Rede:
ID1001341100

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Herr: 1
    5. Abgeordneter: 1
    6. Dr.: 1
    7. Pohlmeier.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/13 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 13. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 691 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zum Ergebnis der NATO-Konferenz am 9./10. Juni 1983 Genscher, Bundesminister AA . 691 B, 780 B Bahr SPD 698 B, 787 D Rühe CDU/CSU 706 B Bastian GRÜNE 712A Ronneburger FDP 715D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 719D Kolbow SPD 748 C Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 752 D Dr. Scheer SPD 764 B Dr. Todenhöfer CDU/CSU 767 C Frau Kelly GRÜNE 768A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 771 B Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 781 C Dr. Dregger CDU/CSU 783 C Mischnick FDP 785A Schily GRÜNE 787 B Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Sofortiger Stopp der Türkeihilfe — Drucksache 10/107 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Türkei — Drucksache 10/149 — Reents GRÜNE 789 D Dr. Althammer CDU/CSU 792 B Voigt (Frankfurt) SPD 795 D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 799A Schneider (Berlin) GRÜNE 801 B Möllemann, Staatsminister AA 802 D Dr. Pohlmeier CDU/CSU 804 D Frau Luuk SPD 806 D Schwarz CDU/CSU 808 D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (Erklärung nach § 32 GO) 810 D Fragestunde — Drucksachen 10/137 vom 10. Juni 1983 und 10/148 vom 14. Juni 1983 — Bereitstellung finanzieller Mittel aus dem EG-Haushalt für die Opfer der beiden Hochwasserkatastrophen DringlAnfr 1 14.06.83 Drs 10/148 Frau Renger SPD Antw PStSekr Spranger BMI . 729 B, C, D, 730A ZusFr Frau Renger SPD 729C, D ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 729 D ZusFr Dr. Jens SPD 729 D Beendigung der Vernichtung junger Baumkulturen in Forstbaumschulen und Forstpflanzenbetrieben DringlAnfr 2, 3 14.06.83 Drs 10/148 Becker (Nienberge) SPD Antw PStSekr Gallus BML . . 730B, 731 B, C, D, 732 A, B, C, D, 733 A, B, C, D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 ZusFr Becker (Nienberge) SPD . . . 731 B, C, D ZusFr Frau Blunck SPD 731D, 733C ZusFr Frau Dr. Vollmer GRÜNE . . . 732A ZusFr Müller (Schweinfurt) SPD . . . 732 B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 732C ZusFr Frau Dr. Bard SPD . . . . 732D, 733A ZusFr Jungmann SPD 733 B ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 733 D Verminderung des bürokratischen Auf- wands bei der Förderung von Berlinreisen MdlAnfr 1 10.06.83 Drs 10/137 Dr. Göhner CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Hennig BMB . 734 A, B, C, D ZusFr Dr. Göhner CDU/CSU 734 B,C ZusFr Kuhlwein SPD 734 C Leistungen des Bundes und privater Unternehmen an die DDR im Jahre 1983 MdlAnfr 2 10.06.83 Drs 10/137 Austermann CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Hennig BMB . 734D, 735B ZusFr Austermann CDU/CSU 735 B Vermeidung juristischer Verklausulierungen in Verordnungen im Interesse der Verständlichkeit auch für Nichtjuristen MdlAnfr 106, 107 10.06.83 Drs 10/137 Dr. Klejdzinski SPD Antw PStSekr Dr. Jahn BMBau 735 C, D, 736A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 735 D Aufbau des BGS/See zur Kontrolle der Ölverschmutzung durch die Schiffahrt in der Nordsee MdlAnfr 3, 4 10.06.83 Drs 10/137 Jungmann SPD Antw PStSekr Dr. Spranger BMI 736 B, C, 737 A, B, C, D, 738A ZusFr Jungmann SPD 736D, 737A, C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 737 B ZusFr Frau Blunck SPD 737 C,D ZusFr Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE . 737 D Erweiterung des Personalbestands im Bundesinnenministerium, insbesondere nach 1986 MdlAnfr 5, 6 10.06.83 Drs 10/137 Kolbow SPD Antw PStSekr Dr. Spranger BMI . . 738 A, B, C ZusFr Kolbow SPD 738 B ZusFr Jungmann SPD 738 C Erhöhung des Schwefeldioxidvorkommens in der Luft durch hohe Radarbelastung und Konzentration von Mikrowellen MdlAnfr 7, 8 10.06.83 Drs 10/137 Menzel SPD Antw PStSekr Dr. Spranger BMI 738D, 739 A, B, C, D, 740A ZusFr Menzel SPD 738D, 739A ZusFr Eigen CDU/CSU 739 A ZusFr Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE . 739B ZusFr Dr. Linde SPD 739C ZusFr Berschkeit SPD 739C ZusFr Krey CDU/CSU 739 D Einführung des KOS-Verfahrens (Kondensations-, Oxydations-, Sorptions-Verfahren) zur Rauchgasentschwefelung MdlAnfr 9, 10 10.06.83 Drs 10/137 Frau Dr. Hickel GRÜNE Antw PStSekr Dr. Spranger BMI . . 740 B, C, D, 741 A, B ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 740 B, C, D, 741A ZusFr Frau Blunck SPD 741A Verbraucheraufklärung über die Umweltgefährdung quecksilberhaltiger Batterien MdlAnfr 13 10.06.83 Drs 10/137 Müller (Schweinfurt) SPD Antw PStSekr Spranger BMI 741 B,D ZusFr Müller (Schweinfurt) SPD . . . 