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    Plenarprotokoll 9/139 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 139. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Magin und Esters 8692 A Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/2049, 9/2138 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 9/2276, 9/2286 — Carstens (Emstek) CDU/CSU 8685 B Wieczorek (Duisburg) SPD 8688 D Dr. Zumpfort FDP 8692 A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Haushaltsgesetz 1983) — Drucksachen 9/1920, 9/2050, 9/2139 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksachen 9/2074, 9/2140 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 9/2283, 9/2290 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 9/2148, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 9/2163 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 9/2167 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 9/2157, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 9/2149, 9/2281 — in Verbindung mit Beratung des Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 Der Finanzplan des Bundes 1982 bis 1986 — Drucksachen 9/1921, 9/2287 — Dr. Waigel CDU/CSU 8696 B Matthöfer SPD 8701 D Gärtner FDP 8710B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 8713A Dr. Posser, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 8723 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 8731 D Roth SPD 8741 C Glos CDU/CSU 8746 A Dr. Haussmann FDP 8750 B Dr. Mitzscherling SPD 8751 D Dr. Kreile CDU/CSU 8754 B Gobrecht SPD 8759 B Dr. Hackel CDU/CSU 8762 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 9/2162, 9/2281 — Dr. Rose CDU/CSU 8764 D Zander SPD 8767 D Frau Dr. Engel FDP 8772 B Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW . 8774 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 8778A Namentliche Abstimmung 8779 C Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 9/2146, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 9/2166, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 9/2164 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU 8782 A Kühbacher SPD 8784 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 8786 A Wolfgramm (Göttingen) FDP 8787 C Schäfer (Offenburg) SPD 8789 B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 8791 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 8794 C Dr. von Bülow SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8796 B Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 9/2150, 9/2281 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 8797 A Frau Zutt SPD 8799 B Paintner FDP 8802 A Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 8803 D Ertl, Bundesminister BML 8804 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 9/2152, 9/2281 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 8806 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 8808 B Dr. Riemer FDP 8811B Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . . 8812 D Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 9/2153, 9/2281 — . . . . 8815C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 9/2159, 9/2281 — Meininghaus SPD 8815 D Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 9/2161, 9/2281 — . . . . 8816 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1983 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1983) — Drucksache 9/2097 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 9/2239 — Niegel CDU/CSU 8816 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes — Drucksache 9/2172 — Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 III Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/2269 — 8817 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensusgesetz) — Drucksache 9/1970 —Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksachen 9/2261, 9/2326 — . . . . 8817 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 9/1809 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/2262 — 8818 A Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Weiß, Kiechle, Funk (Gutenzell), Hartmann, Kolb, Feinendegen, Dr. Olderog, Sauer (Salzgitter) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Riemer, Merker, Rösch, Funke, Frau Noth, Timm, Gattermann, Kleinert und Genossen und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes — Drucksache 9/2201 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr — Drucksache 9/2264 — 8818 B Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Daubertshäuser, Curdt, Kretkowski, Pauli, Wimmer (Eggenfelden) und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Anderung des Personenbeförderungsgesetzes — Drucksache 9/2128 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr — Drucksache 9/2266 — 8818 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrrechts und des Zivildienstrechts — Drucksache 9/1897 — Beschlußempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses — Drucksachen 9/2279, 9/2328 — . . . . 8819 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz Vierter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksachen 9/1243, 9/2272, 9/2330 — . 8819 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Situation der Entsorgung der Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland (Entsorgungsbericht) — Drucksachen 8/1281, 9/2280, 9/2232 — . 8819C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahre 1979" Bewertung der Strahlenexposition in der Umgebung von Steinkohlekraftwerken und Vergleich mit der Strahlenexposition durch Kernkraftwerke — Drucksachen 9/644, 9/1247, 9/2263 — . 