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ID1001905500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/19 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 19. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Inhalt: Antrag der Fraktion die GRÜNEN betr. Änderung der Auslieferungspraxis der Bundesregierung und Staatenbeschwerde gegen die Türkei — Drucksache 10/357 — Burgmann GRÜNE 1243 B Dr. Schäuble CDU/CSU 1244A Porzner SPD 1244 B Burgmann GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 1245 C Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1984 (Haushaltsgesetz 1984) — Drucksache 10/280 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1983 bis 1987 — Drucksache 10/281 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) — Drucksachen 10/335, 10/347 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zur Einschränkung von steuerlichen Vorteilen (Steuerentlastungsgesetz 1984) — Drucksachen 10/336, 10/345, 10/348 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Vermögensbeteiligungsgesetz) — Drucksachen 10/337, 10/349 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Investitionszulage für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie (Stahlinvestitionszulagen-Änderungsgesetz) — Drucksachen 10/338, 10/346, 10/350 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion die GRÜNEN Entlassung der Bundesminister des Innern und der Justiz — Drucksache 10/333 (neu) — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Entlassung des Bundesministers der Justiz und des Bundesministers des Innern — Drucksache 10/342 — Roth SPD 1245C Dr. Althammer CDU/CSU 1253 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 1257A, 1307 A Börner, Ministerpräsident des Landes Hessen 1263 B Mischnick FDP 1268 D Dr. Kohl, Bundeskanzler 1273 C Dr. Vogel SPD 1282 D Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 1295 B Koschnick, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 1298 B Metz CDU/CSU 1303 B Dr. Emmerlich SPD 1310 C Fischer (Frankfurt) GRÜNE 1313 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU 1317 D Kleinert (Hannover) FDP 1322 C Erhard (Bad Schwalbach) CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 1325 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 1328 B Kuhlwein SPD 1330 D Neuhausen FDP 1334 B Dr. Jannsen GRÜNE 1335A Namentliche Abstimmung 1326 C Nächste Sitzung 1335 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1337* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1337* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 1243 19. Sitzung Bonn, den 8. September 1983 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode —19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 1337* Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 9. 9. Dr. Enders * 9. 9. Handlos 9. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 8. 9. Kretkowski 9. 9. Dr. Lenz (Bergstraße) 9. 9. Lenzer * 9. 9. Dr. Müller * 9. 9. Schmidt (Hamburg) 9. 9. Schmidt (Wattenscheid) 9. 9. Voigt (Frankfurt) 9. 9. Frau Dr. Wex 9. 9. Wilz 9. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Möglichkeiten für eine Gemeinschaftsbeihilfe zur Finanzierung einer festen Ärmelkanalverbindung (Drucksache 10/207) zuständig: Ausschuß für Verkehr Entschließung des Europäischen Parlaments zur Höhe der Einkommen in der Landwirtschaft (Drucksache 10/208) zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Raumordnungsbericht 1982 (Drucksache 10/210) zuständig: Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (federführend) Innenausschuß Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Bericht der Bundesregierung zur Förderung der Drittmittelforschung im Rahmen der Grundlagenforschung (Drucksachen 10/225, 10/332) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Forschung und Technologie Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 1981/1982 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet (§ 50 GWB) (Drucksache 10/243) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den ersten Teil der 29. ordentlichen Sitzungsperiode der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 6. bis 8. Juni 1983 (Drucksache 10/246) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Verteidigungsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Einwilligung zur Leistung einer überplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 1502 Tit. 642 07 des Haushaltsjahres 1983 (Ausgaben nach § 8 Abs. 2 des Unterhaltsvorschußgesetzes) (Drucksache 10/316 [neu]) zuständig: Haushaltsausschuß Anlagen zum Stenographischen Bericht Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 2. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1983 (Drucksache 10/292) zuständig: Haushaltsausschuß Fünfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) (Drucksache 9/2386) zuständig: Innenausschuß (federführend) Rechtsausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Forschung und Technologie Entschließung des Europäischen Parlaments zur Diskriminierung von unverheirateten Müttern gegenüber verheirateten Frauen im Bereich des Eltern- bzw. Kindesverhältnisses in bestimmten Mitgliedstaaten (Drucksache 9/2417) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Rechtsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zur Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen (Drucksache 9/2421) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Rechtsausschuß Verteidigungsausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zu den türkischen Auslieferungsersuchen (Drucksache 9/2413) zuständig: Rechtsausschuß (federführend) Innenausschuß Auswärtiger Ausschuß Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Der Präsident hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 9/83 — Erhöhung des Zollkontingents 1983 für Bananen) (Drucksache 10/315) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 8. Dezember 1983 vorzulegen Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 24. August 1983 mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung über die nachstehende Vorlage absieht: Bericht der Bundesregierung zu dem Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung (Drucksache 9/2423) Die in Drucksache 10/92 unter Nummer 73 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag für eine Europäische Strategie auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Technik Rahmenprogramm 1984 bis 1987 ist als Drucksache 10/217 verteilt. Die in Drucksache 10/133 unter Nummer 12 aufgeführte EG-Vorlage Mitteilung der Kommission an den Rat über die Strukturen und Verfahren der Gemeinsamen Politik auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technologie ist als Drucksache 10/221 verteilt. Die in Drucksache 10/92 unter Nummer 26 aufgeführte EG-Vorlage 1338* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 19. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1983 Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament betreffend eine bessere Nutzung der Ergebnisse Gemeinschaftsgeförderter F&E-Aktivitäten ist als Drucksache 10/222 verteilt. Die in Drucksache 10/168 unter Nummer 3 aufgeführte EG-Vorlage Vorschlag eines Beschlusses des Rates über das Rahmenprogramm der wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten der Gemeinschaft 1984-1987ist als Drucksache 10/295 verteilt. Die in Drucksache 10/133 unter Nummer 11 aufgeführte EG-Vorlage Die künftige Finanzierung der Gemeinschaft Vorschlag für einen Beschluß über die eigenen Mittel ist als Drucksache 10/329 verteilt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinz Westphal


