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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 9/139 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 139. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Magin und Esters 8692 A Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1982 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 1982) — Drucksachen 9/2049, 9/2138 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 9/2276, 9/2286 — Carstens (Emstek) CDU/CSU 8685 B Wieczorek (Duisburg) SPD 8688 D Dr. Zumpfort FDP 8692 A Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1983 (Haushaltsgesetz 1983) — Drucksachen 9/1920, 9/2050, 9/2139 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) — Drucksachen 9/2074, 9/2140 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 9/2283, 9/2290 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 9/2148, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 9/2163 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 9/2167 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 9/2157, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 9/2149, 9/2281 — in Verbindung mit Beratung des Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung II Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 Der Finanzplan des Bundes 1982 bis 1986 — Drucksachen 9/1921, 9/2287 — Dr. Waigel CDU/CSU 8696 B Matthöfer SPD 8701 D Gärtner FDP 8710B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 8713A Dr. Posser, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 8723 A Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 8731 D Roth SPD 8741 C Glos CDU/CSU 8746 A Dr. Haussmann FDP 8750 B Dr. Mitzscherling SPD 8751 D Dr. Kreile CDU/CSU 8754 B Gobrecht SPD 8759 B Dr. Hackel CDU/CSU 8762 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 9/2162, 9/2281 — Dr. Rose CDU/CSU 8764 D Zander SPD 8767 D Frau Dr. Engel FDP 8772 B Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW . 8774 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 8778A Namentliche Abstimmung 8779 C Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 9/2146, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 9/2166, 9/2281 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksache 9/2164 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU 8782 A Kühbacher SPD 8784 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 8786 A Wolfgramm (Göttingen) FDP 8787 C Schäfer (Offenburg) SPD 8789 B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 8791 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 8794 C Dr. von Bülow SPD (Erklärung nach § 30 GO) 8796 B Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 9/2150, 9/2281 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 8797 A Frau Zutt SPD 8799 B Paintner FDP 8802 A Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 8803 D Ertl, Bundesminister BML 8804 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 9/2152, 9/2281 — Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 8806 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 8808 B Dr. Riemer FDP 8811B Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . . 8812 D Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 9/2153, 9/2281 — . . . . 8815C Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 9/2159, 9/2281 — Meininghaus SPD 8815 D Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 9/2161, 9/2281 — . . . . 8816 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1983 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1983) — Drucksache 9/2097 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 9/2239 — Niegel CDU/CSU 8816 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes — Drucksache 9/2172 — Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 III Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/2269 — 8817 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensusgesetz) — Drucksache 9/1970 —Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksachen 9/2261, 9/2326 — . . . . 8817 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 9/1809 — Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses — Drucksache 9/2262 — 8818 A Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Weiß, Kiechle, Funk (Gutenzell), Hartmann, Kolb, Feinendegen, Dr. Olderog, Sauer (Salzgitter) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU sowie den Abgeordneten Dr. Riemer, Merker, Rösch, Funke, Frau Noth, Timm, Gattermann, Kleinert und Genossen und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes — Drucksache 9/2201 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr — Drucksache 9/2264 — 8818 B Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Daubertshäuser, Curdt, Kretkowski, Pauli, Wimmer (Eggenfelden) und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Anderung des Personenbeförderungsgesetzes — Drucksache 9/2128 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr — Drucksache 9/2266 — 8818 D Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrrechts und des Zivildienstrechts — Drucksache 9/1897 — Beschlußempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses — Drucksachen 9/2279, 9/2328 — . . . . 8819 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz Vierter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksachen 9/1243, 9/2272, 9/2330 — . 8819 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Situation der Entsorgung der Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland (Entsorgungsbericht) — Drucksachen 8/1281, 9/2280, 9/2232 — . 8819C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag über „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahre 1979" Bewertung der Strahlenexposition in der Umgebung von Steinkohlekraftwerken und Vergleich mit der Strahlenexposition durch Kernkraftwerke — Drucksachen 9/644, 9/1247, 9/2263 — . 8819 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen über die Erschließung des Zonenrandgebiets im Bereich des Post- und Fernmeldewesens — Drucksachen 9/552, 9/2267 — . . . . 8820A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Mertes (Gerolstein) und Genossen Freilassung der letzten deutschen Kriegsverurteilten — Drucksachen 9/1827, 9/2270 — . . . . 8820 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für das Post- und Fernmeldewesen zu dem IV Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 Antrag der Abgeordneten Pfeffermann, Lintner, Bühler (Bruchsal), Linsmeier, Merker, Dr. Riemer, Rösch, Funke, Frau Noth, Timm und der Fraktionen der CDU/ CSU und der FDP Bessere Bedingungen für den CB-Funk Antrag der Fraktion der SPD Bessere Bedingungen für den CB-Funk — Drucksachen 9/2125, 9/2195, 9/2274 — . 8820 B Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu dem Antrag der Abgeordneten Fischer (Hamburg), Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd), Straßmeir, Sick, Dr. Jobst, Seiters, Feinendegen, Hinsken, Metz, Hanz (Dahlen) und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Duve, Antretter, Curdt, Daubertshäuser, Kretkowski, Wimmer (Eggenfelden), Grobecker, Paterna und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Dr. Riemer, Merker, Rösch, Funke, Dr. Zumpfort, Frau Noth und der Fraktion der FDP Zum Bericht des Seeverkehrsbeirats „Führen fremder Flaggen" vom 9. März 1981 — Drucksachen 9/1872 (neu), 9/2273 — . 8820C Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Vorlage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Stärkung des Binnenmarktes zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Vollendung des Binnenmarktes zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zu den während der belgischen Präsidentschaft im Funktionieren des europäischen Binnenmarktes erzielten Fortschritten zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Schwörer, Dr. Schäuble, Dr. Waigel, Frau Dr. Hellwig, Dr. Unland, Dr. van Aerssen und der Fraktion der CDU/CSU Durchsetzung eines mittelfristigen Programms der Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft für die kommenden Jahre und Schaffung eines freien EG-Binnenmarktes — Drucksachen 9/1738 (neu), 9/2047, 9/970, 9/1833, 9/1586, 9/2288 — 8820 D Beratung der Übersicht 11 des Rechtsausschusses über die dem deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 9/2268 — 8821 A Beratung der Sammelübersicht 50 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/2207 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 51 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/2256 — in Verbindung mit Beratung der Sammelübersicht 52 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 9/2345 — 8821 C Nächste Sitzung 8821 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8823* A Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8685 139. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1982 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen * 16. 12. Brandt 16. 12. Junghans 17. 12. Lagershausen 17. 12. Lampersbach 17. 12. Liedtke 16. 12. Löffler 17. 12. Mischnick 17. 12. Müller (Bayreuth) 17. 12. Rayer 16. 12. Rösch ** 16. 12. Schmöle 17. 12. Dr. Vohrer ** 16. 12. Weiskirch (Olpe) 17. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Zu diesem Punkte, Herr Westphal. Dies ist ein zentraler Punkt. Aber das ist dann die einzige Zwischenfrage, wenn Sie mir das konzedieren.