8819 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen über die Erschließung des Zonenrandgebiets im Bereich des Post- und Fernmeldewesens — Drucksachen 9/552, 9/2267 — . . . . 8820A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Mertes (Gerolstein) und Genossen Freilassung der letzten deutschen Kriegsverurteilten — Drucksachen 9/1827, 9/2270 — . . . . 8820 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für das Post- und Fernmeldewesen zu dem IV Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 Antrag der Abgeordneten Pfeffermann, Lintner, Bühler (Bruchsal), Linsmeier, Merker, Dr. Riemer, Rösch, Funke, Frau Noth, Timm und der Fraktionen der CDU/ CSU und der FDP Bessere Bedingungen für den CB-Funk Antrag der Fraktion der SPD Bessere Bedingungen für den CB-Funk — Drucksachen 9/2125, 9/2195, 9/2274 — . 8820 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Fischer (Hamburg), Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Straßmeir, Sick, Dr. Jobst, Seiters, Feinendegen, Hinsken, Metz, Hanz (Dahlen) und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Duve, Antretter, Curdt, Daubertshäuser, Kretkowski, Wimmer (Eggenfelden), Grobecker, Paterna und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Riemer, Merker, Rösch, Funke, Dr. Zumpfort, Frau Noth und der Fraktion der FDP Zum Bericht des Seeverkehrsbeirats „Führen fremder Flaggen" vom 9. März 1981 — Drucksachen 9/1872 (neu), 9/2273 — . 8820C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Stärkung des Binnenmarktes zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Vollendung des Binnenmarktes zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zu den während der belgischen Präsidentschaft im Funktionieren des europäischen Binnenmarktes erzielten Fortschritten zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Schwörer, Dr. Schäuble, Dr. Waigel, Frau Dr. Hellwig, Dr. Unland, Dr. van Aerssen und der Fraktion der CDU/CSU Durchsetzung eines mittelfristigen Programms der Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft für die kommenden Jahre und Schaffung eines freien EG-Binnenmarktes — Drucksachen 9/1738 (neu), 9/2047, 9/970, 9/1833, 9/1586, 9/2288 — 8820 D Beratung der Übersicht 11 des Rechtsausschusses über die dem deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/2268 — 8821 A Beratung der Sammelübersicht 50 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/2207 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 51 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/2256 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 52 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/2345 — 8821 C Nächste Sitzung 8821 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8823* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8685 139. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 16. 12. Brandt 16. 12. Junghans 17. 12. Lagershausen 17. 12. Lampersbach 17. 12. Liedtke 16. 12. Löffler 17. 12. Mischnick 17. 12. Müller (Bayreuth) 17. 12. Rayer 16. 12. Rösch ** 16. 12. Schmöle 17. 12. Dr. Vohrer ** 16. 12. Weiskirch (Olpe) 17. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Peter Mitzscherling


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kollege Haussmann, Sie haben einen Solidarpakt empfohlen, einen Pakt, der sich mit beschäftigungspolitischen Problemen befaßt, und damit ein Angebot aufgegriffen, das Hans-Jochen Vogel der Öffentlichkeit unterbreitet hat. Ich finde es sehr interessant, daß hier Berührungspunkte für eine künftig gemeinsamere Behandlung bestimmter Probleme deutlich werden.
    8752 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982
    Dr. Mitzscherling
    Sie haben — und, Herr Kollege Glos, vielleicht darf ich auf Ihre Anmerkungen eingehen — einen gewissen Optimismus sichtbar werden lassen über die künftige Entwicklung der Wirtschaft, die von einem Aufschwung nach diesem Haushalt gekennzeichnet sein werde, einen Optimismus, den ich nicht teilen kann. Einen solchen Aufschwung sehen wir nach dem, was uns an Papieren, an Antworten der Bundesregierung, an Antworten des Kanzlers und der Minister vorliegt, eigentlich mehr denn je in einer weiten, weiten Ferne. Sie werden mit diesen Antworten der Politik die Investitionsschwäche sicherlich nicht beenden. Sie werden sicherlich die Binnennachfrage weiter schwächen, und die Arbeitslosigkeit wird dadurch mit Sicherheit nicht verringert werden. Ob Sie das nun wollen oder nicht, meine Damen und Herren von der Union: eine Politik, die in groben Zügen als die eines wirtschaftspolitischen Attentismus bezeichnet werden kann, der sich nur auf eine Stärkung des Angebots richtet, paßt nicht in die Landschaft. Sie wird den strukturellen und den konjunkturellen Erfordernissen nicht gerecht. Sie konsolidieren, Sie kürzen die verfügbaren Einkommen der meisten Verbraucher und warten darauf, daß die Unternehmen irgendwie etwas veranlassen werden, warten darauf, daß sie investieren und eines Tages irgendwann Arbeitsplätze entstehen könnten.
    Ich fürchte, meine Herren Vorredner, daß Ihre Erwartungen bitter enttäuscht werden. Sie kennen doch die Probleme, die weltweit sind. Sie müssen doch wissen, daß in den westlichen Industrieländern die Zahl der Arbeitslosen auf 35 Millionen zugeht. Sie müssen doch wissen, daß in den Vereinigten Staaten und daß in den EG-Ländern jeweils nunmehr fast 11 Millionen arbeitslos sind. Daran wird doch deutlich, daß wir uns offensichtlich in einer Weltwirtschaftskrise befinden. In fast allen Industrieländern ist ein wirtschaftlicher Aufschwung in weiter Ferne.
