GRÜNE 2912 C Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 2914 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/642, 10/659 — Hoffmann (Saarbrücken) SPD 2916 C Metz CDU/CSU 2920 B Drabiniok GRÜNE 2922 C Hoffie FDP 2924 C Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 2926 C Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 10/643, 10/659 — Dr. Friedmann CDU/CSU 2928 B Paterna SPD 2930 B Hoffie FDP 2933 B Frau Reetz GRÜNE 2934 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 2936 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/649, 10/659 — und Art. 26 a des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — Müntefering SPD 2939 B Echternach CDU/CSU 2942 A Sauermilch GRÜNE 2944 D Gattermann FDP 2946 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 2948 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/651, 10/659 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 2952 C Vosen SPD 2955 B Dr.-Ing. Laermann FDP 2958 D Frau Dr. Bard GRÜNE 2961 A Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 2962 D Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/652, 10/659 — Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 III und Art. 22 des Entwurfs des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 — Drucksachen 10/335, 10/347, 10/690, 10/691 — Vogelsang SPD 2966 B Dr. Rose CDU/CSU 2968 B Dr. Jannsen GRÜNE 2971 B Neuhausen FDP 2972 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 2974 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksachen 10/648, 10/659 — Brück SPD 2977 C Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 2980 C Frau Gottwald GRÜNE 2983 B Frau Seiler-Albring FDP 2985 B Dr. Hauchler SPD 2987 D Dr. Pinger CDU/CSU 2991 A Dr. Warnke, Bundesminister BMZ . . 2993 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksachen 10/650, 10/659 — Heimann SPD 2997 B Stiegler SPD 2999 B Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 3000 C Schneider (Berlin) GRÜNE 3003 A Ronneburger FDP 3005 A Windelen, Bundesminister BMB . . . 3006 D Nächste Sitzung 3008 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3008 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2865 42. Sitzung Bonn, den 6. Dezember 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Lorenz 9. 12. Offergeld 9. 12. Pauli 9. 12. Petersen 9. 12. Rapp (Göppingen) 9. 12. Dr. Stark (Nürtingen) 9. 12. Stockleben 9. 12. Schlaga 6. 12. Schmidt (Hamburg) 9. 12. Schreiner 9. 12. Voigt (Frankfurt) ** 6. 12. Frau Dr. Wex 9. 12. Dr. Wittmann 9. 12. Dr. Wörner 6. 12. ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Detlef Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Schmidt, beim Wiegen muß man die richtigen Gewichte verwenden, genau wie in der Justiz. Es sollten besonders vorsichtig Akzente gesetzt werden. An Ihrer Rede war einiges, was um so verständlicher erscheinen läßt, daß Herr Engelhard geglaubt hat, der Hinweis darauf, daß gewisse Äußerungen sich selbst richten, würde verstanden, der aber auch deutlich gemacht hat, warum Sie das nicht verstehen konnten; denn wenn man erst einmal darauf aus ist, nur das zu hören, was man gerne hören will, dann ist man zum einen nicht mehr in der Lage, etwas zurückhaltendere Argumente anderer richtig aufzunehmen und richtig zu gewichten, und zum anderen ist man schon erst recht ungeeignet, über etwas so mit Vorsicht zu Behandelndes wie die Rechtspolitik hier in Bausch und Bogen quasi als Universalgenie zu reden.
    Sie haben das einem mir genauso wie Ihnen aus der Rechtspolitik seit langem bekannten Kollegen gegenüber deutlich gemacht, als Sie von Nichtfachleuten sprachen. Ich ziehe daraus einen gewissen steigernden Vergleich der Einschätzung Ihrer
    Kenntnisse im Verhältnis zu denen des Kollegen Vogel (Ennepetal).

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn Sie sich an dieser Selbsteinstufung in einer kritischen Stunde messen, dann muß Ihnen traurig zumute werden.