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren, die Aussprache wird um 14 Uhr fortgesetzt. Der nächste Redner ist dann Herr Vogel. Wir treten jetzt in die Mittagspause ein.
    Ich unterbreche die Sitzung.

    (Unterbrechung von 12.57 bis 14.00 Uhr)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Wir fahren in der Aussprache über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 fort. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Jochen Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der bisherigen Debatte sind zwischen Ihnen und uns, zwischen Regierung und Opposition, eine Vielzahl von Gegensätzen zutage getreten, und es sind harte Auseinandersetzungen geführt worden. Ich werde weitere Themen behandeln, bei denen wir in scharfem Widerspruch zueinander stehen.
    Ich werde mich auch mit Ihrer Speziallogik, Herr Bundeskanzler, auseinandersetzen, die kontroverse Diskussion in Ihrer eigenen Partei als belebendes Element der Demokratie darzustellen und Kontro-



    Dr. Vogel
    versen in meiner Partei als eine angebliche Schädigung nationaler Interessen anzuprangern.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist nicht nur Häme, Herr Bundeskanzler, die Sie uns neuerdings so gern vorwerfen; das erweckt den Eindruck der Heuchelei. Lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit sagen.

    (Beifall bei der SPD)

    Da machen Sie nicht nur aus der Not eine Tugend.

    (Zuruf der Abg. Frau Hürland [CDU/ CSU])