    Der Welthandel, meine Damen und Herren von der Union, stagniert. Das verschärft die Konkurrenz und führt zu größerer Bereitschaft der Regierungen, wie das heute ja auch schon mehrfach angeklungen ist, protektionistische Restriktionen zu veranlassen. Wenn aber der Welthandel stagniert, wenn er — wie in diesem Jahr — sogar schrumpft, dann kann sich kein Land Hoffnungen auf einen durch Exportsteigerung ausgelösten Konjunkturaufschwung machen, schon gar nicht die Bundesrepublik als zweitgrößtes Welthandelsland. Denn das, was wir heute mehr exportieren würden, ginge doch zu Lasten anderer Länder, und eine beggar-myneighbour-policy, eine Außenhandelspolitik, die einseitig Außenhandelsüberschüsse erzielen will, läßt sich heute niemand mehr so leicht gefallen. Das gilt auch für den EG-internen Handel, und das gilt, wie schon gesagt wurde, vor allem im Handel mit Frankreich.
    Lassen Sie mich hier ein Wort, Herr Kollege Haussmann, aufgreifen, das Sie eben im Zusammenhang mit dem Fall Thomson-Brandt erwähnten. Der vorliegende Antrag begründet sich selbst. Wir haben böse Erfahrungen machen müssen. Ich
    erinnere nur an Videocolor. Wir sind der Auffassung, daß eine derartige Zusammenführung, wenn sie zustande kommen sollte, einer dringenden Partnerschaft bedarf, daß wir ein Mitspracherecht haben, wenn es um den Bestand und den Erhalt von Arbeitsplätzen geht.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich muß an dieser Stelle sagen, daß angesichts der Brisanz dieses Themas das Verständnis dafür, daß der Bundeskanzler in Paris war und dieses Problem dort nicht einmal angesprochen hat, relativ gering ist.
    Nun, meine Damen und Herren, wenn wir eine Exportpolitik, wie dargestellt, nicht mehr haben werden, wenn das heute nicht mehr so funktionieren kann, wie es früher funktioniert hat, dann muß man sich doch vor Augen führen, woran das liegt. Ich vermisse in all den Beiträgen, die von seiten der Regierungsfraktionen, auch von seiten der Minister und des Bundeskanzlers kamen, eine Antwort darauf.
    Früher — daran haben wir uns offenbar gewöhnt — ging es irgendwo in der Welt immer aufwärts. Regelmäßig hat unser Export immer irgendwo Tritt gefaßt und wieder einen wirtschaftlichen Aufschwung eingeleitet, weil der Konjunkturzyklus der Bundesrepublik nicht mit dem in anderen Ländern übereinstimmte. Jetzt aber verläuft dieser Konjunkturzyklus synchron. Das bedeutet doch, daß zum selben Zeitpunkt alle Industrieländer in der gleichen Misere sind. Deshalb können wir auch nicht länger auf den Export als einen Konjunkturmotor setzen; wir nicht, aber andere Länder ebensowenig.
    Was bleibt als Resultat dieser Überlegungen eines weltweit gedachten Konjunkturstimulans übrig, wenn der Export ausfällt, wenn auch, nicht zuletzt durch die vorliegenden Haushaltsbeschlüsse, der private Verbrauch real nicht mehr wächst und als Wachstumsmotor nicht mehr zur Verfügung steht? In der Tat bleiben ausschließlich die Investitionen. Das ist richtig. Der internationale Zinsrückgang in den letzten zwölf Monaten läßt da zwar hoffen. Zumindest in gewissen Teilen gilt das für den Wohnungsbau. Aber für die Anlageinvestitionen der Unternehmen gilt das doch kaum; denn überall, in allen Industrieländern sind die Kapazitäten unterausgelastet. Überall, in allen Industrieländern sind die Absatzerwartungen pessimistisch.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. h. c. Leber)

    Warum aber — frage ich Sie — sollte es zu einem weltweiten Aufschwung privater Investitionen kommen, zumal die Zinsen immer noch hoch genug sind? Wir haben größte Zweifel, ob es zu dieser von Ihnen erhofften, von Ihnen erwarteten Entwicklung überhaupt kommen wird. Deshalb sagen wir ja auch, wir brauchen einen gemeinsamen, international abgestimmten Beschäftigungspakt der wirtschaftlich starken Länder. Ich bitte, das nicht als einen billigen Wahlkampfgag zu werten, sondern als das Resultat von Überlegungen, die angesichts der gegenwärtigen schwierigen internationalen Situation andere Wege kaum noch sichtbar werden
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8753
    Dr. Mitzscherling
    lassen. Im übrigen stehen wir mit dieser Forderung ja nicht allein, auch der Sachverständigenrat hat eine parallele Aktion der wirtschaftlich starken Länder gefordert.