    (Lachen bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich meine, daß dem Justizminister heute bei der Vorlage des ersten Haushalts zu Beginn eines normalen Arbeitsjahres dieses Parlaments — denn so konnten ja wohl die hinter uns liegenden Zeiten nicht bezeichnet werden — ausdrücklich Dank dafür gebührt, daß er sich in diesen unruhigen Zeiten als jemand bewährt hat, der nicht dieser und jener Strömung nachgegeben hat, weder in die eine noch in die andere Richtung, sondern der zunächst einmal versucht hat, Bestandsaufnahme zu machen und genau zu entscheiden, was wirklich der Weiterverfolgung bedarf. Im übrigen versucht der Minister, dafür zu sorgen, daß es nicht nur den öffentlichen Reden und den leicht möglichen rhetorischen Bekundungen überlassen bleibt, über die Einschränkung von Gesetzgebung und Gesetzgebungsverfahren zu sprechen, sondern daß das auch, wo immer es geht, in die Praxis umgesetzt wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Da besteht in praxi ein erheblicher Nachholbedarf.
    Man hört das alles so oft. Aber kaum glaubt man, einmal ein Beispiel für eine überflüssige Regelung gefunden zu haben — wie z. B. bei den Schleppliften, über die von seiten der GRÜNEN neulich im Laufe der Debatte verschiedenes Unverständliche geäußert worden ist —, dann gibt es wieder Menschen, denen das das heiligste Gut der Nation ist und die fordern, auch das müsse gesetzlich geregelt werden. Es geht ja gar nicht darum, etwa der einen oder der anderen Seite recht oder unrecht zu geben, sondern es geht darum herauszufinden, was denn wirklich alles geregelt werden muß. Wenn man das an einem Beispiel klarmachen will, stellt man fest, daß man offenbar nach wie vor nicht bereit ist, von irgendeiner ins Auge gefaßten Regelung Abstand zu nehmen.
    Schwieriger wird es noch, wenn man sich in diesem Hause ganz normal, ruhig und vernünftig unterhalten will über derartige Unternehmen, z. B. über die Frage, wie weit man bei der allerdings durch neue Lebensumstände gebotenen Strafbarmachung gewisser Bereiche der Wirtschaftskriminalität gehen muß. Dabei muß man dann eben in Erwägung ziehen, z. B. beim Ausschreibungsbetrug, auch einmal den Ursachen nachzugehen. Ihre Parteipostille, die ja inzwischen wohl nur noch „Vorwärts" heißt, weiß dann angesichts dieser Überlegungen sofort ganz genau, wie man verbrüdert ist und wie man überhaupt ausschließlich Interessenvertreter derjenigen ist, die hier alleine sündigen. Es wäre schön, wenn man statt dessen auch in dem Blatt einmal Ihren Willen zur Gerechtigkeit und Ihren Willen zur rechtspolitischen Diskussion daran erkennen könnte, daß auch die andere Seite der Überlegungen aufgenommen und offen diskutiert
    2912 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
    Kleinert (Hannover)