    Ich sagte: Wir werden harte Auseinandersetzungen zu führen haben. Aber in einem wichtigen Punkt — den möchte ich an den Anfang stellen — stimmen wir überein, nämlich in der Beurteilung des empörenden Abschusses einer zivilen Luftverkehrsmaschine nördlich der japanischen Insel Hokkaido. Das war ein Akt brutaler Inhumanität, der schärfste Verurteilung erfordert; ein Akt, der die Sowjetunion mit schwerer Verantwortung belädt.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Der Vorgang, meine sehr verehrten Damen und Herren, macht aber auch schlaglichtartig deutlich, zu welchen Folgen Reaktionen führen, bei denen sich übersteigertes Sicherheitsbedürfnis in irrationaler Weise mit pseudomilitärischer Borniertheit vermischt.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist nicht auszudenken, was geschehen könnte, wenn Reaktionen dieser Art nukleare Waffensysteme mit einbezögen.
    Neben die Verurteilung, neben den Protest und neben die Empörung muß deshalb ein weiteres treten, nämlich die verstärkte Anstrengung, dem Rüstungswahnsinn ein Ende zu machen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir begrüßen die vom amerikanischen Präsidenten erklärte Bereitschaft, die Verhandlungen in Genf ohne Aufschub und ohne Unterbrechung fortzusetzen. Wir begrüßen auch, daß der amerikanische Präsident in der Sache maßvoll reagiert hat.
    Wir haben Ihren Ausführungen entnommen, Herr Bundeskanzler, daß auch die Bundesregierung sinn- und maßvolle Reaktionen beabsichtigt. Für die Opposition begrüße ich das. Über Einzelheiten wird zu reden sein, wenn die Prüfung durch die Bundesregierung zum Abschluß gekommen ist. In diese Prüfung werden sicher auch Erfahrungen mit früheren Sanktionen einbezogen werden.
    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren seit gestern vor allem über die finanzielle und die wirtschaftliche Situation der Bundesrepublik. Die Redner der Regierung und der Koalition werden in dieser Debatte nicht müde, von der wirtschaftlichen Wende zu sprechen, die seit dem 1. Oktober 1982 eingetreten sei. Aber keine Behauptung, keine noch so spitzfindige Beweisführung, keine unverbindlichen Allgemeinplätze und keine Polemik schaffen die Tatsachen aus der Welt. Diese Tatsachen lauten auch heute, am zweiten Tag der Diskussion, folgendermaßen:
    Erstens. Die Zahl der Arbeitslosen ist seit dem 1. Oktober 1982 um nahezu 400 000 auf 2,2 Millionen angestiegen und steigt vor allem bei den Frauen weiter.
    Zweitens. Über 200 000 Jugendliche sind ohne Arbeitsplatz. Nahezu 100000 junge Menschen — genau: 97 000 — sind ohne Ausbildungsplatz. All das sind amtliche Zahlen.
    Drittens. Die Zinsen steigen. Die Zahl der Pleiten, die bei Ihren Diskussionen während der Oppositionszeit eine so große Rolle spielte, war nie höher als seit Ihrer Amtsübernahme.

    (Zuruf des Abg. Jäger [Wangen] [CDU/ CSU])

    Viertens. Der Wert der D-Mark sinkt, und zwar nicht nur im Verhältnis zum Dollar; gleichzeitig geht das Volumen unserer Exporte zurück.
    Daran, meine Damen und Herren der Regierung und der Koalition, haben Ihre breiten Darlegungen nicht ein Jota geändert.
    Geändert hat sich auch nichts daran, daß Sie selbst einen Jahresdurchschnitt von 2,5 Millionen Arbeitslosen erwarten und Ihren Berechnungen zugrunde legen, ja daß Sie Spitzenzahlen von 3 und 3,5 Millionen Arbeitslosen nicht ausschließen. Wir begrüßen das nicht, wir freuen uns nicht darüber — wir bedauern das —, aber wir stellen das als Tatsache in den Mittelpunkt der Diskussion.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie, meine Damen und Herren von der Regierung und von der Koalition, erklären das noch immer mit der angeblichen Erblast. Aber was haben Sie denn nach Ihrer Amtsübernahme versprochen, Herr Bundeskanzler? Womit haben Sie denn vor dem 6. März 1983 um Stimmen geworben? Etwa mit den Zahlen und Fakten, die ich eben nannte? Nein. Sie haben den Aufschwung versprochen, und Sie haben jedem jungen Menschen eine Lehrstelle garantiert.
    Jetzt, Herr Bundeskanzler — und das überrascht mich eigentlich —, tun Sie etwas, was ein Bundeskanzler nicht tun sollte. Sie versuchen, sich herauszureden. In besonders peinlicher Weise haben Sie das heute morgen getan. Es geht doch nicht um die Zusage der Industrie und des Handwerks, 30 000 zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Es geht um Ihre in Großbuchstaben erklärte Garantie: Für jeden ist eine Lehrstelle da, wenn Kohl Bundeskanzler wird. Darum geht es.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU)

    Diesen Satz aus Ihrer Wahlanzeige können Sie nicht abschütteln. Herr Bundeskanzler, dieser Satz, der neben Ihrem Konterfei in Millionenauflage verbreitet worden ist, steht: Für jeden ist eine Lehrstelle da.