    Wenn wir uns dabei vor allem auf öffentliche Investitionen stützen, so deshalb, weil wir der Meinung sind, daß sie schneller wirken. Wenn ich an die Hoffnung denke, die Sie haben, daß durch eine Umschichtung von den konsumtiven zu den investiven Ausgaben Mittel freigesetzt werden, muß ich sagen, daß das allenfalls ein Angebot ist. Wer gibt Ihnen die Zuversicht, daß dieses Angebot angenommen wird? Wer erklärt Ihnen, daß letztlich durch den entstehenden time-lag — Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff hat das in seiner letzten Rede ja zum Ausdruck bringen müssen — nicht eine Bewegung entsteht, die wirtschaftlich eher nach unten gerichtet ist?
    Sie weisen unsere beschäftigungspolitischen Vorschläge zurück. Sie können das offenbar auch nicht anders; denn Sie haben ja Beschäftigungsprogramme jahrelang als Strohfeuer bezeichnet. Sie haben das als eine Entwicklung bezeichnet, die zum Staatsbankrott führe, zu einer Währungsreform. Sie haben die Leute verunsichert. Daß Sie in dieser Situation heute den Vorschlag eines derartigen Beschäftigungshaushalts natürlich nicht begrüßen, liegt bei Ihrem Selbstverständnis auf der Hand.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sie wissen doch selbst, daß der nichts taugt!)

    — Sie werden mir abnehmen, daß ich dazu eine andere Meinung habe als Sie. — Ich stelle dazu nur fest, daß eine weitere Untätigkeit der Regierung, wie auch immer motiviert, aus meiner Sicht zusätzliche Arbeitslosigkeit schafft.
    Ich kann nur vor dieser weiteren Untätigkeit warnen. Wir alle wissen nicht — auch Sie nicht, meine Damen und Herren von der Union —, wie sich Erwartungen, wie sich Verhaltensweisen bei langanhaltenden wirtschaftlichen Schwächeperioden verändern. Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß das Angstsparen, das heute schon feststellbar ist, um sich greifen kann. Wir alle müssen uns darauf einrichten, daß die Banken größere Sicherheiten für ausgeliehene und auszuleihende Kredite verlangen, daß Unternehmen um jeden Preis konsolidieren und daß sie Investitionen hinausschieben. Diese Gefahr liegt doch auf der Hand.
    Das bedeutet, daß die Übervorsichtigen zunehmend Oberwasser bekommen. Wenn dies so ist, bleibt der kräftige wirtschaftliche Aufschwung, den wir brauchen, den wir dringend brauchen, aus. Er rückt immer weiter in die Ferne; denn die von Ihnen zitierten Gründerjahre brauchen nicht die Übervorsichtigen, sondern sie brauchen die innovativen Elemente: die Techniker, die Ingenieure, die Kaufleute, die wagemutig sind, die früher gezeigt haben, daß man es machen kann. Eine Wirtschafts- und Finanzpolitik muß aber dementsprechend ausgerichtet sein.
    Wir dürfen nicht riskieren — da stimme ich mit dem Wirtschaftsminister überein —, daß sich pessimistische Grundhaltungen immer stärker ausbreiten und künftig der risikoscheue Buchhalter bestimmt, was im Unternehmen investiert wird.
    Meine Damen und Herren, die Wirtschaftspolitik wird handeln müssen. Sie wird anders, nämlich stärker und entschlossener handeln müssen, als es in dem vorliegenden Haushalt zum Ausdruck kommt. Wir können es uns schließlich auch eher leisten. Wir sind, ob Sie das nun hören wollen oder nicht, stärker als die meisten anderen Industrieländer. Der Bundeswirtschaftsminister hat es ja als einen Erfolg seiner Politik herausgestellt. Wenn aber andere Länder gegenwärtig nicht oder noch nicht zu einem gemeinsamen Beschäftigungspakt bereit sind, dann müssen wir eben zunächst allein beginnen, auch wenn die Wirkung dann zugegebenermaßen geringer sein wird.