741 D Umweltgefährdung durch die Verbrennung der nach Basel verbrachten Dioxinrückstände MdlAnfr 14, 15 10.06.83 Drs 10/137 Offergeld SPD Antw PStSekr Spranger BMI . . 742 A, B, C, D, 743A, B ZusFr Offergeld SPD 742 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Hickel GRÜNE 742 B ZusFr Frau Blunck SPD 742 D ZusFr Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE . 743A ZusFr Dr. Linde SPD 743 B Anwendung des Verursacherprinzips bei den dem Bund entstandenen Kosten durch die Suche nach den Giftfässern von Seveso MdlAnfr 16, 17 10.06.83 Drs 10/137 Kuhlwein SPD Antw PStSekr Spranger BMI . . . . 743 B, C, D, 744A, B ZusFr Kuhlwein SPD 743C, 744 A ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 743D ZusFr Frau Blunck SPD 744 B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 III Informationswert der Listen über Ordensverleihungen an ehemalige Kriegsteilnehmer vor 1945 MdlAnfr 19 10.06.83 Drs 10/137 Pauli SPD Antw PStSekr Spranger BMI . . . . 744 B, C, D ZusFr Pauli SPD 744C, D Rechtsextremistische Aktivitäten des Generalmajors a. D. Otto-Ernst Remer MdlAnfr 20 10.06.83 Drs 10/137 Schmidbauer CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI 744 D Verhältnis der „Skinheads" zu neonazistischen Gruppen MdlAnfr 21 10.06.83 Drs 10/137 Schmidbauer CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI 745 B,C ZusFr Krey CDU/CSU 745C Ziel des von der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend und dem Marxistischen Studentenbund Spartakus veranstalteten Festivals der Jugend MdlAnfr 22 10.06.83 Drs 10/137 Krey CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI . . . 745D, 746A ZusFr Krey CDU/CSU 746 A Entlastung der mittelständischen Unternehmen von Bürokratie durch ein neues Statistikbereinigungsgesetz MdlAnfr 23, 24 10.06.83 Drs 10/137 Jung (Lörrach) CDU/CSU Antw PStSekr Spranger BMI . 746 B, C, D, 747A ZusFr Jung (Lörrach) CDU/CSU . . 746 B, C, D ZusFr Frau Weyel SPD 746 C Überarbeitung der städtebaulichen und architektonischen Konzeption für die Museen des preußischen Kulturbesitzes MdlAnfr 25 10.06.83 Drs 10/137 Wartenberg (Berlin) SPD Antw PStSekr Spranger BMI . . . . 747 A, B, C ZusFr Wartenberg (Berlin) SPD . . . . 747 B,C Aussetzung der Sektsteuer zur Belebung des Absatzes von deutschem Wein MdlAnfr 26 10.06.83 Drs 10/137 Schartz (Trier) CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Häfele BMF . 747D, 748 A,B ZusFr Schartz (Trier) CDU/CSU . . . 748A ZusFr Frau Weyel SPD 748 B Nächste Sitzung 811 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 812*A Anlage 2 Verringerung der Immissionen durch die Großfeuerungsanlagen-Verordnung MdlAnfr 11, 12 10.06.83 Drs 10/137 Milz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 812* B Anlage 3 Fortschritte des Behinderten-Leistungssports seit 1980; Teilnahme deutscher Behindertensportler an den Olympischen Spielen der Behinderten 1984 MdlAnfr 18 10.06.83 Drs 10/137 Frau Steinhauer SPD SchrAntw PStSekr Spranger BMI . . . 812* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 691 13. Sitzung Bonn, den 15. Juni 1983 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 17. 6. Dr. von Bülow 17. 6. Dr. Engelsberger 17. 6. Ertl 16. 6. Glotz 17. 6. Hauck 17. 6. Jansen 17. 6. Lowack 17. 6. Saurin 17. 6. Spilker 17. 6. Spranger 16. 6. Tietjen 17. 6. Dr. Unland * 16. 6. Weiskirch (Olpe) 17. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Fragen des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 10/137 Fragen 11 und 12): In welchem Umfang und in welchem Zeitraum werden durch die vom Bundeskabinett am 23. April 1983 verabschiedete Großfeuerungsanlagen-Verordnung Verbesserungen der Immissionssituation bewirkt? Hält die Bundesregierung die durch die Großfeuerungsanlagen-Verordnung zu erwartenden Verbesserungen für ausreichend, und welche Verbesserungsvorschläge für die Beratungen der Großfeuerungsanlagen-Verordnung hat sie im Bundesrat gegebenenfalls eingebracht? Zu Frage 11: Mit der Großfeuerungsanlagen-Verordnung wird der Ausstoß von Luftschadstoffen aus Großfeuerungsanlagen, wie Staub, Stickstoffoxide, Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid sowie Fluor- und Chlorverbindungen durch Emissionsgrenzwerte beschränkt. Bei Schwefeldioxid rechnet man damit, daß sich die jährliche Emissionsmenge, die 1978 bei ca. 3,5 Millionen Tonnen lag, um ungefähr 1,2 Millionen Tonnen verringert. In welchem Umfang sich diese Emissionsminderung in einer Verbesserung der Immissionssituation äußern wird, läßt sich nicht vorhersagen. Auf