    Dr. Vogel
    Diese Versprechungen waren leichtfertig. Sie haben diese Versprechungen nicht halten können, und Sie wußten das wohl, als Sie Ihre Versprechungen gaben. Sie haben viele enttäuscht — nein, ich glaube, es ist in Erinnerung an dieses Dokument korrekt zu sagen: Sie haben viele nicht nur enttäuscht, Sie haben sie getäuscht.

    (Beifall bei der SPD)

    Was hätten sich wohl — nun spreche ich den Parteivorsitzenden Kohl an — Herr Geißler und seine bewährte Abteilung für semantische Kriegsführung einfallen lassen, wenn Sozialdemokraten ein solches Stück gewagt hätten?

    (Beifall bei der SPD)

    „Lehrstellenlügner", „Aufschwungsbetrüger" — das wären wohl die mildesten Schlagworte gewesen, die Herr Geißler in diese Debatte bei umgekehrter Verteilung der Rollen eingeführt hätte.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich mache mir die Sprach- und Kriegsübungen Ihrer Abteilung Semantik nicht zu eigen.
    Dieser Vorwurf ist in keiner Weise entkräftet. Wir halten ihn aufrecht, wir wiederholen ihn.
    Aber, Herr Bundeskanzler — ich bedaure, daß Sie das nicht verstehen wollen —, das ist doch gar nicht der zentrale Vorwurf. Das ist schlimm genug. Mein Freund Börner hat gesagt, was das für die Glaubwürdigkeit bedeutet. Der zentrale Vorwurf, Herr Bundeskanzler, ist, daß Sie nicht das Mögliche getan haben, um Ihr Versprechen zu erfüllen.

    (Beifall bei der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das ist doch wirklich unglaublich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie haben auf den Selbstlauf der Dinge vertraut, Sie haben Falsches getan. Sie haben unsere Vorschläge abgelehnt, zumeist ohne sie überhaupt zu prüfen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie machen doch nur mies!)

    — Wir machen doch nicht mies.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie stehen mit Häme daneben!)

    — Ich freue mich, daß der Ausdruck Häme, der Herrn Feilcke aus Berlin so wohlbekannt ist, jetzt in das Vokabular des Bundeskanzlers und dann folgend auch in Ihres Eingang gefunden hat. Aber das ist nicht der Punkt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was haben Sie denn getan? Sie können doch nur mekkern!)

    Wir machen doch nicht mies, was Wirtschaft, Handwerk und Gewerkschaften an Anstrengungen unternommen haben. Es wäre übrigens gut gewesen, wenn Sie bei diesen Anstrengungen heute auch die Gewerkschaften und die Ausbilder erwähnt hätten, Herr Bundeskanzler.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie reden doch immer von Gemeinsamkeit.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Die Gewerkschaften haben in ihren Verwaltungen keine Ausbildungsplätze geschaffen!)

    — Da setzen Sie sich einmal mit den Gewerkschaften auseinander. Für die Vermehrung der Zahl der Ausbildungsplätze haben auch die Gewerkschaften ihren entscheidenden Beitrag geleistet. Das ist überhaupt keine Frage.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Sie leider nicht!)

    Wir machen nicht mies, was Wirtschaft, Handwerk und Gewerkschaften zur Vermehrung der Zahl der Ausbildungsplätze getan haben. Es sieht so aus, als wenn die eben Genannten ihre Zusage, nämlich 30 000 zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, einhalten würden. Das unterscheidet sie aber von dem Herrn Bundeskanzler, der sicher aus einem zwingenden Grund schon nach der ersten Attacke den Saal verlassen hat.

    (Rühe [CDU/CSU]: Das ist doch unbillig! — Zuruf von der CDU/CSU: Er versäumt aber nichts!)

    Aber er wird sicherlich zurückkehren.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber jeder wußte doch, das unterscheidet ihn — —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihretwegen verläßt keiner den Saal! — Abg. Möllemann [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Nein, ich halte mich an Beispiele, die Ihre Regierung gegeben hat, und möchte keine Zwischenfrage zulassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich halte es auch für merkwürdig, daß wir uns dann immer gegenseitig der Feigheit zeihen. Ich glaube, wir sollten einfach gewisse Regeln für gewisse Debatten einführen. Wenn wir hier alle im Zusammenhang reden, mache ich es auch so.