Rede von Heinz Westphal
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Zu diesem Punkt, Herr Stoltenberg. Ist es richtig, und würden Sie mir das als ehemaliger Ministerpräsident eines Landes bestätigen, daß der Bund gerade bei der Hochschulbaufinanzierung über viele, viele Jahre vorgeleistet hat und dann endlich gekommen ist und gesagt hat: „Nun, Länder, dürft ihr auch einmal vorfinanzieren"?

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Nein, Herr Kollege Westphal,

    (Westpahl [SPD]: Doch, das stimmt!)

    diese Darstellung ist, wenn ich sie exakt bewerte, nicht korrekt. Es ist nach meiner sicheren Erinnerung so, daß der Bund — das galt übrigens schon in der Zeit, als ich die Ehre hatte, das zuständige Ministerium zu leiten, nicht erst seit 1969 — vorfinanziert hat, auch in den 70er Jahren. Aber es ist richtig, daß die Länder nachher in der zweiten Hälfte der 70er Jahre überwiegend mit ihren Finanzleistungen nachgezogen haben. Der auf dieser Grundlage vereinbarte Ausbauplan ist durch die Finanzentscheidungen des Bundes seit 1980 in schlimmer
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8715
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Weise erschüttert worden. Ich bezweifle persönlich auch die verfassungsmäßige Legitimität dieses Verhaltens.
    Was mir aber noch wichtiger ist, Herr Matthöfer, man kann nicht über zehn Jahre Bildungsexpansion mit dem vorrangigen Ziel des Hochschulstudiums in den Mittelpunkt linker Bildungsplanung und -werbung stellen und in dem Moment, in dem die meisten Absolventen aus den starken Jahrgängen die Hochschulen aufsuchen wollen, sagen, das sei überflüssig oder das sei nicht wachstumsfördernd oder das sei eine Sparkasse für unvermeidliche Kürzungsentscheidungen. Hier liegt der Punkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben die Gemeinschaftsaufgaben kurzfristig gestärkt. Wir haben das schon kurz erwähnte Sonderprogramm in Höhe von 2,5 Milliarden DM für den Wohnungsbau in den Jahren 1983/84 ermöglicht. Wir können noch lange über die Einzelheiten der Investitionshilfeabgabe streiten und diskutieren, ohne diese Entscheidung der neuen Koalition könnten wir 1983 und 1984 nicht den Verfügungsrahmen von 2,5 Milliarden DM ausschöpfen, um damit wesentlich höhere private Investitionen — in dem Sinne ja auch Nachfrage nach vielen Gütern anderer Wirtschaftszweige — auszulösen. Manche Sachverständige meinen, daß hierdurch eine private Investition von bis zu 10 Milliarden DM ermöglicht wird. Ich stelle mit großer Freude fest — es ist eben von Herrn Gärtner schon gesagt worden —, wie sehr sich nun auch Institute wie die Bank für Gemeinwirtschaft, die Neue Heimat, viele sozialdemokratisch bestimmte Wohnungsbaugesellschaften in ihrer Werbung und in ihren Dispositionen auf die große Möglichkeit einstellen. Ich hoffe übrigens, daß das auch viele sozialdemokratische Mitglieder und Wähler tun werden, denn dieses ist ein Angebot für Bürger aus allen soziologischen Gruppen, und es ist ein Angebot für Bürger aller politischen Orientierungen, die sich ein Eigenheim oder Eigentum in einer Kleinsiedlung schaffen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Spätestens, Herr Ehmke, Herr Matthöfer, an diesem Schwerpunkt unseres neuen Programms wird doch klar, wie unsinnig dieses ganze Gerede von der Umverteilung von unten nach oben ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wer will denn bauen in diesem Lande? Wer sind denn diejenigen, die in großer Zahl für sich und ihre Familien Eigenheime oder Kleinsiedlungen schaffen wollen? Das sind doch genauso wie Angestellte und Beamte, wie Selbständige auch sehr viele Arbeiter, und für sie alle bietet das Angebot der neuen Bundesregierung eine Möglichkeit, die sie — auch zum Nutzen der Bauwirtschaft und der Bauarbeiter — nutzen werden.