    Wir brauchen da nicht auf die Erfahrungen der Jahre 1978 bis 1980 zurückzugreifen oder gar zu erschrecken. Ich darf nämlich daran erinnern — auch das gerät häufig in Vergessenheit —, daß wir 1978 gemeinsam mit den Japanern auf einen Weltwirtschaftsgipfel gedrängt wurden, um dort gleichsam als eine Lokomotive zu wirken, um eine Rolle zu übernehmen, die angesichts der Kraft, die man uns damals zugetraut hat, sicherlich auch eine Zumutung darstellte und nicht etwa eine Vermessenheit von Helmut Schmidt war.
    Wären die Ölpreise 1978/79 nicht zum zweitenmal explodiert, was, wie vielleicht noch in Erinnerung, unsere Leistungsbilanz damals ins Defizit brachte, so wären wir auch nicht zu Gefangenen der amerikanischen Hochzinspolitik geworden.
    Aber diese Situation, meine Damen und Herren, ist heute anders. Eine neue Ölpreisexplosion steht nicht vor der Tür. Wir brauchen auch nicht zu befürchten, daß wir wieder in eine stärkere Abhängigkeit von den amerikanischen Zinsen geraten; denn gerade in den letzten Monaten ist deutlich geworden, daß der Dollar fundamental schwächer geworden ist. Experten rechnen für 1983 mit einem amerikanischen Außenhandelsdefizit von 75 bis 100 Milliarden Dollar und mit einem Leistungsbilanzdefizit von 40 Milliarden Dollar. Das dürfte inzwischen allen bekanntgeworden sein.
    Diese Defizite, meine Damen und Herren, werden auch diesmal wieder einen starken Druck auf den Dollar ausüben. Das gilt allerdings nur dann, diese Einschränkung muß man an dieser Stelle machen, wenn es nicht — und davor ist heute keiner sicher; ich habe auch kein Wort dazu gehört — zu einem unerwarteten und krisenhaft sich zuspitzenden Entwicklungsprozeß kommt, der einen internationalen und schwerwiegenden Bankenkrach auslösen könnte. Wenn dies eintritt, stehen wir vor einer neuen Situation. Bleibt uns das erspart, kann man heute schon feststellen, daß die D-Mark, die jetzt schon zweifellos zu den gesuchten Währungen gehört, diese positive Bewertung beibehalten wird. Das müssen wir ausnutzen. Das muß die Bundesbank bei ihrer Politik berücksichtigen. Sie muß jeden Spielraum, der sich ergibt, nutzen — das wird durch die ausgeglichene Leistungsbilanz erleichtert —, um die Zinsen bei uns noch weiter nach
    8754 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982
    Dr. Mitzscherling
    unten zu drücken. Dabei sind wir natürlich auch der Auffassung, daß eine völlige Abkoppelung von den amerikanischen Zinsen angesichts des freien Kapitalverkehrs nicht möglich ist.
    Zwar rechnet augenblicklich jedermann in dieser Welt mit weiter sinkenden Dollarzinsen. Wir können deshalb auch mit weiter sinkenden D-Mark-Zinsen rechnen. Aber — diese Frage muß man einfach stellen — worauf gründet sich eigentlich diese Hoffnung? Doch nicht auf eine vertrauenerweckende amerikanische Wirtschaftspolitik! Dafür gibt es keinerlei Anzeichen. Die Hoffnung gründet sich doch allein auf ein weiteres Sinken der amerikanischen Zinsen, weil man damit rechnet, daß die Rezession in Amerika anhält und die private Kapitalnachfrage deshalb so schwach bleibt, daß die Zinsen sinken können, obwohl das gigantische amerikanische Haushaltsdefizit finanziert werden muß.
    Das muß man sich einmal vor Augen halten, meine Damen und Herren: Alle Welt hofft auf Zinssenkungen in den USA. Die kann und wird es aber nur geben, weil eine wirtschaftliche Besserung in den USA in weiter Ferne liegt. Kommt es in den Vereinigten Staaten jedoch früher zu einer konjunkturellen Erholung, dann werden dort die Zinsen wieder steigen, wenn es bei der gegenwärtig betriebenen amerikanischen Politik bleibt. Dann wird eine beginnende konjunkturelle Erholung bei uns im Keim erstickt werden.
    Bei dieser Konstellation kann Zuschauen wohl kaum die geeignete Strategie für eine mittelfristig ausgerichtete Wirtschaftspolitik sein. Ich muß deshalb an die Bundesregierung appellieren: Tun Sie alles, um einer weiteren Abschwächung der Binnennachfrage entgegenzuwirken! Tun Sie alles, um sich dem wachsenden Pessimismus entgegenzustellen, bevor die Lage unkontrollierbar wird! Ihr Haushalt reicht dazu nicht aus. Drängen Sie die amerikanische Regierung zu mehr Solidarität, zu einer Wirtschaftspolitik, die auf die Belange der anderen Länder Rücksicht nimmt! Machen Sie sich für diesen internationalen Beschäftigungspakt, wie ihn Hans-Jochen Vogel vorgeschlagen hat, stark!