    wird, bevor man zu einer Entscheidung kommt. Das halte ich für das Wesen rechtspolitischer Diskussion.
    Bei alledem dürfen wir nicht übersehen, daß die größeren Gefahren für unsere Rechtspolitik inzwischen aus dem auch von Herrn Helmrich bereits angesprochenen europäischen Bereich herrühren; denn wir haben nun einmal die Erfolge, die von der ersten Direktwahl zum Europaparlament an zusätzlichem parlamentarischen Einfluß erhofft worden waren, nur in Ansätzen erreichen können. Wir haben immer noch die Situation, daß die Verwaltungen der verschiedenen Mitgliedstaaten und die Verwaltungen Europas weitgehend ohne parlamentarische Kontakte, ohne die vernunfttreibenden Praxiskontakte — wie das einmal ein kluger Mann genannt hat — vor sich hin stricken an einem immer enger werdenden Netzwerk von Richtlinien, die wir dann nur noch umzusetzen haben und bei denen wir dann nicht einmal mehr die Möglichkeit haben, über die Notwendigkeiten nachzudenken, von denen ich sprach. Meiner Meinung nach muß es ein ganz wesentliches Ziel des vor uns liegenden Europawahlkampfes sein, deutlich zu machen, daß das unsere Aufgabe ist: in Europa für eine stärkere parlamentarische Komponente und damit für eine vernünftige Eingrenzung — keineswegs Beseitigung — der Befugnisse der Verwaltung und für ein praxisnäheres Handeln zu sorgen. Anderenfalls sind unsere rechtspolitischen Bemühungen hier vergebens.
    Herr Schmidt, nach den Ankündigungen Ihres Fraktionsvorsitzenden werden wir in dieser Woche wohl noch Gelegenheit haben, uns im einzelnen zu unterhalten über die von Ihnen in derselben Einseitigkeit wie andere Punkte dargestellten Ereignisse im Zusammenhang mit dem Sie zur Zeit begeisternden Ermittlungsverfahren.
    Ich kann Ihnen dazu, daß wir etwa „von Skandalen geschüttelt" wären, sagen, daß Hans-Dietrich Genscher, den man im hessischen Wahlkampf des letzten Jahres als den letzten Nicht-Menschen darzustellen versucht hat, inzwischen von den Leuten wieder als das gesehen wird, was er wirklich ist, nämlich ein durchaus zuverlässiger Mann und Politiker, der zur rechten Zeit das Richtige getan hat. Den Beweis dafür haben nun Gott sei Dank Sie geführt, und nicht andere haben ihn zu führen brauchen. Es wird Ihnen bei anderen Versuchen, auf diese Art Ihr politisches Profil zu zeigen, ähnlich gehen.
    Der Bundesjustizminister hat mich gebeten, die ohnehin karg bemessene Zeit im übrigen ihm zu überlassen, was ich sehr gern tue.

    (Hoffmann [Saarbrücken] [SPD]: Er redet immer so langsam!)

    Wir werden uns über die meisten der Punkte, die heute nicht neu waren, auch in Zukunft wieder unterhalten müssen und können hoffen, daß sie nicht einfach in der Kurzfassung einer Haushaltsdebatte untergehen. Für heute lasse ich es bei diesen Hinweisen bewenden und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort der Herr Abgeordnete Schily.

(Zuruf von der FDP: Es bleibt uns nichts erspart!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Otto Schily


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein, ich bleibe Ihnen nicht erspart; das sehen Sie ganz richtig. Aber ich erspare Ihnen heute, da wir nicht sehr viel mehr sind als im kleinen Kreise des Rechtsausschusses, hier eine Debatte über Einzelheiten der Rechtspolitik und werde nur begründen, warum wir den Einzelplan 07 in Gänze ablehnen, und zwar in Anknüpfung an die Äußerung des Kollegen Helmrich, der mit Recht gesagt hat: Zur Rechtspolitik gehört auch die Pflege des Rechts- und Unrechtsbewußtseins.
    Herr Kollege Helmrich, wir können in der Tat nicht erkennen, daß die Rechtspolitik so, wie die Bundesregierung sie vertritt, Vertrauen verdient, was die Pflege des Rechts- und Unrechtsbewußtseins anbelangt, nicht zuletzt und vor allem, weil sie der Verluderung des Rechtsbewußtseins nicht wirksam entgegentritt, sondern dazu beiträgt.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Wie anders sollen wir es denn verstehen, daß sich der Bundeskanzler vernehmlich zum Verteidiger bestimmter Beschuldigter aufschwingt, aber kein Wort von ihm zu hören ist angesichts der unverschämten Ausfälle des CSU-Politikers Tandler gegen die Staatsanwaltschaft in Bonn?

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Ich möchte hier ausdrücklich erklären: Die Staatsanwaltschaft hat sich äußerst korrekt verhalten.

    (Eigen [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selbst nicht! — Gerster [Mainz] [CDU/ CSU]: Woher wissen Sie das?)