    (Parl. Staatssekretär Möllemann: Ich wollte nur sagen, warum der Kanzler nicht da ist!)

    — Ich habe ja gesagt, es ist sicher ein zwingender Grund.

    (Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)

    — Ich habe eine Menge Zeit. Ich habe ja gesagt, es ist sicher ein zwingender Grund.
    Also das unterscheidet Handwerk und Wirtschaft und Industrie vom Bundeskanzler. Ich danke im Namen der Sozialdemokraten allen, die sich in Wirtschaft und Handwerk engagiert und nicht nur billige Versprechungen aus Wahlgründen gemacht, sondern etwas getan haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist im übrigen auch kein völlig neuer Vorgang. Die haben auch schon Helmut Schmidt geholfen, als er in einer ähnlichen Situation war. Allerdings hat sich da das große Massenmedium nicht so unmittelbar, sondern eher distanziert helfend ein-



    Dr. Vogel
    geschaltet. Das ist das einzige, was man da anmerken kann. Jeder wußte aber, daß diese Anstrengung nicht reichen würde.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Jeder hat so seine Freunde!)

    — Ja, und daraus kann man dann auch seine Schlüsse ziehen, Herr Feilcke.
    Deshalb haben wir ein konkretes Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit und zur Überwindung des Mangels an Ausbildungsplätzen vorgelegt. Holger Börner hat allein in Hessen mit vergleichbaren Maßnahmen 4 200 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen. Ihre Kritik, Herr Kollege Mischnick, ändert nichts daran, daß diese Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen und junge Menschen ausgebildet werden, die sonst nicht ausgebildet worden wären.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, hätte sich der Bund — da spreche ich auch Herrn Blüm an, der heute für Herrn Lambsdorff mit Herrn Roth infolge einer Verwechslung auswechslungsfähig erschien — in gleicher Weise engagiert, stünden mindestens 40 000 weitere Ausbildungsplätze zur Verfügung, die jetzt fehlen. Das haben Sie zu verantworten, und diese Verantwortung werden Sie nicht los, auch wenn Sie jetzt die Statistik bereinigen lassen oder Bewerber jetzt als „vermittlungsunfähig" oder „vermittlungsunwillig" deklarieren. Dies ist nicht der Ausweg, der hier gegangen werden kann.
    Wir stehen übrigens mit dieser Kritik an Ihrer Untätigkeit nicht allein. Wir sind mit den Thesen des Herrn Albrecht, wie noch auszuführen sein wird, nicht einverstanden. Wir halten sie in den wesentlichen Punkten sogar für gefährlich. Einer Feststellung stimmen wir aber ausdrücklich zu, daß nämlich mit den bisher eingeleiteten Maßnahmen allein weder ein nachhaltiger Wirtschaftsaufschwung noch ein Abbau der Arbeitslosigkeit zu erreichen sei. Wenn Herr Kohl gemeint hat, daß diese Feststellung ein belebendes Element der Demokratie sei, dann stimme ich ihm allerdings für diesen Satz ausdrücklich zu.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie, Herr Kollege Dregger, haben diese Meinung kurzerhand zur Privatmeinung des Herrn Albrecht erklärt. So schnell werden Sie aber den Herrn Albrecht nach meinen Erfahrungen nicht los. Es ist immerhin die Meinung Ihres Vier-Wochen-Kanzlerkandidaten aus dem Jahre 1980, und es ist immerhin die Meinung Ihres stellvertretenden Parteivorsitzenden.
    Ich sagte, Sie waren untätig oder haben unzureichende, ja, falsche Maßnahmen ergriffen. An diesem Urteil hat sich durch die bisherige Debatte nichts geändert. Sie sind zu den meisten — ich sage nicht: allen — unserer Fragen und Feststellungen die Antwort schuldig geblieben.
    Herr Posser, von dem ich gerne höre, daß er hier bei der Koalition eine so breite Zustimmung gefunden hat, hat an dem vergangenen Wochenende im Bundesrat Ihnen, Herr Kollege Stoltenberg, nachgewiesen, daß die Unternehmensbelastung nicht gestiegen, sondern von 1965 bis 1981 deutlich gesunken ist, daß die Lohnsteuer seit 1970 auf das Zweieinhalbfache, die Vermögensteuer aber nur um dreiviertel ihres Aufkommens gestiegen ist. Herr Posser hat nachgewiesen, daß eine niedrige Vermögensteuer nur den ertragstarken Großbetrieben, nicht aber den Klein- und Mittelbetrieben und schon gar nicht den Stahlwerken und Werften hilft, weil durch die Gegenrechnung der Schuldverpflichtungen in vielen Fällen überhaupt kein steuerpflichtiges Vermögen da ist. Dennoch senken Sie die Unternehmenssteuern, gerade die Vermögensteuer, um insgesamt 3,5 Milliarden DM.
    Hans Apel hat gestern für uns dargetan, wie Ihre verfehlte Haushaltsanlage konjunkturelle und strukturelle Krisenerscheinungen in unserem Lande nicht dämpft, sondern verschärft. Sie halten daran fest.
    Wolfgang Roth hat heute vormittag aufgezeigt, wie wenig Sie nach unserer Auffassung der Verantwortung für die Überwindung der Probleme bei Stahl, Kohle und Werften gerecht werden.