    Es ist nicht die Zeit für nationale Nabelschau und gegenseitige Schuldzuweisung, meine Damen und Herren.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Es ist die Zeit für ein gemeinsames und entschlossenes Handeln, national und international. — Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)



Rede von Georg Leber
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Kreile.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Reinhold Kreile


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der sehr umfangreichen Debatte zum Haushalt 1983 ist es jetzt an der Zeit, zum Haushaltsbegleitgesetz 1983 zurückzukehren, dessen Titel lautet — man sollte sich das wieder vergegenwärtigen —: „Gesetz zur Wiederbelebung der
    Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts".
    Bei diesem Gesetz, wie wir es vorgesehen haben, wirken viele Maßnahmen zusammen: sozialpolitische, wohnungspolitische, arbeitsmarktpolitische. Ich greife hier die steuerpolitischen auf, und zwar besonders im Bereich der Einkommensteuer, der Mehrwertsteuer/Umsatzsteuer, der Gewerbesteuer und der Investitionshilfe. All diese Maßnahmen, die in dem Gesetz vereinigt sind, stehen unter dem Diktat, die große Haushalts- und Finanzkrise bewältigen zu müssen, die die Hinterlassenschaft der abgelösten Regierung ist.
    Angesichts von 300 Milliarden DM öffentlicher Schulden allein beim Bund und angesichts von Zinslasten, die den Großteil der jährlichen Neuverschuldung beanspruchen — landläufig gesagt: auffressen —, müssen wir erkennen, wie beklemmend und zutreffend der Sachverständigenrat unsere Lage beschrieben hat. Er sagte — ich zitiere —:
    Nahezu überall ist inzwischen der Spielraum der Wirtschaftspolitik ausgeschöpft, auf herkömmlichem Weg zu mehr Dynamik beizutragen.
    Angesichts dieses finanziellen Desasters sind auch der Steuerpolitik die Hände gebunden. Das Ergebnis von 13 Jahren falscher Politik ist, daß wir uns nun nur um die vordringlichsten Sanierungsmaßnahmen bemühen können. Der Weg zu der notwendigen Senkung der gesamten Abgabenlast ist uns derzeit versperrt. Die einst so klug ausgedachten Instrumente des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes erweisen sich als stumpf und unzureichend.
    Durch Steuererhöhungen am laufenden Band und eine explosive Steigerung der Sozialabgaben wurde die Belastung der Arbeitseinkommen in den letzten 13 Jahren immer höher getrieben. Dazu kamen die inflationsbedingten heimlichen Steuererhöhungen. Arbeit und Leistung wurden nicht belohnt, sondern durch zu hohe Abgaben bestraft. Uns allen ist bekannt — das Ifo-Institut hat dies kürzlich in seiner Analyse dokumentiert —, daß in der Zwischenzeit einem Arbeitnehmer von jeder zusätzlich verdienten Mark lediglich 39 Pfennig verbleiben. 61 Pfennig gehen für Lohnsteuer, Kirchensteuer und Sozialversicherungsbeiträge ab.
    Wer von dieser Abgabenbelastung am stärksten betroffen ist, hat der frühere Bundeskanzler Schmidt vor der SPD-Fraktion am 22. Juli dieses Jahres deutlich gemacht. Der SPD-Bundeskanzler Schmidt sagte: „Wir", die SPD, „haben also den Arbeitnehmer immer wieder zur Kasse gebeten und haben daraus alles mögliche finanziert, vielerlei wünschenswerte soziale Maßnahmen und Reformen, die Geld kosteten; aber geholt haben wir das Geld von den Arbeitnehmern." —
    Wir, die CDU/CSU mit der FDP, ziehen aus dieser durchaus richtigen Feststellung nunmehr endlich die richtigen Konsequenzen.
    Wir werden schrittweise durch Begrenzung der unproduktiven Staatsausgaben und durch Abbau der staatlichen Defizite den Spielraum schaffen, um
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8755
    Dr. Kreile
    die leistungsfeindliche direkte Steuerbelastung, von der besonders die Arbeitnehmer betroffen sind, wieder auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen. Wir kommen aber nicht umhin, zunächst deutliche Fortschritte bei der Sanierung der Staatsfinanzen zu erzielen.