    Diejenigen, die sich darüber beklagen, sollten sich einmal vergewissern, ob sie sich eigentlich früher aufgeregt haben, wenn Angeklageschriften in vollem Wortlaut, einschließlich des Ermittlungsergebnisses, veröffentlicht wurden. Da habe ich nie ein Sterbenswörtchen von Aufregung gehört.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Wenn die Staatsanwaltschaft hier die bloße Tatsache der Anklageerhebung bekanntgibt und mitteilt, um welchen Vorgang, um welchen strafrechtlichen Vorwurf es sich handelt, aber nicht mehr bekannt gibt, dann ist das völlig — obwohl manche die preußischen Traditionen sehr kritisch sehen, möchte ich das in dem Fall so sagen — preußisch korrekt.

    (Abg. Helmrich [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983 2913
    Schily
    — Herr Kollege Helmrich, ich habe nur noch sieben Minuten Zeit. Verzeihen Sie, daß ich keine Zwischenfrage zulassen kann.
    Vielleicht sollte man darauf hinweisen, daß sich die Staatsanwaltschaft in mancher Hinsicht eher der äußersten Zurückhaltung befleißigt hat, wenn man daran denkt, daß ein Haftbefehl wegen Verdunklungsgefahr nicht beantragt worden ist, obwohl bekannt geworden ist, daß bestimmte Unterlagen von einem bestimmten Beschuldigten hohen früheren Ranges, der auch heute noch in der Wirtschaft einen hohen Rang hat, beiseite geschafft worden sind.

    (Zuruf des Abg. Pfeffermann [CDU/CSU])

    — Ja, da werden ganze Bestandteile aus beweiskräftigen Unterlagen herausgeschnitten und dem firmeneigenen Aktenvernichter anvertraut. Wenn das keine Verdunklungsmaßnahme ist, weiß ich nicht mehr, was eine Verdunklungsmaßnahme ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

    Andere werden dann in Untersuchungshaft gehalten.
    Zweitens. Ich kenne sehr viele Haftbefehle, bei denen Fluchtgefahr angenommen wird, und zwar immer mit dem stereotypen Hinweis — auch bei nicht vorbestraften Bürgern, auch bei Bürgern mit festem Wohnsitz oder mit festem Anstellungsverhältnis — auf die Höhe der zu erwartenden Strafe. Dies wiederum wird mit dem hohen Schaden, der verursacht worden ist, begründet. Nun höre ich immer, es gehe um Millionen, die dem Staat entzogen worden sind. Wie ist es denn nun eigentlich mit der Höhe der zu erwartenden Strafe? Muß man nicht auch hier über einen solchen Haftgrund nachdenken? Auch da, denke ich, hat die Staatsanwaltschaft die äußerste Zurückhaltung walten lassen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Gleichwohl meint ein Herr Tandler, er könne die bloße Anklage mit einem Mord vergleichen.

    (Helmrich [CDU/CSU]: Ist das das einzige Thema zum Einzelplan 07?)

    Und sein Parteifreund Bundesinnenminister Zimmermann, der sich früher laut über Presseveröffentlichungen beklagt hat, verfällt jetzt in ein beredtes Schweigen. Aber zu den wüsten Äußerungen von Herrn Tandler hätte wirklich Ihr Ausspruch, Herr Zimmermann, gepaßt: ein wirklicher Anschlag auf den Rechtsstaat; so haben Sie sich früher geäußert.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

    Jedoch haben das Schweigen einerseits und das Gezeter von Tandler andererseits durchaus Methode: Es soll abgelenkt, vernebelt werden.
    Das gilt übrigens auch für die in Mode gekommene Beschwörung der Unschuldsvermutung. Gewiß, meine Damen und Herren, es ist erfreulich, daß dieses Rechtsinstitut wiederbelebt worden ist, nachdem vor nicht allzu langer Zeit bei vielen überhaupt unbekannt war, daß es so etwas wie eine Unschuldsvermutung gibt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich kann mich noch gut erinnern, daß der damalige Ministerpräsident und heutige Bundeskanzler Kohl Angeklagte in einem Verfahren noch vor Beginn der Hauptverhandlung als Verbrecher und, weil das offenbar nicht gereicht hat, als kriminelle Verbrecher bezeichnet hat. Besonders glaubwürdig ist es also nicht, wenn heutzutage mit schmerzlichem Augenaufschlag die Vorverurteilung bemängelt wird. Wir wollen ihm jedoch nicht nacheifern.
    Selbstverständlich hat auch ein Minister wie jeder andere Bürger Anspruch auf Respektierung der Unschuldsvermutung.