jeden Fall wird es großräumig zu einer Verbesserung der Immissionssituation kommen. Zu Frage 12: Der Bundesrat hat eine Reihe von Änderungsvorschlägen beschlossen, die in Anbetracht der umweltpolitischen Situation von der Bundesregierung mitgetragen werden. Das Bundeskabinett hat deshalb auf seiner Sitzung am 14. Juni 1983 den Bun- Anlagen zum Stenographischen Bericht desratsvorschlägen zugestimmt. Dabei handelt es sich im wesentlichen um folgende Änderungen: a) Die Vollentschwefelung der Abgase sowohl aus neuen als auch aus alten Feuerungsanlagen wird ab einer Feuerungswärmeleistung von 300 MW anstatt bisher 400 MW verlangt; b) Altanlagen mit Feuerungswärmeleistungen von 100 bis 300 MW müssen ab 1. April 1983 die gleiche Teilentschwefelung ihrer Abgase vorsehen, wie sie für Neuanlagen ab Inkrafttreten der Verordnung verlangt werden; c) Für Feuerungsanlagen mit Kraft-WärmeKopplung gibt es bezüglich der Schwefeldioxidemissionsbegrenzung keine Sonderregelung; d) Die Pflicht zur Abgasentschwefelung betrifft auch kleinere Feuerungsanlagen, sofern sie in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen und in der Summe der Feuerungswärmeleistung die Regelungsschwelle überschreiten. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Spranger auf die Frage der Abgeordneten Frau Steinhauer (SPD) (Drucksache 10/137 Frage 18): Welche Fortschritte konnten für den Behindertenleistungssport seit 1980 (z. B. gleichberechtigte Förderung durch die Stiftung Deutsche Sporthilfe und verstärkte Beteiligung an den Lotteriemitteln für den Sport) erreicht werden, und in welcher Weise will die Bundesregierung die finanzielle und sportliche Vorbereitung und Teilnahme von Behindertensportlern aus der Bundesrepublik Deutschland an den Olympischen Winter- und Sommerspielen der Behinderten 1984 in Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen? Die finanzielle Förderung von Vorhaben der Behindertensportverbände richtet sich grundsätzlich nach den gleichen Kriterien, die auch für die Förderung der anderen Spitzenverbände des Deutschen Sportbundes maßgebend sind. Dabei werden selbstverständlich die Besonderheiten der Sportausübung durch Behinderte angemessen berücksichtigt. Für die finanzielle Unterstützung der Behindertensportverbände standen zur Verfügung: 1980: 508 600,- DM, 1981: 617 500,- DM, 1982: 661 200,- DM. Für 1983 ist eine Erhöhung auf die bisherige Höchstsumme von 752 000,- DM vorgesehen. Mit diesen Mitteln ist es möglich, eine angemessene Trainings- und Lehrgangsarbeit der Verbände zu finanzieren. Gleichzeitig ermöglicht die Bundesregierung den Organisationen des Behindertensports trotz einer Ausweitung der internationalen Wettkampfprogramme, leistungsstarke deutsche Mannschaften zu entsenden. Hinsichtlich der sozialen Unterstützung von behinderten Leistungssportlern konnte inzwischen er- 814* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Juni 1983 reicht werden, daß seit 1982 vier Angehörige des Deutschen Behinderten-Sportverbands mit Förderleistungen in Form von Studienbeihilfen, Fahrkostenersatz und Materialbeihilfen unterstützt werden. Weitere drei Spitzensportler des DSB erhalten seit 1983 Verdienstausfallentschädigungen. Die Vorbereitung und Teilnahme von Sportlern des Deutschen Behinderten-Sportverbands an den Olympischen Spielen 1984 in Österreich und in den Vereinigten Staaten von Amerika ist sichergestellt. Die Bundesregierung finanziert im Rahmen der Jahresplanung der Behindertensportverbände die erforderliche Vorbereitung in Form von Lehrgängen und Wettkämpfen. Auch die Kosten der Entsendung zu den Olympischen Winterspielen mit 100 000 DM und zu den Sommerspielen in den Vereinigten Staaten mit rd. 300 000 DM werden voll abgedeckt. Insgesamt ist sichergestellt, daß der Leistungssport der Behinderten auch in Zukunft durch die Bundesregierung so gefördert wird, daß die Behindertensportverbände ihre umfangreichen Programme angemessen erfüllen können.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jürgen W. Möllemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte gerne zu drei Punkten, die hier angesprochen worden sind — zu einem speziell ist die Bundesregierung gefragt worden — Stellung nehmen. Ich möchte aber zu Beginn dieser Stellungnahme in aller Deutlichkeit den erneuten Versuch, der auch in anderen Zusammenhängen heute schon gemacht worden ist, zurückweisen, die Bundesregierung der Kumpanei mit menschenrechtswidrigen Praktiken zu bezichtigen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Es gibt dafür keinen Anlaß. Die Bundesregierung tritt weltweit für die Einhaltung der Menschenrechte ein, so auch in diesem Fall.