    Doch nicht nur die Arbeitnehmerseite haben die sozialdemokratischen Finanzminister zu stark in ihrem fiskalischen Griff gehabt. Die deutschen Unternehmen waren nicht besser dran. Die Unternehmensbesteuerung hat entscheidend zu dem rapiden Verfall der Ertrags- und Investitionskraft unserer Wirtschaft beigetragen. Die SPD wollte — das Wort ist ja zu bekannt — die Belastbarkeit unserer Wirtschaft prüfen. Es ist ihr in Gestalt von Verlusten von Arbeitsplätzen in einem erschreckenden Maß gelungen.
    Die rund 12 700 Konkurs- und Vergleichsverfahren in diesem Jahr — das ist ein Anstieg von 50% gegenüber dem vergangenen Jahr — spiegeln eine Entwicklung wider, deren Wurzeln weit in das vergangene Jahrzehnt zurückweisen. Der Vizepräsident der Deutschen Bundesbank, Herr Dr. Schlesinger, hat dies sehr trefflich gesagt, als er erklärte:
    Die hohe Anfälligkeit der Unternehmen im gegenwärtigen Zeitpunkt ist jedoch meist nicht das Ergebnis einer kurzfristig eingetretenen Fehlentwicklung, sondern das Endresultat eines mehrjährigen, teilweise sogar langjährigen Auszehrungsprozesses.
    Ursächlich für diese Entwicklung waren nicht primär weltwirtschaftliche Einflüsse, auch wenn diese gar nicht bestritten werden sollen. Ursächlich waren vorrangig binnenwirtschaftliche Entwicklungen, und zwar — um auf dem Gebiet zu bleiben, über das ich hier zu reden habe — nicht zuletzt eine substanzverzehrende Besteuerung.
    Die Erosion der Eigenkapitalbasis, die zunehmende Unterkapitalisierung, die teure Fremdfinanzierung haben die Unternehmen in eine tiefgreifende Krise gebracht und den Einfluß des Staates zwangsläufig in vielen Wirtschaftsbereichen noch erhöht. Die Beispiele, die wir heute aus dem Bereich von Stahl, Kohle, Werften, Textil, Fototechnik und Unterhaltungselektronik gehört haben, sind uns allen deutlich.
    Zur Überwindung der Wirtschaftskrise und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit benötigen wir daher vorrangig eine Verbesserung der Investitionsfähigkeit der Unternehmen. Man kann dem Vizepräsidenten der Bundesbank, Dr. Schlesinger, nur zustimmen, wenn er sagt: Die Wirtschaft dieses Landes kann auf die Dauer nicht besser sein als die finanzielle Lage ihrer Unternehmen. Um die Ertrags- und Investitionskraft der Unternehmen zu stärken, braucht es vor allem zweierlei.
    Erstens. Die Fähigkeit zur Eigenkapitalbildung muß gestärkt werden.
    Zweitens. Die Bereitstellung von Risikokapital muß attraktiver gemacht werden.
    Bei dieser Ausgangslage fällt der Steuerpolitik im Rahmen der Beschlüsse der neuen Bundesregierung eine wichtige Rolle zu. Ohne Bewegungsspielraum ist auch die Steuerpolitik zunächst eine Politik der leeren Kassen. Ohne Reserven und ausgereizt bis an die Grenzen des Zumutbaren für Arbeitnehmer und Unternehmen und ohne weiteren Verschuldungsspielraum, stehen wir vor der Aufgabe, erst etwas in die Kasse zu bringen, um es zur Anregung privater Investitionen und für rasche Beschäftigungsimpulse ausgeben zu können. Mit anderen Worten: Was wir noch tun können und tun müssen, ist, unser Steuersystem umzustrukturieren. Wir müssen die produktive und vor allem die investive und innovative Verwendung des Sozialprodukts entlasten und somit zwangsläufig die konsumtive Verwendung entsprechend belasten.
    Nun ist es ja gar nicht so, daß einsichtige Politiker in den Reihen der SPD dies nicht wiederholt gesagt und erkannt und zum Teil auch gefordert haben. Doch ohne Erfolg. Der seinerzeitige Bundesfinanzminister Matthöfer führte in seiner Abschiedsrede vor der Belegschaft des Bundesfinanzministeriums am 28. April 1982 die Erkenntnis aus — ich darf Herrn Matthöfer zitieren —:
    daß in einer Zeit, in der alles vom Vorrang der Zukunftsvorsorge und der Schaffung neuer Arbeitsplätze spricht, die direkten Steuern und die Sozialabgaben den aktiv Beschäftigten und der Wirtschaft immer mehr Geld entziehen, um es in immer höherem Maße in unproduktive Verwendungen zu lenken. Hier liegt die Wurzel der Forderung nach einer Umstrukturierung des Sozialprodukts zugunsten produktiver, innovativer und investiver Verwendungen.