    (Zustimmung bei der SPD) Eine Änderung ist nicht erkennbar.

    Holger Börner hat heute vormittag an Hand konkreter Zahlen überzeugend nachgewiesen, was eine Regierung zu leisten vermag, wenn sie entschlossen handelt und ihre Möglichkeiten tatsächlich nutzt.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Warum haben Sie das denn nicht getan?)

    Die Debatte hat ein Weiteres gezeigt. Sie hat gezeigt, daß Sie — das sage ich eher leise, weil es einen ganz ernsten Punkt berührt — die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit mißachten. Meine Damen und Herren, da spreche ich einige von Ihnen, die sich schon zu Wort gemeldet haben, ganz besonders an: Sie senken die Vermögensteuer und kürzen gleichzeitig das Mutterschaftsgeld; Sie scheuen sich noch immer, über Absichtserklärungen hinaus die hohen Gewinne zu beschneiden, die wenige hoch Verdienende aus den Abschreibungsgesellschaften ziehen, aber Sie kürzen sogar die Rentenansprüche der Behinderten, die in beschützenden Werkstätten arbeiten, also einer Gruppe, die weiß Gott Anspruch auf unser aller Solidarität hat.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wir lassen es nicht bei dieser Kritik bewenden. Anders als der Prophet von Sonthofen, der Verkünder der Katastrophenphilosophie, wollen wir nicht, daß alles noch viel schlechter wird, weil dann vielleicht unsere Chancen steigen. Wir wollen, daß Sie handeln. Aber Sie werden scheitern, wenn Sie Ihren Kurs nicht ändern, und die Zeche für dieses Scheitern wird unsere Gemeinschaft, wird unser Volk zu zahlen haben.

    (Beifall bei der SPD)




    Dr. Vogel
    Wir haben unsere Alternativen, haben unser Programm vorgetragen. Ich wiederhole seine wesentlichen Elemente:
    Erstens: Verkürzung der Arbeitszeit auf allen drei Ebenen. Dazu haben wir Gesetzentwürfe vorgelegt, die das erleichtern. Jetzt sind Sie am Zuge. Beraten Sie unsere Entwürfe, kommen Sie zu Entscheidungen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich lasse keinen Zweifel daran: Wir respektieren die Entscheidungen der Gewerkschaften. Die Tarifparteien müssen selber wissen, wo sie den Schwerpunkt setzen wollen. Aber wir stehen an der Seite der Gewerkschaften, wir unterstützen das Ringen der Gewerkschaften, und zwar nicht nur aus Solidarität, sondern auch deshalb, weil das, was sie fordern, vernünftig ist und Unterstützung verdient.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens: pfleglicher Umgang mit der Massenkaufkraft. Kein vernünftiger Unternehmer wird investieren, wenn er für die zusätzliche Kapazität keine ausreichende kaufkräftige Nachfrage erwarten kann.
    Drittens: wirksame Hilfe für Strukturen und Regionen, die unter der Krise besonders leiden. Dabei geht es gar nicht einmal in erster Linie — da greife ich einen Gedanken des Kollegen Roth auf — um das Geld. Es geht um die Orientierung, es geht um Konzepte, und es geht um Konsens. Es geht für diese Bereiche um das, was wir schon zu Beginn dieses Jahres den Solidarpakt der Betroffenen und Beteiligten und der öffentlichen Gebietskörperschaften genannt haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Es genügt eben nicht, wenn die Bundesregierung zuwartet und noch einmal zuwartet, prüft und noch einmal prüft und dann in letzter Minute — da ist das Beispiel der Arbed im Saarland immer besonders eindrucksvoll — gewisse Summen zur Verfügung stellt. Wenn es um Stahl, Kohle und Werften, wenn es um das Saarland, um Bremen und um das Ruhrgebiet — noch immer ein Kernstück unserer Wirtschaftsstruktur — geht, muß die Bundesregierung die Initiative ergreifen. Sie muß mit Konzeptvorschlägen hervortreten. Wir haben unsere Konzepte vorgelegt. Lassen Sie uns dann um die richtigen Konzepte wetteifern, aber gehen Sie von der Zuschauerbank in die Arena! Das ist unser Appell.