    Der dritte Punkt, den wir unter diesen radikal verschlechterten Bedingungen geschaffen haben, ist die Entscheidung für vorgezogene Steuerentlastungen. Ab 1. Oktober 1982 gilt, wenn der Bundes-
    tag jetzt so beschließt, der Schuldzinsenabzug für den Wohnungsbau, für eigengenutzte Häuser und Wohnungen. Ab 1. Januar 1983 gilt die Entlastung bei der Gewerbesteuer, die für den Schuldzinsenabzug bei Dauerschulden dringend notwendig ist, eine Entlastung mit einer Ausgleichsregelung, Herr Kollege Matthöfer, die den Städten und den Gemeinden insgesamt mehr bringt, als diese hierdurch verlieren. Mit Ihrer Kritik sollten Sie ein bißchen vorsichtig sein, wenn ich einmal an Ihre Politik in den vier Jahren, in denen Sie Bundesfinanzminister waren, bezüglich der Steuer- und Finanzverteilung im Hinblick auf Länder und Gemeinden erinnere.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das haben Sie in dieser Form nicht fertiggebracht, obwohl — das füge ich hinzu — das Aufkommen aus der Mehrwertsteuererhöhung erst ab Jahresmitte 1983 zur Verfügung steht.
    Sie können das hier noch ein paarmal ansprechen, aber es läßt sich überhaupt nicht bestreiten, daß wir die Mehrwertsteuererhöhung in einem unmittelbaren Gesetzgebungs- und Sachzusammenhang mit den steuerlichen Entlastungen sehen, während Sie sie immer wieder dazu benutzen wollten, Deckungslöcher zu stopfen.
    Als vierten Punkt will ich schließlich die Sofort-entscheidung dieser Woche zur Festigung der erschütterten finanziellen Situation der Sozialversicherung, insbesondere der Rentenversicherung, hervorheben. Auf diesem Felde habe ich durch die bedrückende Entwicklung der letzten Monate und Jahre noch einiges dazugelernt. Obwohl wir die Rentenanpassung, die nächste Rentenerhöhung, um sechs Monate hinausschieben, mußten wir kurzfristig gegenüber Ihrer Beschlußlage Milliardenbeträge mobilisieren, damit die Liquidität der Rentenversicherung 1983 gewährleistet ist.

    (Westphal [SPD]: Was Sie da sagen, ist nicht richtig!)

    — Natürlich ist das richtig! Aber selbstverständlich, Herr Kollege Westphal!

    (Westphal [SPD]: Sie schneiden viel tiefer hinein!)

    — Meinen Sie denn, es hat uns Freude gemacht, die Beitragserhöhung um vier Monate vorzuziehen? Nicht nur die Rentenversicherer, sondern auch die Mitarbeiter Ihres früheren Ministeriums und meines Ministeriums haben das in eindringlicher Form verlangt. Natürlich haben wir den Finanzrahmen insgesamt gestärkt und verbessert.
    Die ständige Schwächung und Aushöhlung der Finanzgrundlagen der sozialen Sicherung ist die schwerste sozialpolitische Sünde, die die Sozialdemokratische Partei — neben der Verantwortung, die sie für die steigende Arbeitslosigkeit übernehmen muß — begangen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lieber Herr Matthöfer, ich kann mich nur darüber wundern, daß Sie bei diesem Bild einer in
    8716 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    wenigen Monaten so drastisch verschlechterten Finanzlage,

    (Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    wie ich sie an Hand der Eckdaten noch einmal dargestellt habe, hier in Ihren Eingangsworten ausrufen: Wo bleibt die Rückgabe der heimlichen Steuererhöhungen? Das ist doch ein makabrer Witz!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben hier noch im September mit Herrn Lahnstein erklärt, die Finanzen des Bundes seien für 1983 um 18 Milliarden DM besser, als wir es vier Wochen später feststellten.