    (Bindig [SPD]: Manchmal laut und manchmal leise!)

    — Ja, das ist in der Tat richtig, Herr Kollege Bindig.

    (Bindig [SPD]: Manchmal gar nicht!)




    Staatsminister Möllemann
    Dieses Eintreten für die Menschenrechte geschieht in der Tat bei allen Bundesregierungen manchmal laut, manchmal leiser.

    (Bindig [SPD]: Und manchmal gar nicht!)

    Sie wissen aus Ihrer Erfahrung auch in der DritteWelt-Politik sehr genau, daß es gelegentlich zweckmäßiger ist, die Lautstärke etwas zurückzunehmen, um die Intensität der Wirkung zu verstärken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich glaube, wenn Sie sich mit Ihren früheren Kabinettsmitgliedern unterhalten, werden die Ihnen gerade im Blick auf das hier in Rede stehende Land gute Gründe dafür nennen können, daß die Lautstärke allein über Wirkungen noch nichts aussagt.

    (Zuruf der Abg. Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE])

    Ich möchte nun zu den angesprochenen Punkten Stellung nehmen.
    Zunächst zur Lage der Menschenrechte folgende Feststellung: Nach Angaben der türkischen Regierung wurden bis 31. März in Verfahren vor Militärgerichten 32 650 Personen verurteilt und 10 952 Angeklagte freigesprochen. 28 524 sind bis zu 5 Jahren, 2 418 Personen zwischen 5 und 10 Jahren, 1 017 Personen zu 10 bis 20 Jahren, 433 Personen zu über 20 Jahren, 141 zu lebenslanger Freiheitsstrafe und 117 zur Todesstrafe verurteilt.
    Ich möchte diese Zahlen nur nennen, weil gerade die Rede von 6 000 Todesurteilen war. Ich glaube, es macht keinen Sinn, wiewohl doch hier im Hause keinerlei Dissens darüber besteht, daß wir alle die Todesstrafe ablehnen.

    (Reents [GRÜNE]: Todesstrafe ja, aber Folter?)

    Man sollte dieses Argument dann nicht mit falschen Zahlen unterlegen. Wir alle haben mehr davon, wenn wir die Zahlen sachlich betrachten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Vollstreckt wurden zwischen dem 12. September 1980 und heute 49 Todesurteile, wobei die Verurteilung in 23 Fällen wegen extremistischer oder terroristischer Aktivitäten erfolgte.
    Der Massenprozeß gegen 572 Angeklagte aus der Kurdischen Arbeiterbewegung ist am 24. Mai 1983 in erster Instanz abgeschlossen worden. Die Anklage lautete auf Mitgliedschaft in einer separatistischen Organisation sowie auf zahlreiche Gewalttaten, darunter Tötung von 243 Menschen. 63 Angeklagte wurden zum Tode verurteilt, 38 Todesurteile wegen mildernder Umstände, z. B. jugendlichen Alters, in lebenslange oder zeitliche Freiheitsstrafen umgewandelt. 331 Angeklagte erhielten Freiheitsstrafen zwischen 3 und 36 Jahren, die übrigen Angeklagten wurden freigesprochen.
    Die Todesurteile wie auch die Verurteilungen zu mehr als 15 Jahren Freiheitsstrafe werden nach türkischem Strafprozeßrecht von Amts wegen vom Kassationshof überprüft. Vor Vollstreckung müssen Todesurteile noch durch die Beratende Versammlung und den Nationalen Sicherheitsrat bestätigt werden. Nach den Wahlen vom 6. November 1983 sieht die entsprechende Gesetzgebung dann eine Bestätigung durch das Parlament vor.
    Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, daß das von der Militärregierung übernommene türkische Strafrecht die Todesstrafe vorsieht, daß frühere türkische Parlamente einer Vollstreckung aber seit Jahren nicht mehr zugestimmt haben. Die Bundesregierung hat sich stets gegen die Vollstrekkung von Todesstrafen eingesetzt und wird dies auch weiterhin mit allem Nachdruck tun.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Und gegen die Folter?)

    — Dazu komme ich gleich.
    Die Bundesregierung ist sich der Verantwortung, die wir hinsichtlich der Wahrung von Freiheits-
    und Menschenrechten tragen, bewußt. Diese klare Haltung wird die Politik der Bundesregierung auch in Zukunft bestimmen. Sie wird daher auch weiterhin gegenüber der türkischen Führung auf Herstellung und Schutz der Menschenrechte drängen.