    (Kleinert [Hannover] [FDP]: „For Brutus is an honourable man"!)

    Aber es muß sehr sorgfältig — das gilt auch für Sie, Herr Kleinert — unterschieden werden: Es gibt eine Unschuldsvermutung hinsichtlich der strafrechtlichen Beurteilung; es gibt keine Unschuldsvermutung hinsichtlich der politischen Verantwortlichkeit.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Insbesondere reicht die politische Verantwortlichkeit sehr viel weiter als die strafrechtliche. Ich möchte alle warnen, den Blick zu verengen und nur auf die strafrechtliche Untersuchung zu richten. Es geht um sehr viel mehr. Es geht um ein enges Geflecht zwischen Großindustrie und der Politik bestimmter Parteien. Darum ist uns in erster Linie zu tun, nicht um die strafrechtliche Bewältigung.
    Zur politischen Verantwortlichkeit gehört, daß die Öffentlichkeit endlich rückhaltlos die Auskünfte erhält, auf die sie nach Art. 21 des Grundgesetzes Anspruch hat. Sagen Sie doch endlich einmal klipp und klar: Wieviel Millionen haben Sie denn von Flick bekommen? Wieviel haben Sie kassiert?

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Bisher haben wir von Ihnen darüber überhaupt noch nichts gehört. Wieviel haben Sie von anderen Großfirmen kassiert? Erklären Sie doch einmal der Öffentlichkeit, wann und warum Spenden in Ihren Rechenschaftsberichten nicht veröffentlicht worden sind! Erscheint ein einziges Mal der Name Flick in Ihren Rechenschaftsberichten? Nehmen Sie doch einmal Stellung zu der Frage, ob nicht gewisse „staatsbürgerliche Vereinigungen" eher mutmaßliche kriminelle Vereinigungen zur fortgesetzten Steuerhinterziehung waren!

    (Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

    Erläutern Sie, warum Spenden ohne Quittungen entgegengenommen wurden, große Bargeldbeträge in Kuverts ausgezahlt wurden, warum Spenden über Schweizer Nummernkonten geschleust wurden, warum es „Geldwaschanlagen" gegeben hat! Erklären Sie doch einmal, ob es dunkle Schleichwege über das Ausland gegeben hat, um die Partei-
    2914 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 6. Dezember 1983
    Schily
    kassen zu füllen! Sie haben Gelegenheit, sich zu äußern und sich zu Ihrer politischen Verantwortlichkeit zu bekennen. Erklären Sie doch bitte einmal, ob es fingierte Gutachten gegeben hat, um Spenden auf diese Weise zu vereinnahmen! Erklären Sie bitte, ob es eine politische Einflußnahme gegen Barzahlung gegeben hat! Erklären Sie einmal, welche Schmiergelder im Zusammenhang mit der Gewährung von Waffenexportlizenzen gezahlt worden sind! Wer hat sich wem zur Verfügung gehalten? Wer hat sich von wem aushalten lassen? Es ist die Prostitution einer Galerie von Politikern gegenüber den Interessen gewisser großindustrieller Kreise, die zur Debatte steht.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)

    Unterstützung der Justiz und der Staatsanwaltschaft bei deren Bemühen, diesen Dschungel zu durchdringen, haben wir von dieser Regierung und den sie tragenden Parteien nicht zu erwarten, sondern nur Hindernisse. Wenn wir noch daran denken, daß man versucht hat, eine Spendenpraxis zu legalisieren, ohne daß der Bundesjustizminister dem durch seinen Einspruch entgegengetreten ist, ist das ein Beweis mehr. Von dem, der in dieser Kardinalfrage der Rechtszerstörung Vorschub leistet, können wir nicht erwarten, daß er auf anderen Rechtsfeldern positive Ergebnisse zustande bringt.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)