    (Matthöfer [SPD]: Das, was Sie versprochen haben, ist ein makabrer Witz!)

    Und dann kommen Sie im Dezember hierher und fragen, wo die Rückgabe der heimlichen Steuererhöhungen bleibt! Nein, zunächst einmal muß der Schutt weggeräumt werden, den Sie uns hinterlassen haben, ehe wir über weitergehende Dinge reden können.

    (Lebhafter Beifall und Bravo-Rufe von der CDU/CSU)

    Lieber Herr Matthöfer, ich bitte Sie nun wirklich! Um 18 Milliarden DM in sechs Wochen hat sich die Lage verschlechtert, und Sie kommen hierher und fragen: Wo bleibt die Rückgabe der heimlichen Steuererhöhungen? Nein, wir haben noch ein paar Jahre — auf die Perspektiven nach der Wahl komme ich noch zu sprechen — in einer großen Gemeinschaftsleistung zu tun. Ich nehme an, daß Sie sich auch in der nächsten Wahlperiode von den Bänken der Opposition aus etwas tatkräftiger an der Lösung der Probleme beteiligen werden, als Sie es jetzt vor der Wahl in Ihren Reden tun.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich muß das auch einmal zu einigen anderen Ausführungen hier wirklich sagen, die ich sehr schwer verstehen kann. Zunächst einmal sind Sie einer Fehlinformation aufgesessen; ich sage das wirklich in der höflichsten Form. Sie behaupten, die Regierung beschließt einen Gesetzentwurf zur Investitionshilfeabgabe, obwohl der Justizminister zu Protokoll gibt, daß er ihn für verfassungswidrig hält. Dies ist eine Fehlinformation. Seien Sie etwas vorsichtiger mit dem, was in den einschlägigen Organen über Kabinettsitzungen berichtet wird — bis zum PPP allerdings; Sie haben da Ihre eigenen Erfahrungen, daß das nicht immer ganz stimmt, was in wörtlichen Zitaten montags und donnerstags aus Hamburg und von woanders auf den Markt kommt. Da Sie selbst gelegentlich der Leidtragende waren und sind, empfehle ich, sich zuvor zu erkundigen. Auch dieser Beschluß des Kabinetts zur Investitionshilfeabgabe ist einstimmig gefaßt worden. Der Justizminister hat in der Debatte gesagt, es gebe unter den vielen hervorragenden Juristen einige, die gewisse rechtliche Probleme sehen würden. Das ist Ihnen ja auch nicht ganz neu, daß Justizminister gelegentlich so etwas sagen, auch zu Kabinettsbeschlüssen, die Sie vertreten haben. Dies ist einstimmig gefaßt worden, nachdem noch einmal die
    Rechts- und Verfassungsjuristen des Finanzministeriums — die kennen Sie, die haben sich nicht verändert —, des Innen- und Justizministeriums nach gewissenhafter Prüfung gesagt haben: Jawohl, die Verfassungs- und Rechtsgrundlagen sind in Ordnung. — Nun wird irgend jemand dagegen klagen. Ja, wogegen wird in Deutschland nicht geklagt, Herr Matthöfer? Es wird fast kein Gesetz und keine Verordnung verkündet, gegen die nicht geklagt worden ist. Unser Wunsch ist es allerdings, die Zahl der für den Finanzminister und die Bundesregierung so negativen Verfassungsgerichtsurteile, wie Sie sie bekommen haben, in der Quote ein ganzes Stück herunterzubringen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deswegen nehmen wir auch manche Dinge etwas ernster.
    Ich will auf Ihre Bemerkungen zu meiner Personalpolitik nicht eingehen. Ich sage das in Ihrem Interesse, Herr Matthöfer, daß ich darauf nicht eingehe. Ich sage nur eins. Wenn Sie das weitermachen — oder andere von Ihnen —, dann werden Sie sich natürlich an dem Beispiel messen lassen müssen, das Alex Möller 1969 im Finanzministerium gesetzt hat. Er hat den Kahlschlag gemacht und nicht ich. Das ist der Unterschied.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber ich gehe darauf aus Gründen, die ich mir überlegt habe, nicht weiter ein, obwohl es politisch gar nicht ohne Reiz wäre, das ein bißchen zu vertiefen. Ich schlage vor, daß wir diese Diskussion beenden. Unsere Personalpolitik ist überwiegend durch Kontinuität bestimmt. Ich habe, das will ich gerne Ihnen und meinen Vorgängern auch sagen, sehr viele tüchtige und erfahrene und fähige Beamte in einem insgesamt sehr leistungsfähigen Ministerium kennengelernt. Das ist ein positiver Teil der Erblast — um diesen Punkt auch einmal unter uns freundschaftlich hier abzuschließen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Das gilt übrigens auch für den großen Rechtsprofessor Ehmke. Der hat ja seine Rede hier als Manuskript verteilt. Das ist immer sehr verdienstvoll. Er sagt auch unbekümmert weiter — als einen der großen Vorwürfe —, daß wir die von der sozialliberalen Koalition bereits beschlossene Begrenzung der Vorteile aus dem Ehegattensplitting wieder rückgängig machen. Nun gibt es ja mittlerweile ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Anfang November. Daraus will ich dem Rechtsprofessor Ehmke — er ist mittlerweile da; das ist eine große Freude — einen Kernsatz vorlesen:
    Das Ehegattensplitting ist keine beliebig veränderbare Steuervergünstigung, sondern unbeschadet der näheren Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare orientierte sachgerechte Besteuerung.
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8717
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    Es steht nicht zu Ihrer Disposition, Herr Ehmke, in der Form, wie Sie sich das vorgestellt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dieses Urteil läßt dann die Möglichkeit offen, es in ein Familiensplitting umzuwandeln.