    (Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Laut oder leise, wie es angebracht ist!)

    — Intensiv und hoffentlich wirkungsvoll, Frau Kollegin. Ich glaube jedenfalls nicht, daß spektakuläre Reiseaktionen, bei denen man von vornherein weiß, daß bestenfalls die Finanzmittel des Steuerzahlers für Tickets aufgewendet werden, um einen Brief dann am Ende doch durch den Botschafter übergeben zu lassen, gegen Todesurteile wirksam werden können.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Duve [SPD]: Das ist eine unverschämte Bemerkung! Was haben Sie an Steuermitteln für Ihre Reisen mißbraucht? Ausgerechnet! — Lambinus [SPD]: Der Reiseexperte der FDP hat gesprochen!)

    Die Bundesregierung hat sich in ihrem Bericht an den Deutschen Bundestag am 2. Dezember 1982 ausführlich mit der Folter in der Türkei befaßt. Damit komme ich zu Ihrer Frage, Frau Kollegin Hamm-Brücher. Sie geht begründeten Foltervorwürfen weiterhin konsequent nach und setzt ihre Einwirkungen auf die türkische Regierung, derartige Vorwürfe zu überprüfen und gegebenenfalls Strafprozesse einzuleiten, fort. Es gibt bisher 500 solcher Verfahren, die in einem uns nicht präzise bekannten Ausmaß auch zu Verurteilungen geführt haben.
    Die türkische Regierung selbst räumt ein, daß es zu Folterungen kommt. Sie nimmt jedoch für sich in Anspruch, die erste türkische Regierung zu sein, die energisch dagegen vorgeht. Ich glaube, man sollte keinen Zweifel haben, daß unter den früheren Regierungen bedauerlicherweise Folterungen eben auch vorgekommen sind — und diese früheren Regierungen waren demokratische oder jedenfalls demokratisch strukturierte Regierungen —, ohne daß deswegen die Vorwürfe hierdurch relativiert werden. Es hat nur keinen Sinn, sich darüber hinwegzutäuschen.



    Staatsminister Möllemann
    Meine Kolleginnen und Kollegen, in diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des obersten türkischen Verwaltungsgerichts vom 14. Juni 1983 — die Entscheidung ist also neuen Datums — von Bedeutung, mit der das türkische Innenministerium zu einer Schadensersatzleistung und einem Schmerzensgeld an den Vater eines zu Tode gefolterten Häftlings verurteilt wurde. Das Gericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß das Innenministerium nach den Feststellungen des Militärstaatsanwaltes seine Pflicht verletzt habe, ein Verbrechen zu verhindern, die Schuldigen festzunehmen und sie der Justiz zu überstellen. Ich zitiere nach türkischen Pressemeldungen aus der Entscheidung des Staatsrats:
    Das Ministerium muß das Personal, das mit der Aufgabe, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, betraut ist, ausbilden und erziehen.
    Die Folter richtet sich gegen alle Grundsätze von Menschenrechten und bürgerlicher Freiheit und stellt ein Verbrechen nach den Bestimmungen des türkischen Strafgesetzbuches dar. Die Tatsache, daß eine Folterung stattgefunden hat, beweist, daß die Verwaltung ihre Pflicht, ihr Personal beruflich und moralisch zu schulen, vernachlässigt hat.
    Das Urteil betrifft einen Fall, in dem ein Türke zu Tode gefoltert wurde und der daran schuldige Polizeibeamte zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Dieser wurde jedoch zwei Tage vor Urteilsverkündung auf freien Fuß gesetzt und ist heute noch flüchtig.
    Es wird sicher noch großer Anstrengungen bedürfen, um die Anwendung der Folter in der Türkei tatsächlich zu unterbinden. Die eben zitierte Entscheidung ist jedoch ein ermutigendes Zeichen, ebenso wie die Tatsache, daß die türkische Presse darüber berichtet hat. Unsere Bemühungen um eine weitere Besserung der Situation werden fortgesetzt.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Ein Alibi!)

    — Es hat doch keinen Zweck, sich darüber zu streiten, daß das nicht hinreichend ist. Wenn wir doch dafür kämpfen, daß die Situation verbessert wird, sollte man einen solchen Einstieg auch positiv würdigen und begrüßen und daran die Erwartung knüpfen, daß dieser Prozeß sich schnell fortsetzt und die Folter abgeschafft wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Reents [GRÜNE]: Das machen die nur, damit Sie hier im Bundestag auf diesen Fall hinweisen können!)