    (Beifall bei der SPD)

    Viertens: gezielte Förderung für die kleinen und mittleren Unternehmen, deren Innovationskraft wir für die Modernisierung der Volkswirtschaft besonders benötigen. Wenn mich gerade in den schwierigen Verhältnissen Berlins etwas besonders beeindruckt hat, dann die Tatsache, daß dort dieser Bereich — gerade das Handwerk — die Zahl der Arbeitsplätze gehalten hat, während im Bereich der gewerblichen Wirtschaft insgesamt die Zahl der Arbeitsplätze rapide nach unten gegangen ist.
    Fünftens: staatliche Initiativen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze auf den Feldern, auf denen ein drängender gesellschaftlicher Bedarf vorhanden ist,
    der bisher nicht befriedigt wird, so insbesondere durch die Investitionen zum Schutz der Umwelt, zur Bekämpfung des Waldsterbens und zur Sicherung unserer Wasserversorgung. Wir wissen heute doch — da haben viele gelernt; ich sehe nicht nur in eine Richtung; wir alle haben gelernt, in diesem Haus und in diesem Volk —, daß das ökonomisch Vernünftige zugleich auch ökologisch sinnvoll ist und umgekehrt das ökologisch Sinnvolle auf längere Sicht auch das ökonomisch Notwendige und Sinnvolle darstellt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Dieser künstlich aufgeputschte Gegensatz schwindet nach unserer Einsicht doch immer mehr dahin.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Das müssen Sie auch einmal Herrn Börner erzählen!)

    Wir sagen nicht, der Staat könne an die Stelle der Wirtschaft treten. Aber wir sagen: Der Staat muß das ihm Mögliche tun, und er muß zu diesem Zweck auch an Tabus rühren. Ich glaube, das ist der Hauptgegensatz zwischen uns, der in dieser Diskussion bisher deutlich geworden ist.
    Sie haben schließlich eingewendet — auch der Herr Bundesfinanzminister hat das getan —, unsere Vorschläge seien nicht finanzierbar. Es ist behauptet worden, wir seien gegen eine vernünftige Konsolidierung. Das wird durch ständige Wiederholung nicht richtig. Verzichten Sie auf die Senkung der Vermögensteuer! Führen Sie an Stelle des von Ihnen im Koalitionspingpong um die Wahlen herum erfundenen Wechselbalges der sogenannten Investitionsabgabe, an deren Bezeichnung wirklich aber auch nichts stimmt, eine wirkliche Ergänzungsabgabe ein!

    (Beifall bei der SPD)

    Tun Sie das, was Sie vor der Wahl erklärt und versprochen haben!