    (Dr. Ehmke [SPD]: Es geht doch nicht um die Höhe der Vorteile!)

    — Es geht um den Grundsatz, daß es in der von Ihnen gewählten willkürlichen Kappungsform nicht zur Disposition steht, Herr Ehmke.

    (Zurufe von der SPD)

    — Machen Sie sich keine Sorge. Sie werden mit Ihrer Auffassung in der ernsthaften sachverständigen deutschen Öffentlichkeit praktisch keine Unterstützung mehr finden. Das ist die schlichte Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Dr. Spöri [SPD])

    — Da kommen, Herr Spöri, die Zwischenrufe von jenen Finanzpolitikern der SPD, die jene Gesetzgebung zu vertreten haben, die das Verfasungsgericht im selben Urteil auch in Frage stellt wegen Benachteiligung der alleinstehenden Erzieher und der Familien. Seien Sie ein bißchen vorsichtiger, gehen Sie in sich, wenn solche Urteile über ihre Taten der vergangenen acht bis zehn Jahre hier jetzt zum Zeitpunkt des Regierungswechsels kommen!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Spöri [SPD]: Das ist doch keine beliebige Änderung!)

    Meine Damen und Herren, die von mir genannten vier Punkte der neuen Politik zeigen: Nur durch konsequente Sparentscheidungen gewinnen wir den Handlungsspielraum für Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik wieder.

    (Zuruf von der SPD: Auf dem Rücken des Volkes!)

    Bis heute wird von den Sozialdemokraten dieser Zusammenhang und die Begründung der einzelnen Sparentscheidungen im Interesse des vorrangigen Ziels, Mittel, Kräfte zur Lösung der Wirtschafts- und Arbeitsmarktprobleme zu mobilisieren, systematisch verschwiegen und systematisch verdreht, wenn ich die Rede von Herrn Ehmke von gestern noch einmal unter diesem Gesichtspunkt bewerte.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehmke [SPD]: Das muß Sie sehr gestört haben!)

    Die eigene Verantwortung für die Krise wird geleugnet. Es ist die bekannte Methode, Herr Ehmke, der letzten 12 Jahre: Immer, wenn es aufwärtsging, war das ein großer Erfolg der Regierungen Brandt und Schmidt; aber immer wenn es abwärtsging, wenn die Talfahrt begann, gab es nur einen Verantwortlichen: die anonyme Weltwirtschaft und ihre Krise.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dieses simple Grundmuster nehmen Ihnen die meisten, nimmt Ihnen die große Mehrzahl der urteilsfähigen Bürger unseres Landes nicht mehr ab.
    Sie sollten, wenn Sie unsere Positionen kennzeichnen, von diesen Klischees einmal herunterkommen.

    (Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU]: Das will er j a gar nicht!)

    Wir haben in der ersten Lesung hier in mehreren Beiträgen aller Fraktionen eine vertiefte und ernsthafte Erörterung der nationalen und internationalen Ursachen für die Krise in ihren verschiedenen Komponenten und Elementen geführt. Es ist einfach schlicht unwahr, wenn Sie bestreiten, daß viele von uns, auch ich in meinen Reden von der Bank des Bundesrates, in den vergangenen Jahren jemals bestritten oder geleugnet hätten, daß es neben nationalen Fehlentscheidungen, deren Folgen offenkundig sind, auch schwerwiegende Folgen weltwirtschaftlicher Prozesse und Verwerfungen gibt. Sie unterschätzen uns in unserer Weite der Betrachtung und in unserem Verantwortungsbewußtsein der vergangenen Jahre, wenn Sie das weiter behaupten wollen.