    Meine Damen und Herren, die Bundesregierung wird sich weiterhin für die Beachtung der Grundfreiheiten und Menschenrechte, den Schutz von Minderheiten und die Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei einsetzen. Unsere Möglichkeiten bestehen in Wahrheit nur im direkten Kontakt, im Gespräch, im Versuch, zu überzeugen. Von diesen Möglichkeiten wird intensiv Gebrauch gemacht, um der Türkei unsere Sorgen und Beanstandungen zur Kenntnis zu bringen. Ich will hier nur an die zahlreichen Bemühungen des Bundesaußenministers, an die Gespräche des Regierenden Bürgermeisters von Berlin in der Türkei im März sowie an die Gespräche des Bundeswirtschaftsministers im Mai erinnern.
    Ein weiterer Bericht über die Entwicklung in der Türkei wird nach den für den 6. November 1983 vorgesehenen Wahlen dem Parlament im Auswärtigen Ausschuß erstattet werden. Eine Entscheidung über die Fortführung der Türkeihilfe sollte nach Auffassung der Bundesregierung erst nach Vorlage dieses Berichts getroffen werden, zumal die zuständigen Ausschüsse des Deutschen Bundestages den laufenden Hilfsmaßnahmen noch im Dezember 1982 zugestimmt haben.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir eine abschließende Bemerkung. Es gibt keinen Zweifel, daß die Bundesregierung sich mit besonderem Nachdruck für die Einhaltung und Wiederherstellung der Menschenrechte bei unserem Bündnispartner Türkei einsetzt, weil wir meinen, daß die Mitgliedschaft in Europarat und NATO in besonderer Weise zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet. Ich bitte Sie — insbesondere diejenigen, die gerade mit Zurufen Kritik deutlich gemacht haben — aber ebenso herzlich, zu erkennen, daß sich angesichts der Tatsache, daß nach dem letzten Jahresbericht von amnesty international in 105 Staaten dieser Erde regelmäßig und systematisch die Menschenrechte verletzt werden, unsere Möglichkeiten, die Wiederherstellung der Menschenrechte herbeizuführen, auf all diese Länder erstrecken müssen. Dies überfordert naturgemäß unsere Möglichkeiten, wenn wir glauben, dies sehr schnell bewirken zu können.
    Darüber hinaus weigert sich die Bundesregierung, mit einer gewissen, manchem hier offenbar sehr eigenen Einäugigkeit Einzelfälle herauszupikken, aus welchen politischen Gründen auch immer. Wir kämpfen vielmehr für die Menschenrechte weltweit. — Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Pohlmeier.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Pohlmeier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN richtet sich in seiner Konsequenz gegen das türkische Volk. Er nützt den türkischen Menschen nicht, und in seinen Konsequenzen schadet er dem türkischen Volk.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Antrag der SPD, der hier heute nachgeschoben worden ist — es ist übrigens sehr interessant, dieses Verfahren zur Kenntnis zu nehmen —, verdient in einigen Punkten eine Erörterung. Darin gibt es Punkte, denen wir zustimmen können. Es gibt kritische Punkte, und es gibt auch Punkte, denen wir nicht zustimmen können. Deswegen wären wir bereit gewesen, Herr Kollege Voigt, diesen Ihren Antrag nach Überweisung in den Ausschüssen zu erörtern. Aber Sie haben einen anderen Vorschlag gemacht.



    Dr. Pohlmeier
    Meine Damen und Herren, wenn wir hier heute abend über die Türkeihilfe beraten, dürfen wir nicht außer acht lassen, in welchem Zustand sich dieses Land bis 1980 befand. Herr Kollege Althammer hat schon darauf hingewiesen, wie heillos sich die türkischen Parteien — bis aufs Messer — befehdeten. Sie konnten in über hundert Wahlgängen keinen Staatspräsidenten wählen. Gesetzgebung und Regierungskontrolle waren erloschen. Extremistische Banden bis in die Polizeitruppen hinein terrorisierten die Bevölkerung. Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, gehen Sie einmal in dieses Land, befragen Sie die Menschen, und beobachten Sie, und stellen Sie fest, welche Erleichterung durch breiteste Bevölkerungsschichten der Türken hindurchgegangen ist. Die wirtschaftliche Produktion war bis 1980 weitgehend zum Erliegen gekommen. Das Land hatte eine Inflationsrate von über 120 %. Die ausländischen Investitionen tendierten auf Null. 1980 war die Türkei ein Land am Rand des Bürgerkriegs.
    Nach kemalistischer Tradition haben in dieser Lage 1980 Armeegeneräle die Regierungsgewalt übernommen. Seitdem steht die Türkei in der westlichen Welt und in unserer öffentlichen Meinung unter außerordentlich kritischer Beobachtung; ich füge hinzu: zu Recht. Diese kritische Begleitung ist deswegen notwendig, weil sich die Türkei ausdrücklich als Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft versteht.
    Ich bezweifle nun nicht, daß die Generäle den Willen haben, zu einem parlamentarischen System zurückzukehren. Sie haben einen Zeitplan aufgestellt und diesen im wesentlichen eingehalten. Darüber haben wir in den Ausschüssen, Herr Kollege Voigt, im Dezember vergangenen Jahres hier beraten.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Aber nicht die Substanz!)

    — Ich komme dazu noch. Ich teile Ihre Kritik hier weitgehend.
    Nach alledem, was wir in den letzten Monaten haben erfahren müssen, ist das offensichtlich eine Demokratie, die sich sicher von unseren Vorstellungen, von westlichen Vorstellungen in vielen Punkten entfernt.

    (Schneider [Berlin] [GRÜNE]: Es gibt dort keine Demokratie!)