    Dieses Zitat ist die geradezu klassische Begründung dafür, daß in dieser Situation die von der SPD geforderte Ergänzungsabgabe falsch ist.
    Wir haben für die erforderliche Umstrukturierung des Steuersystems kaum noch Spielraum. Wir hätten noch weniger Spielraum, wenn die Union in den vergangenen Jahren nicht die Erhöhung der Mehrwertsteuer verhindert hätte. Ich habe von dieser Stelle aus in den vergangenen Jahren mehrmals gesagt: Die Umsatzsteuererhöhung darf nicht wie die letzten Tabak- und Mineralölsteuererhöhungen zum Stopfen der Haushaltslücke verwendet werden. Wenn wir jetzt die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt erhöhen, so ist das Bestandteil eines soliden Sanierungskonzepts, und zwar mit den folgenden zwei Maßgaben:

    (Lachen bei der SPD)

    Erstens. Die Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Juli 1983 werden in vollem Umfang zur Umstrukturierung eingesetzt und damit dem Steuerzahler zurückgegeben.

    (Dr. Spöri [SPD]: Wo denn, Herr Kreile?)

    Eine Erhöhung der Steuerbelastung insgesamt findet nicht statt. — Ich sage es sofort, Herr Dr. Spöri. Und wenn Sie zuhören, ersparen Sie sich eine Frage und mir die Antwort.

    (Dr. Spöri [SPD]: Ich bin sehr dankbar!)

    Zweitens. Die Mehrwertsteuererhöhung geht mit echten Einsparungen einher, so daß gewährleistet
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    Dr. Kreile
    ist, daß die Mehreinnahmen nicht in einem bodenlosen Topf verschwinden, sondern tatsächlich zur Umstrukturierung des Steuersystems zur Verfügung stehen. Denn parallel zur Mehrwertsteuererhöhung in 1983 werden wir einen ersten Schritt zur Umstrukturierung, nämlich zum Abbau der ertragsunabhängigen Besteuerung tun, die an der Substanz der deutschen Unternehmen und damit der Arbeitsplätze zehrt, ein beträchtliches Investitionshemmnis darstellt und im internationalen Vergleich — wir haben dies hier schon oft miteinander besprochen — ganz ohne Beispiel ist.
    Gleichzeitig werden wir aus dem Mehrwertsteueraufkommen Maßnahmen ergreifen, um Arbeitsplätze bei insolvenzbedrohten Unternehmen zu sichern, durch einen begrenzten Schuldzinsenabzug bei Ein- und Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen den Wohnungsbau stärker anzukurbeln sowie die Gründung mittelständischer Existenzen verstärkt zu fördern.
    Die Hinzurechnung der Dauerschulden beim Gewerbekapital und der Dauerschuldzinsen beim Gewerbeertrag hat sich bei nachlassenden Erträgen und hohen Zinsen in den letzten Jahren doch besonders nachteilig auf die Investitionskraft der Unternehmen ausgewirkt. Es wurden Fremdkapitalzinsen nicht mehr aus dem laufenden Ertrag, sondern zu Lasten der Substanz bezahlt.
    Mit der teilweisen Streichung dieser Hinzurechnungen, die uns nur gelungen ist durch die Finanzierung über die Mehrwertsteuer, erreichen wir nach der Senkung der Leitzinsen durch die Bundesbank eine Absenkung der Fremdkosten um einen weiteren Prozentpunkt. Auch diese Absenkung ist ein weiterer Beweis dafür, daß die Bundesbank Signale, die ihr von der Haushaltspolitik einer auf Solidität ausgerichteten Regierung gegeben werden, sehr wohl zu schätzen weiß.

    (Dr. Spöri [SPD]: So schnell geht das, der Zusammenhang? Alles andere ist Erblast, Herr Kreile; das Negative ist Erblast, das Positive ist Ihr Verdienst?)

    — Das geht in der Tat so schnell, und alles andere ist Erblast. Das Positive, die Senkung des Zinssatzes durch die Bundesbank, ist in der Tat ein Verdienst dieser neuen Bundesregierung.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD)

    Die Bundesbank hat begriffen, daß mit dieser Regierung eine solide Haushaltspolitik gemacht werden wird.