    (Dr. Spöri [SPD]: Sie waren da doch gar nicht da!)

    Aber wahr ist auch, Herr Kollege Ehmke, Herr Kollege Matthöfer, daß vor mehr als zehn Jahren zwei namhafte sozialdemokratische Bundesfinanzminister zurückgetreten sind, weil sie die Verantwortung für eine Politik nicht mehr tragen wollten, deren schlimme Spätfolgen uns alle jetzt ergreifen und belasten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Ehmke geht zwar leichtfertig mit den Tatsachen um, wie er gestern wieder bewiesen hat,

    (Dr. Ehmke [SPD]: Sie haben noch keine widerlegt!)

    aber er wird doch jedenfalls noch den Kalender respektieren. Der Rücktritt von Alex Möller 1971 und der Rücktritt von Karl Schiller im Frühjahr 1972 lagen vor der ersten Weltwirtschaftskrise, um die Kausalitäten und Zusammenhänge einmal richtig darzustellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir müssen sehr auf Herrn Ehmke aufpassen, sonst wird er die Weltwirtschaftskrise demnächst auch noch um zwei Jahre zurückverlegen, in der Art, wie er sonst hier mit den Fakten umgegangen ist.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Glos [CDU/CSU]: Das ist der sozialistische Kalender!)

    Herr Ehmke, Sie haben Ihre ganz besondere Form der Mitwirkung gerade beim Rücktritt von Karl Schiller gehabt, was man alles bei Baring nachlesen kann.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Ihre Rolle wollen wir hier gar nicht näher erörtern. Das ist von dem bedeutenden sozialdemokratischen Politikwissenschaftler Arnulf Baring in seinem lesenswerten Buch „Machtwechsel" schon im einzelnen beschrieben. Darauf gehe ich aus Zeitgründen
    8718 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    jetzt nicht ein. Herr Ehmke, das behalte ich mir für eine spätere Debatte vor, wenn Sie hier noch einmal in der Form antreten, wie Sie das gestern getan haben. Das ist etwas mehr für Kenner und Beteiligte.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Die Rücktrittsschreiben dieser beiden bedeutenden sozialdemokratischen Politiker sind Schlüsseldokumente nicht nur für die spätere historische Forschung, sondern auch für die aktuelle vertiefte politische Diskussion, weshalb wir in diese schlimme Lage hineingekommen sind, die wir jetzt mit einer großen Kraftanstrengung und auch manchen Einschränkungen für die Bürger überwinden müssen. Das ist der entscheidende Punkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Wieczorek, damit wir die entscheidenden Tatbestände richtig sehen: In der Momentaufnahme ist das sicher richtig, was Sie hier vorgetragen haben über den Umfang der Verschuldung einer Reihe namhafter westlicher Länder, gemessen am Sozialprodukt.

    (Westphal [SPD]: Das ist seit Jahren so!)

    In der Momentaufnahme ist das sicher richtig. Aber seit zwei, drei Jahren, Herr Kollege Westphal, ist es so, daß wir uns im Tempo der Neuverschuldung bedrohlich der Spitzengruppe nähern. Im Tempo der Neuverschuldung hat sich die Position der Bundesrepublik Deutschland leider — spätestens seit 1980 spürbar — verschlechtert, übrigens auch im Vergleich zu einem Land wie Großbritannien, das hier in seinen Schwierigkeiten ein bißchen abfällig und mit einem bißchen Überheblichkeit zitiert wurde, die Ihnen, Herr Kollege Matthöfer, eigentlich nicht mehr zusteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Problem des Tempos der Neuverschuldung ist das eigentlich Beunruhigende, nicht die Momentaufnahme, die ja nicht so sehr aussagekräftig ist.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Zwei Währungsreformen!)

    — Ja, zwei Währungsreformen und die Tatsache,
    daß wir bis 1969 keine Schulden gemacht haben,
    das alles geht natürlich in diese Rechnung mit ein.
    Meine Damen und Herren, Kürzungen tun weh. Diese Erfahrung hat jeder Bundesfinanzminister gemacht, auch der Herr Kollege Matthöfer. Ich will den großen Redner der SPD, Herrn Ehmke, noch einmal an die Erfahrung vor gut einem Jahr erinnern, nachdem er schon bemüht war, die Erinnerung an den September aus seinem Bewußtsein zu tilgen.
    Ich gehe jetzt sogar ein Jahr zurück. Vor einem Jahr hatten wir im Bundestag, im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß die großen Debatten über die sogenannte Operation 1982 der Regierung Schmidt. Ich will hier ausdrücklich bestätigen, daß es damals auch von uns Kritik an Einzelpunkten
    Ihrer Kürzungsvorschläge gegeben hat, etwa in den Stellungnahmen des Bundesrats.

    (Frau Simonis [SPD]: Zu Einzelpunkten?)