    Deshalb muß der kritische Dialog mit allen führenden Kräften dieses Landes, muß eine offene und klare Aussprache für alle Freunde der Türkei geführt werden. Dieser Dialog ist für uns eine selbstverständliche Pflicht. Wir müssen uns aber davor hüten, der türkischen Gesellschaft ein westeuropäisches Demokratiemodell überzustülpen. Die ganz andersartigen und in großen Teilen noch halb orientalischen Strukturen dieser Gesellschaft lassen das nicht zu.
    Ich bedaure, daß diese wie alle vorherigen türkischen Regierungen kein Verhältnis zu ihren Minderheiten gefunden hat, nicht in der Lage ist, mit den Minderheiten ihres Landes umzugehen. Die Kurden, die in ihrer gesamten Geschichte weitgehend eine Nation ohne Staat gewesen sind, sind heute auf drei Länder verteilt.

    (Zuruf von den GRÜNEN: In vier Ländern!)

    — Vier, wenn Sie Syrien hinzunehmen.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Fünf, auch in der Sowjetunion!)

    — Ja, Herr Kollege, vielleicht auch dort. — Sie werden in nahezu allen Ländern verfolgt, in denen sie wohnen. Ich bedaure mit Ihnen, daß diese wie alle vorherigen türkischen Regierungen den Umgang mit diesen und anderen Minderheiten noch nicht gefunden hat.
    Wer lupenreine Demokratie im westlichen Sinne bedingungslos einfordert, setzt sich dem Verdacht aus, daß er eine Entwicklung in der Türkei tatsächlich überhaupt nicht will, sondern einen revolutionären Umsturz. Wir wollen diesem Land im Vorhof Europas zu einer echten demokratischen, rechtsstaatlichen und sozial gerechten Entwicklung verhelfen. Deshalb treten wir der türkischen Regierung mit einer gewissen Toleranz gegenüber, allerdings mit einer kritischen und fordernden Toleranz.
    Wenn wir der Türkei helfen wollen, ihren schwierigen Weg erfolgreich zu gehen, dann ist wirtschaftliche Zusammenarbeit dafür unerläßlich. Für diese wirtschaftliche Zusammenarbeit gibt es für uns drei Hauptmotive. Erstens. Wir wollen den wirtschaftlichen Fortschritt in der Türkei fördern, um den Menschen zu helfen, die zu Millionen in drükkender Armut leben und ohne Lebensperspektiven sind. Zweitens. Wir wollen im Vollzug der wirtschaftlichen Zusammenarbeit den politischen Dialog fördern und dadurch den Weg zu mehr Demokratie, zu mehr persönlicher Freiheit sicherer machen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Ha, ha!)

    Drittens. Wir wollen durch einen intensiveren wirtschaftlichen Austausch die Bindung dieses Landes an den Westen stärken.
    Die wirtschaftliche Entwicklung der Türkei in den letzten drei Jahren zeigt, daß wir hier ein markantes Beispiel der wirtschaftlichen Gesundung und des Wiederaufstiegs aus dem Chaos vor uns haben. Das ist um so bemerkenswerter, als dieser Wiederaufstieg in die Zeit einer schweren Weltwirtschaftskrise fällt. Die Türkei hat in den letzten beiden Jahren ein jährliches reales Wirtschaftswachstum von 4 bis 5% erzielt. Die Zahlungsbilanz ist 1982 annähernd ausgeglichen. Exporterfolge liegen besonders in den Ländern des Nahen Ostens vor. Die Inflationsrate ist von über 100% auf annähernd 30% gedrückt worden.
    Die große OECD-Rettungsaktion für die Türkei, in deren Rahmen von 1979 bis 1982 etwa 15 Milliarden Dollar in das Land geflossen sind, hat einen durchschlagenden Erfolg gehabt. Im übrigen sollte auch einmal angemerkt werden, daß das nur möglich war, weil die Türkei eng mit dem Internationa-



    Dr. Pohlmeier
    len Währungsfonds eng zusammengearbeitet und dessen Rezepte angewandt hat.

    (Frau Gottwald [GRÜNE]: Das ist ja das Problem!)