    (Erneuter Beifall bei der SPD)

    Machen Sie mit den Privilegien der Abschreibungsgesellschaften endlich Schluß! Es ist doch nicht wahr, daß durch die Abschreibungsgesellschaften die Konjunktur belebt wird. Streichen Sie, Herr Bundesfinanzminister, wenigstens diejenigen Subventionen und die verfehlten Steuererleichterungen, deren Abbau Sie in der Opposition so lange angekündigt und gefordert haben! Wir sind doch nicht unvernünftig. Wir verstehen, daß Sie in der Regierungsverantwortung klüger werden, als Sie es in der Opposition waren; wir hoffen es jedenfalls. Aber Sie können doch nicht behaupten, daß alles, was Sie zum Thema Subventionen gesagt haben, dummes Zeug gewesen wäre;

    (Beifall bei der SPD)

    das wäre doch schon von der Logik her schwer zu verstehen.
    Ziehen Sie die zusätzlichen Bundesbankgewinne heran! Das ergibt dann einen Deckungsbetrag, der sogar über die von uns genannten 7 Milliarden DM — sie sind vorsichtig berechnet — noch hinausgeht.



    Dr. Vogel
    Noch etwas zu den weltwirtschaftlichen Zusammenhängen, die Sie als Opposition stets bagatellisiert haben, zu weltwirtschaftlichen Zusammenhängen, zu denen die Partei, der ein Helmut Schmidt angehört, wahrlich keiner Belehrungen von außen bedarf.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Der Weltökonom Schmidt! — Lachen und weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Würden Sie meiner Kritik an dem von Ihnen so hoch gepriesenen Gipfel von Williamsburg auch heute, Herr Bundeskanzler, noch so euphorisch widersprechen wie in der Debatte am 9. Juni? Jetzt beruft sich doch Ihr ganzes Kabinett, Ihr Finanzminister, Ihr Wirtschaftsminister, ständig auf die schlimmen Auswirkungen der hohen Zinsen, die das Budgetdefizit der USA verursacht. Ich glaube, es war gut, in Williamsburg Liebenswürdigkeiten auszutauschen und zu schönen Gruppenfotos zu kommen. Es wäre aber noch wichtiger gewesen, den Vereinigten Staaten mit aller Deutlichkeit vor Augen zu führen, was diese Budgetpolitik für ihre Verbündeten, für das gesamte Weltwirtschaftssystem bedeutet.

    (Beifall bei der SPD)

    Ein anderes Thema, das uns heute nachmittag noch beschäftigen wird, sind die Liberalität unseres Gemeinwesens und die Bewahrung eines Klimas der Meinungsfreiheit und der Toleranz, eines Klimas, in dem die Rechte der Mehrheit zwar nicht in Frage stehen, in dem sich aber auch Minderheiten geborgen fühlen, eines Klimas, in dem auch Menschen, die bei uns Schutz vor Verfolgung suchen, ohne Angst leben können.

    (Sehr richtig! bei den GRÜNEN)

    Das, Herr Bundeskanzler, sind keine Allgemeinplätze. Es sind, wie es Adolf Arndt einmal gesagt hat, konstitutive Elemente der Gesellschaftsordnung, auf die wir uns im Grundgesetz verständigt haben.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Sie reden gern, Herr Bundeskanzler, vor allem in Wahlversammlungen — hier weniger —, von einer anderen Republik, die infolge unserer Politik drohe, von einer andere Republik, die wir Sozialdemokraten angeblich anstreben. Eine Bundesrepublik, meine Damen und Herren, die der eben von mir genannten Elemente beraubt wäre, wäre eine andere Republik.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Sie wäre auch dann eine andere Republik, wenn kein Buchstabe eines Gesetzes geändert würde. Es kann schon genügen, wenn das Klima, wenn der Geist, in dem unser Staat seine Macht ausübt, wenn der Geist, in dem seine Repräsentanten reden und handeln, an Liberalität verlieren und Züge der Unduldsamkeit und der herrischen Bevormundung annehmen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Sie haben bei Ihrem Amtsantritt und dann wieder in Ihrer Regierungserklärung versichert, Sie wollten die Liberalität unseres Staates hüten und bewahren, und als Rheinland-Pfälzer stünden Sie damit auch in einer großen Tradition. Sie haben sich j a wie andere auf das Hambacher Fest und die Freiheitsgedanken des Hambacher Fests berufen. Aber, Herr Bundeskanzler, Sie haben auch hier nicht Wort gehalten. In Wahrheit hat sich das Klima in unserem Lande schon jetzt nach 11 Monaten in bedenklicher Weise verändert. Sie haben dadurch die Spannungen in einer Zeit verschärft, in der auch im Inneren Entspannung das Gebot der Stunde wäre.

    (Beifall bei der SPD)