    — An einer Reihe von Punkten. Frau Simonis, ich spreche hier für den Bundesrat und für mich und mit gewissen Varianten — denn wir sind nicht ein uniformer Block in Bundestag und Bundesrat — auch für die damalige CDU/CSU-Fraktion. So erinnere ich mich, daß wir damals Ihre Kabinettsentscheidung kritisiert haben, die Anfangsförderung bei den Werkstätten für Behinderte abzuschaffen oder die originäre Arbeitslosenhilfe zu streichen. Wir haben dann im Vermittlungsverfahren gewisse Korrekturen erreicht.

    (Matthöfer [SPD]: Das sind doch Leute, die in Ihrer Regierung sitzen; da sitzen sie!)

    — Herr Kollege Matthöfer, ich komme gleich noch auf diesen Punkt.
    Ich erinnere Sie aus zwei Gründen: einmal, weil die von Ihnen begonnene, aber in den Ergebnissen

    (Frau Dr. Hellwig [CDU/CSU]: Zu magere!)

    eben nicht überzeugende Politik der Einsparungen nach 1980 auch leider gar nicht daran vorbeikam, wenn man kürzen mußte — und Sie mußten es vor ein, zwei Jahren auch —,

    (Frau Dr. Hellwig [CDU/CSU]: Schmerzlich!)

    soziale Bereiche, Besitzstände, auch der unteren und mittleren Einkommensgruppen anzutasten — hier sogar, was ich als eine Härte empfunden habe, bis in den Bereich der Behinderten hinein.

    (Dr. Spöri [SPD]: Zu der Zeit hat sich der Herr Kohl beim DGB angebiedert!)

    — Herr Spöri, Sie sollten bei dem, was Sie jetzt vortragen, nicht vergessen, was Kürzungspolitik in Ihrer Verantwortung im Grundsatz bedeutet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Ehmke [SPD]: Das tun wir ja gar nicht! — Dr. Spöri [SPD]: Tun wir nicht!)

    Es gibt so Sprüche des Herrn Hans-Jochen Vogel
    — ich will einmal etwas freundlicher „Reden" sagen —, denn man muß im Moment darüber diskutieren, wie der Herr Ehmke hier zustimmend zitiert
    — ich suche das aus der Ehmke-Rede heraus, die wirklich eine wahre Fundgrube ist —:

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    „Maßhalten beginnt nicht bei der Sozialhilfe, sondern bei der Vergütung von Aufsichtsräten."

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ich habe nichts dagegen, daß die Aufsichtsratsvergütungen herabgesetzt werden.

    (Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Es gibt eine Reihe bedeutender Mitglieder in Aufsichts- und Verwaltungsräten aus Ihrem politischen Lager, für die ich heute Verantwortung trage. Ich warte auf den ersten, der dort einmal Anträge stellt,
    Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982 8719
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    meine Damen und Herren. Ich werde keine Schwierigkeiten machen, wenn die Vorlagen kommen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich kann insofern dem Herrn Kollegen Hans-Jochen Vogel zustimmen, daß es in dieser schwierigen Situation auch einmal an der Zeit ist, in den Vorständen und Aufsichtsräten darüber zu reden, ob man nicht ein Zeichen der Solidarität in freiwilligen Entscheidungen gibt, ein Stück nach unten zu gehen. Ich begrüße es, daß Herr Esser an die Wirtschaft appelliert hat, auch öffentlich, in der Frage der Besoldung der leitenden Angestellten einigen Überlegungen von Norbert Blüm näherzutreten, als das andere getan haben. Ich bin damit einverstanden. Nur, wenn ein führender Politiker meint, den Eindruck erwecken zu können — und Herr Ehmke das hier zitiert —, als ob es eine Alternative zwischen Begrenzungen bei den Aufsichtsräten und Kürzungen und Eingriffen in soziale Besitzstände gäbe,

    (Dr. Ehmke [SPD]: Das habe ich gar nicht gesagt!)

    dann wäre das eine grobe Täuschung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Im übrigen, Herr Ehmke, hat mich Ihre neue Art des Zitierens sehr beeindruckt. Der Herr Kollege Ehmke — wir werden das, sicher nicht mehr in diesem Hohen Hause, aber vielleicht später, noch ein paarmal erleben — hat also gesagt, daß der geschätzte Kollege Hans-Jochen Vogel den Papst Johannes Paul II. richtig zitiert habe. Warum zitieren Sie den Papst nicht selbst? darf ich einmal fragen.

    (Heiterkeit — Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Kollege, diese Methode ist erweiterungsfähig. Das nächste Mal sagen Sie dann — ich gebe mal eine Anregung —, daß Willy Brandt zu Recht das Zitat von Hans-Jochen Vogel hervorgehoben habe, in dem er auf die hervorragenden Worte des Heiligen Vaters hingewiesen habe.