    Ohne die entschlossene Abkehr von staatswirtschaftlichen Prinzipien und eine deutliche Hinwendung zur Marktwirtschaft wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen.
    Es bleiben allerdings noch gewaltige Probleme. Der Bevölkerungsdruck wächst wie eine Lawine. Bei jetzt 46 Millionen Einwohnern gibt es jedes Jahr, Jahr für Jahr, alle zwölf Monate, eine Million mehr Türken. Die statistisch kaum erfaßbare Arbeitslosigkeit ist bedrückend und ausweglos. Das Land brauchte jährlich 400 000 bis 500 000 Arbeitsplätze zusätzlich. Das Bruttosozialprodukt pro Kopf der Bevölkerung liegt im Jahr bei 1 500 Dollar. Zum Vergleich: Das ärmste Land in der Europäischen Gemeinschaft, nämlich Griechenland, hat etwa das Dreifache.
    Aus dieser Lage, meine Damen und Herren, ergeben sich die Notwendigkeit und die Schwerpunkte unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Wir wollen und müssen die großen Projekte der finanziellen Zusammenarbeit und die technische Beratungshilfe fortsetzen. Wollen Sie etwa, meine Damen und Herren Antragsteller von den GRÜNEN, das Kohlekraftwerk von Seytömer nicht fertig bauen? Wollen Sie das Kraftwerk Elbistan nicht in Betrieb nehmen, weil die elektrischen Leitstände dann nicht geliefert werden können? Wollen Sie die zahlreichen technischen Beratungsprojekte abbrechen? Wollen Sie das wirklich, mit allen Konsequenzen für die Menschen?
    Wir halten die wirtschaftliche Zusammenarbeit aus diesem, aber noch aus einem weiteren Grund für unerläßlich. Von den 1,7 Millionen Türken in unserem Land ist hier gesprochen worden. Jeder der über Türkei-Probleme spricht, neigt natürlich dazu, diese Problematik auf Türken- — sprich: Ausländerprobleme bei uns — zu verkürzen. Ich spreche mich dafür aus und die CDU/CSU-Fraktion setzt sich ein für eine umfassende Türkei-Politik. Heimkehrende Türken aus der Bundesrepublik Deutschland — es gibt jetzt schon jährlich etwa 70 000 — stellen ein wertvolles Potential für die Entwicklung der Türkei selbst dar. Die meisten rückkehrwilligen Türken wollen sich in ihrer Heimat selbständig machen. Es ist eine hervorragende entwicklungspolitische Aufgabe, diese Menschen durch produktive Anlagen ihres Sparkapitals und durch intensive Beratungshilfe zu fördern, damit sie so in ihren Heimatregionen Arbeitsplätze schaffen können. Die Rückkehrförderung entschärft unser Ausländerproblem und dient gleichzeitig der wirtschaftlichen Entwicklung der Türkei.
    Auf dem Hintergrund des wirtschaftlichen Gesundungsprozesses ist die Türkei reif für stärkere privatwirtschaftliche Investitionen. Die bald 50 Millionen Menschen, davon viele Millionen wertvolle Arbeitskräfte, die reichen Ressourcen des Landes und die wirtschaftsstrategische Lage zwischen Europa und dem Nahen Osten machen die Türkei zu einem außerordentlich interessanten Land. Wir erwarten von der türkischen Regierung, daß sie nicht nur nach privatwirtschaftlichen Investitionen ruft, sondern daß sie auch ihrerseits für diese Investitionen die Voraussetzungen schafft, indem sie die bürokratischen Hemmnisse abbaut, indem sie die Staatswirtschaft eingrenzt und das Land attraktiv für westliches Kapital macht.
    Die Türkei, meine sehr verehrten Damen und Herren, liegt im Vorhof Europas. Seit der Begründung des türkischen Nationalstaats vor 60 Jahren hat sich dieses Land wie kein anderes in der nahöstlichen Region dem europäischen Westen geöffnet. In der Türkei gibt es in weiten Bevölkerungsschichten eine große Sehnsucht nach Europa. Das Land braucht Europa, wenn es wirtschaftlichen Fortschritt erreichen will und wenn es die riesigen Probleme der Bevölkerungszunahme lösen will.
    Allerdings stellt — das sage ich hier mit allem Nachdruck — der Bevölkerungsexport keine Lösung dar. Das bedeutet, daß 1986 auf keinen Fall die Schleusen für Millionen von Türken in die Länder der EG, d. h. besonders in die Bundesrepublik Deutschland, geöffnet werden können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Gottwald [GRÜNE]: Jetzt zum Thema! Das ist interessant!)

    Wenn wir aber das soziale und das wirtschaftliche Gefälle nicht für erträglich halten — und es ist nicht erträglich in dieser nahen Nachbarschaft, in der wir uns befinden —, dann gibt es nur den einen Weg: den der intensiven langfristigen und verläßlichen wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Wir sind zu dieser wirtschaftlichen Zusammenarbeit bereit.

    (Zuruf der Abg. Frau Gottwald [GRÜNE])

    Das bedeutet keineswegs, daß wir den Türken hier Rechte abhandeln wollen, aber wir wollen in einem Gespräch, in einem vernünftigen Dialog die Türken auf dieses Problem aufmerksam machen. Ich hoffe, daß die türkische Regierung zu der Erkenntnis kommt, daß sie im wohlverstandenen eigenen Interesse handelt, wenn sie auf diesen Dialog und das Gespräch mit dieser Zielrichtung eingeht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Gottwald [GRÜNE]: Bei den Beträgen bestimmt!)

    Ich bin überzeugt, daß eine Blockadepolitik, wie sie die sofortige Konsequenz Ihres Antrages ist, den türkischen Menschen nicht hilft. Wem es wirklich um Entwicklung, mehr Wohlstand, mehr Freiheit, mehr Sicherheit und mehr Frieden in dieser Region zu tun ist, der muß sich auch für die Wirtschaftshilfe an die Türkei einsetzen. — Ich bedanke mich sehr.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)