    (Heiterkeit — Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir geben Ihnen bessere Anregungen, als Sie sie uns bisher in den Fragen der Finanzpolitik gegeben haben. Das müssen Sie doch absolut zugeben.
    Aber ich will zur Sache zurückkehren. Kürzungen tun weh. Ich will das hier in allem Ernst sagen. Ich habe die Beispiele aus Ihren Sparvorschlägen vor einem Jahr genannt. Man kommt daran nicht vorbei — und das hat der frühere Bundeskanzler Schmidt zu Recht gesagt —, wenn man drastisch sparen muß, die breiten Schichten der Bevölkerung und Sozialleistungen nicht freizustellen.

    (Dr. Ehmke [SPD]: Herr Stoltenberg, das ist doch gar nicht das Problem, sondern das Problem ist, daß die Großen etwas dazu geben sollen!)

    — Es geschieht dazu j a auch einiges.

    (Westphal [SPD]: Wo denn?) Darauf komme ich noch.

    Ich will daran erinnern, daß wir vor einem Jahr
    — bei aller Kritik an vielen Ihrer Entscheidungen
    — Mitarbeit, Mitverantwortung und eigene Vorschläge geleistet haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! — Westphal [SPD]: Bei der Sozialhilfe!)

    — Nein, nicht nur. Zu Ihrer Rede über Sozialhilfe und dem, was Herr Ehmke hier gesagt hat, sage ich nur — das war ziemlich schlimm —:

    (Dr. Ehmke [SPD]: Was Sie tun, ist schlimm!)

    Sie wissen ganz genau aus öffentlichen Erklärungen sozialdemokratischer Ministerpräsidenten — schauen Sie sich nur noch einmal die Erklärungen der Bremer und des Hamburger Senats an; ich könnte auch andere zitieren, die es mir gesagt haben —, daß es die einmütige Meinung der Verantwortlichen in den Ländern wie den kommunalen Spitzenverbänden war, daß die Kostenexpansion bei der Sozialhilfe durch gesetzliche Entscheidungen abgebremst werden muß,

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [SPD])

    Herr Ehmke, auch aus Gründen, die in der Diskussion der Gewerkschaften und anderer eine Rolle spielen. Die Zahl der Stellungnahmen, Eingaben und kritischen Bemerkungen gerade aus dem Bereich der Gewerkschaften und Berufsverbände, in denen wir alle darauf hingewiesen werden, daß manche Berufstätige, die vielzitierte Frau mit 30 Jahren, verwitwet oder geschieden, mit zwei Kindern, die als Verkäuferin arbeitet, nach Meinung der Gewerkschaft ÖTV und des Deutschen Beamtenbundes auch manche in den untersten Einkommensgruppen des öffentlichen Dienstes, ein geringeres Familieneinkommen haben als manche aus der Sozialhilfe, nimmt doch zu.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch ich bin der Meinung, daß man Veränderungen in der Sozialhilfe im Rahmen einer Neuordnung des Systems sehr sorgfältig im Hinblick auf Wirkungen und soziale Härten hin entwickeln und diskutieren muß und das, was wir hier vorgesehen haben, nur ein Übergangsschritt sein kann.
    Ich habe in einem Gespräch, das der Bundeskanzler mit den kommunalen Spitzenverbänden geführt hat, an sie appelliert, mit ihrem Sachverstand dafür sorgfältig erwogene Vorschläge zu machen. Aber, Herr Ehmke, es ist nicht nur eine finanzielle Frage — für die Kommunen in einer schon bedrängenden Weise —, es ist auch eine sozial-ethische Frage für uns, ob wir nicht in eine Entwicklung hineingekommen sind, in der immer mehr berufstätige Menschen, gerade Menschen mit kleinen Einkommen, sich fragen, ob ihnen im Vergleich zu anderen, die vergleichbar sind, nicht die materielle Anerkennung für berufliche Tätigkeit und Leistung vorenthalten wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Frage muß man auch ernst nehmen, wenn
    man über das Verhältnis von Arbeitnehmereinkommen, aber auch von manchen Selbständigen in den
    8720 Deutscher Bundestag — 9. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1982
    Bundesminister Dr. Stoltenberg
    unteren Einkommensgruppen und bestimmten sozialen Leistungen, heute redet.
    Meine Damen und Herren, ich will nur noch folgendes sagen. Sie haben Kritik an Sparbeschlüssen geübt. Sie haben uns jetzt Einzelentscheidungen der Regierung Schmidt angelastet. Herr Ehmke sagt auf Seite 8 seines Manuskripts — ich bin ja nun schon einiges von ihm gewohnt, aber ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich das las —, die Selbstbeteiligung an den Krankenhauskosten sei ein Beispiel unsinniger Bürokratie.

    (Dr. Ehmke [SPD]: Das haben wir immer gesagt!)

    — Das habt ihr doch beschlossen im Sommer vergangenen Jahres, verehrte Kollegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)